[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Die Bedeutung des Vaters in der Erziehung

Literatur

Dobler, A. (2014). Vaterlosigkeit: Auf den Spuren von Ödipus in der Psychologie und Kunst.
Die Welt kompakt vom 8. Dezember 2014.

Interview zum Thema „Väter wissen oft gar nicht, wie wichtig sie für ihre Kinder sind“ mit Christa Schirl-Russegger in den OÖN vom 12.6.2010
Eduard Waidhofer zum Thema "Die Bedeutung der Vaterbeziehung für Söhne und Töchter".
WWW: https://www.stangl-taller.at/
50JAHRE/REFERENTEN/waidhofer.html (10-04-02)

Ohne Autor (o.J.). Die Bedeutung der Vater-Tochter Beziehung in der Partnerschaft

http://www.tantra.de/664/
papatoechter/ (11-12-21)


Siehe auch

Geschichte der Kindererziehung - Erziehung und Kultur
Wertewandel in der Kindererziehung - Neuere Entwicklungen in der Kindererziehung
Auswirkungen von Schichtunterschieden auf die Erziehung - Mögliche Ursachen dieser Unterschiede
Erziehungsstile - Begriffsbestimmung und Begriffsabgrenzungen
Grenzen der Erziehung

 

Viele Studien zeigen, dass für eine gesunde Entwicklung Kinder Mutter und Vater brauchen, wobei vaterlos aufwachsende Kinder oft Einschränkungen in ihrer Identitäts- und Selbstwertentwicklung, in ihrer Bindungs- und Beziehungsfähigkeit und in ihrer Leistungsfähigkeit aufweisen. Eine der biologischen Grundaufgaben des Vaterseins liegt im Schützen und Anerkennen der Kinder, denn je älter Kinder werden, umso mehr suchen sie die Anerkennung des Vaters. Kinder, die den Stolz der Väter spüren, strahlen mehr Selbstsicherheit aus und ersparen sich deshalb manchen jugendlichen Leichtsinn. Vor allem gehen Mädchen, die eine gute Vaterbindung haben, als Jugendliche mit Beziehungen viel umsichtiger um und suchen auch nicht blind die Bestätigung von jungen Männern, da der Vater der erste Mann in ihrem Leben sein sollte, der ihnen das Gefühl gibt, wichtig zu sein, indem er ihnen seine Aufmerksamkeit schenkt. Die Vater-Tochter-Beziehungen sind auch meist weniger aggressiv besetzt als Vater-Sohn-Beziehungen, denn Väter stellen an Töchter geringere Anforderungen und haben ihnen gegenüber mehr Geduld. Sie befriedigen mit der Tochter häufig eigene narzisstische Bedürfnisse, denn Töchter halten lange an der Idealisierung des Vaters fest, sie suchen seine Nähe und können sich schwerer von ihm ablösen als Söhne. Nicht selten spalten Töchter die Eltern in einen "guten Vater" und in eine "böse Mutter" auf. Väter genießen diese Idealisierungen und laufen daher auch Gefahr, die Töchter durch übermäßige emotionale Zuwendung an sich zu binden. Vater und Tochter stehen jedoch vor der Entwicklungsaufgabe, die Ablösung zu bewältigen, damit die Tochter zu einer passenden Autonomie kommen kann, was erleichtert wird, wenn sich die Tochter in dieser Phase mit der Mutter identifizieren kann. Julia Onken ("Vatermänner") beschreibt in diesem Zusammenhang plakativ drei Tochter-Typen: Die Gefalltochter, die Leistungstochter und die Trotztochter. Alle drei haben das gleich Ziel, nämlich die Aufmerksamkeit und die Liebe des Vaters zu erreichen.

Zwischen Vater und Sohn gibt es oft eine wechselseitige Identifizierung, d.h., er Vater ist stolz auf seinen Sohn, der Sohn ist stolz auf seinen Vater. Buben beginnen im zweiten bis dritten Lebensjahr, sich aus der symbiotischen Phase mit der Mutter zu lösen und sich allmählich mit dem Vater zu identifizieren, um langsam eine Ich-Identität herauszubilden. Der Sohn identifiziert sich zwar mit dem Vater, entwickelt aber auch einen eigenen Willen und grenzt sich zunehmend vom Vater ab. Besonders narzisstisch gekränkte Väter klammern sich an den Söhnen fest, und manche Väter sind unfähig, den Söhnen Grenzen zu setzen und konflikthafte Auseinandersetzungen durchzustehen, was sich oft auf die spätere Entwicklung des Sohnes negativ auswirkt. Väter sind vor allem in der Pubertät herausgefordert, ihren Söhnen Grenzen zu setzen, Regeln festzulegen und eine konsequente Haltung zu zeigen. Bei Söhnen mit sehr erfolgreichen Vätern kann es aber auch zu einer Überidentifizierung mit den Vätern kommen, was den Söhnen die Wahrnehmung der eigenen Unterlegenheit erspart.

