Spezielle Mnemotechniken
Alle diese im Folgenden beschriebenen speziellen Mnemotechniken, die auch heutzutage marktschreierisch in von Gedächtnisgurus veranstalteten Seminaren einem meist verblüfften Publikum präsentiert werden (siehe hierzu das Beispiel MAXI BRAIN), funktionieren ohne permanente Übung nur sehr kurzfristig. So schnell sich der "Lernerfolg" dank solcher Gedankenkinos auch einstellt, es bleibt die Schwierigkeit des Transfers ins Langzeitgedächtnis, wozu letztlich nur diszipliniertes Üben einen Beitrag leisten kann, wobei zwei bis drei Wochen tägliches Training oft ausreichen, um einmal die Technik sicher zu beherrschen. Danach ist ständige Anwendung gefordert. Diese Gedächtnisgurus überraschen ihr Publikum mit ihren eigenen Merkfähigkeiten ja deshalb, da sie diese Techniken beinahe täglich präsentieren. Hier findet sich ein ähnlicher Effekt wie bei LehrerInnen, die nicht auf Grund ihres Studiums ein so großes Wissen besitzen, sondern da sie dieses täglich ihren SchülerInnen präsentieren müssen.
Die Forum-Romanum-Methode
Die Forum-Romanum-Methode ist direkt von der antiken Tradition der Loci-Technik (Methode der Orte) abgeleitet und ist eine der Denkmethoden, die besonders viele Freiheiten lassen. Nur das Grundprinzip ist vorgegeben, die tatsächliche Ausführung kann beliebig dem Bedarf und dem Geschmack angepasst werden.
Zunächst ist es völlig egal, was Sie als Merkplätze benutzen. Das können Gegenstände im heimischen Wohnzimmer sein oder in der Lieblingskneipe. Es kann genausogut die Abfolge verflossener Freundinnen oder Freunde sein oder was immer sonst man sich vorstellen möchte. Vielleicht denken Sie an markante Orte in Ihrer Straße, etwa eine beschädigte Laterne, einen Briefkasten oder eine Bushaltestelle. Oder Sie wählen sich zehn markante Stellen in ihrer Wohnung aus, die eine natürliche Reihenfolge ergeben, etwa indem Sie sich vorstellen, vom Eingang über den Flur in die Küche zu gehen und so weiter.
Allgemein gilt: Wählen Sie Orte oder Gegenstände, die Sie gut kennen, und die nicht veränderlich sind. Für ganz kurzfristige Einsätze ist es dagegen noch einfacher, Gegenstände zu wählen, die man unmittelbar vor Augen sieht.
Die Methode der Orte eignet sich auch gut, um sich die Posten etwa einer Einkaufsliste zu merken. Denken Sie an die Gegenstände, die Sie kaufen wollen und platzieren Sie diese an ausgewählten Stellen in Ihrer Wohnung. Zum Beispiel ragt die Salami, die Sie kaufen wollen, aus Ihrem Briefkasten heraus und lockt damit den Hund des Nachbarn an. Der Kohlkopf, den Sie besorgen wollen, blockiert den Zugang zu ihrer Küche usw. Je phantasievoller und extremer die Bilder sind, die Sie in ihrem Kopf erzeugen, desto besser können Sie die Dinge behalten, die Sie kaufen wollen.
In der Praxis benutzt man die Methode beispielsweise, um gerade entwickelte Gedanken ohne Blick aufs Papier in einer Gesprächsrunde äußern zu können. Während ein anderer spricht, knüpft man seine Gegenargumente an Gegenstände auf dem Tisch (Aschenbecher, auffällige Krawatte, Bierglas, Feuerzeug etc.) oder an die gegenüber sitzenden Personen. Sie werden feststellen, dass es auf viele Menschen sehr beeindruckend wirkt, wenn man spontan, ohne Stift und Papier und in freier Rede systematisch Argumente aufzählen kann, ohne sich zu verzetteln.
