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Ess-Brech-Sucht - Bulimia nervosa

Bulimia nervosa heißt wörtlich übersetzt "nervöser Ochsenhunger" und weist auf ein wesentliches Kennzeichen der Erkrankung hin: Heißhungeranfälle. Diesen Essattacken, bei denen sehr große Mengen Nahrung in kurzer Zeit verschlungen werden, folgen meist gewichtsregulierende Maßnahmen, die dem dick machenden Effekt von Nahrung entgegenwirken sollen: selbst induziertes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, exzessiver Sport und zeitweise auch längere Hungerperioden

Es besteht bei den Betroffenen eine krankhafte Furcht, dick zu werden, bei gleichzeitig bestehender Gier nach Nahrungsmitteln. Die Scham über diese Erkrankung führt dann dazu, dass die PatientInnen erst Jahre nach dem Ausbruch in eine psychotherapeutische Behandlung kommen.

Die Folgen einer Bulimie sind nicht so augenfällig wie die der Anorexie, so erhält das Umfeld erst spät Kenntnis von der Erkrankung. Heimlichkeit ist vor allem ein Merkmal für die Krankheit bei bulimischen Frauen. Oft über Jahre hinweg leben sie ein Doppelleben. Nach außen sieht sowohl ihr Erscheinungsbild als auch ihr Umgang mit dem Essen "normal" aus. Die Essanfälle finden in aller Heimlichkeit statt, meist nicht am Tisch in der Küche, sondern auf dem Sofa, im Bett, am Fernseher oder beim Lesen. Niemand darf dabei sein! Aus diesem Grunde wird die Bulimia nervosa oft auch als "heimliche Schwester" der Anorexia nervosa bezeichnet. Viele BulimikerInnen haben zu Beginn ihrer Erkrankung eine anorektische Phase.

Kognitive Umorientierung gegen Heißhunger

Kemps & Tiggemann (2010) haben untersucht, wie Heißhunger entsteht und haben dabei entdeckt, dass die Gelüste umso stärker werden, je mehr sich ein Mensch gedanklich mit einer bestimmten Speise beschäftigt. Es zeigte sich in den Versuchen als gutes Gegenmittel, die Konzentration bewusst auf andere Kognitionen auszurichten, wobei auch ein konzentriertes Betrachten von Details in der aktuellen Umgebung schon helfen kann, Essensgelüste zu bekämpfen.

Quelle:

Imgart, Hartmut (2002). Essstörungen.
WWW: http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/essstoerungen1.html (04-10-22) Kemps, Eva & Tiggemann, Marika (2010). A Cognitive Experimental Approach to Understanding and Reducing Food Cravings. Current Directions in Psychological Science.
WWW: http://cdp.sagepub.com/content/19/2/86 (10-05-21)

Körperwahrnehmung Jugendlicher

Obwohl Essstörungen nicht ausschließlich ein Problem Jugendlicher sind, werden die entscheidenden Weichen dafür oft in diesem Alter gestellt. Ein besonderes Problem Jugendlicher scheint die Wahrnehmung des eigenen Körpers zu sein. Im Rahmen einer Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahr 1998 wurde gefragt: "Gibt es etwas an Deinem Körper, was Du am liebsten ändern möchtest?" Diese Frage wurde von 46 % der Jungen und 75 % der Mädchen mit "Ja" beantwortet. Während Jungen sich etwas häufiger für zu dünn halten, halten sich die Mädchen deutlich häufiger für zu dick.

Um zu überprüfen, ob objektive Maßstäbe an das eigene Gewicht angelegt werden, mussten die Jugendlichen im Fragebogen an anderer Stelle ihr Gewicht und ihre Körpergröße angeben. Der aus den Angaben zur Körpergröße und zum Gewicht ermittelte Body-Maß-Index (BMI) macht es möglich zu entscheiden, welche Jugendliche als Über-, Normal- und Untergewichtig zu gelten haben. Die Selbstwahrnehmungen für die Gruppe der Untergewichtigen zeigt, dass ein erschreckend hoher Anteil von 8 Prozent der Mädchen trotz objektiv zu geringem Gewicht sich nach wie vor für zu dick halten. Bei den Jungen sind dies immerhin noch knapp 6 Prozent.