In vaterlosen Familien fehlen oft Modelle für die Geschlechterrollen, d.h., Buben sind unsicher, wie sie sich als Buben verhalten sollen, und sie haben auch Schwierigkeiten im Umgang mit Mädchen. Die Abwesenheit des Vaters wird von der Mutter häufig durch Verwöhnung des Sohnes kompensiert, und andererseits soll der Sohn die Mutter für ihre Entbehrungen durch den abwesenden Vater entschädigen. Um aus der Abhängigkeit von der Mutter herauszufinden, braucht der Sohn seinen Vater, denn wenn der Sohn einen "schwachen" Vater hat, ist es für ihn sehr schwer, sich von der Mutter zu lösen. Buben begegnen in der frühen und mittleren Kindheit fast ausschließlich Frauen (Mutter, Tagesmutter, Kindergärtnerin, Lehrerin, Erzieherin), und suchen nach lebendigen männlichen Vorbildern, müssen sich jedoch häufig wegen des Fehlens des Vaters an Vaterersatzfiguren, Phantasiebildern oder männlichen Figuren aus den Medien orientieren. In der Regel grenzt sich der Bub, wenn er ein Mann werden will, aggressiv von der Mutter ab und wertet das Weibliche ab, weil er schließlich nicht so werden will die Mutter. Buben können nur dann herausfinden, was ein Mann ist, wenn er den Vater als Vater erlebt hat oder eine Vaterfigur gefunden hat, mit der er sich identifizieren kann, denn nur durch greifbare und authentisch erlebte Männlichkeit im sozialen Nahraum kann der Bub zu sich selbst und zu seinem Geschlecht finden.

Schon in der klassischen Literatur ist die Suche nach den eigenen Wurzeln, die auf einer Meta-Ebene mit der Findung des Ichs verknüpft ist, ein häufiges Thema. Aus diesem Motiv ist auch das Prinzip der Vatersuche abgeleitet, wobei etwa auch der Ödipus-Mythos zu finden ist, in dem die Vatersuche zum Vater-Mythos stilisiert wird. Dabei ist die Suche nach dem Vater stets auch mit der eigenen Identitätssuche verbunden, die Ausdruck des ureigenen Wunsches nach Originalität ist. Der Schlüssel ist häufig in der Kindheit zu suchen, denn der Mensch entwickelt immer auch ein Selbstwertregulationssystem, für das er primäre Bezugspersonen benötigt, wie die Mutter, den Vater oder auch beide. Das Selbstwertsystem eines Menschen wird im Wesentlichen durch Identifikationsprozesse mitgespeist, d. h., er/sie erlangt seinen/ihren Selbstwert dadurch, indem er/sie sich etwa mit der guten Mutter oder dem starken Vater identifiziert. Wenn nun der Vater durch Tod oder Scheidung einem Kind abhanden kommt, können aus entwicklungspsychologischer Perspektive männlich geprägte Identifikationsprozesse insuffizient verlaufen, und das Selbstwertregulationssystem bis ins Erwachsenenalter hinein unfertig bleiben, und damit auch die eigene Identität. Dieses Defizit wird dann manchmal mit einer meist unbewusst gebliebenen Angst und dem starken Drang, etwas suchen zu müssen, verbunden. Eine solche Suche kann in eine ambivalente Haltung münden, wenn die/der Betroffene nicht das findet, was er sich erhofft hat. Oft hat eine solche Suche auch nicht das erhoffte Ergebnis, wobei die/der Betroffene nicht nur seine eigene Unfertigkeit spürt, sondern auch, dass das bisher aufgebaute Bild noch nicht der Realität entspricht, und so möchte er/sie es mehr oder weniger unbewusst korrigieren. Eine Vater-Sohn-Beziehung ist in diesen Fällen als eine identifikationsstiftende Beziehung aufzufassen, wobei ein Sohn an der Abwesenheit seines Vaters leidet, denn für einen Sohn wirkt sich die Vaterlosigkeit meist tiefer aus als für eine Tochter, und zwar infolge der mangelnden Ausbildung eines Über-Ichs. In der Geschlechtsrollendefinition sowie in der Sozialisierung stellt der Vater für die Ausbildung der reiferen psychischen Prozesse eine unentbehrliche Bezugsperson dar. Bleibt diese Vatersuche unfertig, wird eine lange Vatersuche initiiert (Dobler, 2014).