Gut eignen sich als Anker für längere zu lernende Listen auch Straßenbahn- oder Busstationen! Siehe dazu aus der Reihe "Benjamins & Werners Lerntipps" Schick den Lernstoff auf Reisen …
Der Gedächtnispalast
Der Gedächtnispalast ist eine Erweiterung der Loci-Methode, sodass das Beherrschen der der Loci-Methode eine Voraussetzung ist, um den Gedächtnispalast effektiv anwenden zu können. Mit Hilfe eines Gedächtnispalastes lassen sich die verschiedensten Informationen im Gedächtnis abspeichern, etwa Geschichtsdaten, Vokabeln oder längere Texte sein. Wie bei der Loci-Methode werden auch bei dieser Mnemotechnik in eine Gebäude - eben dem Gedächtnispalast - Daten an unterschiedlichen Stellen abgelegt, wofür man möglichst lebhafte und emotionale Bilder erzeugen muss, d. h., je lebendiger und realistischer die Assoziationen sind, desto länger kann man sich die Informationen merken. Wichtig ist dabei ein logischer und übersichtlicher Aufbau des Gedächtnispalastes, indem man die Räume und Stockwerke des Palastes mit unterschiedlichen Farben versieht, die als weitere Gedächtniskomponente für Übersicht sorgen. Ein Gedächtnispalast wird meist Stock für Stock und Raum für Raum aufgebaut, wobei meist schon erste Informationen abgelegt werden. Wie bei der Loci-Methode können sämtliche Informationen in dem Gedächtnispalast abgespeichert werden, die sich mnemotechnisch in Bilder umwandeln lassen. Handelt es sich um sehr abstrakte Inhalte, empfiehlt es sich ein zusätzliche Gedächtnissystem wie das Major-System zu nutzen.
Neuere Studien (Wagner et al., 2021) haben gezeigt, dass durch das Training mit dem Gedächtnispalast sich sogar das Langzeitgedächtnis verbessert. Grundsätzlich konnte man feststellen, dass diese Methode zu einer effizienteren Verarbeitung in Gehirnregionen geführt hat, die mit dem Gedächtnis und räumlicher Orientierung im Zusammenhang stehen. Man beobachtete verschiedene Gruppen von TeilnehmerInnen mit einem ähnlichen IQ, wobei eine dieser Gruppen aus 23 GedächtnissportlerInnen bestand , zwei andere wurden unterschiedlichen Gedächtnistrainings unterzogen und eine Kontrollgruppe erhielt keinerlei Training. Mithilfe funktioneller Magnetresonanztomographie wurde die Gehirnaktivität der TeilnehmerInnen gemessen, einmal während sie Wörter auswendig lernten und sich anschließend an das Gelernte erinnerten und anschließend in der Ruhephase danach. Die Gehirne der GedächtnissportlerInnen wiesen im Vergleich zu den Kontrollgruppen eine geringere Aktivität in den betroffenen Gehirnregionen während des Auswendiglernens und des Erinnerns der Wörter auf. Das bestätigt, dass GedächtnissportlerInnen ihre Gehirne effizient und strategisch für die vorliegende Aufgabe nutzen., d. h., ein Gehirn, das in Übung ist, kann mit weniger Aktivierung eine bessere Leistung erbringen. Diese Ergebnis wurde auch durch die Ergebnisse in den anderen Gruppen bestätigt, denn je mehr Nutzen die TeilnehmerInnen aus dem Training zogen und je besser ihre Leistung beim Erinnern von Wörtern war, desto stärker verringerte sich deren Gehirnaktivität. Überraschenderweise spiegelte sich diese Effizienz auch in der Erinnerungsdauer der gelernten Information wider, denn geübte TeilnehmerInnen konnten sich nicht nur an mehr Inhalte erinnern, sondern auch länger. Außerdem stellte sich heraus, dass die koordinierte Gehirnaktivität nach dem Lernprozess anstieg, wobei diese Veränderung in der Konnektivität des Gehirns darauf hinweist, dass Erinnerungen nach dem Einüben gefestigt werden, wodurch diese langfristig gespeichert werden können.
Songlines oder Traumpfade, eine Mnemotechnik früher Kulturen
Die Gedankenpalast-Methode bzw. Loci-Methode findet sich auch in
älteren Kulturen wie die der australischen Aborigines, allerdings in
etwas anderer Form als im westlichen Kulturkreis. Jeder Clan besitzt
seine eigenen etablierten Geschichten, die lebenswichtiges kulturelles
Wissen enthalten und weitergeben werden, etwa Gesetze, persönliche Rechte und
Pflichten, Landnutzung, astronomische und Navigationsinformationen. Man
bezeichnet diese Geschichten als Songlines oder Traumpfade (dreaming
track), die bei den Aborigines eine unsichtbare, mythische Landkarte
Australiens ergeben, die durch Gesang von Generation zu Generation
weitergetragen wird und die Grundlage der Wanderungen der australischen
Urbevölkerung sind. Die Pfade der Songlines werden in traditionellen
Liederzyklen, Geschichten, Tänzen und Kunst aufgezeichnet und sind oft
die Grundlage von Zeremonien, sind daher ein wichtiger Teil der Kultur
der Aborigines und verbinden die Menschen mit ihrem Land. Manche
Songlines verlaufen daher durch von den Aborigines verehrten Orte mit
von ihnen angebrachten Felszeichnungen, wobei heute diese Landkarte von
der Zivilisation durch Baumaßnahmen oft so stark verändert wird, dass
die kulturellen Wurzeln der Urbevölkerung zerstört werden und für immer
verloren gehen.
