Schlafentzug
Überblick Hypertext "Der Schlaf"
- Der Schlaf - Grundlagen
- Die REM-Phasen
- Wieviel Schlaf braucht der Mensch?
- Wie kann man gut schlafen?
- Schlafstörungen
- Schlafmangel
- Schlafentzug
- Schlaf, Gedächtnis und Lernen
- Im Schlaf lernen
- Schlafverhalten und Schulleistung
- Schlaf und Traum
- Schlaf und Traum bei Kindern
- Trauminhalte
- Schlafforschung
- Test zum Nachtschlaf
- Test zur Tagesschläfrigkeit
- Schlafphasenwecker
- Kurioses zum Thema Schlaf
Vögel und Säugetiere sind die einzigen Tiere, deren Schlaf sich in eine Tiefschlafphase ("Slow Wave Sleep") und eine Traum- bzw. REM-Phase ("Rapid Eye Movement") untergliedern lässt. Während des Slow Wave Sleep zeigt das Gehirn im Elektroenzephalogramm langsame Wellen mit hoher Amplitude. Bei Säugetieren nimmt die Intensität des Tiefschlafes abhängig von der vorhergehenden Wach- und Schlafzeit ab oder zu. Menschen und Tiere, die etwa von ihrem täglichen Mittagsschlaf abgehalten werden, schlafen in der nächsten Nacht meist tiefer und reagieren so auf den Schlafentzug. Daraus lässt sich ableiten, dass Regeneration die Hauptaufgabe des Schlafes ist und diese in der Tiefschlafphase stattfindet. Schlafen ist übrigens keinesfalls ein Ruhezustand für den Körper und das Gehirn, denn während der Nacht laufen zahlreiche Aktivitäten ab, die Energie verbrauchen, etwa für Prozesse wie Lernen und Gedächtnis, Immunfunktion und Hormonproduktion. Der Schlaf ist bekanntlich in zahlreiche wichtige Funktionen des Körpers insbesondere des Gehirns involviert, wobei Wissenschaftler große Unterschiede im Schlafverhalten verschiedener Säugetiere gefunden haben, wobei der Mensch von allen Primaten am wenigsten, jedoch verglichen mit Walen oder Giraffen aber ausgesprochen viel schläft. Generell kommen größere Säugetiere mit weniger Schlaf aus als kleine, nur der Afrikanische Elefant schläft höchstens vier bis sechs Stunden in Gefangenschaft und durchschnittlich zwei Stunden pro Tag in freier Wildbahn. Die Afrikanischen Elefanten schlafen dabei häufig erst in den frühen Morgenstunden im Stehen und nur alle drei bis vier Tage höchstens eine Stunde im Liegen. Häufig lassen sie aber auch den Schlaf für bis zu 48 Stunden ganz aus und wanderten durchgehend umher, etwa wenn erhöhte Gefahr durch Raubtiere, Menschen oder aggressive Elefantenbullen besteht. Eine Studie (Nadine et al., 2017) zeigte auch, dass der Schlafzeitpunkt bei Elefanten insgesamt wenig vom Tag-Nacht-Rhythmus als von äußeren Faktoren abhängt. Neurophysiologen haben übrigens jüngst bestätigt, dass einige Vögel während des Fliegens schlafen können, wobei ihr Gehirn sich vollständig abschaltet, so etwa die Fregattvögel, die beinahe ihr ganzes Leben in der Luft verbringen. Die großen Fregattvögel sind eine tropische Vogelart, die sich von Seefischen ernährt und ihr ganzes Leben bis auf die Brutzeit über dem Ozean verbringt. Früheren Beobachtungen von Enten und anderen Vögeln hatten ergeben, dass diese dadurch Müdigkeit vermeiden, indem sie einmal die rechte und mal die linke Hälfte des Gehirns abschalten, d. h., dass diese für die Flugkontrolle mindestens eine Gehirnhälfte brauchen und dass ein vollwertiger Schlaf im Flug unmöglich ist. Neben dem Tiefschlaf fand man auch, dass diese Vögel auch eine Dämmerschlafphase haben, was bedeutet, dass die Vögel tatsächlich vollwertig in der Luft schlafen können, selbst wenn es nur eine Stunde am Tag ist. Wie dieser Schlafmechanismus funktioniert, konnte man bisher allerdings nicht herausfinden.