Vätern fällt es in der Pubertät generell schwerer, sich von ihren Kindern zu lösen als Müttern, denn Väter sehen diesen Prozess der Ablösung meist negativer und reagieren beunruhigter, was auch an der sich anbahnenden Verschiebung der Rollen innerhalb des Familiensystems liegt. Sie empfinden die Trennung als einen Verlust, was daran liegt, dass sich viele Väter mit der Abnabelung ihrer Kinder erst sehr spät und dann nur oberflächlich auseinandersetzen. Väter haben sich auf Grund der traditionellen Aufgabenverteilung in vielen Fällen lange Zeit aus der Erziehung herausgehalten und haben sich mit der Erziehung auf eine imaginäre Zukunft hin vertröstet, sodass es in dem Augenblick, zu dem sie Zeit haben, viel zu spät ist, denn die Heranwachsenden sind mitten in der Ablösung begriffen und erleben die Zuwendung nur mehr als Kontrolle oder Festhalten. Dabei versuchen sich Väter manchmal in einer Erziehung der letzten Minute, was nicht selten in gegenseitigen Vorwürfen und Machtkämpfen endet.

Die Beziehung zum Vater ermöglicht dem Kind wichtige Ablösungsschritte von der Mutter, denn wenn es einen Konflikt mit der Mutter gibt, spürt das Kind, dass der Vater eine zweite Sicherheit gebende Person ist. Gibt es nur eine Bezugsperson, kommt es meist zu einer Überbindung an den vorhandenen Elternteil im Positiven wie im Negativen, wobei es diese Kinder oft nicht ertragen, Aufmerksamkeit zu teilen, und stets Exklusivität in Beziehungen herstellen möchten, was sich auch auf spätere Partnerschaften auswirken kann. Zwar können Kinder auch von anderen männlichen Bezugspersonen wie einem Patchwork-Vater oder Großvater profitieren, die als Vorbild dienen, doch können diese den leiblichen Elternteil nur teilweise ersetzen. Studien in Patchwork-Familien belegen, dass es Kindern dann am schlechtesten geht, wenn sie zugunsten einer neuen Beziehung auf die gewachsene Beziehung zum Vater verzichten sollen, daher sollte auch in Patchwork-Familien der Kontakt zum leiblichen Vater bestehen bleiben. Das bedeutet, dass bei einer Scheidung die Bereitschaft der Eltern, in Verbindung zu bleiben und den anderen in die elterlichen Aktivitäten einzubeziehen, aus Kindersicht unverzichtbar ist. Faustregel ist, dass je jünger ein Kind ist, desto häufiger sollte der Kontakt stattfinden, denn kleine Kinder erfahren die tatsächliche Zuwendung des Elternteils als Liebe. Sie haben das Gefühl: Wer sich um mich kümmert, liebt mich – wer nicht da ist, liebt mich nicht. Wir empfehlen Vätern, die mit ihren kleinen Kindern nicht zusammenleben, dass sie so häufig wie möglich Kontakt zu ihnen aufnehmen, wobei sich häufige, kurze Kontakte sich besser bewährt haben als ein langer Kontakt in größerem Abstand.

 

Mädchen erlernen den Grunddialog mit dem männlichen Geschlecht durch ihren Vater, da die frühe Begegnung mit dem eigenen Vater zum erstenmal die männliche Welt eröffnet. Wenn der Vater sich seiner Tochter liebevoll zuwendet, sie im ganzen Wesen glaubhaft respektiert und anerkennt, wächst bei einem Mädchen Selbstsicherheit und Selbstvertrauen, die für ihr späteres Leben von großer Bedeutung sind. Wenn er sich aber auf Grund etwa beruflicher Belastung, langer Abwesenheit oder Desinteresse wenig um sie kümmert, dann gibt es nach Onken (2006) drei Möglichkeiten, den Vater auf sich aufmerksam zu machen:

Die Gefalltochter ("Ich gefalle, also bin ich!") versucht die Aufmerksamkeit über optische Gefälligkeit zu erreichen und durch besonders auffälliges Verhalten seine Zuneigung zu erwerben. Die zukünftige Verführungsfrau lebt im zunehmendem Alter dann in der Angst, dass sie um so weniger ist, je älter sie wird. Gefalltöchter entwickeln eine große Fähigkeit, sich auf ihren Mann einzustellen und mit ihm zu schwingen, denn sie weiß, was Männer möchten. Daher legt ihre Lebensenergie häufig auf Äußerlichkeiten entwickelt ein manchmal krankhaftes Körpergefühl. Ihr Interesse ist auf Kleidung, Stil und Farben gerichtet, die neuste Mode, Diäten, Wellness und was es noch alles so gibt, was Frauen schöner und attraktiver macht und damit erfolgreicher die Augen der Männer auf sich zieht. Die Schönheits- und Wellnessindustrie lebt genau von diesem Bedürfnis der Gefalltochter. In der Sexualität geht es ihr mehr um das Begehrtwerden als um sexuelle Lust, die oftmals nur vorgetäuscht wird, um den Partner an sich zu binden. Eigene Talente und Begabungen bleiben ihr verborgen, weil sie nicht den Mut haben, ihr Potential auszuschöpfen. Sie orientieren sich häufig an anderen und lernen nicht, selbstbestimmt zu leben, und ordnen sich den Vorstellungen ihres Partners unter. Nichtbeachtung löst in ihr Verunsicherung aus.

Die Leistungstochter ("Ich bin leistungsfähig und erfolgreich, also bin ich!") sucht sich Bereiche aus, in denen sie denkt, sie könne ihren Vater dafür interessieren und erfreuen. Ihr Interesse ist darauf gerichtet, gute Leistungen zu erbringen, und zwar sowohl in der Schule, beim Sport als auch im musischen Bereich, je nachdem, welche Interessen der Vaters besitzt.  Diese Töchter wählen etwa ihren Beruf nicht nach ihren Interessen sondern wählen jenen, der dem des Vaters ähnlich ist oder sogar von ihm ausgesucht wurde. Oft wechseln diese Frauen dann später, nachdem sie den Fehler ihrer Wahl erkannt haben in einen anderen Beruf. Dieses Frau verleugnet später die weibliche Seite und vertraut auf die Ratio als Kommandozentrale für sämtliche menschliche Belange. Sie beurteilt die Mutter aus der Sicht des Vaters, und wenn dieser die Mutter in ihrer weiblichen Rolle entwertet, macht sie es ihm gleich. Sie gestatten sich im Laufe ihres Lebens wenig Gefühle und Schwächen, denn dafür ist der Partner zuständig, der das Gegengewicht bildet. Häufig sind diese Frauen mit antrieblosen Männern liiert, aber das anfängliche Verliebtsein in den schwachen Mann kippt allerdings mit der Zeit und sie beginnt ihn zu entwerten und zu verachten. Daran gehen die Beziehungen in der Regel zugrunde.

Die Trotztochter ("Ich spüre Widerstand also bin ich!") legt sich zu allem quer und bringt dem Vater Widerstand entgegen, um sich seine Anerkennung erkämpfen. Solche Mädchen denken vor allem logisch, sind also linkshemisphärisch orientiert und analytisch. Die Trotztochterist das kleine Mädchen oder die Jugendliche, die stets Widerworte findet und grundsätzlich nicht tut, was der Vater meint oder gut findet. Sie provoziert ihn, um dadurch seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Sie hat vielleicht nicht so körperliche Vorzüge wie die Gefalltochter, ist aber dafür sehr wortgewandt. Häufig ist der Vater ist spießig und moralisch, sodass sie durch ihre Rebellion auf sich aufmerksam macht. Sie verzichtet meist darauf, dass sie attraktiv erscheinen könnte und jeder, der sich deshalb von ihr abwendet, ist für sie ein Erfolg. Dieses Verhalten trägt die Trotztochter in spätere Beziehungen und Partnerschaften hinein: die Strategie, erst einmal Kontra zu geben. In längeren Partnerschaften wird sie mit der Zeit immer angriffslustiger, denn Beziehungen werden für sie zu Kampfplätzen.

Nach Onken ist es für diese Frauen daher notwendig, um sich in Liebesbeziehungen entwickeln zu können, sich mit ihrer persönlichen Vaterbeziehung auseinanderzusetzen und zu erkennen, dass mögliche Defizite nur durch nachgeholte bewusste Reifung verändert werden können.

