Aktivierungsniveau und Konzentration
Alltagsbeobachtungen zeigen, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns, insbesondere für das Speichern neuer Inhalte, großen Schwankungen unterworfen ist. Auch wenn wir hellwach und konzentriert arbeiten, treten immer wieder Phasen verminderter Merkfähigkeit auf, die wiederum von Perioden erhöhter Leistungsbereitschaft abgelöst werden. Beginn und Ende dieser Zyklen bleiben uns aber leider verborgen. Wir können sie nicht wahrnehmen, da wir kein Sinnesorgan für sie besitzen und daher das Einsetzen des lernbereiten Zustandes nicht erkennen können.
Mit feineren Meßgeräten lassen sich damit verbundene Veränderungen in unserem Körper durchaus feststellen. Denn im lernbereiten Zustand ändert sich sogar - wenngleich nur um winzig kleine Beträge - z.B. die Körpertemperatur, der Energieumsatz, die elektrische Aktivität unseres Gehirns und die Spannung der Skelettmuskulatur. Sie alle verändern sich mit unserer jeweiligen Wachheit und der damit verbundenen Leistungsfähigkeit, also mit unserem Aktivierungsniveau.
Bei einer isometrischen Übung drückt oder zieht man kurzfristig mit aller verfügbaren Kraft gegen einen eingebildeten (oder tatsächlichen) Widerstand. Damit werden die betroffenen Muskelpartien im Besonderen und der Kreislauf im Allgemeinen aktiviert. Dadurch wird Ermüdungszuständen begegnet bzw. die Aktivität und damit die Aufnahmefähigkeit erhöht.
Die einfachste Möglichkeit, unsere Aktivierung zu beeinflussen, ist die bewußte Veränderung der Muskelspannung. Diese simple Methode, die wohl nicht zufällig seit Jahrtausenden von verschiedensten Völkern als Meditations- und Entspannungshilfe angewendet wird, ist ein besonders wirksames Verfahren zur Aktivierungssteuerung.
Übung zur Aktivierungssteuerung
Isometrische Übungen in Lehrveranstaltungen
Konzentration bei StudentInnen
Hitchhiker
Lernen im Studium
WWW:
http://third.informatik.uni-kl.de/
~hh/node7.html (99-07-07)
Da die äußeren Ursachen von Konzentrationsstörungen in der Regel recht einfach zu beheben sind, hier nur ein paar Anregungen zur Verbesserung der inneren Konzentrationsfähigkeit:
- Salami-Taktik! Eine Scheibe nach der anderen, anstatt die ganze Wurst auf einmal. Man wirst mit Sicherheit in den folgenden Semestern immer wieder vor einem ganzen Berg zu bewältigender Arbeit stehen. Trotz guter Vorsätze kannst auch man nicht mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, ohne bald das Handtuch zu werfen. Man wendet sich deshalb bewußt nur einer Aufgabe zu und erst nach deren Erledigung oder an einer passenden Stelle zur Unterbrechung der nächsten.
- Trenne Arbeits- und Erholungsphasen! Sicherlich ist das grundsätzliche Problem nicht fremd, wirklich mit dem Arbeiten zu beginnen. Andernfalls beobachtet man sich in der folgenden Zeit einfach selbst. Man wird feststellen, dass der Schreibtisch immer genau dann geputzt werden muß oder man gerade dann unbedingt Milch einkaufen mußt, wenn die Übungsaufgaben anstehen. Man sollte deshalb die Arbeit in sinnvolle und überschaubare Teilaufgaben aufteilen, und diese in geplanten Zeiteinheiten zu festgelegten Zeiten erledigen. Man sollte sich selbst für die erfolgreiche Erledigung dieser Teilaufgaben auch belohnen! Siehe dazu Arbeitszeit, Zeitplanung und Zeitmanagement
- Beseitige Ablenkungen und Störfaktoren! Siehe dazu Arbeitsplatzgestaltung
- Plane Arbeitszeiten und einen bestimmten Arbeitsplatz fest ein! Manchmal hilft es, wenn man den Arbeitsplatz in die Bibliothek verlegt, wo die allgemeine Arbeitsatmosphäre der Konzentration förderlich sein kann.