Solche Songlines weisen auch über mehrere Generationen
hinweg kaum Veränderungen auf, d. h., diese können mündlich, durch
Tänze, durch Malereien und Petroglyphen oder durch eine Kombination aus
all diesen Methoden ausgedrückt werden. Ist eine Information nicht Teil
der Songline-Tradition, ist es üblich, eine Geschichte zu konstruieren,
die Aspekte der Flora, der Fauna und der physischen Geografie der
lokalen Gegend einbezieht. Auf diese Weise können auch äußerst komplexe
Informationen weitergegeben und über lange Zeit erhalten werden. Diese
Geschichten sind meist sehr persönlich, dadurch anpassungsfähig und
können leicht konstruiert oder geändert werden, um neue Informationen
aufzunehmen. Benachbarte Clans sind oft miteinander verbunden, weil sich
die Song-Zyklen über den ganzen Kontinent kreuzen, wobei alle
Aborigines-Gruppen traditionell den Glauben an die Ahnen und die damit
verbundenen Gesetze teilen, wobei Menschen aus verschiedenen Gruppen
miteinander aufgrund ihrer Verpflichtungen entlang der Songlines
interagierten. Übrigens können sich mit einer ähnlichen Methode auch die
nordamerikanischen Navajos bis zu siebenhundert Insekten nach ihrem
Aussehen, Lebensraum und Verhalten einprägen, die Mangyans auf den
Philippinen weit über tausendfünfhundert verschiedene Pflanzen erkennen (Reser et al., 2021).
Telefonnummern und Zahlen merken
Nummernspeicher in elektronischen Geräten (Telefon und Mobiltelefon, automatisches Speichern von Kennziffern am Computer, Notepad) führen dazu, dass man sich immer weniger Zahlen merken muss. Damit verliert man die Übung, sich Zahlen und Daten einzuprägen. Aber es gibt Situationen, in denen man auf solche externen Speicher verzichten muss bzw. es ist in der Regel meist auch einfacher, z.B. eine Telefonnummer oder einen Bankomatcode ohne Hilfe einzugeben. Es gibt eine Reihe von Tricks, sich Zahlen und Daten einfach einzuprägen. So kann man längere Zahlen in Gruppen (chunks) bündeln und ihnen einen Rhythmus geben. Man kann auch Zahlen miteinander verknüpfen, etwa durch Regelmäßigkeiten, Quersummen, auf- oder absteigende Reihen etc. Auch kann man nach Verknüpfungen mit anderen Zahlen oder Daten suchen, die schon fest eingeprägt sind - so beginnt die neue Telefonnummer des Sohnes des Autors mit 01815 ..., sodass man nur mehr wissen muss, dass diese Stadt die Vorwahl 01 hat und schon hat man mit dem bekannten "0815" und der Vorwahl diese Zahl eingeordnet.
Um sich Zahlen - wie etwa Telefonnummern - zu merken, bietet sich des Weiteren auch eine Übersetzung der Zahlen in Begriffe an, unter denen man sich mehr vorstellen kann. Um die Zahl-Wort-Verknüpfungen einfacher zu behalten, wurden Begriffe gewählt, die sich mit den entsprechenden Zahlen reimen:
Nun lassen sich komplizierte mehrstellige Zahlen behalten, indem man aus den Worten eine Geschichte bastelt. Die folgende Telefonnummer aus Frankfurt 069/109458 könnte man zum Beispiel mit folgender Geschichte behalten:
"Der Schnuller (0) ist bekleckst (6) und liegt in der Scheune (9). Der Vater schimpft: Heinz (1), du sollst den Schnuller (0) nicht immer mit in die Scheune (9) nehmen. Vor Aufregung fällt dem Vater das Bier (4) runter und bekleckst seine Strümpfe (5) und seine Tracht (8)."