Es gibt noch eine vierte Variante (Ohne Autor, o.J.): die Abwehrtochter. Sie ist eine Variante der Trotztochter und auf den ersten Blick keine typische Vater-Tochter, denn sie ist mehr an der Mutter orientiert, da diese dominanter und stärker als der Vater war. Mädchen werden zu Abwehrtöchtern wenn der Vater schwach, introvertiert, zurückgezogen und sozial wenig verantwortlich ist. Die Abwehr entsteht dabei aus der enttäuschten Hoffnung, von ihm Unterstützung, Hilfe, Halt und in ihm ein Vorbild zu finden. Es ist auch die enttäuschte Hoffnung der Mutter, die sich in eine Abwertung des Mannes verwandelt hat und in der Folge vom Kind übernommen wird. Die Abwehrtochter betrachtet den Mann durch die Brille der dominanten Mutter, und zwar mit einem entwertenden Blick. Abwehrtöchter degradieren den Mann in seinem Mannsein, haben oft eine höhere berufliche oder soziale Stellung als Männer inne. Zunächst subtil und leise oder je nach Veranlagung auch laut und offenkundig lässt sie den Mann ihre heimliche Verachtung spüren, entwertet ihn und beraubt ihn seiner männlichen Position. In ihren Augen sind Männer allgemein oder auch nur der eigene Partner Versager, Angeber, Schaumschläger, Waschlappen, eben alles, was diese in ihrer Männlichkeit angreift. Abwehrtöchter degradieren daher den Mann in seinem Mannsein. Sie haben häufig eine höhere berufliche oder soziale Stellung als der Mann, meist aber findet man sie in beruflichen oder sozialen Stellungen, häufig fürsorglichen Positionen, die Macht und Dominanz beinhalten, wie in pflegenden Berufen, Hausfrauen und Mütter. Die Abwehrtochter sorgt dafür, dass sich der Mann ihren Vorstellungen unterordnet, genau wie ihre Kinder. Sie hat zumindest im emotionalen Kontext eine starke Position, durch die sie versucht, sich auf offensichtliche Art die Aufmerksamkeit und Zuwendung des Mannes zu sichern und diesen zu kontrollieren.

Der Einfluss des Vaters auf die kognitive Entwicklung

Norman & Davies (2023) untersuchten, was passiert, wenn Väter regelmäßig interaktive Zeit mit ihren Kindern verbringen, indem sie mit ihnen lesen, spielen, Geschichten erzählen, malen und singen. Sie analysierten die Testergebnisse von Grundschülern im Alter von fünf bis sieben Jahren. Es zeigte sich, dass fünfjährige Kinder, deren Väter im Alter von drei Jahren regelmäßig mit ihnen spielten, vorlasen, sangen und malten, bessere Leistungen in der Grundschule zeigten. Ähnlich verhielt es sich bei den Siebenjährigen, mit denen sich die Väter im Alter von fünf Jahren viel beschäftigten: Auch sie schnitten in den Tests der Studie im Durchschnitt besser ab, und es zeigte sich eine kleine, aber signifikante Verbesserung der schulischen Leistungen der Kinder. Es scheint, dass die Beteiligung und das Engagement der Väter sich auf den Bildungsstand der Kinder auswirken, während die Mütter das soziale und emotionale Verhalten stark beeinflussen. Mütter neigen offenbar immer noch dazu, die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung zu übernehmen und kümmern sich daher am meisten um die Kinder, aber wenn sich auch Väter aktiv an der Kinderbetreuung beteiligen, können die Kinder davon profitieren. Die Autoren der Studie empfehlen, dass Väter mehrmals in der Woche aktiv Zeit mit ihren Kindern verbringen sollten, am besten schon in einem frühen Alter, wobei die Beschäftigungszeiten nicht lang sein müssen, um die kognitive und sprachliche Entwicklung des Kindes zu verbessern, da bereits 10 Minuten pro Tag wirksam sind und positive pädagogische Auswirkungen haben können. Die positiven Ergebnisse bei allen Vätern waren unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Alter im Schuljahr und Haushaltseinkommen.

