[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Das Denken

Die Sinne betrügen nicht. Nicht, weil sie immer richtig urteilen,
sondern weil sie gar nicht urteilen;
weshalb der Irrtum immer nur dem Verstande zur Last fällt …
Immanuel Kant

Einsichten und Erkenntnisse gewinnen wir zum einen durch Beobachtungen (Wahrnehmung), zum anderen durch ihre Verknüpfung zu "Erfahrungen", vor allem aber dadurch, dass wir Sachverhalte zueinander in Beziehung setzen und Rückschlüsse ziehen.

Dieses schlussfolgernde Denken nimmt einen breiten Raum ein, z.B. beim Lesen erschließen wir, was "zwischen den Zeilen steht", wir rekonstruieren aus bestimmten Fakten etwas, was nicht unmittelbar beobachtbar ist. Aus Bremsspuren schließen wir auf die Geschwindigkeit, oder wir sind sicher, dass der Butler nicht der Mörder sein kann, wenn er sich zur Tatzeit nachweislich an einem anderen Ort aufhielt - das Gegenteil wäre unlogisch. Man kann auch sagen, dass Denken eine Simulation von gemachten Erfahrungen darstellt, die auch unbewusst ablaufen kann. Frühere Erlebnisse prägen die Art und Weise, wie man neue Erfahrungen macht, wobei das dabei entstehende Wissen plastisch ist und fortwährend modifiziert wird. Beim Denken sind Gefühle ganz zentral, vor allem, wenn es um die Steuerung von Handlungen geht. Dabei sind diese Gefühle die Manifestation gemachter Erfahrungen in ähnlichen Situationen, die angenehm oder unangenehm waren.

Auf diesen Arbeitsblättern findet sich auch eine knappe Darstellung grundlegender Begriffe zur Logik (Induktion, Deduktion, Abduktion, Analogien)

Unmittelbar nach der Geburt ist ein Säugling in der Lage, die Stimme der Mutter zu identifizieren, was als Ergebnis eines Lernprozesses, der im Mutterleib begonnen hat, gewertet werden kann. Deshalb schreien z.B. deutsche Babys anders als italienische oder französische ­ nämlich in ihrer "Muttersprache", wobei sich insbesondere Melodie und Rhythmus der Laute deutlich unterscheiden. Die Neugeborenen haben also schon im Mutterleib die Sprache ihrer Eltern verinnerlicht. Mit vier Monaten sind Kinder in der Lage, den eigenen Namen aus dem Redefluss der Erwachsenen herauszufiltern, wenig später erfassen sie die Bedeutung von "Mama" und "Papa". Einjährige kennen rund 60 Begriffe und entwickeln ein erstes, grundlegendes Verständnis für Grammatik. Die Entwicklung von Sprache und Denken ist eng mit der Bildung von Nervenverbindungen im kindlichen Gehirn verbunden. Solche Netze entstehen, wenn Gehirnzellen (Neuronen) sich an ihren Kontaktstellen (Synapsen) miteinander verbinden, angeregt durch elektrische Impulse, die wiederum von Sinneseindrücken ausgelöst werden. Augen, Ohren, Nase, Tast- und Geschmackssinn – alle Sinnesorgane laufen in den ersten Jahren der kindlichen Entwicklung auf Hochtouren, um unablässig Informationen zu liefern und damit die Bildung neuronaler Netze zu fördern. Vor allem in den ersten Lebensjahren werden hier wichtige Grundlagen geschaffen. Je häufiger eine bestehende neuronale Verbindung durch einen Impuls betätigt wird, desto mehr verfestigt sie sich: Dass ein Ball rollt, wenn man ihm einen Schubs gibt, mag einem Kind zuerst als zufälliges Ereignis erscheinen; nach dem fünften oder zehnten Mal erkennt es, dass eine Gesetzmäßigkeit dahintersteht. Am Ende eines solchen Prozesses steht eine Informationseinheit (Schema), die für das Leben bleibt. Die Summe dieser Informationseinheiten entwickelt sich im Laufe der Jahre zu einem neuronalen Gerüst, das die Gefühle, das Denken und damit die Persönlichkeit eines Menschen bestimmt.
Quelle: http://www.elternkindforum.li/ (06-04-04)

Auch Tiere planen mit dem Abwägen von Erfahrungen, was man im Allgemeinen als "Metakognition" bezeichnet, also wenn man weiß, dass man etwas weiß, und dieses Wissen beim Planen verwendet. Bisher hielt man dies Fähigkeit für Menschen und höhere Primaten reserviert. Psychologen ließen Ratten Folgendes einüben: Sie bekamen Töne zu hören, kurze und lange, bei kurzen drücken sie auf Knopf A, bei langen Tönen auf Knopf B. In einem zweiten Versuchsdurchlauf konnten sie per Knopfdruck entscheiden, ob sie überhaupt an dem Test teilnehmen wollten. Drücken sie also den richtigen Knopf, gibt es eine große Belohnung, beim falschen gibt es keine. Wenn sie gar keinen der Knöpfe drücken, also den Test ablehnen, gibt es immerhin eine sichere, aber kleinere Belohnung. Die Ratten haben also die Wahl zwischen sicherer kleiner und unsicherer großer Belohnung. Und sie entscheiden also nach ihrem Vorwissen: Sie lehnen den Test umso häufiger ab, je geringer der Unterschied zwischen den Tonlängen, also je schwerer die richtige Zuordnung ist.
Quelle: Current Biology, 8. 3. 2007

 

 



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