Es gibt im Gehirn zwei neuronale Netzwerke, die eng aneinander gekoppelt sind und einzelne Gehirnregionen miteinander verbinden, wenn Menschen wach, aber in einem Ruhezustand sind. d.h., sie sind für verschiedene Aufmerksamkeitsprozesse zuständig. Das »Default Mode Network« (Ruhezustandsnetzwerk) unterstützt nach innen gerichtete Aufmerksamkeit wie Selbstreflexion und das »AntiCorrelated Network« hat die Verarbeitung von Außenreizen zur Aufgabe. Beide arbeiten eng, aber zeitversetzt zusammen, denn ist das eine besonders aktiv, sendet das andere weniger Signale und umgekehrt, wobei dieser abwechselnde Rhythmus zwischen Aktivitätszunahme und Aktivitätsabnahme etwa 20 bis 25 Sekunden beträgt. Die Aktivitäten dieser beiden Netzwerke veränderten während der verschiedenen Schlafphasen ihr Zusammenspiel, denn das Ruhezustandsnetzwerk verliert je nach Schlafstadium einen Teil seiner Verknüpfungen. So wird etwa der Hippocampus bereits beim Einschlafen von diesem Netzwerk entkoppelt und mit zunehmender Schlaftiefe wird der ebenfalls dazugehörige Frontallappen ganz ausgeschlossen, also das Gehirnzentrum, das für die Planung von zukünftigen Handlungen, die Bewegungskontrolle, das Langzeitgedächtnis und für Belohnungen zuständig sind. Beide sensorischen, kognitive Netzwerke spielen im Wachzustand und beim Einschlafen eine wichtige Rolle, die mit äußerer und innerer Aufmerksamkeit zusammenhängen, was sich offensichtlich während des Schlafes ändert. Diese beiden eng zusammen arbeitenden Netzwerke geraten nach Schlafentzug durcheinander, denn bestimmte Areale des Ruhezustandsnetzwerk verhalten sich nach einer auf etwa drei Stunden reduzierten Nachtruhe weniger synchron als nach einer normalen Nacht. Auch das gegenläufige Netzwerk zeigte Areale, die aus dem Takt kommen. Schlafmangel stört offensichtlich das Zusammenspiel dieser für innen- und außengerichtete kognitive Prozesse wichtigen Netzwerke, sodass sich die regenerative Funktion des Nachtschlafs in der Wiederherstellung beziehungsweise Aufrechterhaltung einer intakten Ruhenetzwerkaktivität tagsüber widerspiegeln.
Robert Stickgold vom Massachusetts Institute of Technology fand heraus, dass der Schlaf vor einer Prüfung eine große Rolle dabei spielt, wie gut wir abschneiden. Seiner Ansicht nach können wir Gelerntes tatsächlich im Schlaf verankern. Um 20% konnten die Versuchspersonen ihre Leistungen verbessern, wenn sie vor der Prüfung eine Nacht gut durchschliefen. Mit jeder weiteren Nacht vor der Prüfung verbesserten sich die Leistungen. Bei den Probanden die nach dem Lernen in der Nacht keinen Schlaf fanden, sanken die Leistungen auf Anfängerniveau herab.
Untersuchungen an unausgeschlafenen Menschen zeigten, dass sie in diesem Zustand zu übertriebenem Optimismus und damit auch zu riskanteren Entscheidungen etwa beim Glücksspiel neigen. Schlafentzug bewirkt offenbar eine Verzerrung der Wahrnehmung von Chancen hin zum Optimismus, denn die Probanden verhielten sich in Entscheidungssituationen so, als ob positive Konsequenzen wahrscheinlicher oder einträglicher wären und negative Konsequenzen unwahrscheinlicher bzw. weniger schädlich wären. Auch Kaffee, frische Luft oder Gymnastik konnten in den Studien diese Auswirkungen der Müdigkeit nicht verhindern.