- Genieße die Freizeit ohne Reue! Niemand kann ohne Erholungsphasen kontinuierlich und erfolgversprechend Arbeiten; vielmehr sind sinnvolle Pausen, nicht zu lang und nicht zu kurz, wesentlicher Bestandteil des Lernprozesses. Man sorgt also am besten während der Arbeitsorganisation dafür, dass die Erholungsphasen auch wirklich Zeiten sind, die man unbeschwert von Gedanken an Arbeit und Pflichten genießt. Nochmals: Erholung und Entspannung sind elementare Voraussetzungen für konzentriertes und motiviertes Arbeiten.
- Schätze die Fähigkeiten realistisch ein! Man sollte sich erreichbare Ziele setzen und die eigenen Stärken und Schwächen kennenlernen, sich durch unrealistische Ziele unter Druck setzen! Was nicht geht, geht eben nicht. Nur in den Bereichen sollte man von sich Höchstleistungen verlangen, für die man besonders befähigt und motiviert ist. Ziele, die man gar nicht erreichen kann, führen zu anhaltender Enttäuschung und Studienfrust.
Die Stoffgebiete immer wieder wechseln, und zwar je nach Schwierigkeit und erforderlicher Aufnahmekapazität. Man löse also zum Beispiel ein Lerngebiet, in dem man hauptsächlich abstrakt denken und rechnen muß, durch ein anderes ab, in dem man sprechen, am Rechner tippen oder zeichnen kann. So gelingt es, die Konzentrationsfähigkeit zu stabilisieren und Ermüdungserscheinungen hinauszuschieben. Allerdings sind Pausen unabdingbar und es auch trotz bester Lernorganisation stößt man an seine Grenzen, denn es gibt letztlich nur ein Gehirn, das für einen arbeitet.
Siehe dazu das 5-10-20 Programm!
Wechsel zwischen Arbeitshaltungen und -verfahren
http://www.uni-bielefeld.de/
Universitaet/Einrichtungen/ZSB/
studientechniken07.html (02-12-26)
Knill, Marcus (2002). Kreativitätstechniken.
http://www.rhetorik.ch/
Kreativitaet/Kreativitaetstechnik.html (02-12-26)
Nicht alle Denkleistungen des Gehirns, die beim Lernen und Studieren gebraucht werden, lassen sich eindeutig in verschiedene Schwierigkeitsgrade und Arbeitsformen voneinander trennen und durch spezifische Trainingsmethoden verbessern. Es gibt jedoch unterschiedliche Typen von Lernaufgaben, die verschiedene Arbeitshaltungen und -verfahren verlangen. Das Lösen einer mathematischen Aufgabe entsteht erst im Zusammenspiel der entsprechenden Fähigkeiten, wie dem analytischen Begreifen beim Verstehen der Aufgabe, dem intuitiven Auswerten bisheriger Lösungserfahrungen, dem Suchen und Finden von Ideen zur Produktion einer Lösungsidee, dem Aktualisieren von Wissen beim Einsetzen der erforderlichen Beweise und Formeln, dem technisch-instrumentelles Können beim Einsetzen von Ableitungs- und Rechenverfahren und schließlich der Textproduktion bzw. dem Schreiben beim Formulieren der Lösung in sachangemessener Sprache.
Die beim Studieren und ganz allgemein in wissenschaftlichen Arbeitsprozessen benötigten Kompetenzen zeigen, dass "Lernen" oder "wissenschaftliches Arbeiten" äußerst unterschiedliche Arbeitsformen des Gehirns verlangen, die auch nur in unterschiedlicher Weise erlern- und trainierbar sind. Vermutlich fällt es leichter, sich auf die jeweilige Arbeitsaufgabe einzustellen, wenn man zuvor überlegt hat, was man im einzelnen benötigt, um sie erbringen zu können. Erst das Verstehen, um welche Art von Tätigkeit es sich jeweils handelt, weist den Weg zu ihrer Optimierung - solche Überlegungen gehören beim Studienbeginn zu den wesentlichen Vorbereitungen und Planungen des nachfolgenden Lernens.
Man verlagert sein Körpergewicht auf das rechte Bein und führt langsam das linke Bein nach vorne, dann zur Seite und wieder unter den Körper. Nun wechselt man das Körpergewicht auf das linke Bein und führt die gleichen Bewegungen mit dem rechten Bein aus. Zunächst wird man alle Bewegungen etwas zu schnell machen, daher sollte man sich nach und nach an ein noch langsameres Bewegen des Schwungbeins herantasten. Wenn man diese Übung bei sicher beherrscht, kann man als Steigerung dabei die Augen schließen. Dabei wird man erkennen, wie schwierig es ist, mit geschlossenen Augen diese einfache Bewegungsfolge durchzuführen.
