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Schlafverhalten und Schulleistung

Wer zu wenig schläft, ist am nächsten Tag nicht nur müde, sondern auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns leidet darunter, denn für die Lernfähigkeit ist Tiefschlaf wesentlich. Im wachen Zustand muss das Gehirn einen stetigen Strom von Sinneseindrücken verarbeiten, was die synaptischen Verbindungen zwischen den Nervenzellen beeinflusst. Erst im Schlaf pendelt sich dieses System wieder auf einen Normalzustand ein, damit das Gehirn wieder bereit ist, am nächsten Tag neue Eindrücke aufzunehmen, d. h., ohne eine Erholungsphase mit ausreichend Tiefschlaf wird jeder neue Lernprozess gestört.

Schlafverhalten und Schulleistung bei Jugendlichen

Schlafen hat nach Ansicht experimentell arbeitender Psychologen die Funktion, die Informationen, die sich im menschlichen Gehirn über den Tag hinweg anhäufen, in Tiefschlafphasen hierarchisch zu strukturieren und sicher abzuspeichern oder auch zu löschen, wodurch das Lernen nach dem Aufwachen viel besser funktioniert als vor dem Einschlafen. Vor allem in Tiefschlafphasen wird ordentlich aufgeräumt, wobei Träume die Abfallprodukte des Aufräumens darstellen. Ein guter Schlaf gilt daher als Grundvoraussetzung für gutes Leistungsverhalten in der Schule, bei Kindern wie bei Jugendlichen. Die Adoleszenz führt, unter anderem, eine Veränderung der Schlaf-Wachregulation und des Schlafmusters herbei. Grundsätzlich muss zwischen Schlafquantität und Schlafqualität unterschieden werden, wie das auch Backhaus und Riemann (1999) beschreiben. „Schlafphasenverzögerungen, späteres Zubettgehen und früheres Aufstehen beeinflussen zudem die Schlafqualität“, wie Carskadon (1990) bereits evaluierte (vgl. Wolfradt 2006, S. 12). „Eine Schlafdeprivation bei Schülern kann zudem zu nachhaltigen Leistungseinbußen in der Schule führen“ (Wolfradt 2006, S.12).

Schlafverhalten bei Jugendlichen und der Einfluss des Schlafes auf das schulische Leistungsverhalten

Bisherige Forschungen konnten zeigen, dass das Schlafverhalten von Jugendlichen spezifische Besonderheiten aufweist. Viele leiden an dem Symptom der Schlaflosigkeit (Insomnie) oder sogar an der speziellen Art von Schlafstörung DSM-IV. Obwohl wissenschaftliche Evaluationen zeigen, dass die Gruppe der 16-24-Jährigen etwas länger schläft, als Erwachsene des höheren Alters, haben viele Jugendliche Ein- und Durchschlafprobleme, wobei ein Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Sorgen, Ängstlichkeit und Depression besteht. Suizidgedanken und Unzufriedenheit gehen einher mit einem gestörten Schlaf (Insomnie und Hypersomnie), was bestätigt, dass mangelnder Schlaf die Fähigkeit von Jugendlichen schwächt, ihre Stimmung zu regulieren. Während der Adoleszenz nehmen die sozialen Aktivitäten (z.B. Diskobesuche) der Jugendlichen stark zu, was dazu führt, dass ihre Schlafdauer abnimmt und die Eltern den Einfluss auf das Einhalten der Schlafzeit verlieren, was Ohayon, Roberts, Zulley, Smirne & Priest (2000); Groeger, Zijlstra & Dijk (2004); Meijer, Habekothé & Van den Wittenboer (2001); Roberts, Roberts & Chen (2001); Dahl & Lewin (2002); Carskadon (2002); Manni et al. (1997) in einer Studie feststellten (vgl. Wolfradt 2006, S. 13f). „Einige empirische Studien konnten zeigen, dass Müdigkeit durch Schlafdeprivation einen unmittelbaren Einfluss auf das schulische Leistungsverhalten ausübt“, dies erwies eine Studie nach Pilcher & Hofcutt (1996); Meijer & Van den Wittenboer (2004); Fredrikson et al. (2004) (vgl. Wolfradt 2006, S. 14). Eine Studie von Wolfson und Carskadon (1998) zeigt, dass Schüler mit guten Schulnoten von einer längeren Schlafdauer und weniger Tagesmüdigkeit berichten als leistungsschwächere Schüler (vgl. Wolfradt 2006, S.14). „Unzureichend Schlaf wirkt sich besonders auf das Lernen neuer Informationen, das Arbeitsgedächtnis, die Aufmerksamkeit und das abstrakte Denken aus“, wie es Sadeh, Raviv & Gruber (2000); Steenari et al. (2003) beschreiben und beeinflusst negativ psychosoziale Maße, wie Zufriedenheit, Selbstwert und das schulische Leistungsvermögen (vgl. Wolfradt 2006, S. 14). Entsprechend der Studie von Meijer et al. (2000) kann die Wahrnehmung eines höheren Leistungsdrucks und eines kompetiven Klassenklimas die Folge sein.

Grundlegende methodische Probleme in diesem Forschungsgebiet

Eines dieser Probleme bei Korrelationsstudien zu diesem Forschungsbereich ist die Frage nach der Kausalität. Wirkt sich die Schlafqualität/Schlafdeprivation auf schulische Leistungen und die Wahrnehmung der eigenen Person und die der schulischen Situation aus, oder beeinflussen diese Faktoren umgekehrt die Schlafqualität bzw. die Schlafdauer (vgl. Wolfradt 2006, S. 15)?