Wird man mehrere Nächte hintereinander (mindestens 4 Nächte) aus dem REM-Schlaf geweckt, erhöht sich der prozentuale REM-Anteil in den ungestörten Nächten von 20% auf 27% bis 29%. Diesen Effekt bezeichnet man als REM-rebound-Effekt. Dabei handelt es sich um eine kompensatorische REM-Erhöhung, die allerdings erst nach 4 Tagen Wachheit im Schlaf eintritt.
Fiß und Ellmann (1973) unternahmen folgendes Experiment:
- Versuchspersonen schliefen 4 Nächte ungestört.
- in den darauffolgenden 2 Nächten wurden die Probanden in den REM-Phasen geweckt
- im Anschluß erhielten die Probnden eine Erholungsnacht.
Ergebnisse: Die REM-Phasen wurden unter Punkt 3 im Vergleich zu Punkt 1 kürzer. Der Non-REM-Schlaf stellte sich zu den Zeitpunkten ein, an denen unter Punkt 2 die Wecktermine lagen. Dieses wurde als konditionierte Vermeidungsreaktion interpretiert. Bei totaler Schlafdeprivation, d.h. Entzug von SWS und REM-Schlaf kommt es in der 1. Nacht zu einer Zunahme von SWS. In der 2. Nacht steigt der REM-Schlaf wieder. Allerdings wird nur ein kleiner Teil des SWS und des REM-Schlafes nachgeholt.
Bhutani et al. (2019)haben untersucht, warum Menschen nach einer schlaflosen Nacht Hunger auf fettreiche und kalorienreiche Lebensmittel haben. Frühere Untersuchungen haben schon gezeigt, dass der Mangel an Schlaf bestimmte Endocannabinoide erhöht, die auf natürliche Weise vom Körper produziert werden und für das Ernährungsverhalten wichtig sind. Schlafentzug hat demnach deutliche Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme und verlagert die Nahrungsauswahl in Richtung energieintensiver Optionen. Die Auswertungen eines Experiments zeigten auch, dass ein Teil des Riechsystems bei übermüdeten Menschen deutlich stärker auf Essens- als auf nicht Nicht-Essensdüfte reagierte. Das liegt daran, dass Schlafmangel das Endocannabinoid-System des Nervensystems beeinfluss, sodass in der Folge die Kommunikation zwischen Insula und piriformem Cortex weniger gut funktioniert und Menschen vermehrt zu Kalorien- und fettreichem Essen greifen.
Kurioses: Schlafsubstanz
Der französische Physiologe Henri Piéron glaubte, ein "Hypnotoxin" gefunden zu haben. Er hielt Hunde tagsüber wach und hinderte sie nachts am Schlafen, indem er sie durch die Straßen von Paris spazierenführte. Anschließend entnahm er ihnen Gehirnflüssigkeit und injizierte sie ausgeruhten Tieren, die daraufhin tatsächlich einschliefen. Genauer charakterisieren konnte er den Stoff nicht.
Der offizielle Rekord im Nichtschlafen wurde unter ärztlicher Aufsicht 1965 von einem damals 17jährigen US-Schüler mit 264 Stunden aufgestellt.Aus Studien weiß man, dass nach 24 Stunden Schlafentzug die Reizschwelle sinkt, nach 64 Stunden Wahnvorstellungen auftreten. Irgendwann tritt dann der Tod ein. Mögliche Zwecke des Schlafes:
- psychisch: Erlebnisse der Wachphasen werden in Träumen verarbeitet, eingeordnet, unwichtige Informationen gelöscht.
- regenerativ: Organe können sich erholen.
- kalibrativ: Rhythmen der Körpersysteme, die bei Tag durcheinander geraten, werden auf Ausgangswerte (quasi auf null) zurückgestellt.
- adaptiv: Schlaf dient nicht primär der Erholung, sondern ist ein genetisches Programm zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts. So ruhen Raubkatzen nicht 17 Stunden am Tag, weil ihr Organismus das braucht, sondern um ihren Beutetieren genügend Erholungszeit zu gönnen.
