[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Eine Frau soll aussehen wie ein junges Mädchen, auftreten wie eine Lady, denken wie ein Mann und arbeiten wie ein Pferd.
Caroline Klein Simon

Am liebsten erinnern sich die Frauen an die Männer, mit denen sie lachen konnten.
Anton Pawlowitsch Tschechow

 

Frauen Männer

Frauen lernen schnell und Männer glauben, sie wissen schon alles.

Der Mensch gliedert sich in zwei Teile:
Einen Weiblichen, der nicht denken kann,
und einen Männlichen, der nicht denken will.
Kurt Tucholsky

Frauen geben Fehler leichter zu als Männer. Deshalb sieht es so aus, als machten sie mehr.
Gina Lollobrigida

Ein Mann erwartet von einer Frau, dass sie perfekt ist und dass sie es liebenswert findet, wenn er es nicht ist.
Catherine Zeta-Jones


Literatur

Bourdieu, Pierre (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt: Suhrkamp.

Buser, C. (2022). Frauen zwischen Mitarbeit und Ausschluss in der Kirche – eine kurze Betrachtung der kirchengeschichtlichen Situation.
WWW: https://www.academia.edu/43044910/

Kasten, H. (2003). Weiblich - Männlich. Geschlechterrollen durchschauen. München: Reinhardt.

Rustemeyer, R. & Thrien, S. (2001). Das Erleben von Geschlechtsrollenkonflikten in geschlechtstypisierten Berufen. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 45, 1, 34-39

Voß, Heinz-Jürgen (2009). Angeboren oder entwickelt? Zur Biologie der Geschlechtsentwicklung (S. 13-20). Gen-ethischer Informationsdienst 9.

Wuttig, Bettina (2010). Der traumatisierte Körper, die vibrierende Ruhe und die Kraft der Vergesslichkeit. Zum Verhältnis von Körper, Trauma und Geschlecht (S. 351-365). In Anke Abraham & Beatrice Müller (Hrsg.), Körperhandeln und Körpererleben. Multidisziplinäre Perspektiven auf ein brisantes Feld. Bielefeld: transcript.

 

 

Geschlechtsunterschiede ;-)

Die angeblich natürlichen, also biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau sind einerseits ein echter Klassiker unter den Stereotypen, andererseits ist es sehr zeitgenössisch, ausführlich die Unterschiede der Gehirne der verschiedenen Geschlechter zu beleuchten. Buchtitel wie "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" werden gerne zu Bestsellern. Es ist sehr in Mode, geschlechtsspezifische Verhaltensunterschiede mit den neurologisch unterschiedlichen Hirnen zu begründen, sehr oft verbunden mit evolutionsbiologischen Argumenten. Frauen sind demnach emotionaler, weil ihr Körper ihnen das diktiert, aus dem gleichen Grund denken Männer stärker abstrakt. Der berühmte Satz von Simone de Beauvoir: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird es", gilt vielen nichts mehr. Da ist der Weg wieder kurz zu den Argumenten über den "physiologischen Schwachsinn des Weibes" (Naica-Loebell 2008).

Übrigens sah der Wiener Philosoph Otto Weininger die Welt bzw. den Menschen in zwei eher kurios anmutende Prinzipien aufgeteilt: in W, das des Weibes, das für geile Gier steht, und in M, das des Mannes, das für reinen Geist steht. Wieviel W und M jeder Mensch hat, ist nach Weinender im Geschlecht angelegt, aber nicht festgeschrieben, denn man kann sich hocharbeiten, etwa durch sexuelle Enthaltsamkeit. Allerdings ist dabei für Frauen bei 50 Prozent M Schluss, auf 100 können nur Männer kommen. Er schrieb in "Geschlecht und Charakter" (1903): "Wie kann ich es schließlich den Frauen vorwerfen, dass sie auf den Mann warten? Der Mann will auch nichts anderes als sie. Es gibt keinen Mann, de sich nicht freuen würde, wenn er auf eine Frau sexuelle Wirkung ausübt. Der Haß gegen die Frau ist nichts anderes als Haß gegen die eigene, noch nicht überwundene Sexualität." Oder: "Die Frau ist nur sexuell, der Mann ist auch sexuell."

Mit dieser Einteilung steht er Karl Kraus nahe, aber auch August Strindberg und anderen Zeitgenosse.

