Aus der Lehre … Entwicklungspsychologie 2006
Christine Hermann, Maria Pernegger & Elke Sigl
Nach Selye’s Definition bezeichnet der Begriff „Stress“, unspezifische Reaktionen des Körpers auf Anforderungen, als ein stereotypes Anpassungsmuster, das den Organismus primär auf körperliche Aktivität, z.B. Kampf oder Flucht, vorbereitet. Wenn körperliche Aktivität nicht möglich oder sozial nicht akzeptabel ist, kann körperlicher oder psychischer Stress entstehen. Stress gilt als einer der Mechanismen, die (unter bestimmten Umständen) zu Krankheit führen. (Selye zit. nach Engel, U., Hurrelmann, K. 1989, S. 66)
Jugendliche befinden sich in einer sehr sensiblen Lebensphase, der Übergang vom Kind zum Erwachsenen ist oftmals mit vielen Komplikationen und Schwierigkeiten verbunden. Diese kritischen Phasen in der Jugend, beispielsweise durch die körperliche Entwicklung, dem Hineinwachsen in die Rolle des Erwachsenen, dem Herausfinden der eigenen Identität, dem Loslösen von den Eltern oder dem Finden geeigneter Freundesgruppen, stellen oft große psychische Belastungen dar. Nebenbei üben auch äußere Lebensbedingungen einen nicht zu vernachlässigenden Druck auf die Jugendlichen aus. Erwähnenswert sind hierbei Schule, Beruf/ Wirtschaft, Familie oder auch Freunde – all diese Faktoren stellen diverse, oft widersprüchliche Erwartungen an den jugendlichen Menschen.
Im Lebensabschnitt der Jugendlichen gibt viele neue Aufgaben in dieser, welche sie bewältigen müssen und Rollen, denen sie gerecht werden sollen. Wichtige Entwicklungsaufgaben in der Jugendphase sind etwa:
Gerade in unserer sehr stark leistungsorientierten Zeit wird es für Jugendliche immer schwieriger den gesellschaftlichen, schulischen und beruflichen Anforderungen zu entsprechen. Um den genannten Herausforderungen schon in der Jugendphase gerecht zu werden, müssen Jugendliche schon in dieser Lebensphase ihr Leistungsvermögen und ihre Leistungsbereitschaft unter Beweis stellen.
Es gibt natürlich eine Vielzahl an Stressoren, welche Jugendliche im Alltag belasten können. Beispielsweise Konflikte mit Eltern, Lehrern oder Geschwistern, finanzielle Probleme, Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden und noch viele andere Möglichkeiten könnten hier genannt werden. Wir möchten allerdings hier nur auf drei Stressfaktoren für Jugendliche eingehen, dies sind auch jene Faktoren, auf die wir unseren Fokus bei der empirischen Untersuchung gelegt haben:
Es wird von den Jugendlichen immer mehr gefordert eine „ordentliche“ Schulausbildung zu absolvieren und dabei so gut wie möglich abzuschneiden. Bei einer repräsentativen Untersuchung unter Jugendlichen gaben 38% der weiblichen und 29% der männlichen Befragten an, dass sie in der Schule oder im Beruf ständigem Druck ausgesetzt sind (vgl. Mansel, Hurrelmann 1994, S. 139).
Die Schule beeinflusst die psychosoziale Befindlichkeit der Jugendlichen sehr stark, verbunden mit Schule entsteht ein großer Erfolgs- und Erwartungsdruck. Beispielsweise entstehen Ängste und Befürchtungen bei Jugendlichen:
Im Jugendalter geraten oft die Eltern mit den jugendlichen Kindern in Konflikte. Die Jugendlichen wollen ihren eigenen Weg gehen, wollen selbst Entscheidungen treffen und ihre eigenen Vorstellungen in die Realität umsetzen. Eine Untersuchung von MANSEL und HURRELMANN hat beispielsweise ergeben, dass Jugendliche oft Meinungsverschiedenheiten mit ihren Eltern haben. Es geht dabei unter anderem um auseinander klaffende Vorstellungen bezüglich der Erfüllung schulischer Leistungen, Gestaltung der persönlichen Freiheiten, Teilnahme an der Hausarbeit und Ähnlichem (vgl. Mansel, Hurrelmann 1994, S. 159).
Zu den Entwicklungsaufgaben der Jugendlichen gehört, wie oben bereits erwähnt, auch der Kontakt zu gleichaltrigen Freunden und Kollegen. Stress wird dann in einer Gruppe ausgelöst, wenn ungleiche Behandlung oder dominante Haltung einiger Mitglieder vorherrscht und wenn dadurch der Jugendliche eine Randstellung in der Gruppe einnehmen muss. Auch ist es problematisch für Jugendliche, keinen Anschluss in einer solchen Peergruppe zu finden. (vgl. Mansel, Hurrelmann 1994, S. 163ff.)
Folgende grafische Darstellung soll den Zusammenhang zwischen bestimmten ungünstigen Lebensbedingungen und den damit hervorgerufenen Stresssymptomen zeigen (Mansel, Hurrelmann 1994, S. 56):
Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Stress, demnach gibt es Menschen, die Stress als positive Herausforderung sehen und andere wiederum, die in ähnlichen Situationen zusammenbrechen würden. Beeinflussen kann dieses positive oder negative Empfinden die Ressourcen, welche einem Mensch zur Bewältigung einer Stresssituation zur Verfügung stehen. Beispielsweise persönliche Fertigkeiten, Freunde, Umfeld, psychologische Betreuung und ähnliches. Jedoch, je weniger Ressourcen die Jugendlichen zur Bewältigung des Stresses zur Verfügung haben, desto weniger leicht wird die Verarbeitung solcher Stresssituationen sein. (vgl. Konecny, Leitner 2000, S. 31)
Engel, U., Hurrelmann, K. (1989). Psychosoziale Belastung im Jugendalter. de Gruyter: Berlin.
Mansel, J. & Hurrelmann, K. (1994). Alltagsstress bei Jugendlichen. Eine Untersuchung über Lebenschancen, Lebensrisiken und psychosoziale Befindlichkeiten im Statusübergang. Juventa: Weinheim.
Konecny, E., Leitner M-L. (2000). Psychologie. Braumüller: Wien.
Oerter, R., Dreher, E. (2002). Jugendalter. In Oerter, R. & Montada, L. Entwicklungspsychologie (S.310f.). Weinheim: Beltz.
Stangl, W. (2006). Entwicklungsaufgaben im Jugendalter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/
EntwicklungsaufgabeJugend.shtml (1.6. 2006)
Aus der Lehre … Entwicklungspsychologie SS 2006