Die Selbstwahrnehmung objektiv übergewichtiger Jugendlicher ist dagegen anders. Übergewicht wird von den Mädchen besonders wahrgenommen während sich übergewichtige Jungen zu mehr als der Hälfte für Normal- oder gar Untergewichtig halten. Jungen schreiben sich selbst eine höhere Attraktivität zu als Mädchen. Sie sind insgesamt zufriedener mit ihrem Körper und wollen weniger verändern. Das gilt sowohl bei Übergewichtigen wie bei Untergewichtigen. Insgesamt schreiben sich die Untergewichtigen Jungen wie Mädchen jedoch häufiger eine hohe Attraktivität zu, da sie offenbar wahrnehmen, dass sie eher dem durch Medien vermittelten Schönheitsideal entsprechen.

Befragt nach Aspekten ihres körperlichen und sozialen Wohlbefindens fühlen sich Untergewichtige subjektiv viel gesünder als andere. Trotzdem berichten sie häufiger von bestimmten körperlichen Symptomen. Besonders Kopf- und Rückenschmerzen tauchen bei dieser Gruppe mit überzufällig hohen Raten auf. Die Frage "Machst Du zur Zeit eine Diät um abzunehmen?" wurde von 12 % der Jungen und 17 % der Mädchen mit "Ja" beantwortet. Dabei waren es in der Gruppe der Untergewichtigen noch 2 % der Jungen und 6 % der Mädchen. Bei diesen Mädchen und Jungen ist das Vorliegen einer bereits massiven Essstörung sehr wahrscheinlich.

Quelle;
Ohne Autor (2003). Health Behavior in School-Children (HBSC) Ausgewählte Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 1998.
WWW: http://www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag4/projekte/hbscergeb.html (03-07-20)

Trotz breiter Informationskampagnen über Essstörungen wie Magersucht und Bulimie haben Essstoerungen bei jungen Madchen und Frauen stark zugenommen. Dabei werden die Betroffenen immer jünger. Die Hälfte aller Mädchen zwischen 11 und 13 haben schon mindestens eine Diät gemacht, und über 40 % der normal- oder sogar untergewichtigen Frauen zwischen 14 und 19 Jahren empfinden sich selbst als zu dick (Bild der Wissenschaft 2001).

 

Siehe zu Essstörungen auch

Siehe auch das Spezialthema Esstörungen bei Jugendlichen mit folgenden Arbeitsblättern:

 

Bei den Essattacken werden riesige Portionen verzehrt (bis zu 10.000 Kalorien). Die Bulimie ist häufig vergesellschaftet mit Nikotin- und Alkoholsucht, Stehlen und Drogenkonsum. Depressive Störungen treten ebenso auf, die bis zu ernsthaften Suizidversuchen gehen können. Nicht selten ist ein selbstverletzendes Verhalten zu beobachten.

Die Bulimie ist eine äußerst belastende Erkrankung für den Körper. Eine Verarmung der Blutsalze und Flüssigkeitsmangel können zu Nierenversagen oder lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. In Einzelfällen kann es zum Zerreißen der inneren Organe, zu chronischen Ohrspeicheldrüsen- und Speiseröhrenentzündungen kommen. Zahnschäden und Regelstörungen sind weit verbreitet.

Historische Berichte über bulimisches Verhalten sind rar. Es ist ein Symptom unserer Zeit. Seit 1980 wird die Bulimie als eigenständiges Krankheitsbild dargestellt; erst seit dem Jahr 2000 ist es möglich, sie in der internationalen Klassifikation der Krankheiten zu beschreiben. Das zentrale Merkmal der Bulimie sind Heißhungerattacken, die von den Betroffenen nicht mehr kontrolliert werden können, mit anschliEssendem selbstausgelösten Erbrechen. Diese "FrEssanfälle" werden durch ein unwiderstehliches Verlangen nach Lebensmitteln ausgelöst, die ohne Lust am Essen gierig verschlungen werden. Häufig ist die Auslösesituation durch Momente bestimmt, in denen Gefühle, wie z.B. Versagensangst, Traurigkeit, innere Leere, Einsamkeit, Langeweile nicht ausgehalten, sondern mit Essen bekämpft werden. Nach einem hochkalorischen Essanfall, aber auch schon nach ganz "normalen" sättigenden Mahlzeiten, erleben die Betroffenen sich als vollgestopft und zu dick. Die panische Angst vor einer Gewichtszunahme wird durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder durch Mißbrauch von harntreibenden und abführenden Medikamenten zu bekämpfen versucht. Für Ess-brech-süchtige Frauen ist vordergründig das Körpergewicht von ganz zentraler Bedeutung.

