[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Arbeitsplatz Schule:
Arbeitsbedingungen in der Schule

Schule ist noch immer ein mehr oder minder geschlossener Raum, der von der realen Lebenswelt isoliert wird, sodass sich Schule auch als pädagogischer Machtraum darstellt. Das bedeutet, dass entweder die Kinder und Jugendlichen zu einer Weltflucht gezwungen oder im regelpädagogischen Sinn kaserniert werden sollen. In diesen Raumentwürfen wird an der Einschließung von Kindern und Jugendlichen im schulischen Raum und damit an der bestehenden Schulpflicht festgehalten. Die Beibehaltung der Schulpflicht ist entweder Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den Einflüssen der modernen Kultur im außerschulischen Raum oder eben ein Schutz der Gesellschaft vor denen, die noch nicht erwachsen sind und damit auch noch keine Aufenthaltsgenehmigung in der Erwachsenenkultur besitzen (Böhme & Herrmann, 2011, S. 143).

Literatur
Die Presse vom 12.11.2012.
Böhme, J. & Herrmann, I. (2011). Schule als pädagogischer Machtraum. Typologie schulischer Raumentwürfe. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

In einem Beitrag in der Presse vom 12. November 2012 benennt Theresa Aigner fünf Problembereiche, die am Arbeitsplatz Schule eine Rolle spielen, wenn es darum geht, konzentriert und aufnahmefähig zu sein. Gekürzt die wichtigsten Argumente:

Niedrige Luftqualität in einem Großteil der Klassenzimmer

Zu heiß, zu trocken, zu stickig: So lautet das Ergebnis einer Studie zur Qualität der Raumluft in Österreichs Klassenzimmern. So liegt die Durchschnittstemperatur in fast jeder zweiten Klasse über dem empfohlenen Wert, die Luftfeuchtigkeit ist in 70 Prozent der Klassen zu niedrig, auch der CO2-Wert übersteigt in der Hälfte der Klassen den empfohlenen Wert. Eine deutliche Abnahme der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen und schnellere Ermüdung können die Folge von schlechter Raumluft sein.
Einfachste Lösung: regelmäßiges Stoß- und Querlüften, es muss also ein Durchzug erzeugt werden. Wenngleich dieser Lösungsansatz banal klingt – die Studie zeigt, dass nicht einmal das gelingt: In 94 Prozent der Klassen wird die Luft seltener als alle zwei Stunden komplett ausgetauscht – im Idealfall sollte das alle 50 Minuten passieren.

Falsche Ernährung mindert die Konzentrationsfähigkeit

Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle, denn Kinder, die nicht frühstücken, können sich schlechter konzentrieren. Studien belegen, dass Schüler, die nichts gegessen haben, bei Tests schlechter abschneiden. Verschärft werde das Problem dadurch, dass auch zu wenig Wasser getrunken wird. Typische Jausenprodukte wie Wurstsemmeln, Pizzaschnitten und dergleichen sind fett – und das macht müde. Lösung: „Schulobstprogramm“: Die Schule erhält dabei Obst und Gemüse für alle Schüler; bezahlt wird das zur Hälfte von der EU und zur Hälfte von den Eltern (ca. 15 Euro pro Jahr). Ein anderer Vorschlag lautet, gemeinsame „Jausenpausen“ einzuführen. Viele Schülerhaben zwar eine Jause mit, essen sie aber nicht – weil in der Pause andere Dinge wichtiger sind.

Mangelnde Bewegung während des Unterrichts

Auch die Bewegung kommt im Schulalltag zu kurz, wobei eine tägliche Turnstunde zwar „wünschenswert“ ist aber nur eine Maßnahme darstellt, denn ebenso wichtig ist, dass Bewegung auch in den Fachstunden Platz hat. Lösung: Bewegung auch in den Deutsch- oder Mathematikunterricht integrieren, denn dabei werden Inhalte durch Bewegung vermittelt, etwa indem Rechenlösungen mit einem Springseil nach vereinbarten Codes gesprungen werden.