Wenn Sie sich diese Telefonnummer mit dieser Geschichte nicht behalten konnten, dann liegt das vielleicht daran, dass die Wirkung viel besser ist, wenn man sich seine eigene Geschichte ausdenkt.
Wenn Ihnen Geschichten mit den gereimten Worten aus der obigen Liste zu langweilig werden, können Sie sich die Zahlen auch bildlich vorstellen und diese Bilder wiederum zu einer Geschichte verknüpfen: Zum Beispiel stellen Sie sich für "eins" eine Kerze oder einen Turm vor oder für "zwei" einen Schwan.
Bei Telefonnummern kann man die Ziffern auch in kleinen Gruppen zusammenfassen und daraus eine Summe bilden. Oft hilft es auch, die Telefonnummer wie ein Geburtsdatum in Tag, Monat und Jahr aufzuteilen.
Eine weitere Alternative ist die folgende Übersetzung der Zahlen:
|
Statt sich eine Geschichte aus den Worten auszudenken, können Sie auch wieder die Methode der Orte anwenden. Sie verknüpfen die entsprechenden Worte der übersetzten Telefonnummer in der richtigen Reihenfolge mit markanten Orten in Ihrer Straße oder Wohnung.
Siehe dazu auch den Artikel |
Major-Methode oder Zahlenreihe-Methode
In diesem Artikel findet sich auch die Zahlenreihe-Methode, bei der jeder Ziffer eine Gruppe von Konsonanten zugewiese werden (Code), die dann mit geeigneten Vokalen zu einem Wort oder einer Wortgruppe verbunden werden, die ihrerseits etwa mit einer Person oder einer Sache verknüpft werden. Mithilfe des durch systematisches Üben und ständiges Wiederholen erlernten Codes lässt sich nun jede beliebige Zahl in ein Wort, und jedes Wort in eine Zahl umwandeln. Verwandt ist diese Methode mit der Übersetzung von Zahlen in Begriffe. Diese Methode ermöglicht mit Hilfe von einmal fixierten Zahl-Wort-Verknüpfungen, vor allem komplizierte mehrstellige Zahlen im Gedächtnis zu behalten, wobei meist aus den zur Einprägung benötigten Worten eine fortlaufende Geschichte konstruiert wird.
Diese auch Major-System genannte Methode, die von vielen Gedächtniskünstlern eingesetzt wird, ist eine Kombination aus Zahlen- und Begriffssystem, das Mitte des 17. Jahrhunderts von Stanislaus Mink von Wennsheim entwickelt worden war. Basis ist etwa das folgende Ziffern-Laut-Schema, aus dem man die Ankerwörter (in der Regel markante Substantiva) gebildet werden, wobei die Vokale frei sind. Nicht verwendet werden auch der Hauchlaut h und die seltenen Konsonanten q, x, und y. Verdoppelungen werden als einfache Konsonanten betrachtet, da Mnemotechniker vom Gesprochenen ausgehen und nicht von der Schreibung. Mit dem Major System kann man große Mengen von Informationen, oder Begriffen im Gedächtnis verankern, wobei sich das Gelernte sich einfach ordnen, gliedern und wiedergeben lässt.
So verschlüsselt man etwa die Zahl 17 mit den Wörtern "Tag" oder „Dogge“, die Ziffernfolge 07 mit "Sack" oder „Zug“ bzw. die Zahl 28 mit "Föhn" oder „Fahne“.
Das Major System wird manchmal auch oft phonetisches System, Master System oder mnemonisch-phonetisches System genannt.
Daniel Jaworski als deutscher Meister im Zahlen-Merken hat in fast sechs Stunden vor einer Jury 9200 Nachkommaziffern der Zahl Pi in der richtigen Reihenfolge aufgesagt. Im weltweiten Ranking der Pi-Ziffernexperten führt allerdings der Chinese Lu Chao mit 67890 Nachkommastellen. Jaworski bedient sich beim Zahlenmerken sowohl des Major-Systems als auch der Loci-Methode. Die Nachkommastellen der Kreiszahl Pi merkt er sich in Dreierblöcken, wobei er diesen Zahlen passende Wörter zuteilt, die er zu Geschichten verknüpft. So merkt er sich mehr als 500 Geschichten wie: "Ich esse eine Torte (141), die nach Leibnizkeksen (592) schmeckt, ich spucke sie aus in den Schlamm (653)." Damit hat Jaworski schon die ersten neun Nachkommaziffern von Pi abgespeichert: 3,141592653. Um sich in den Geschichten leichter orientieren zu können, verbindet er jede einzelne mit einem bestimmten Ort in Kassel, die er zu einer Route verknüpft.