Schlafunterbrechungen haben die selben Auswirkungen wie wenig Schlaf
Untersuchungen zeigen, dass sich Schlafunterbrechungen genauso negativ auswirken wie zu wenig Schlaf, denn in einem Experiment hat man Probanden in einer Nacht viermal per Telefon geweckt und dann jeweils eine kleine Computer-Aufgabe lösen lassen, bevor sie weiterschlafen durften. Im Vergleich zu einer ungestörten Nacht beeinträchtigte eine Nacht mit vier Unterbrechungen am folgenden Morgen die kognitiven Fähigkeiten der Studienteilnehmer deutlich, denn ihre Aufmerksamkeitsspanne nahm ab und auch ihre Stimmung litt darunter. Die Folgen von Schlafunterbrechungen sind daher vergleichbar mit jenen, die auftreten, wenn Menschen nicht mehr als vier aufeinanderfolgende Stunden schlafen. Wenn man berücksichtigt, dass die Folgen von nur einer einzigen Nacht mit gestörtem Schlafrhythmus schon solche Auswirkungen haben, dann muss man wissen, dass sich Schlafdefizite akkumulieren, wie man von Ärzten im Not- oder Nachtdienst oder von junge Eltern weiß, die von ihren Kleinkindern über Monate hinweg drei- bis zehnmal pro Nacht aufgeweckt werden. Abgesehen von den körperlichen Auswirkungen, entstehen bei manchen Eltern Gefühle von Ärger gegenüber dem eigenen Baby und gleichzeitig Schuldgefühle wegen dieser negativen Emotionen.
Schlafentzug verursacht bekanntlich verschiedene Beschwerden, angefangen von Kopfschmerzen über erhöhte Reizbarkeit bis hin zu Konzentrationsproblemen, wobei das Ausmaß, wieviel Schlaf pro Nacht benötigt wird, unter anderem auch vom Alter abhängt, wobei sich die benötigte Schlafdauer im Laufe des Lebens reduziert. In einer Untersuchung zeigte sich, dass die Wirkung von Schlafentzug bei Kindern anders ist als bei Erwachsenen. Schlafen Erwachsene zu wenig, verlangt der Körper nach den fehlenden Stunden, wobei sich das erhöhte Bedürfnis nach Tiefschlaf in den vorderen Regionen des Gehirns sichtbar wird, also in jenem Bereich des Gehirns, der für das Planen von Aktionen, der Problemlösung und des Arbeitsgedächtnisses zuständig ist. Das Gehirn eines Kindes benötigt mehr Tiefschlaf, vor allem in jenen hinteren Regionen des Gehirns, die sich noch entwickeln, wobei diese Areale mit der Sehkraft und dem räumlichen Vorstellungsvermögen, sowie der Fähigkeit Signale von verschiedenen Quellen zu verarbeiten, verbunden sind. Das ist deshalb bedeutsam, da die Schlafqualität auch für die Entwicklung neuronaler Verbindungen verantwortlich ist, die in diesem Alter vermehrt auftreten.
Nach amerikanischen Untersuchungen (Steven Frenda et al., 2014) beeinträchtigt Schlafmangel nicht nur das Lernen und die Konzentration, sondern führt auch zu Gedächtnisverzerrungen, etwa bei Augenzeugen. Nach einem Experiment College-Studenten spätabends ins Labor ein. Der Hälfte der Probanden zeigten sie eine Serie von Fotos, die ein Verbrechen zeigte, beispielsweise einen Taschendiebstahl. Anschließend durfte ein Teil von ihnen ins Bett gehen, der andere musste die Nacht über wach bleiben. Die andere Hälfte der Probanden absolvierte das gleiche in umgekehrter Reihenfolge: Ein Teil blieb wach, einer schlief, aber alle bekamen die Fotos erst am Morgen danach zu sehen. Am nächsten Tag folgte der zweite Teil des Tests: Jetzt erhielten alle Teilnehmer Texte, die das zuvor auf den Fotos gesehene beschrieben, allerdings mit falschen Details. So steckte der Taschendieb die gestohlene Brieftasche z. B. in die Hosentasche statt in die Jacke oder hatte eine andere Haarfarbe. Danach absolvierten alle Probanden einen Gedächtnistest, bei dem sie den Tathergang genau beschreiben und in Fragebögen die jeweils korrekten Details ankreuzen sollten. Jene Probanden, die Fotos und Texte nach der durchwachten Nacht gesehen hatten, lagen in ihren Erinnerungen deutlich häufiger falsch als ihre ausgeschlafenen Kollegen. Hatten sie dagegen das Foto vor der schlaflosen Nacht gesehen, war ihre Erinnerung daran sehr viel besser.