Die Lärmbelastung führt zu Fehlern

Der Lärmpegel steigt in Schulklassen rasch an, insbesondere dann, wenn die Raumakustik schlecht ist. Und Lärm mindert den Lernerfolg, bestätigten Studien der Uni Oldenburg: Schon ab der Lautstärke von 50 Dezibel häufen sich die Fehler – das entspricht der Lautstärke leiser Hintergrundmusik. In den Klassen liegt der Lärmpegel meist deutlich höher. Lösung: Schallabsorbierende Gestaltung von Decken und Wänden. Aber auch einfacher umsetzbare Dinge können helfen: Fenster nicht gekippt halten, Regeln fürs Reden und Zuhören, langsames Sprechen oder einfach die Thematisierung von Lärm und dessen Wirkung. Bewegungspausen helfen, um quirlige Schüler wieder zu beruhigen.

Jesper Kristiansen (National Research Centre for the Working Environment, Kopenhagen) untersuchte zehn dänische Schulgebäude mit niedrigem, mittlerem und hohem Nachhall in den Klassenzimmern. Dreihundert Lehrer schätzten unter anderem ein, wie stark der Lärm an ihrem Arbeitsplatz ist und wie zufrieden sie im Beruf sind. Dabei zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Lärm und Arbeitszufriedenheit, wobei sich sowohl der subjektiv als störend empfundene Lärm im Wohlbefinden niederschlug als auch die objektiven Raumbedingungen. Lehrer, die an Schulen mit einem hohen Nachhall arbeiteten, waren im Vergleich deutlich unzufriedener und hatten sechsmal häufiger über einen Jobwechsel nachgedacht als Kollegen in Gebäuden mit niedrigem Hall. Faktoren wie Klassengröße oder das soziale Umfeld der Schule hatten in der Studie hingegen keinen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit.
Quelle: Psychologie heute, August 2013.

Eine Studie des Grazer Instituts für Psychologie an 14 steirischen Volksschulen hat ergeben, dass der Lärmpegel in den steirischen Klassenzimmern viel zu hoch ist, was sich auf die Konzentration der Schüler auswirkt und für die Lehrer zur nervlichen Zerreißprobe wird. Die Schallpegelmessungen ergaben einen durchschnittlichen Wert von 68 Dezibel, was man mit einem laufenden Staubsauger in einem Meter Entfernung vergleichen kann. Der Grenzwert, der vorgeschrieben ist, liegt eigentlich bei 50 Dezibel für Räume, die für vorwiegend geistige Tätigkeiten vorgesehen sind. Man hat in der Untersuchung auch festgestellt, dass Lehrende in Volksschulen sich durch Lärm stärker belastet fühlen als etwa Lehrer an einer Höheren technischen Lehranstalt.
Quelle: http://on.uni-graz.at/de/forschen/article/laestiger-laerm/ (14-03-28)

Die Belastung von Lehrerinnen und Lehrern in Krisenzeiten

Nach Untersuchungen (Deutschen Schulbarometer) berichten insgesamt sechzig Prozent der Lehrkräfte, dass sie sich „häufig“ oder „sehr häufig“ auch in der arbeitsfreien Zeit nicht erholen können. Dabei ist es für Lehrerinnen und Lehrer vor allem wichtig, Distanz zur Arbeit zu finden, etwa indem sie Dinge machen, die ihnen wirklich Freude bereiten, oder Menschen treffen, die ihnen guttun. Allerdings kommt es oft vor, dass Menschen, wenn sie sich beruflich besonders belastet fühlen, genau jene Dinge streichen, die ihnen guttun, weil sie meinen, dafür fehle die Zeit. Dadurch steigt allerdings langfristig die Belastung noch mehr. Es gibt einige Faktoren, die Lehrkräfte vor Überlastung schützen können. Auf individueller Ebene hilft es den Lehrkräften am meisten, wenn es gelingt, eine gewisse Distanz zur Arbeit aufzubauen, doch ist das ein schmaler Grat, denn es geht auch darum, trotzdem motiviert und empathisch gegenüber den Schülerinnen und Schülern zu bleiben. Unterstützen kann dabei ein gutes soziales Umfeld, privat und auch im Kollegium, wobei man auch gerade in belastenden Situationen immer wieder den Blick darauf lenken sollte, was gelungen ist oder was im Beruf Freude macht. Auch sollten sich Lehrkräfte klarmachen, dass alles, was sie für ihr eigenes Wohlbefinden tun, auch ihren Schülerinnen und Schülern zugute kommt, ein gesunde Lehrkräfte und gesunde Schülerinnen und Schüler sind die Voraussetzung für gelingende Lernprozesse. Es ist nachgewiesen, dass Achtsamkeitsprogramme oder auch Stressmanagement-Programme förderlich für die Gesundheit von Lehrkräften sind, wobei sich auch Klassenführungstrainings sch als entlastend erwiesen haben. Es geht daher darum, ein Bewusstsein für die Relevanz des Themas zu schaffen und die Reduktion beruflicher Belastung als Aufgabe von Schulentwicklung und Stressbewältigung, als Teil der Professionalisierung von Lehrkräften zu verstehen. 