Für das menschliche Gehirn ist die Einteilung in männliches und weibliches Gehirn relativ bedeutungslos, denn es gibt zwar Unterschiede, jedoch besitzen die allermeisten Menschen im Gehirn eine Mischung aus männlichen und weiblichen Anteilen. So gibt es Merkmale, die eher bei Männern zu finden sind und solche, die eher bei Frauen zu finden sind, während einige in beiden Geschlechtern vorkommen, sodass Gehirne mit rein männlichen und rein weiblichen Kennzeichen deutlich in der Minderheit sind. In Bezug auf die graue Substanz besitzen etwa nur sechs Prozent der Menschen durchgängig weiblich oder durchgängig männliche Kennzeichen.

Frauen sind weniger suchtgefährdet, begehen seltener Selbstmord, ertragen Schmerzen und Stress besser und bringen in der Schule im Durchschnitt bessere Leistungen als Männer. Nach den Erkenntnissen der Genforschung sind sie auch noch klüger und üben auf Grund des X-Chromosoms, das vor allem für intelligente Leistungen zuständig ist, starken Einfluss auf die Intelligenzentwicklung aus, denn Frauen verfügen über zwei X-Chromosomen, sodass Defekte bei Männern oft schwerwiegendere Auswirkungen haben als bei Frauen. So ist etwa die geistige Minderbegabung bei Männern häufiger als bei Frauen anzutreffen, allerdings findet man unter Männern nach einer Studie an der Universität Edinburgh auch mehr Hochbegabte, denn unter den intelligentesten zwei Prozent der Bevölkerung gibt es doppelt so viele Männer wie Frauen. Allerdings sind die Männer auch in der Gruppe mit geringer Intelligenz besonders stark vertreten. Die Hochintelligenz bei Männern ist für manche Forscher ein wichtigen Bestandteil der menschlichen Evolution, denn mit einer überragenden Intelligenz gelingt es nicht nur, für viele Frauen attraktiver zu sein und mit ihnen Nachkommen zu zeugen, sondern sie ist auch im täglichen Existenzkampf förderlich. Die Entwicklung der Intelligenz der Menschheit ist demnach vorwiegend den Wünschen und Erwartungen der Frauen zu verdanken. Bei der Intelligenzvererbung spielt der Mann ebenfalls eine untergeordnete Rolle, denn ein Vater gibt seine Intelligenz nur an seine Tochter weiter, nicht aber an seinen Sohn. Der Sohn bekommt nur die Intelligenzgene auf dem X-Chromosom von seiner Mutter.

Der Mensch ist mehr als ein Säugetier, aber Säugetier ist er fundamental auch und zu allererst. Es gibt daher ein weibliches und ein männliches Gehirn, denn das Säugetier Mensch existiert in der Regel als Mann und Frau, die sich in vielen Aspekten deutlich voneinander unterscheiden, die vor jeder Sozialisation liegen und es ist durch keine Sozialisation bisher gelungen, diese basalen Unterschiede aufzuheben. Insgesamt betrachtet nutzen Frauen ihr Gehirn anders als Männer, wie viele Untersuchungen zu Wahrnehmung, Orientierung und Koordination zeigen. Das Sehfeld ist bei Frauen größer, Männer sehen dafür schärfer, Frauen können einzelne Finger gezielter bewegen, Männer werfen und fangen dafür besser. Bei der Wegsuche verlassen sich Männer häufiger auf ihre Fähigkeiten, Richtungen und Entfernungen besser abzuschätzen, während sich Frauen an charakteristischen Objekten orientieren. Frauen nutzen ihr Gehirn jedoch nicht so einseitig wie Männer und können deshalb in vielen Bereichen Funktionsstörungen besser kompensieren. Allerdings spiegeln sich in vielen Forschungsergebnissen nicht nur die Erbanlagen sondern auch Umwelteinflüsse. In allen Kulturen und zu allen Zeiten gab es zahlreiche Vorstellungen über die Unterschiede der Geschlechter, wobei lange die Idee von einer natürlichen biologischen Verschiedenheit dominierte, die gesellschaftlich zur Formulierung einer spezifisch weiblichen und männlichen Identität führte. Aktuell werden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sowohl als Ergebnis der Geschichte als auch der Sozialisation interpretiert. Auch wenn es auf Grund der immer wieder postulierten Gleichberechtigung der Geschlechter als progressiv und politisch korrekt gilt, darauf zu bestehen, die beiden Geschlechter seien in ihren kognitiven Fähigkeiten nur minimal verschieden und das auch nur auf Grund unterschiedlicher Erfahrungen während der kindlichen Entwicklung, legt dennoch die Mehrzahl der aktuell vorliegenden wissenschaftlichen Befunde nahe, dass etwa der Feinaufbau des Gehirns schon sehr früh von Sexualhormonen beeinflusst wird, so dass die Umwelt von Geburt an und auch schon davor bei Mädchen und Buben auf schon grundlegend unterschiedlich verschaltete Gehirne einwirkt, sodass es später nahezu unmöglich wird, in der Entwicklung Erfahrungseinflüsse getrennt von der physiologischen Disposition zu erfassen.