Die Hand als Mnemotechnisches Hilfsmittel
Der neapolitanische Mönch Marafioti bediente sich in seiner Schrift "De arte reminiscentiae" aus dem Jahr 1603 der Anatomie der Hand, um diese für eine von ihm entwickelte Symbolik zu setzen, die er einzeln mit einem System bildnerischer Darstellungen und Figurationen belegte und miteinander kombinierte. Er entwickelte dieses System, um umfangreiches Wissen in diesen Strukturen darzustellen und zu vermitteln. Neben der Komplexität und Dynamik war das Besondere seiner Ordnung der Versuch der Darstellung eines Gesamtkonzeptes strukturierten Wissens, eines Kosmos mit allen darin enthaltenen himmlischen und irdischen Dingen. Dabei bildete die anatomisch vorgegebene Gliederung der Hand mit ihrer Innen- und Außenseite die Grundlage seiner Methode. Indem Marafioti alle Fingerglieder durchnummeriert, definiert er unter Einbeziehung des Handballens, dem er vier Orte zuordnete, 23 Plätze der Innenhand. Da sich dieselbe Anzahl an der Außenhand befindet, ergaben sich 92 spezielle Orte, die am äußersten Glied des Daumens beginnend über die Handballen in Schlangenform den Fingergliedern entland die Hand durchlaufend am letzten Glied des kleinen Fingers enden. An der Außenseite der Hand geht der Weg umgekehrt vom kleinen Finger bis zum Daumen. Diese Grundstruktur kann, wenn sie mit fest zugeordneten Symbolen einmal erlernt worden ist, beliebig etwa in Form der klassischen Locitechnik angewendet werden. Übrigens findet sich im Zusammenhang mit der chinesischen Medizin ein ähnliches an den Gliedern der Hand orientiertes mnemotechnisches Modell.
Namen zu einem Gesicht merken
Der erste Tag in einer neuen Umgebung verlangt dem menschlichen Gehirn oft Höchstleistungen ab, denn es gilt, sich unbekannte Namen,Gesichter, neue Wege und Regeln zu erkennen, einzuordnen und zu merken. So ist etwa der erste Tag an einem neuen Arbeitsplatz eine solche Herausforderung, denn die Namen der Kollegen sind unbekannt und die Gesichter sollen ihnen auch noch zugeordnet werden. Auch die Lage der Räume muss man sich einprägen, ebenso den Weg zur Toilette oder zum Büro des Chefs. Bei diesen Problemen kann die Mnemotechnik helfen, etwa um sich den Namen zu einem Gesicht zu merken und wieder abzurufen, wenn man ihr oder ihm nochmals begegnet. Dafür sucht man sich, ehe sich diese Person noch vorstellt, ein charakteristisches Merkmal, das spontan ins Auge fällt, also etwa Eigenheiten im Gesicht wie ausgeprägte Falten, eine hohe Stirn, ein markanter Mittelscheitel, auffälliger Schmuck oder besondere Kleidung. Danach muss man den genannten Namen - wichtig: wenn sie ihn nicht genau verstanden haben, nachfragen und am besten lauft und deutlich wiederholen - mit dem auffälligen Merkmal verknüpfen, wobei bekanntlich das menschliche Gehirn am besten funktioniert, wenn es Inhalte mit Bildern verbinden kann. Dafür muss man aber zuerst den Namen in ein Bild verwandeln, also wird etwa ein Christian zu einem Kreuz, ein Thomas zu einer Tomate oder eine Anna zu einer Ananas. Wenn man nun die große Nase von Thomas als typisches Merkmal bestimmt hat, kann man in Gedanken die beiden Bilder miteinander verbinden, also etwa die Tomate auf dessen Nase ausdrücken. Dieses vielleicht komische Bild der Tomate auf der Nase kommt dann bei einer Wiederbegegnung automatisch ins Gedächtnis, wobei mit ihr das Gehirn gleich auch den Namen mitliefert. Je ungewöhnlicher ein solches Bild ist, um so eher wird man sich daran erinnern. Anna mit den großen Ohren hängt man die Ananas an die Ohren, oder Christian mit der auffälligen Brille hänge ich an das Kreuz. Dabei kann man sich für bekannte Vornamen auch schon vorher Bilder überlegen, damit diese dann bei der Begegnung griffbereit sind, also für Anton etwa eine Ameise (ant), für Josef ein Yoyo, für Clemens ein Tube Klebstoff oder für Karoline die Karo Dame.