Literatur

Stangl, W. (2022, 10. Juni). Das Deutsche Schulbarometer zur Belastung von Lehrerinnen und Lehrern. Pädagogik-News.
https://paedagogik-news.stangl.eu/das-deutsche-schulbarometer-zur-belastung-von-lehrerinnen-und-lehrern.

Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich wohleer bei schwierigen Schülerinnen und Schülern

Frühere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Ziele von Lehrern und Lehrerinnen und ihre erlebten Emotionen bei der Interaktion mit Schülerinnen und Schülern eine wichtige Rolle für deren Wohlbefinden spielen. Studien über die psychologischen Auswirkungen von Ereignissen haben jedoch gezeigt, dass die Auswirkungen von schlechten Ereignissen stärker sind als die Auswirkungen von guten Ereignissen. Es könnte also sein, dass die Ziele und Emotionen der Lehrkräfte für Schülerinnen und Schüler, die unerwünschte Verhaltensweisen zeigen - also etwa solche, die den Unterricht stören, ihre Arbeit nicht zu Ende bringen und eine negative Einstellung zum Lernen haben -, mehr zu ihrem Wohlbefinden beitragen als die Ziele und Emotionen der Lehrkräfte für Schülerinnen und Schüler, die erwünschte Verhaltensweisen zeigen - also solche, die im Unterricht aufpassen, ihre Arbeit rechtzeitig erledigen und eine positive Einstellung zum Lernen haben.

Um diese Frage zu untersuchen, haben Forster et al. (2022) die Ziele und Emotionen der Lehrern und Lehrerinnen in Bezug auf Schülerinnen und Schüler mit erwünschtem und unerwünschtem Verhalten sowie ihr affektives, evaluatives, berufliches und psychologisches Wohlbefinden gemessen. Es zeigt sich, dass das Wohlbefinden der Lehrern und Lehrerinnen relativ stark mit ihren Zielen und Emotionen für Schülerinnen und Schüler mit unerwünschtem Verhalten zusammenhängt, d. h., je höher die Ziele und je positiver die Emotionen, desto höher das berichtete Wohlbefinden. Im Gegensatz dazu standen die Ziele und Emotionen für Schülerinnen und Schüler mit erwünschtem Verhalten in keinem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Lehrern und Lehrerinnen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass der Grundsatz "Schlechtes ist stärker als Gutes" auch für den Einfluss der Ziele und Emotionen von Lehrern und Lehrerinnen auf ihr Wohlbefinden gilt.

Literatur

Forster, M., Kuhbandner, C., Hilbert, S. (2022). Teacher Well-Being: Teachers’ Goals and Emotions for Students Showing Undesirable Behaviors Count More Than That for Students Showing Desirable Behaviors. Frontiers in Psychology, doi:10.3389/fpsyg.2022.842231.

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Der Schulraum passt nicht zu neuen Lern- und Lehrformen


Literatur
https://deutsches-schulportal.de/forsa-umfrage/ (19-02-28)

Die Sitzordnung in Schulen – Bänke, die in Reih und Glied hintereinander stehen – geht auf die Sitzordnung in der Kirche zurück. Ermüdende Frontalvoträge sind damit kompatibel. Wenn aber neue Lehr- und Lernformen angewandt werden – was in den Schulen zunehmend der Fall ist –, muss auch der Raum dem Lernen angepasst werden. Lösung: „partizipative Planung“ – die Lehrer und Schüler werden in den Schulbau eingebunden. So kann der Raum den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Moderne Schulbauten verfügen oft über Rückzugsräume und Lerninseln zwischen den Klassen, die für offene Lernformen genützt werden. Lange, triste Gänge fallen weg.