Die englische Sprache bietet dabei eine Differenzierung von Geschlecht an: "gender" als soziales und "sex" als biologisches Geschlecht. "Sex" wird durch Anatomie, Physiologie und Hormone determiniert, während "gender" den erworbenen Status bzw. sozial und kulturell geprägte Geschlechtscharaktere meint, die durch Sozialisationsprozesse angeeignet werden. Zunehmend wird das Geschlecht auch nicht mehr nur als körperlicher oder sozialer Zustand sondern als Prozess von Geschlechtsidentität und Geschlechterbeziehungen gesehen. Geschlecht ist demnach keine fixe Rolle, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt, ein Produkt sozialen Handelns, das eine soziale Reproduktion von Regeln und Strukturen beinhaltet.

Das Geschlecht als soziale Ordnungskategorie

Das Geschlecht wird nach Pierre Bourdieu (1982) wie andere soziale Ordnungskategorien als Gewöhnungsakt inkorporiert und bildet einen Habitus, also das Ensemble inkorporierter Schemata der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens, Bewertens, Sprechens und Handelns, das alle expressiven, verbalen und praktischen Äußerungen der Mitglieder einer Gruppe oder Klasse strukturiert. Dem Habitus liegt die Notwendigkeit des Erwerbs eines praktischen Sinns zugrunde, d.h., intuitiv zu wissen, ohne davor jedesmal darüber nachzudenken zu müssen, wie man sich in einer möglichen Alltagssituation vernünftig verhält. Ob jemand sich intuitiv vernünftig verhält, hängt vor allem davon ab, ob er sich gemäß der geschichtlich ausgebildeten Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata seiner Klassen-, Gruppen-, Geschlechtszugehörigkeit verhalten kann.

Der Habitus kann daher als ein Erzeugungsprinzip jener Existenz verstanden werden, die in Abstimmung mit den umgebenden sozialen Strukturen entsteht. Diese Form der Abstimmung ist den Individuen nicht bewusst und wird daher durch ihre Präreflexivität als natürlich erlebt, da er tief im Subjekt verankert ist. Diese relativ stabile Verankerung findet statt, weil der Habitus von den Individuen sinnlich erfahren wird, d.h., er hat eine empfindbare somatische Dimension bzw. bildet im Körperlichen eine auch von außen beobachtbare, sinnlich erfahrbare Gestalt. Ein Beispiel eines solchen geschlechtstypischen Habitus, der die individuelle Leibeserfahrung prägt und dadurch gendertypische Gesten, Fühl- und Denkweisen sowie Körperhaltungen erzeugt, ist etwa, dass Mädchen und Frauen sich häufiger Sorgen machen, wenn ihre Körperteile eher groß sind, während Jungen und Männer eher Körperregionen für kritisch erachten, die sie für zu klein halten, sodass die unmittelbare leibliche Erfahrung  mit einer Fülle an Bedeutungen und sozialen Werten befrachtet ist (Wuttig, 2010).

Gibt es ein Mastergen der Geschlechtsentwicklung?

Übrigens wird die DNA heute wird nicht mehr als alleinige Trägerin von Informationen betrachtet, sondern ihre Informationen entstehen erst im Kontext von zellulären und Umwelt-Ereignissen. Man ist daher in der Biologie von dieser Ansicht abgerückt und immer weniger BiologInnen gehen heute davon aus, dass die DNA das Individuum vorbestimmt. Dennoch hält sich diese deterministische Auffassung in populären Vorstellungen und ist etwa auch in biologischen Auffassungen von Geschlecht weiter präsent. Aktuelle biologi-sche Konzepte beschreiben zwar die Entstehung und Bestimmung des Geschlechts als das Ergebnis eines Netzwerkes von miteinander interagierenden Genen beziehungsweise deren abgelesenen Produkten, doch zugleich besteht aber die Vorstellung weiterhin, diesem Netzwerk sei ein einzelnes Gen vorgeschaltet, also eine Art Mastergen, das die Entwicklung von "weiblich" zu "männlich" determiniert.  Generell setzt sich in der Biologie die Auffassung durch, dass Entwicklungsprozesse nicht einfach auf die Wirkung eines oder weniger Gene reduziert werden können, sondern es zeigt sich, dass verschiedene Gene beziehungsweise Genprodukte in komplexer Weise zusammenwirken und auf Einflussfaktoren der Zelle, des Organismus sowie der Umwelt reagieren.