Einfluss des Vaters auf Berufswünsche von Mädchen

Croft et al. (2014) untersuchten bei 326 Kindern im Alter zwischen sieben und 13 Jahren, wie die Einstellungen der Eltern zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen sich in den Lebenszielen ihrer Kinder niederschlugen. Man wollte außerdem herausfinden, ob es unabhängig davon für die Berufswünsche der Kinder eine Rolle spielte, wie die Eltern sich die anfallende Hausarbeit dann tatsächlich aufteilten. Zwar beeinflusste die Sicht der Mutter die Einstellungen und Berufswünsche aller Kinder, egal ob Sohn oder Tochter, doch die Einstellung des Vaters wirkte sich fast ausschließlich auf die Töchter aus, nicht auf die Söhne. Im übrigen hatte den größten Einfluss auf den Berufswunsch einer Tochter allerdings weder die Einstellung der Mutter noch des Vaters, sondern der Anteil, den der Vater an der täglichen Hausarbeit übernahm, denn Töchter, deren Väter ebenso viel abwuschen, putzten und kochten wie die Mütter, strebten eher nach einem Beruf, der nicht als typisch für Mädchen gilt, etwa Polizistin, Steuerberaterin oder Wissenschaftlerin. Wesentlich deutlicher geschlechtsstereotyp waren die Berufswünsche, wenn die Väter eher dem klassischen Männerbild entsprachen, denn dann wollten diese Krankenschwester, Lehrerin oder Hausfrau werden. Offensichtlich tragen Ansichten und theoretische Vorsätze also beim Thema Gleichberechtigung wenig dazu bei, dem eigenen Kind Werte für das Leben näherzubringen, denn Väter, die sich, aus welchen Gründen auch immer, vor der anfallenden Hausarbeit drücken, vermitteln ihren Töchtern, dass diese Domäne die einer Mutter und damit in Zukunft auch ihre sei.

Muttersohn oder Vatertochter

nennt man die Menschen, deren Beziehung zum gegengeschlechtlichen Elternteil dauerhaft zu eng war und damit die geschlechtsspezifische Identifikation durch mangelnde oder ungeeignete Vorbilder unzureichend ist.

Bei Muttersöhnen fehlt oft der Vater, wobei das nach einer Trennung der Fall sein kann, aber auch durch berufliche Belastung oder grundsätzlich geringes Interesse am eigenen Sohn und einer fehlenden emotionalen Bindung zu ihm. Auch dieses Verhalten des Vaters fördert eine besonders tiefe Beziehung zur Mutter, denn für diese wird der Sohn zu einer Art Partnerersatz. Sie weiht ihn in vieles ein, macht ihn zum Verbündeten, wobei sich aus einer solchen Bindung Rituale ergeben können, die der Sohn auch im Erwachsenenalter nicht wieder so leicht ablegt, etwa den täglichen Anruf bei der Mutter, ihre unangekündigten Besuche oder dass sie selbstverständlich mit in Urlaub fährt. Als Erwachsener haben Muttersöhne das Bedürfnis nach übermäßig viel Aufmerksamkeit und die Rückmeldung der Mutter, d. h., innerhalb einer solchen Beziehung findet Partnerschaft nicht wirklich auf Augenhöhe statt. Wenn Muttersöhne sich in eine Beziehung begeben, suchen sie unbewusst nach einem Ersatz für die eigene Mutter, was innerhalb einer Beziehung für Sprengstoff sorgt. Manchmal fühlt sich die Partnerin nach und nach als Mutter für ihren Mann, doch sind durch eine solche Rollenverteilung Probleme vorprogrammiert, denn kommt er abends nach Hause, erwartet er stillschweigend, dass sie sich nun um ihn kümmert und ihn versorgt, und zwar unabhängig davon, wie der Tag der Partnerin war. Sie sehen ihre eigenen Interessen im Vordergrund und können meist nicht gut mit Kritik umgehen können, denn sie fühlen sich schnell angegriffen und herabgewürdigt.

Im Rahmen von Paarberatung und Paartherapie trifft man manchmal auf Paare, die aus Muttersöhnen und Vatertöchtern bestehen, also eine sehr gegensätzliche Konstellation, der ein doch sehr ähnliches Entstehungs- und Beziehungsmuster zugrunde liegt. Der heranwachsende Mann konnte sich nicht aus dem Bannkreis der Mutter und das konnte sich nicht aus dem Bannkreis des Vaters lösen. Der Muttersohn war meist Tröster, Hoffnungsträger, Vertrauter oder Ersatzmann der Mutter, während die Tochter meist dem Vater so nah stand, dass er sein Leid eher der Tochter statt der Ehefrau klagte und manchmal angezogen von den unschuldigen weiblichen Reizen die Tochter zur heimlichen Verbündeten und Ersatzfrau gemacht hat, sodass in manchen Familien die vertikalen Beziehungen stärker wiegen als die horizontalen.