Ein anschauliches Video zu dieser Technik stammt von Markus Hofmann:
[https://www.youtube.com/watch?v=kKqiJXDbFYo]
Siehe auch Namen merken
Spezielle Tricks für besondere Gelegenheiten
Beim Kofferpacken nichts vergessen
Kofferpacken ist auch ein Kinderspiel, das man mit einer Kindergruppe aber auch mit Erwachsenen spielen kann. Die TeilnehmerInnen müssen dabei nacheinander vom Einpacken eines Koffers berichten, wobei alle bisher genannten Gegenstände lückenlos aufgezählt werden müssen und am Ende der Liste ein weiterer, eigener Gegenstand hinzugefügt werden muss. Die TeilnehmerInnen wählen eine Person, die die Geschichte beginnt. Diese spricht: "Ich packe meinen Koffer ein und lege hinein ***". Der nächste Mitspieler im Uhrzeigersinn wiederholt den gesamten Satz seines Vorgängers und fügt jeweils einen eigenen Gegenstand hinzu. Bei Auslassung oder Nichteinhaltung der originalen Reihenfolge sind folgende Varianten bekannt:- Der Spieler liefert ein Pfand ab
- Der Spieler scheidet aus.
- Der Spieler erhält eine (vorher vereinbarte) Sonderaufgabe (z.B. 5 Liegestütze), nach deren Ausführung wieder teilgenommen werden kann.
Wenn Sie einen Koffer packen, dann vergessen Sie bestimmt weniger, wenn Sie sich vor Ihrem geistigen Auge anziehen und die Dinge so in den Koffer legen, wie Sie sie auch anziehen werden. Dann ist von der Unterhose bis zur Pudelmütze garantiert alles dabei.
Himmelsrichtungen immer parat
Haben Sie Probleme, sich die Himmelsrichtungen zu merken? Dazu ein einfacher Trick. Merken Sie sich den Satz "Nicht ohne Seife waschen". Die Anfangsbuchstaben geben, im Uhrzeigersinn angeordnet, die richtige Reihenfolge an.
Wieviel Tage haben die Monate?
Bekannt ist hier vielleicht die Knöchel-Abzähl-Methode: Man schließt die Hand zur Faust und zählt die Monate an den Knöcheln beziehungsweise an den Vertiefungen dazwischen ab; Knöchel entsprechen den langen, Vertiefungen den kurzen Monaten. Beginnend an der linken Hand zählt man von links nach rechts. Der erste Knöchel ist der Januar mit 31 Tagen, dann folgt im "Knöcheltal" der Februar mit nur 28 oder 29 Tagen, der März hat dann wieder 31 Tage usw. Im August beginnt man wieder mit dem Knöchel des kleinen Fingers.
Planeten leicht gemerkt
Die Namen der Planeten und die Reihenfolge, in der sie um die Sonne kreisen, lassen sich leicht mit folgendem Spruch merken: "Mein verdammt eigensinniger Mann jagt seit Urzeiten neun Pinguine". Und man wird die neun Planeten von innen nach außen (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto) nicht so schnell wieder vergessen.
Oliver Becker aus Bonn berichtete in einer mail an den Autor der Arbeitsblätter eine Variante: "Mein Vater Erklärt Mir Jeden Sonntag Unsere Neun Planeten".
Die PIN merken
Das Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Banken und Sparkassen,
Euro Kartensysteme, empfiehlt, sich die Zahlenkombination der PIN mit
Geschichten und Bildern zu verknüpfen. Lautet die PIN etwa 5741 kann man
sich vor dem geistigen Auge fünf Freunde vorstellen, die am Sonntag,
also dem siebten Wochentag, mit dem Segelboot (Form einer Vier) zum
Leuchtturm (steht so aufrecht wie die Eins) schippern. Man kann den
Ziffern der PIN bestimmte Orte daheim oder auf dem Weg zur Arbeit
zuordnen und so eine Route abstecken. Geht man etwa von der PIN 9351
aus, könnte man sich überlegen, dass es neun Stufen bis zum Haus sind,
man durch drei Türen in die Wohnung kommt, an der Garderobe fünf Haken
sind und es in der Küche ein Fenster gibt. Schreitet man diese Route
dann vor dem geistigen Auge ab, kann man sich die PIN so zusammensetzen
Siehe auch: Reihenfolgen merken durch Bilderraster
Clustering - "Bilderketten"
Beim Ausprobieren von manchen Gedächtnistricks merkt man, dass die zu lernenden Begriffe oder Argumente sinnvolle Gruppen bilden. Als praktisches Beispiel eine einfache Einkaufsliste: ein Pfund Butter, drei Päckchen Haselnüsse, ein Kilogramm Mehl, ein Päckchen Zucker, ein Päckchen Vanillezucker, zwei Dosen Champignons, ein Netz Orangen, zwei Kilo Bananen, ein paar Kiwis und Paket Müllbeutel.