Weitere Übungen finden sich in
Das analytische Begreifen einer schriftlich formulierten Aufgabe verlangt genaues Durchgehen der einzelnen Formulierungen sowie Herausfinden der für die Lösung wichtigen Elemente der Aufgabenstellung. Das erfordert Genauigkeit im Aufnehmen des Inhaltes, Konzentration auf den Text sowie das Ausblenden äußerer oder innerer Ablenkung. Die Körperhaltung, die dazu paßt, ist ein relativ bewegungsarmes "Brüten" über dem Schreibtisch, der Blick ist auf den Text gerichtet, der Kopf vielleicht aufgestützt. Eine solche "körperlose Anstrengung" kostet viel Energie und kann nur über einen kurzen Zeitraum erbracht werden. Dann ist Bewegung nötig und Abwechslung tut not. Sollen die Analyse von Texten und das Erfassen von Aufgaben geübt und verbessert werden, dann gilt es den Grundcharakter dieser Tätigkeit zu berücksichtigen: Kurze Übungseinheiten, in denen kleine Textabschnitte präzise und vollständig erschlossen werden, trainieren das analytische Begreifen.
Das intuitive Suchen einer Lösungsidee unterliegt ganz anderen, fast entgegengesetzten Bedingungen: Die Gedanken schweifen über das Feld möglicher Lösungen, erproben diese oder jene Richtung, schließen Unpassendes aus, kehren an den Ausgangspunkt zurück, produzieren bildliche Orientierungen und schematische Strukturen. Die Aufmerksamkeit läßt nach und kommt wieder, und dann kann es sein, dass einem mit einem "Aha-Erlebnis" ganz plötzlich klar wird, welcher Ansatz sich zu verfolgen lohnt. Um sich in einen solchen intuitiv-assoziativen Suchprozeß begeben zu können, sollte man sich die Aufgabe und die notwendigen Materialien angeeignet haben, denn sonst fällt einem vermutlich alles Mögliche ein, aber nichts, was beim konkreten Thema weiterhilft. Bei dieser Denkform ist ein Zustand relativer Entspannung zu erreichen, es sollte kein Zeitdruck unmittelbar spürbar sein und keine Versagensangst hochsteigen. Ein wenig Herumlaufen im Zimmer, etwas Dehnen und Strecken, vielleicht ein Spaziergang, etwas Herumkramen oder -basteln, ein Gespräch mit einem Kollegen.
Dieses freie, spielerisches Erproben der Phantasie, bezogen auf ein klar eingegrenztes thematisches Feld - läßt sich nur ganz allgemein üben, sicherlich nicht gezielt für eine bestimmte Arbeit oder nur für ein Studienfach. Doch die kreative Seite der eigenen Person läßt sich pflegen und stärken, indem man ihr Raum verschafft, die freie Kommunikation nutzt und die intuitiv-spielerischen Anteile des Denkens auch in der Wissenschaft nicht leugnet oder übergeht.
Nützliche Kreativitätstechniken (Knill 2002) dafür könnten folgende Denkmuster sein, die man durchaus systematisch auf eine Fragestellung anwenden kann:
- Spekulieren: Was wäre, wenn ...
- Querdenken: das Gegenteil denken. Aus der Gegenposition denken. Modewort: "out of the box". Was würden wir auf keinen Fall tun?
- Alternativen aufbrechen: Was ist das Dritte? Bsp. 1. Wissen ist wichtig, 2. Können ist wichtig. Was ist das Dritte? 3. Wollen ist wichtig.
- Blick zurück: Wie machte man es früher? Wie haben wir so etwas vorher schon gelöst? Was für Killerphrasen sind gefallen?
- Blick vorwärts: Wie würde man es später machen? Was wäre, wenn...
- Abstraktion: Abstrahiere das Wesentliche des Problems.
- Vermischen: Gedanken, Lösungen mixen.
- "Tabula rasa": Alles vergessen, völliger Neubeginn aus der Leere.
- Visualisieren: Zeichnung oder Piktogramm machen. Was weiss man nicht? Wohin wollen wir?
