Modeling Therapie
Albert Bandura hat in der Modeling Therapie auch einen enormen Einfluss auf die Persönlichkeitstheorie und -therapie genommen: Wenn man jemanden mit einer psychischen Erkrankung dazu bringt, jemanden zu beobachten, der mit der selben Problematik in produktiverer Weise umgeht als man selbst, dann kann man dadurch lernen, dass man die zweite Person imitiert. Ursprünglich erforschte Bandura diesen Bereich anhand von Ophidiophobikern (Menschen, die eine neurotische Furcht vor Schlangen haben). Der Klient wird zu einem Fenster geführt, von dem aus er das Labor einsehen kann. In diesem Labor befindet sich nur ein Stuhl, ein Tisch, ein Käfig auf dem Tisch mit verschlossenem Riegel, und in diesem Käfig befindet sich gut sichtbar eine Schlange. Dann beobachtet der Klient eine andere Person - einen Schauspieler - der sich langsam und unter Qualen der Schlange nähert. Zunächst wirkt er entsetzt, legt dies aber ab, sagt sich selbst, er muss sich entspannen, normal atmen und sich Schritt für Schritt der Schlange nähern. Auf halbem Weg mag er innehalten, wieder in Panik verfallen und wieder von Neuem beginnen. Schließlich gelangt er zu dem Punkt, an dem er den Käfig öffnet, die Schlange heraus nimmt, sich auf den Stuhl setzt und sich die Schlange um den Hals legt während er sich weiter selbst beruhigend zuspricht. Nachdem der Klient das beobachtet hat, wird er ermutigt, es selbst zu versuchen. Allerdings weiß der Klient, dass die andere Person, die er beobachtet hatte, ein Schauspieler ist - er wird in dieser Therapie also nicht hintergangen.
Bandura schlägt zur Selbstregulierung - also das eigene Verhalten zu kontrollieren - drei Schritte vor:
- Selbstbeobachtung (self-observation): Wir beobachten uns selbst und unser Verhalten ganz genau und detailliert.
- Beurteilung (judgment): Wir vergleichen das, was wir sehen, mit einem traditionellen Standard, also etwa mit "Regeln der Etikette" vergleichen. Wir können auch willkürliche Standards erstellen, wie "Ich werde ein Buch pro Woche lesen." Wir können dadurch mit anderen oder uns selbst wetteifern.
- Belohnende Rückmeldung self-response): Wenn wir im Vergleich mit den von uns gesetzten Standards gut abgeschnitten haben, gibt man sich ein belohnendes Feedback, wenn man schlecht abgeschnitten hat, ein bestrafendes. Diese self-responses können vom Offensichtlichen ("Eis als Belohnung") bis zum Versteckten ("Gefühle von Stolz oder Scham)" reichen.
- Kompensation (compensation) - ein umgekehrter Minderwertigkeitskomplex zum Beispiel oder auch illusorische Erhabenheitsgefühle.
- Untätigkeit (inactivity) - Apathie, Langeweile, Depression.
- Flucht (escape) - Drogen und Alkohol, Fernsehphantasien oder sogar die ultimative Flucht, der Suizid.
Diese drei Formen der Selbstbestrafung ähneln den Persönlichkeitstypen Alfred Adlers und Karen Horneys: aggressiver, unterwürfiger und vermeidender Typ.
Banduras empfiehlt Menschen mit geringem Selbstkonzept seine drei Schritte der Selbstregulierung:
- Selbstbeobachtung - erkenne dich selbst und stelle sicher, dass du ein zutreffendes Bild von deinem eigenen Verhalten hast.
- Standards - stelle sicher, dass deine Standards nicht zu hoch angesetzt sind. Setz dich nicht mutwillig Versagenserfahrungen aus. Auf der anderen Seite bleiben zu niedrige Standards wirkungslos.
- Rückmeldung - belohne dich selbst, statt dich zu bestrafen. Feiere deine Siege, statt an den Misserfolgen hängen zu bleiben.