In dieser Liste erkennt man sofort zwei Gruppen: Die ersten fünf Positionen sind Backzutaten. Sie lassen sich leicht merken, wenn man sich vorstellt, wie man daraus einen Kuchenteig rührt. Die zweite Gruppe, das Obst, lässt sich leicht als Ganzes in einer schönen Obstschale vorstellen. Noch einfacher ist es, wenn man im Geiste das Obst in einen Müllbeutel platziert und auf den fertigen Kuchen noch eine Dose Champignons stellt und schon sind mit zwei ineinander verketteten Bildergruppen zehn Begriffe abgespeichert.
Der Gedächtnistrick funktioniert auch mit völlig beliebigen Begriffen
Holunder, Diskette, Türklinke, Alexander der Große, Winter, Molybdän, Hunger, Klarinette, Fernsehturm, Suppenschüssel |
oder mit "schwierigeren" Begriffen wie
Eisenmangel, Hyperaktivität, Echtheitszertifikat, Transposition, Parapsychologie, Naivität, Hitze, Religion, Freistempler, Untugend |
In der praktischen Anwendung wird man zusätzlich lebhafte Bilder suchen, also beispielsweise eine mit Holundersaft bekleckerte Diskette an eine Türklinke heften, Alexander der Große kann im Winter in der persischen Steppe nach Molybdän graben und so weiter. Je verrückter die Vorstellungen sind, desto leichter sind sie zu merken.
Die Körperroute
Man kann auch seinen eigenen Körper als Route verwenden:
- Haare
- Stirn
- Augen
- Nase
- Ohren
- Backen
- Mund
- Hals
- Schulter
- Ellenbogen
- Hände
- Brust
- Rücken
- Kreuz
- Bauchnabel
- Po
- Hüfte
- Oberschenkel
- Knie
- Waden
- Schienbein
- Füße
- Zeh
- Zehennagel
- Fersen
- Sohle
Diese Anhaltspunkte kann man innerhalb von wenigen Minuten erlernen und direkt anwenden. Damit lassen sich 25 Informationen in der richtigen Reihenfolge abspeichern und wiedergeben. Der Vorteil liegt darin, dass man die "Orte" immer mit sich herumträgt ;-) Im Newsletter Schule+Familie (01/11) des Sailer Verlag fand sich ein gutes Beispiel für den Einsatz der Körperroute, mit dem sich ein Kind etwa die acht wichtigen Funktionen des Waldes einprägen soll.
- Kopf - Der Wald reinigt die Luft und erzeugt Sauerstoff. Das Kind fasst sich an den Kopf oder noch besser die Nase und sagt sich: Der Wald reinigt unsere Luft und erzeugt Sauerstoff für uns. Wenn es dazu noch einatmet (Sauerstoff!), ist das eine perfekte Eselsbrücke.
- Hals - Der Wald verhindert, dass der Boden austrocknet. Dazu fasst sich das Kind an den Hals. Zusätzliche Eselsbrücke: Wenn es an Austrocknung im Hals denkt.
- Schulter - Der Wald ist Lebensraum für viele Tiere. Dazu fasst sich das Kind an seine Schulter. Zusätzliche Eselsbrücke: Mmh, Rehschulter schmeckt gut.
- Bauch - Der Wald schützt vor Lärm. Dazu fasst sich das Kind an den Bauch. Zusätzliche Eselsbrücke: ... dann rumort es im Bauch nicht.
- Hüfte - Der Wald gibt Holz und Arbeit. Dazu fasst sich das Kind an die Hüfte, zusätzliche Eselsbrücke: ... wenn es sich vorstellt, eine Axt zu halten.