Fragestellung, Methodik und Ergebnisse der Stichprobe

Die vorliegende Studie möchte mittels einer Clusteranalyse das Zusammenwirken von Schlafqualität und der Kontextvariablen Klassenklima auf die Wahrnehmung von Leistungsdruck und Zufriedenheit in der Schule beschreiben. Sie legt die Hypothese zu Grunde, dass schlafgestörte Jugendliche einen stärkeren Leistungsdruck empfinden und das soziale Klima in der Klasse negativer wahrnehmen, da sie durch die Minderung der Schlafqualität- und- quantität erhebliche Leistungseinbußen erleiden (vgl. Wolfradt 2006, S. 15). An der Studie nahmen 217 Schüler zwischen 10 – 19 Jahren aus den Jahrgangsstufen 5 – 13 aus einem Gymnasium teil. Darunter waren 62 Mädchen und 155 Jungen mit einem Durchschnittsalter von 14.9 Jahren. Der Fragebogen setzte sich aus dem Schlafverhalten, das mit Einzelitems versehen wurde, wie bei Backhaus und Riemann (1999), zusammen. Das Antwortformat für die Items Müdigkeit, Einschlafprobleme, Durchschlafprobleme und Traumverhalten war mit den Nummern 1 (nicht zutreffend) bis 5 (sehr zutreffend) zu beziffern. Außerdem beinhaltete der Fragebogen die Frage nach der durchschnittlichen Schlafdauer, der Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen und dem wahrgenommenen Leistungsdruck und Sozialklima in der Klasse, wie bei Schwarzer und Jerusalem (1999). Anschließend wurden die Fragebögen ausgewertet (korreliert) und in Skalen einzeln dargestellt. Aus der entstandenen Tabelle ist zu entnehmen, dass positive Zusammenhänge zwischen Schlafproblemen und wahrgenommenem Leistungsdruck und zwischen sozialer Schlafdauer und wahrgenommenem sozialen Klima und Zufriedenheit bestehen. Außerdem korreliert, wie erwartet, positives soziales Klassenklima negativ mit Leistungsdruck und Schlafproblemen. Ein weiteres Ergebnis ist, dass jüngere Schüler zufriedener sind, ein positiveres Klassenklima wahrnehmen und länger schlafen. Dabei ist interessant, dass die Schlafdauer nicht mit den Ein- und Durchschlafproblemen korreliert, sondern nur mit der Müdigkeit. Welchen Einfluss Schlafverhaltensmaße und demographische Variable auf die Zufriedenheit des wahrgenommenen Klassenklimas und den Leistungsstress haben, zeigen folgende Ergebnisse (vgl. Wolfradt 2006, S. 15ff). „Die Zufriedenheit wird durch eine niedrige Müdigkeit, geringe Einschlafprobleme und ein geringes Alter am besten vorausgesagt. Eine Kombination aus niedriger Schlafmüdigkeit und geringem Alter sagt auch ein positives Klassenklima voraus. Hoher Leistungsstress wird nur durch hohe Müdigkeit und durch Schlafprobleme vorausgesagt“ (Wolfradt 2006, S. 18). Signifikante Mittelwertunterschiede im Bezug auf die Ein- und Durchschlafprobleme zwischen Mädchen und Jungen sind zu ungunsten der Mädchen ausgefallen, und außerdem empfinden sie einen höheren Leistungsdruck in der Klasse. Für andere Variablen traten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Bei der Clusteranalyse wurden vier Gruppen identifiziert, wobei die Gruppe 1 mit erhöhten Schlafproblemen und der Wahrnehmung eines negativen Klassenklimas die niedrigste Lebenszufriedenheit und den höchsten Leistungsstress im Vergleich zu den anderen Gruppen aufwies (vgl. Wolfradt 2006, S. 18f). „Die Gruppe 2 mit erhöhten Schlafproblemen und einem positiv wahrgenommenen Klassenklima unterscheidet sich ferner signifikant von der Gruppe 4 „wenig Schlafprobleme/positives Klassenklima“ bezüglich der Lebenszufriedenheit. Es zeigt sich also, dass auch bei positivem Klassenklima ein Zusammenhang zwischen Schlafproblemen und niedriger Lebenszufriedenheit zu finden ist“ (Wolfradt 2006, S. 19).

Diskussion der Ergebnisse

„Die Befunde der vorliegenden Studie bestätigen die Annahme, dass ein gestörtes Schlafverhalten mit einer niedrigeren Lebenszufriedenheit, einem höheren wahrgenommenen Leistungsstress und einem negativen sozialen Klassenklima einhergeht“ (Wolfradt 2006, S.19). Nicht die Schlafquantität, sondern die Schlafqualität hat den größeren Einfluss auf Lebenszufriedenheit, Leistungsstress und Klassenklima. Die Studie zeigt allerdings nicht, dass die Schlafdauer Zufriedenheit und Wahrnehmung von Klassenklima und Leistungsdruck signifikant beeinflusst. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie zeigt, dass mit zunehmendem Alter die Zufriedenheit, die Wahrnehmung eines positiven Klasseklimas und die Schlafdauer abnehmen. Weiters wurde festgestellt, dass die Müdigkeit durch Schlafprobleme, die mit einer verminderten Schlafdauer in Beziehung steht, die Lebenszufriedenheit sowie die Wahrnehmung des Klassenklimas negativ beeinflusst (vgl. Wolfradt 2006, S. 20). „Ebenso wirkt sie sich auch auf die Zunahme des wahrgenommenen Leistungsstresses aus“ (Wolfradt 2006, S. 20).

Siehe auch eine weitere Zusammenfassung dieses Artikels Schlafverhalten und Leistungsstress in der Schule

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