Fremdsprachenlernen durch Immersion und TPRS
Die Immersionsmethode beim Fremdsprachenerwerb
Die bei weitem effektivste Methode des Spracherwerbs ist die Immersionsmethode. Immersion ist das Eintauchen in eine Sprache. Bei dieser Methode ist die neue Sprache die Arbeits- und Umgangssprache, wobei nach dem Prinzip “Eine Person – eine Sprache” ein Lehrender nur Deutsch spricht, der andere z.B. nur Englisch oder Französisch. Alles, was die fremdsprachliche Lehrkraft sagt, verstärkt sie allein durch Mimik, Gestik oder Zeigen aber nicht durch Übersetzung. Das Kind erschließt sich damit die Sprache eigenständig Stück für Stück aus dem Zusammenhang der Situation. Dies bildet die natürlichste Art nach, wie Kinder Sprachen lernen, gleichgültig, ob als erste oder zweite Sprache. Immersion verfährt daher kindgerechter als jede andere Methode, denn sie motiviert und kommt ohne Zwang und ohne Leistungsdruck aus.
Wissenschaftlich ist erwiesen, dass sich mit der Immersion ein beträchtlich höheres Niveau in der Fremdsprache erreichen lässt als mit herkömmlichem Unterricht. Dabei entwickeln sich Muttersprache und Sachinhalte genauso gut oder besser als bei einsprachigen Kindern. Zwei- bzw. Dreisprachigkeit Mittels der Immersionsmethode wird bereits ab der 2. Klasse eine zweite Fremdsprache einbezogen werden. Dies stellt nachweislich keine Überforderung dar. Im Gegenteil – Kinder, die sehr früh den Zugang zur Mehrsprachigkeit haben, sind längerfristig kognitiv leistungsfähiger und fremden Kulturen gegenüber toleranter.
Wer als Jugendlicher oder Erwachsener eine neue Sprache in ihrer natürlichen Umgebung erlernt, bei dem verarbeitet das Gehirn die neue Sprache ähnlich wie die eigene Muttersprache. In einer Studie von Morgan-Short et al. (2012) hatten Versuchspersonen eine frei erfundene Sprache erlernt, wobei eine Gruppe in einem traditionellen Lernsetting mit Übungen zu Wortschatz und Grammatik lernte, und eine zweite Gruppe in einer Umgebung, in der sich die Lernenden ohne Erklärung selbst verständigen mussten, also ähnlich dem natürlichen Lernen einer Sprache in einer fremden Umgebung. Zwar konnte nach einigen Tagen alle die Sprache recht gut sprechen, aber es zeigten sich Differenzen in den neuronalen Verarbeitungsprozessen, denn nur das Lernen unter natürlichen Bedingungen führte zu einer mutersprachenähnlichen Verarbeitung der Grammatik. Nach mehreren Monaten untersuchte man die Probanden erneut, wobei sich zeigte, dass die Verarbeitungsprozesse der Grammatik nun bei allen Teilnehmern mehr als zuvor der eigenen Muttersprache ähnelten, doch war noch immer die Versuchsgruppe, die die Sprache in der natürlichen Umgebung selbständig gelernt hatte, besser. Offensichtlich hatte diese Pause das Sprachwissen stabilisiert, was man auch beim Erlernen bestimmter motorischer Fertigkeiten beobachten kann.
TPRS - Teaching Proficiency through Reading and Storytelling
Die Fremdsprachenlernmethode TPRS wurde ursprünglich in der Bedeutung von "Total Physical Response Storytelling" in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts von Blaine Ray entwickelt. Unter der Bezeichnung "Teaching Proficiency through Reading and Storytelling" hat TPRS die Fremdsprachendidaktik in den Vereinigten Staaten beeinflusst, auch wenn von einer weiten Verbreitung noch keine Rede sein kann. TPRS bemüht sich um ein ganzheitliches Unterrichten von Sprache in angstfreier, motivierender sozialer Umgebung und lebendiger, authentischer Lehrer-Schüler-Interaktion, wobei ein weitgehender Verzicht auf die Vermittlung grammatischer Regeln in der Hauptsache durch aktives Zuhören und Lesen gelernt wird. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Storytelling zu, damit die Lernenden die Grundstrukturen der Zielsprache oft genug hören und dabei den Inhalt allmählich vollständig verstehen.Die wichtigsten grammatischen Muster und ein Grundwortschatz von
einigen hundert häufig gebrauchten Wörtern werden zum sog. "fluency
circle" zusammengefasst, wobei nahezu die gesamte Unterrichtszeit darauf
verwendet wird, diese Grundstrukturen zu üben. Darüber hinausgehende
Strukturen und Wortschatz, die auftauchen, werden dem "reading circle"
zugerechnet und zwar verwendet und übersetzt, aber nicht ausdrücklich
geübt. Nach und nach finden diese überwiegend beim Lesen und dem
Diskutieren von Texten auftauchenden Strukturen dennoch Eingang erst in
den passiven, dann in den aktiven Wortschatz. Der Erwerb
grammatischer Strukturen setzt erst ab einem Wortschatz von etwa 400 bis
500 lexikalischen Einheiten ein, sodass Sprachenlernen nicht durch das
Pauken von Grammatikregeln und von Listen leerer Vokabelhülsen erreicht
wird, sondern durch den Aufbau mentaler Begriffe, wie sie die jeweiligen
Sprachgemeinschaften im Laufe ihrer Geschichte entwickelt haben, und in
sozialen Situationen, bei denen Sprache das Verhalten der Beteiligten
koordiniert.