Anorexie und Bulimie sind verwandte Störungen und können ineinander übergehen. Der wesentliche Unterschied beider Krankheiten liegt darin, dass bei einer Anorexie ein ausgeprägtes Untergewicht vorliegt, wohingegen Bulimie auch bei Übergewichtigen auftritt. Auslöser dieser Essverhaltensstörungen sind oftmals ein gezügeltes Essverhalten, die Ursachen allerdings sind psychologisch bedingt. Deswegen ist eine Behandlung dieser Krankheiten nur durch psychologische bzw. verhaltenstherapeutische Betreuung möglich, und in besonders schweren Fällen muss die Behandlung in Kliniken erfolgen.

Dies kann zu gewissen Entzugserscheinungen führen, und die Verlockung  des "Verbotenen" wird immer übermächtiger, und wenn schliEsslich alle Kontrollmechanismen zusammenbrechen, kann es zu einem unkontrollierten Essanfall kommen. Danach sind die Betroffenen wieder von Schuldgefühlen und Depressionen befallen, und es wird wieder eine rigide Diät angefangen, somit nimmt ein Teufelskreis seinen Lauf. Das Erbrechen, das zu Beginn als perfekter Ausweg empfunden wurde, wird mit zunehmender Häufigkeit als beschämend und schwächend erlebt. Der Kreislauf Essen-Erbrechen verselbständigt sich und wird zur immer wiederkehrenden Ohnmachtserfahrung. Viele Betroffene leiden dadurch unter einem mangelnden Selbstwertgefühl und glauben abnorm zu sein. Sie fühlen sich schuldig, ekeln sich vor sich selbst, hassen ihren Körper und neigen zu Depressionen, bis hin zu Selbstmordgedanken. Körperliche Folgeerscheinungen: Störungen im Elektrolythaushalt, Muskelschäden, Zahnverfall, Verletzung der Speiseröhre, Menstruationsstörungen, Wassereinlagerungen in den Gelenken, chronische Verstopfung, Orangenhaut, Schlafstörungen, Übelkeit und Mattigkeit.

Nach der Analyse von P. Szabo von der Eating Disorders Unit in Johannesburg (Südafrika) waren immerhin acht von elf untersuchten "Playboy"-Models eines Jahres stark unterernährt. Aus den Angaben über Gesicht und Größe der "Playmates" berechnete er ihren Body Mass Index: Bei acht Frauen lag der BMI unter 18 (72 Prozent), bei drei weiteren zwischen 18 und 19.

Medizinische Definition

Die Bulimia nervosa (Bulimie) ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger (Essattacken) und eine übertriebene Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert. Dies veranlaßt die Patientin, mit extremen Maßnahmen den dickmachenden Effekt der zugeführten Nahrung zu mildern. Der Terminus bezieht sich nur auf die Form der Störung, die psychopathologisch mit der Anorexia nervosa vergleichbar ist. Die Alters- und Geschlechtsverteilung ähnelt der Anorexia nervosa, das Alter bei Beginn liegt geringfügig höher. Die Störung kann nach einer Anorexia nervosa auftreten und umgekehrt. So erscheint eine vormals anorektische Patientin nach einer Gewichtszunahme oder durch Wiederauftreten der Menstruation zunächst gebessert, dann aber stellt sich ein schädliches Verhaltensmuster von Heißhunger (Essattacken) und Erbrechen ein. Wiederholtes Erbrechen kann zu Elektrolytstörungen und körperlichen Komplikationen führen (Tetanie, epileptische Anfälle, kardiale Arrhythmien, Muskelschwäche), sowie zu weiterem starken Gewichtsverlust.

Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass bei an Bulimie erkrankte Menschen andere Regionen des Gehirns aktiv sind als bei Personen mit Heißhungerattacken ohne Erbrechen (Binge-Eating-Disorder). Ergebnisse wie diese können unter Umständen in Zukunft die Therapie von Essstörungen verbessern.

Quelle:
Dilling, H. et al. (Hrsg.) (1993). Auszug aus der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10). Bern: Huber, S. 202-203.

Therapie der Bulimie

Ausgehend von der Annahme, dass die Bulimie Ausdruck einer tieferliegenden Ursache ist, wie z. B. eines mangelnden Selbstwertgefühls, ist es notwendig, dass die Behandlung sich nicht allein auf die Normalisierung der Symptomatik (Essverhalten und ernährungsbedingte Verfassung) beschränkt.