Ein chronischer Schlafentzug kann die manchmal etwas aussergewöhnlichen Verhandlungstaktiken und die dann scheinbar undiplomatischen persönlichen Anfeindungen von Sitzungsteilnehmern an großen Tagungen erklären, denn ein chronischer Schlafentzug erhöht etwa die Risikobereitschaft. Der Psychologe Peter Spork erklärt die Auswirkungen eines Schlafentzuges bei einem Tagungsmarathon, wie ihn etwa die europäischen Staats- und Regierungschefs bei der Griechenlandkrise ertragen mussten: "Die Beeinträchtigung nach 17 Stunden ohne Schlaf hat eine Wirkung vergleichbar mit einer halben Promille Alkohol im Blut. Und die Politiker sind ja zumeist schon vorher ein paar Stunden wach, also gleicht ihre Leistungsfähigkeit nach 24 schlaflosen Stunden der eines Menschen mit einer Promille Alkohol im Blut. (…) Konkret lassen die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit ganz besonders nach. Der Schlaf dient ja dazu, unser Gehirn von unseren zahllosen Eindrücken im Alltag zu entmüllen. Aber ohne dieses Aufräumen verliert das Gehirn die Fähigkeit, klar, präzise, konsequent zu arbeiten, weil sich zusätzlicher Müll im Gehirn ständig anhäuft. Ganz wichtig ist hier die Rolle des Schlafes, Informationen zu sortieren und abzuwägen. Eine aktuelle Untersuchung hat gezeigt, dass man unter Schlagmangel bereitwilliger frühzeitig Entscheidungen fällt – eben ähnlich wie in einem alkoholisierten Zustand: Man gibt eher nach, stimmt eher irgendeinem Vorschlag zu und prüft nicht so genau. In Bezug auf einen solchen Verhandlungsmarathon bedeutet das, dass im Laufe von 17 Stunden Verhandlungen Politiker bereitwilliger einlenken. Solch eine Tendenz kann natürlich auch strategisch verwendet werden – solange zu verhandeln, bis sich alle auf irgendein Ergebnis einigen. Sonst gäbe es bei Verhandlungen, in denen die Positionen nur schwer vereinbar sind, vielleicht nie eine Einigung. Aber wie gut ist eine solche Entscheidung? Denn im Endeffekt wird eine solche Entscheidung von übernächtigten Politikern getroffen, deren geistige Verfassung der eines Angetrunkenen ähnelt. Eigentlich möchte man Menschen in einem solchen Zustand keine Entscheidungen mit einer solchen Tragweite überlassen. (…). Die Politiker müssen unbedingt Pausen einlegen. Um durch 17 Stunden Verhandlungen zu kommen, wären mehrere Powernaps ideal. Wahrscheinlich legen Politiker tatsächlich kurze Schlafpausen ein, wenn sie sich in längeren Verhandlungen kurz abmelden.“
Studien zeigen, dass Menschen in den wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern, insbesondere in Städten, etwa 95 Prozent ihrer Lebenszeit im Inneren von Gebäuden verbringen, wobei es in den Räumen auch tagsüber, selbst wenn es dort relativ helle Arbeitsbeleuchtung gibt, wesentlich dunkler als unter freiem Himmel ist, aber während der Abend- und frühen Nachtstunden ist es umgekehrt, denn sowohl beim Aufenthalt in beleuchteten Innenräumen als auch beim Aufenthalt auf beleuchteten Straßen und Plätzen bekommt der Mensch viel mehr Licht, als er es von der Evolutionsgeschichte her kennt.
Lichtverschmutzung
Vor allem die Lichtverschmutzung, also die Umweltbeeinflussung durch künstliches Licht, lässt Mensch und Tier darunter leiden, denn wenn es keine echte Nacht mehr gibt, ist der Tag-Nacht-Rhythmus gestört und die Freisetzung des Ruhe-Hormons Melatonin erfolgt unter solchen Bedingungen nicht mehr im vorgesehenen Rhythmus. In der Chronobiologie wird in diesem Zusammenhang von gesundheitlichen Beschwerden wie Schlafstörungen bis zu Hinweisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko vor allem bei Schichtarbeitern hingewiesen. Aus gesundheitlicher Sicht ist es wichtig, tagsüber viel Licht zu bekommen und des Nachts, insbesondere in der zweiten Nachthälfte, wenig bis gar keinem künstlichen Licht ausgesetzt zu sein, denn Tiefenentspannung im Schlaf ist nur bei absoluter Dunkelheit möglich.