Damit ist TPRS der Immersionsmethode beim Fremdsprachenerwerb nahe,
also dem Eintauchen in eine Sprache, wobei die neue Sprache Arbeits- und
Umgangssprache ist. Der Lernende erschließt sich damit die Sprache
eigenständig Stück für Stück aus dem Zusammenhang der Situation und
bildet so die Art nach, wie Kinder Sprachen lernen. Immersion
verfährtlernergerecht, motiviert und kommt ohne Zwang und ohne
Leistungsdruck aus. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass sich mit der
Immersion ein beträchtlich höheres Niveau in der Fremdsprache erreichen
lässt als mit herkömmlichem Unterricht.
Eine Beispielsite für diese Methode findet sich auf einer im
Rahmen eines DaF-Projekts entstandenen Site, die beim Erlernen der
deutschen Sprache helfen möchte. Auf der Seite https://Learn-German-Easily.com bzw. https://leicht-deutsch-lernen.com finden sich gemischte Lektionen für Anfänger und Fortgeschrittene.
Die Website https://childhood-stories.com/ bietet gratis Kurzgeschichten bzw. Geschichten aus der Kindheit mit Übersetzungen in vielen Sprachen (Englisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch, Schwedisch u. a. m.) an, es heißt dort: "Wir verbrachten jeden Tag Stunden damit, wundervollen Geschichten zu lauschen, seien es Tenali Raman oder Akbar und Birbal, seien es Tausendundeine Nacht oder Äsops Fabeln, seien es Ramayana oder Mahabharata oder seien es irgendwelche Enid Blyton-Romane. Wir haben diese Geschichten jede Woche mindestens ein paar Stunden lang gelesen, gehört oder diskutiert. Das war immer interessant und hat uns Lust auf mehr gemacht. Aber wenn wir jetzt versuchen, eine Sprache zu lernen, warum sind wir nach ein paar Tagen nicht mehr so interessiert? Ganz einfach. Wir sind gezwungen, lange, langweilige Passagen zu lernen, einzelne Sätze ohne Kontext, Wortlisten, Grammatikseiten, die Liste geht weiter. Es wird schwierig, sich Wörter einzuprägen, wenn man kein richtiges Gedächtnis hat, mit dem man sie assoziieren kann. Und ohne Assoziation entgleiten uns die Wörter immer wieder! Bei childhood-stories.com bemühen wir uns, Ihnen eine neue Sprache durch das mächtige Instrument der Assoziation beizubringen. Wir werden jede glückliche Erinnerung an Ihre Kindheit durch diese wunderbaren Geschichten hervorrufen und Ihnen das Erlernen einer Sprache erleichtern. Jede Geschichte ist eine doppelte Sprache und somit wird das Lernen zum Spaß und zur Erinnerung."
Siehe auch die Rezension Fremdsprache lehren mit der Birkenbihl-Methode
Literatur
Morgan-Short, K., Finger, I., Grey, S. &
Ullman, M. T. (2012). Second language processing shows increased
native-like neural responses after months of no exposure. PLoS ONE, DOI:
10.1371/journal.pone.0032974.
https://lerntipps.lerntipp.at/sprachen-lernen-mit-geschichten-aus-der-kindheit.
http://tprs-for-germany.com/ (11-11-08)
https://paedagogik-news.stangl.eu/49/die-immersionsmethode-beim-fremdsprachenerwerb (11-07-21)
http://Learn-German-Easily.com (11-11-10)
Seit 1994 wird jährlich am 5. Oktober der Weltlehrertag bzw. der internationale Tag des Lehrers/der Lehrerin begangen, anlässlich der „Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer“, die 1966 von der UNESCO und der Internationalen Arbeitsorganisation angenommen wurde.
Spezielle Aspekte des Unterrichtens
- Was ist guter Unterricht?
- Erfolgreiches Lehrerverhalten
- Lehrerin oder Lehrer werden?
- Kompetenzen einer Lehrerin/eines Lehrers
- Die konstitutiven Antinomien des Lehrerhandelns
- Sind Lehramtsstudierende so schlecht wie ihr Ruf?
- Lerntypen und Unterrichtsformen
- Wie können Lehrer das Lernen verbessern?
- Unterrichtsmethoden: Schneeballverfahren
- Unterrichtsmethoden: Die ABC-Methode
- Unterrichtsmethoden: Punktabfrage - Dissonanzmethode
- Unterrichtsmethoden: Schreibgespräch
- Motivationstypen und Unterricht
- Vermittlung von Lernstrategien
- Techniken zur Motivationssteigerung bei SchülerInnen
- Schülerorientierung
- Bock auf Lernen. Sieben Lehr-Lern-Illusionen (Rezension)
- Umgang mit kultureller Vielfalt im Unterricht
- Fremsprachen lehren und lernen
- Fremdsprache lehren mit der Birkenbihl-Methode (Rezension)
- Arbeitsverhalten in Begabtenklassen
- Visualisierung im Unterricht
- Das Schulbuch im Unterricht
- Neue Medien im Unterricht
- Serious Games - Computerspiele im Unterricht
- Die Rolle der Lehrenden beim E-Learning
- Typologie der Lehrer und Lehrerinnen
- Die Körpersprache der LehrerInnen
- Emotionen in der Schule
- Gewalt und Aggression im Unterricht
- Das Konstanzer Trainingsmodell
- Der unaufmerksame Schüler - Ein Fragebogen, zwei Untersuchungen
- Unterrichtsstörungen
- Verhaltensverträge
- Klassenführung
- Die Beurteilung von Schülern
- Entdeckung von Plagiaten bei SchülerInnen
- Erlebnispädagogik und Klassenklima
- Individuell und subjektiv erlebte Gerechtigkeit des Lehrerhandelns
- Klassenklima und schulbezogene Hilflosigkeit
- Arbeitsplatz Schule
- Die Neue Mittelschule