Hinzu kommt die nicht immer reibungslose Zusammenarbeit mit anderen LehrerInnen an einer Schule:

Die Teamarbeit

Gerade in der Schule müssen LehrerInnen nicht nur den Schülern zeigen, wie man erfolgreich eine Gruppenarbeit organisiert, sondern sie müssen genau das auch vorleben und im Kollegium als Team zusammenarbeiten. Die Praxis zeigt täglich, dass Teamwork kein leichtes Unterfangen ist, denn in jedem Lehrerzimmer treffen sehr gegensätzliche Charaktere und Mentalitäten aufeinander. Hier trifft der Eigenbrödler auf die Selbstdarstellerin, und wenn die Chemie nicht stimmt, scheinen die KollegInnen nicht mehr dieselbe Sprache zu sprechen.

Manchmal lässt die Motivation einiger Kollegen immer weiter nachlässt und das Ziel gerät aus dem Blickwinkel, die Teamarbeit verläuft schleppend und versandet schließlich ganz. Außenseiter-KollegInnen werden ausgegrenzt, manchmal gibt es sogar Fälle von Mobbing. Dann leiden nicht nur die betroffenen KollegInnen, sondern auch die Motivation der anderen LehrerInnen, das das Schulklima und die Qualität der Schule insgesamt.

Zusammenarbeit mit Eltern

Die Zusammenarbeit mit Eltern gehört für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland zu den größten Herausforderungen. In einer Umfrage wurden die Lehrkräfte offen und ohne jede Vorgabe nach den zurzeit größten Herausforderungen an ihrer Schule befragt, wobei die Befragten mit 30 Prozent das Problem des Lehrermangels am häufigsten nannten, für 23 Prozent war das Verhalten der Schülerinnen und Schülerund für 22 Prozent die Inklusion das Belastendste. Insgesamt 21 Prozent der befragten Lehrkräfte sehen die Kommunikation mit den Eltern als ein Problem an, wobei diese am schwierigsten an Grundschulen ist, denn jede dritte Lehrkraft sieht darin eine der größten Herausforderungen, an den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I ist es nur jede fünfte. Seltener, mit nur 15 Prozent, empfinden Lehrkräfte am Gymnasium den Austausch mit Eltern als herausfordernd. Wenn es zu größeren Konflikten kommt, hat das massive direkte Auswirkungen auf Schule und Unterricht und beeinträchtigt auch das Lehrerhandeln. Angesichts einer zunehmend gemischten Schüler- und damit auch heterogenen Elternschaft sei es schwierig, wenn nicht unmöglich geworden, sich ohne Weiteres mit den Eltern einer Klasse noch auf gemeinsame Erziehungsziele zu einigen, etwa im Umgang mit Computern.


Zur Illustration das …

Quelle
http://alessa-accessoires.
blogspot.co.at/2014/02/
lebenlernen-lieben-gelernt.html (14-02-05)
… Zitat aus dem Weblog von Alessa Spang, die sich als Studentin an ihre Schulzeit erinnert:

Lernen kann so ermüden. Vor allem Lernen in der Schule … Ich erinnere mich. Dass die Banknachbarn interessanter waren als alles andere. Dass die Luft in den Zimmern schlecht war und dass die Ohren müde waren von monotonen Stimmen. Und dass man mit etwas Phantasie in herrliche Welten flüchten konnte, während da vorne jemand stand und redete.
Manche Stunden im Klassenzimmer waren auch schön. Wenn irgendwas anders war als sonst. Vielleicht war es eine Stunde Kunst, in der wir das erste Mal Linolwerkzeuge in der Hand hatten. Eine Stunde Gruppenarbeit in Deutsch, in der wir tatsächlich gute Ideen hatten, zusammen einen Text schrieben, der sich beim Vorlesen gut angefühlt hat. Oder Freistunden, in denen wir mit Pommes in der Hand freiwillig Hausaufgaben gemacht haben.
Da waren auch mal diese Momente, in denen ich gelernt habe, ohne es zu merken. Sonst aber ist genau das in der Schule - dem Ort des Lernens - schwierig, weil es jedem Lehrer in Großbuchstaben auf der Stirn geschrieben steht: Ihr MÜSST lernen.
Und was haben wir gemacht? Buchstabenbilder aus Songtexten in die Hefte gemalt.
Leistungsdruck ist echt kontra.
Heute weiß ich Gründe, weshalb Schule so oft doof war, die ich damals noch nicht so richtig verstanden hab. Heute weiß ich, dass ich alles gerne lerne, wenn mich der „Stoff“ interessiert. Dann begrüße ich ihn freudig und schließe ihn in die Arme.



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