- Knie - Der Wald speichert Wasser, reinigt Wasser und gibt uns Trinkwasser. Das Kind fasst sich an sein Knie, zusätzliche Eselsbrücke: "Tante Elsa hat Wasser in den Knien". Klingt verrückt, aber je skurriler die Eselsbrücke, desto leichter merkt sich's Ihr Kind.
- Wade - Der Wald ist für uns ein super Erholungsplatz. Das Kind fasst sich an die Wade. Zusätzliche Eselsbrücke: Wenn ich im Wald Rad fahre, habe ich morgen in der Wade Muskelkater.
- Fuß - In den Bergen schützt der Wald vor Lawinen, Erdrutsch und Steinschlag. Das Kind fasst sich an den Fuß. Zusätzliche Eselsbrücke: Hoffentlich fällt mir kein Stein auf den Fuß.
Lernen und Erinnern mit der Geschichten-Methode
Man kann auch Lerninhalte dadurch einprägen, dass man sie in kleine Geschichten einbindet. Es geht hier vor allem darum, dass die Geschichten so auffällig gestaltet werden, dass sie sich unmittelbar einprägen. Auffällig bzw. "merk"würdig ist alles, was nicht alltäglich ist. Daher muss man in seine Geschichten und Vorstellungen die unglaublichsten Ereignisse und Dinge einbauen. Dabei sollte man folgende Aspekte beachten: mit Emotionen verbinden, bunt und abwechslungsreich gestalten, Die Größen variieren, Vertrautes einbinden, flüssige Übergänge zwischen den Lerninhalten schaffen, kreativ sein, möglichst viele Sinneskanäle einbeziehen und eine starke Ich-Bezogenheit herstellen.
Beispiel: Länder und Hauptstädte in Zentral- Mittel-Osteuropa Tschechien – Prag, Slowakei – Bratislava, Polen – Warschau, Weißrussland – Minsk, Ukraine –Kiew, Moldawien – Chisinau:
Neulich sitze ich gerade am Computer und checke den Betrag für die Show am Kai mit dem sonderbaren Titel „Brat ich Lava in Bratislava“, als mich ein Freund aus Polen anrief und sagte: „Ich war in der Schau, und ich weiß wie jeder Russe, dass diese Show mindestens (Minsk) so blöd ist wie jede andere, und, Du, keiner (Ukraine) in der Show kläfft (Kiew) so gut wie der mollige (Moldawien) Chow chow (Chisinau) unseres Nachbarn.
Siehe auch Fremdwörter mit der 3-2-1-Methode leichter merken.
Die Routenmethode beim Kartenspielen
Ein Klassiker:Die Lernkartei
- Die Lernkartei ist ein Karteikasten mit mehreren Fächern, mit dem man streng nach lern- und gedächtnispsychologischen Prinzipien arbeitet und dabei diese zu seinem Vorteil ausnützt, um mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum herauszuholen, also äußerst zeitökonomisch arbeitet.
Mit dieser "Lernmaschine" kann man beinahe alles lernen, was von der Grundschule bis zum Gymnasium, während der Berufsausbildung oder an der Universität gelernt werden muss, wobei das Prinzip vor allem bei Stoffen effizient ist, die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit verlangen, etwa beim Aufbau eines Sprachwortschatzes oder von Grundbegriffen.
Diese Methode kann auch sinnvoll mit anderen hier besprochenen Mnemotechniken verknüpft werden, etwa mit der bildhaften Darstellung oder der Loci-Methode.
Eine klassische Anwendung der Mnemotechnik: Kein Weg nach Oslogrolls ;-)
Literatur
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Kiefer, Jens (o.J.). Gedächtnis als kulturwissenschaftliches und literaturtheoretisches Problem.
WWW: http://www.textem.de/texte/essays/memory/kap1.htm (02-12-22)
Streidt, Werner D. (o.J.). Wie kann ich mein Gedächtnis verbessern?
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http://www.wdr.de/tv/Quarks_Co/gedaechtnis/index.html (99-07-07)
http://virtualc.prz.tu-berlin.de/~stiehl/textveil.htm (99-07-07)
http://www.gazette.de/Archiv/Gazette-14-Mai-Juni1999/Buchkunst.html (03-03-07)
http://www.vnr.de/b2c/lebensberatung/Lerntechnik++So+rufen+Sie+
Namen+m%C3%BChelos+ab.html (09-01-02)
https://lerntipps.lerntipp.at/gedaechtnispalast/ (11-12-11)
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