So muss etwa das Verständnis der Geschlechtsentwicklung vor diesem Hintergrund überdacht werden, denn Chromosomen, Gene und andere Faktoren determinieren nicht das biologische Geschlecht, vielmehr bilden sich die als geschlechtlich betrachtete Merkmale wie Genitalien entsprechend den individuell spezifisch wirkenden Faktoren in einem Prozess aus, dessen Ergebnis nicht vorbestimmt ist. Ein solcher Prozess ist zu jedem Zeitpunkt offen für verschiedenste Einflüsse der Zelle, des Organismus und der Umwelt, sodass sich Merkmale, also auch die Genitalien, individuell unterschiedlich ausprägen, wobei zahlreiche Kombinationen auch zwischen heute als "weiblich" beziehungsweise "männlich" betrachteten Merkmalen auftreten. Somit stellt die binäre Einteilung in "weiblich" und "männlich" lediglich eine gesellschaftliche Einordnung dar, die vielfach noch mit einer Auf- oder Abwertung verbunden ist.

Frau und Mann in der Anthropologie

Der Begriff der Anthropologie geht zurück auf Magnus Hundt (1449-1519), deutscher Philosoph, Theologe und Arzt, der ihn 1501 erstmals gebrauchte. Das Verständnis vom Menschen der Antike und Spätantike ist von der römisch-griechischen Kultur geprägt. Für Aristoteles etwa ist die Frau ist eigentlich ein misslungener Mann, d. h., nur der Mann ist der richtige Mensch und daher ist das männliche Wesen dem schwächeren weiblichen von Natur aus überlegen. Bei den Römern untersteht die Ehefrau total dem Mann und muss ihm unbedingten Gehorsam leisten, sie kann sich aber im Gehorsam gegenüber dem Mann etwas freier bewegen als bei den Griechen. Im Judentum ist die untergeordnete Rolle der Frau gegenüber ihrem Mann durch den Schöpfungsbericht festgelegt, aus dem man ihre Unterordnung, Minderwertigkeit und ihre Verantwortung für den Sündenfall herauszulesen glaubt. Mitschuldig am negativen Frauenbild ist vor allem Augustinus, denn er wettert über die Frauen als minderwertig und dem Mann nicht ebenbürtig, denn die Frau ist die Ursache allen Übels, ist der Steigbügel Satans und dass Tor zur Hölle. Die Frau war also nicht nur die Verführte, sondern auch Verführerin. Daher kommt zu den frauenverachtenden Tendenzen der antiken Kulturen noch die Stigmatisierung dazu, die Frau sei Eingangstor und Ausgangspunkt des Bösen für die Menschheit, respektive für den Mann. Dies führte zu einer frauenverachtenden und frauenfeindlichen Grundtendenz in Kirche und Gesellschaft im Mittelalter und der frühen Neuzeit, teilweise bis hinein in die Moderne. Thomas von Aquin begründet die Daseinsberechtigung der Frauen, weil Männer keine Kinder bekommen können. Erst durch die allgemeinen Menschenrechte der Aufklärung wurde die Situation der Frau erneut zum Thema, denn nun proklamierte die Elite, vorangetrieben durch die Werte der Französischen Revolution und der sozialistischen Bewegung, die prinzipielle Gleichheit von Mann und Frau. Erst im Vatikanum II wurde die Gleichwertigkeit der Geschlechter formal anerkannt (Buser, 2022).

Hinweis zur Bewertung

Auf diese Seiten der Arbeitsblätter werden einige mehr oder minder relevante, manchmal auch amüsante Forschungsergebnisse zur Geschlechtsthematik gesammelt, ohne dabei einen hohen wissenschaftlichen Anspruch zu haben, wenngleich die Quellen der Ausführungen genannt bzw. belegt werden.  Bei vielen Untersuchungen gilt es zu beachten, dass bei Befragungen StudienteilnehmerInnen unter Umständen oft so antworten, wie es den Erwartungen an ihre Geschlechtsrolle entspricht. Bei Beobachtungsstudien weicht in der Regel das Verhalten von Frauen und Männern weit weniger voneinander ab als in Befragungen. Viele Studien zeigen auch, dass sich Frauen und Männer gerne selbst gemäß ihrer vermuteten Geschlechtsrolle darstellen, wobei vor allem Frauen den konventionellen Bildern entsprechen wollen und ihre feminine Seite betonen.


william golding frauen





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