Die Kognitive Verhaltenstherapie nimmt an, dass das Erbrechen erlernt worden ist, um die Angst vor der Gewichtszunahme zu mindern. Im Rahmen einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung sind folgende Ansatzpunkte zu berücksichtigen:

Zu Beginn der Verhaltenstherapie ist die detaillierte Selbstbeobachtung des Ernährungsverhaltens wichtig. Im weiteren Verlauf werden umfängliche Informationen über die Krankheit vermittelt, so z. B. über die psycho-biologischen Zusammenhänge von Hungern, Diäthalten sowie von der Entstehung von Heißhunger und Essattacken. Die Betroffenen werden über die physiologische Regulierung des Körpergewichtes sowie über die wahrscheinlichen Folgeschäden einer chronifizierten Bulimie unterrichtet. Es werden einzuhaltende Ernährungspläne mit einem Anti-Diät-Programm aufgestellt. Durch den Einsatz kognitiver Techniken soll das Schlankheitsideal, die Einstellung zum Körper, Aussehen, Gewicht und zu möglichen Mißerfolgen positiv verändert werden. Risikosituationen werden analysiert und die Betroffenen werden auf Rückfälle vorbereitet, um einem erneuten Eintritt in den Teufelskreis vorzubeugen.

Bei der Anwendung eines tiefenpsychologisch fundierten Ansatzes wird berücksichtigt, dass die Bulimie eine Erkrankung mit Suchtcharakter ist und die Suche nach den Ursachen wenig erfolgversprechend ist, wenn das Suchtverhalten anhält. Am Beginn der Therapie stehen die Motivation der Bereitschaft zu einer konsequenten Therapie und der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung. Zu Beginn der Therapie haben Bulimiekranke noch eine intensive (Übertragungs-) Beziehung zum Essen haben, d. h die therapeutische Beziehung muß diese Funktionen übernehmen. Dies führt i. d. R. zu einem unrealistischen Übertragungsangebot durch den Therapeuten, dass jedoch zur Förderung eines tragfähigen Arbeitsbündnisses akzeptiert wird. In der Anfangsphase der Therapie wird der Therapeut häufig mit Wünschen und Forderungen nach fast grenzenlosem Verständnis, bedingungsloser Zuwendung und Verfügbarkeit konfrontiert. Diese Forderungen haben das Ziel, den Betroffenen vor hohen Spannungen abzuschirmen.

Konzepte der humanistischen Psychologie und der systemischen Familientherapie gehen davon aus, dass der Mensch aus Körper, Seele und Geist besteht, d. h., der Mensch erlebt sich in seinem lebensgeschichtlichen Zusammenhang und in seinem sozialen Umfeld als ganzheitlich. Die humanistische Psychologie geht weiter davon aus, dass der Mensch ein schöpferisches und produktives Selbst hat, das eine positive und aktive Rolle in seiner Lebensgestaltung spielt. Das gehemmte, verschüttete oder blockierte schöpferische Selbst soll mit den vielfältigen und kreativen Methoden der humanistischen Psychologie wiederentdeckt werden. Die Bedeutung der Störungen werden bewusst gemacht, um sie nachhaltig aufzulösen. Betroffene sollen befähigt werden, neue Lebensperspektiven für sich selbst zu finden und zu entwickeln, um innerlich dabei zu wachsen und als Persönlichkeit zu reifen. Essstörungen werden nicht als Ausdruck von Willenlosigkeit oder Unfähigkeit gesehen.

Die systemische Familientherapie bietet die Möglichkeit, den einzelnen Menschen nicht nur losgelöst für sich als Einzelperson zu sehen, sondern als Teil eines Systems, das ihn mit seinen unbewußten Aufträgen auf der einen Seite in seiner Entwicklung blockieren kann, andererseits aber auch innerhalb des Systems Ressourcen zur Verfügung stellt, die es gilt zu nutzen. Systemische Familientherapie heißt nicht unbedingt eine Arbeit mit der ganzem Familie, sondern beschränkt sich oft in der Aufarbeitung familiärer Strukturen im Einzelkontakt zwischen Klient und Therapeut. Die systemische Familientherapie als Arbeit mir der ganzen Familie wird vorteilhaft auch bei jüngeren PatientInnen eingesetzt, die noch in ihrer Familie wohnen. Dabei soll die Familie erkennen, wie sie auf das gestörte Essverhalten der Patientin reagiert. Manchmal beschäftigen die Familienmitglieder sich so stark mit der Anorexie, dass sie sich um andere Probleme nicht mehr kümmern können oder wollen. Die Betroffene erhält auf diese Weise die ungeteilte Aufmerksamkeit und die Familienmitglieder müssen sich nicht mehr mit sich und ihren eigenen Konflikten auseinandersetzen. Wird dieses Reaktionsschema, das i. d. R. zur Aufrechterhaltung der Störung beiträgt, unterbrochen, tritt häufig eine Besserung ein. Gerade die Eltern erleben es meist als sehr erleichternd, wenn sie im Umgang mit der Erkrankung ihres Kindes von einer TherapeutIn unterstützt werden.