Dadurch wird der Muttersohn zum Helden, der eine Frau nach der anderen nimmt, aber immer auf der Suche nach der Mutter, wobei er besser sein muss als der Vater und seine Männlichkeit übertreibt. Viele der Muttersöhne wissen ganz genau, wie sie nicht sein wollen: keinesfalls wie der Vater, der eigentlich gar nicht da war, nur gearbeitet hat und dann abends müde und erschöpft nur seine Ruhe wollte. Und viele der Vatertöchter wissen genau, wie sie nicht werden wollen: nicht wie die Mutter, die nur zu Hause war, die Kinder großgezogen hat und sonst nichts zu sagen hatte.

Als Reaktion auf ein solches System orientieren sich dann viele Heranwachsende zu stark am Modell des gegengeschlechtlichen Elternteils, sodass der Mann zu stark das weibliche und die Frau zu stark das männliche Prinzip in sich entwickeln.

Am Anfang einer solchen Beziehung ziehen sich Muttersöhne und Vatertöchter häufig magisch an, denn der Mann schätzt die Durchsetzungskraft der Frau und meint, mit dieser Frau an der Seite die nötige Unterstützung zu bekommen, um ganz Mann werden zu können. Die Frau ist hingegen fasziniert von der charmanten, einfühlsamen Art des Muttersohns und meint nun endlich bei diesem Mann für die eigenen Bedürfnisse und die eigene Bedürftigkeit Platz gefunden zu haben und die Sehnsucht nach Geborgenheit stillen zu können. Es ist wie ein heimliches Versprechen, sich gegenseitig zu erlösen und sich ganz Frau und Mann werden zu lassen. mit Kritik umgehen können, denn sie fühlen sich schnell angegriffen und herabgewürdigt.

In der Realität des Alltags werden diese Versprechen aber meist nicht erfüllt. Die Frau verliert zunehmend die Achtung vor ihrem Mann und entwickelt oft einen mehr oder weniger versteckten Zorn auf ihn, die Sexualität wird verweigert, jegliche Lust fehlt oder wird in Außenbeziehungen erfüllt. Diese Frauen haben es oft sehr schwer ihre Identifikation als Mutter zu finden, sind meist sehr leistungsorientiert und verwirklichen ihre starke Seite total im Berufsleben. Der Mann stellt enttäuscht fest, dass die anfangs so unterstützende und stark erschienene Frau auch noch eigene Bedürfnisse hat und erlebt das als Überforderung, weil es ihn an die irritierende, unstillbare Bedürftigkeit der Mutter erinnert. Aus dieser scheinbaren Abhängigkeit will er sich befreien und zieht sich emotional zurück. Es kommt zu einem eigentümlichen gegenseitigen Verhältnis von Konkurrenz: Wer gibt mehr, wer bekommt mehr? Die so Balance in der Paarbeziehung zwischen Geben und Nehmen, Autonomie und Bindung und zwischen Durchsetzung und Anpassung ist aus dem Lot geraten.

Literatur

Breitenberger, M. (2011). Muttersöhne - Vatertöchter.
WWW: http://www.praxis-breitenberger.de/2011/09/muttersoehne-vatertoechter/ (14.07-21)

Croft, Alyssa, Schmader, Toni, Block, Katharina & Baron, Andrew (2014). The Second Shift Reflected in the Second Generation: Do Parents' Gender Roles at Home Predict Children's Aspirations?Psychological science, 25, doi: 10.1177/0956797614533968.

Norman, Helen & Davies, Jeremy (2023). What a difference a dad makes. Paternal Involvement and its Effects on Children’s Education (PIECE). University of Leeds.

https://rp-online.de/leben/gesundheit/psychologie/beziehungsprobleme-woran-sie-erkennen-dass-sie-sich-ein-muttersoehnchen-geangelt-haben_aid-38591883 (19-05-07)

Stangl, W. (2023, 28. September). Die Rolle der Väter für die kognitive Entwicklung. Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Pädagogik.

https://paedagogik-news.stangl.eu/die-rolle-der-vaeter-fuer-die-kognitive-entwicklung.



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