- Inspiration: "Wie machen es andere für analoge Probleme". Kann eine bekannte Lösung für ein ähnliches Problem gebraucht werden?
- Formulieren: Was ist das Problem? Was ist unbekannt? Haben wir das Problem verstanden? Reduktion des Problems auf das Minimum.
- Alphabetisieren: A wie, B wie, C wie ... Analogien verfolgen.
- Aufsplitten: Problem in Teilprobleme, Module aufteilen. Ausdenken eines Plans. Wo kann man beginnen? Was kann man aus einer unvollständigen Idee machen?
- Vereinfachen: Kann ein einfacheres, spezielleres Problem gelöst werden?
- Verallgemeinern: Kann man es allgemeiner lösen?
- Verändern: Kann das Problem selbst etwas verändert werden?
- Systematisieren: Suchen z.B. mit morphologischem Kasten, Analogien oder Alphabetisieren, verändern von Parametern.
- Assoziationen: Wie würde die Natur das Problem lösen?
- Diskutieren: Mit anderen Leuten reden, Fragen stellen, Brainstorming.
- Batchjob: Problem im Hinterkopf bearbeiten lassen, überschlafen, Umgebung wechseln.
Autor: Marcus Knill Quelle: http://www.rhetorik.ch/
- Ideale Orte, Ideen zu haben
- beim Rasenmähen
- beim Zuhören einer langen Rede
- beim Aufwachen in der Nacht
- beim Sport
- beim Lesen
- während einer Sitzung
- beim Aufstehen oder zu Bett gehen
- auf dem WC
- im Auto, Zug oder Bus
- beim Duschen
- in der Badewanne
Technisch-instrumentelles Können (Rechenverfahren, Mikroskopieren, Logisches Schließen, Umgang mit dem Computer, richtiges Zitieren) ist Bestandteil jeder wissenschaftlichen Tätigkeit. Es beinhaltet die eher mechanische Wiederholung gelernter Operationen, deren Anwendung bei der Bewältigung neuer Aufgaben meist umso besser gelingt, je weniger über die Technik selbst nachgedacht werden muß - am Anschaulichsten ist das wohl beim Autofahren nachvollziehbar. Gelernt wird diese technisch-instrumentelle Seite einer Wissenschaft durch schlichtes Tun, die Nachahmung und häufige Wiederholung. Sie folgt der Pragmatik des "so macht man das." Einmal gelernt, ist sie selbstverständlich und wird nicht mehr als gesonderter Arbeitsschritt wahrgenommen. Viele dieser Techniken sind spezifische Bestandteile der Einzelwissenschaften sind und werden als solche auch gelehrt.
Das Formulieren von Ergebnissen und die Produktion eigener Texte gehören wie das Suchen von Lösungsideen eher dem kreativen Bereich des Denkens an. Zwar schließt Schreiben auch eine Menge technischen Könnens ein (die Kulturtechnik Schreiben, das Fachvokabular, den Umgang mit Schreibmaschine oder PC), das Formulieren selbst aber (Finden des passenden Ausdrucks, die Kombination treffender sprachlicher Wendungen) ist ein kreativer Akt, der auch in sehr formalisierten Wissenschaftsdisziplinen noch Individuell-subjektives enthält. Da Texte jedoch nicht ausschließlich für die eigene Erkenntnis verfaßt werden, sondern im Hinblick auf eine mögliche (kritische) Leserschaft, unterliegt das "Schreiben" verschiedenen nicht so ohne weiteres zusammenpassenden Blickwinkeln: Finde ich meine Ideen/Argumentation in der Formulierung wieder? Kann ein möglicher Leser verstehen, was ich meine? Ist mein Text so, dass man ihn gern liest? Will man diese Gesichtspunkte alle gleichzeitig berücksichtigen, dann wird man handlungsunfähig, die Folge ist die berüchtigte Schreibblockade. Das Produzieren eines Textes ist daher ein Vorgang, der Zeit braucht, in mehreren Schritten erfolgt und bei dem sich kritisch-analytische Phasen, in denen man überarbeitet, was schon "steht", mit Phasen freier Kreativität, in denen neue "Rohfassungen" entstehen, abwechseln. Ein komplexes Unternehmen, das erst durch Erfahrungen seine je individuell brauchbare Form bekommt.
Weitere Quellen
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/LERNTECHNIKORD/Aktivierung2.html (02-11-08)
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