Quelle:
http://www.btonline.de/krankheiten/essstoerungen/bulimianervosa/bulimie.html (06-04-01)

Diagnostische Leitlinien (WHO)

  1. Eine andauernde Beschäftigung mit Essen, eine unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln; die Patientin erliegt Essattacken, bei denen große Mengen Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert werden.
  2. Die Patientin versucht, dem dickmachenden Effekt der Nahrung durch verschiedene Verhaltensweisen entgegenzusteuern: selbstinduziertes Erbrechen, Mißbrauch von Abführmitteln, zeitweilige Hungerperioden, Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diurektika. Wenn die Bulimie bei Diabetikerinnen auftritt, kann es zu einer Vernachlässigung der Insulinbehandlung kommen.
  3. Eine der wesentlichen psychopathologischen Auffälligkeiten besteht in der krankhaften Furcht davor, dick zu werden; die Patientin setzt sich eine scharf definierte Gewichtsgrenze, deutlich unter dem prämorbiden, vom Arzt als optimal oder Ñgesund" betrachteten Gewicht. Häufig läßt sich in der Vorgeschichte mit einem Intervall von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren eine Episode einer Anorexia nervosa nachweisen. Diese frühere Episode kann voll ausgeprägt gewesen sein, oder war eine verdeckte Form mit mäßigem Gewichtsverlust oder einer vorübergehenden Amenorrhoe.

Esssucht mit Übergewicht

Esssüchtige mit Übergewicht unterscheiden sich von den bisher besprochenen Erscheinungsformen schon rein äußerlich durch ihre Körperfülle. Die Betroffenen sind nicht mehr fähig, ihr Essverhalten dauerhaft zu kontrollieren. Sie essen entweder ständig ein bißchen oder große Mengen in Form von Essanfällen. Auf der Straße kennen wir sie nicht ohne ein Eis, einen Hamburger oder bei einer Sahnetorte sitzend; auf Reisen haben sie einen großen Proviantkorb dabei aus dem sie ständig etwas entnehmen. Sie haben meist schon eine Vielzahl von Diätversuchen hinter sich, aber ohne langfristigen Erfolg. Übergewichtige Esssüchtige Frauen sind besonders der Diskriminierung ausgesetzt, da sie dem gängigen Schönheitsideal widersprechen. Gleichzeitig empfinden sie häufig eine Selbstverachtung und Ablehnung ihrem eigenem Körper gegenüber. Sie sind ständig im inneren Konflikt zwischen Schlankheitswunsch und Essimpulsen, und erliegen häufig letzterem. "Überflüssige Pfunde" können die Funktion eines Schutzpanzers haben. Obwohl sie als Ursache aller Verzweiflung angesehen werden, haben die "überflüssigen Pfunde" auch eine Funktion, die zu akzeptieren den meisten Betroffenen allerdings schwerfällt. Das Körperfett, das die eigene Gestalt umhüllt, kann auch als Schutzpanzer gesehen werden. Die betroffenen Frauen benutzen dann Sätze wie "Um meine Gefühle habe ich dicke Mauern gebildet, da kommt so schnell keiner "ran" oder "So dick wie ich bin, kann mich niemand mögen".

Körperliche Folgeerscheinungen

Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Gallensteine, Leberschäden, Stoffwechselstörungen, Gelenkleiden, Wirbelsäulenschäden.

Siehe auch das Spezialthema Esstörungen bei Jugendlichen mit folgenden Arbeitsblättern:

Quellen
:
http://wwwm.htwk-leipzig.de/~schweika/Drogenprojekt/Gruppe3/Ordner1/Kauf3.html (00-04-27)
http://www.informatik.fh-luebeck.de/icdger/f50_2.htm (01-06-23)
http://sozialarbeitspsychologie.de/bed.htm (02-01-19)      


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