Schlaf teilweise nachholbar
Åkerstedt et al. (2018) haben in einer Studie festgestellt, dass ein über die Woche angehäuftes Schlafdefizit keine gesundheitlichen Nachteile haben, wenn man die Bilanz am Wochenende wieder ausgleicht. Wenn man an einem Wochenende nachschläft, muss man daher nicht jeden Tag auf die gesunden 7 bis 7,5 Stunden kommen, was oft für Berufstätige unrealistisch ist. In der Untersuchung wertete man die Schlaf- und Lebensgewohnheiten von fast über vierzigtausend Menschen in Schweden über einen Zeitraum von 13 Jahren aus, wobei auch andere gesundheitliche Einflussfaktoren wie Körpergewicht, Tabak- und Alkoholgebrauch sowie körperliche Aktivität erhoben wurden. Hier zeigte sich, dass Menschen unter fünfundsechzig Jahren, die jede Nacht fünf Stunden oder weniger schliefen, im Vergleich zu Menschen mit dieser Schlafdauer ein erhöhtes Sterberisiko hatten. Das war allerdings dann nicht der Fall, wenn die Menschen mit Schlafmangel am Wochenende lange schliefen. Eine erhöhte Sterberate fanden man auch bei Probanden unter 65 Jahren, die täglich mehr als neun Stunden schliefen, während bei älteren Menschen kaum Veränderungen beim Sterberisiko feststellbar waren, unabhängig davon, wie lange diese an Werktagen und Wochenenden geschlafen hatten.
Literatur & Quellen
Åkerstedt Torbjörn, Ghilotti Francesca, Grotta Alessandra, Zhao Hongwei, Adami Hans-Olov, Trolle-Lagerros Ylva & Bellocco Rino (2018). Sleep duration and mortality – Does weekend sleep matter? Journal of Sleep Research, doi: 10.1111/jsr.12712.
Bhutani, Surabhi, Howard, James D, Reynolds, Rachel, Zee, Phyllis C, Gottfried, Jay,Kahnt, Thorsten, Verstynen, Timothy, Büchel, Christian, Verstynen, Timothy & Sobel, Noam (2019). Olfactory connectivity mediates sleep-dependent food choices in humans. eLife, doi:10.7554/eLife.49053.
Dal-Bianco, Peter & Walla Peter (2011). Verrückt, was unser Gehirn alles kann: Selbst, wenn es versagt. Galila Verlag.
Frenda, Steven J., Patihis, Lawrence, Loftus, Elizabeth F.,Lewis, Holly C. & Fenn,Kimberly M. (2014). Sleep Deprivation and False Memories. Psychological Science. Doi:10.1177/0956797614534694.
Kahn, M., Fridenson, S., Lerer, R., Bar-Haim, Y. & Sadeh, A. (2014). Effects of one night of induced night-wakings versus sleep restriction on sustained attention and mood: a pilot study. Sleep Medicine, 15, Issue, 825-832.
Nadine Gravett, Adhil Bhagwandin, Robert Sutcliffe, Kelly Landen, Michael J. Chase, Oleg I. Lyamin, Jerome M. Siegel & Paul R. Manger (2017). Inactivity/sleep in two wild free-roaming African elephant matriarchs – Does large body size make elephants the shortest mammalian sleepers? PLoS ONE 12(3), e0171903. doi:10.1371/journal.pone.0171903.
Sadeh, A., Mindell, J. A., & Owens, J. (2011). Why care about sleep of infants and their parents? Sleep Medicine Reviews, 15, 335-337.
http://www.gmx.at/magazine/wirtschaft/griechenland-krise/einigung-griechendrama/wirkt-schlafentzug-entscheidungsfaehigkeit-eu-chefs-30763808 (15-07-15)
MEDSTANDARD vom 26.02.2007
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