Banduras Gedanken der Selbstregulierung sind auch in die Selbstkontroll-Therapie eingeflossen, die bei relativ einfachen psychischen Problemen wie Gewohnheiten (Rauchen, übermäßiges Essen) eingesetzt werden. Hier wird in analoger Weise vorgegangen:
- Erstellung einer Liste der Verhaltensweisen (behavioral charts): Selbstbeobachtung erfordert, dass man sein Verhalten genau aufzeichnet, sowohl bevor man Änderungen vornimmt, als auch daran anschließend. Man kann zum Beispiel einfach zählen, wie viele Zigaretten man täglich raucht oder auch komplexe Aufzeichnungen in einem Tagebuch (behavioral diary) durchführen. Verwendet man ein Tagebuch, führt man alle Details auf, also das wann und wo der jeweiligen Gewohnheit. So lässt sich herausfinden, welche Regelmäßigkeiten hinter dem gewohnheitsmäßigen Verhalten stecken: Rauchst man mehr nach dem Essen, beim Kaffee, beim Zusammensein mit bestimmten Freunden oder an bestimmen Orten.
- Planung der Umgebung (environmental planning): Ausgehend von diesen Aufzeichnungen kann man beginnen, seine Umgebung zu verändern. Zum Beispiel kannst man einige der Faktoren entfernen, die zu den schlechten Angewohnheiten beitragen: Aschenbechern entfernen, Tee statt Kaffee trinken usw. Man kann Zeit und Raum herausfinden, die den guten, alternativen Verhaltensweisen besonders förderlich sind: Wann und wo raucht man am wenigsten?
- Verträge mit dir selbst (self-contracts): Schließlich sollte man sich selbst belohnen, wenn man seinen Plan realisisert hat, oder sich vielleicht auch bestrafen, wenn man sich nicht an den Plan gehalten hat. Diese Verträge sollten schriftlich und bezeugt sein (z.B. von einem Therapeuten), wobei die Details genau festgehalten werden sollten: "Ich gehe am Samstag aus, wenn ich in dieser Woche weniger rauche als in der vergangenen Woche. Schaffe ich es nicht, mache ich statt dessen am Samstag Wohnungsputz."
Man sollte in diese Selbstkontroll-Therapie andere Menschen miteinbeziehen, so dass diese die Belohnungen und Strafen kontrollieren, wenn man sich selbst gegenüber nicht streng genug ist.
Banduras Argumentationsstil ist für die meisten Menschen sehr gut nachvollziehbar und sein handlungsorientierter, problemlösender Zugang ist auch für jene ansprechend, die ihre persönlichen Schwierigkeiten so schnell wie möglich bearbeiten möchten, statt wie die Psychoanalyse über das Es oder über Archetypen zu philosophieren. Bedeutende Psychologen haben Banduras Ansätze weiter geführt: Julian Rotter, George A. Kelly (Psychologie der persönlichen Konstrukte, besonders aber auf das von ihm entwickelte Untersuchungsverfahren, den "Rep-Test" oder die "Repertory Grid-Technik"), Walter Mischel, Michael Mahoney, David Meichenbaum, Aaron Beck (Kognitive Therapie) und Albert Ellis (Rational-emotive Therapie).
Überblick über einige Psychotherapierichtungen und -schulen
- Allgemeines zur Psychotherapie
- Ausbildung in Psychotherapie
- Klientenzentrierte Therapie: Carl Ransom Rogers
- Psychodrama und Gruppenpsychotherapie: Jakob Levy Moreno
- Humanistische Psychologie: Abraham Maslow
- Gestalttherapie: Fritz Perls
- Die Systemischen Therapien
- Systemisches Fragen
- Die Systemische Familientherapie
- Kognitive und Verhaltenstherapie: Joseph Wolpe, Hans J. Eysenck
- Imago Therapie
- Die "Schematherapie" nach Jeffrey E. Young
- Transaktionsanalyse nach Eric Berne
- Achtsamkeitstherapie
- Modeling Therapie
- Persönliche Konstrukte - George A. Kelly
- Kurzzeittherapeutischen Schulen
- Körperorientierte Therapien - Focusing
- Hypnotherapie
- Psychologische Beratung im Internet - die "eTherapie"
- Therapeutische Allianz
- Tipp: Schreiben als Therapie
- Literatur und Quellen
- Siehe auch den Kurzüberblick: Psychotechnische Schulen
- NEU: Test der Stressbelastung
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