Lernen in Gruppen
Zum kooperativen Lernen in Gruppen gibt es zwei Vorstellungen: Einerseits kann man die Gruppe als aus unabhängigen kognitiven Systemen zusammengesetzt betrachten. Dies ist der Fall, wenn mehrere Personen gemeinsam ein Problem bearbeiten. Eine andere Betrachtungsweise ist die eines einzelnen kognitiven Systems. Hier geht es um die Veränderung individueller Sichtweisen durch soziale Interaktion. Auf einem Kontinuum angeordnet steht auf der einen Seite das Individuum. Hier liegt der Fokus darauf, wie ein kognitives System die Mitteilungen eines anderen transformiert. Auf dem anderen Seite steht die Gruppe im Mittelpunkt. Dabei geht es um das Verständnis, wie diese kognitiven Systeme miteinander verschmelzen und zu geteiltem Problemverständnis führen. Entlang dieser Achse zwischen Individuum auf der einen Seite und Gruppe auf der anderen finden sich drei theoretische Standpunkte:
Die sozio-konstruktivistische Sicht
besagt, dass das Individuum vor allem durch Interaktionen mit anderen zu neuen Sichtweisen und Erkenntnissen gelangt. Individuelle kognitive Entwicklung wird als Ergebnis einer spiralförmigen Kausalität gesehen. Eine bestimmte individuelle Entwicklungsstufe ermöglicht die Teilnahme an bestimmten sozialen Interaktionen, diese führen zu neuen individuellen Zuständen, die wiederum höherentwickelte soziale Interaktionen ermöglichen. Durch Gruppeninteraktionen werden soziale und individuelle Ebenen verbunden. Das führt zu einer effektiveren Aufgabenbewältigung im Gegensatz zur Einzelarbeit.
Die sozio-kulturelle Sicht
konzentriert sich auf die Kausalbeziehung zwischen der sozialen Interaktion und der individuellen kognitiven Veränderung. Durch soziale Aktivitäten entwickeln sich individuelle mentale Funktionen. Entwicklung findet auf zwei miteinander verbundenen Ebenen statt. Einerseits auf der sozialen, interpsychischen Ebene, hier wird die Sprache zur Interaktion mit anderen genutzt. Auf der inneren, intrapsychischen Ebene dient die Sprache dem Selbstgespräch und der Reflexion. In der sozio-kulturellen Sichtweise geht man davon aus, dass Problemlösen das Problemverständnis verändern kann. Dabei läuft ein wechselseitiger Prozeß ab. Jeder Partner gibt den Handlungen des anderen eine Bedeutung entsprechend seines eigenen begrifflichen Rahmens. Zwei miteinander agierende Personen A und B werden betrachtet. Zuerst handelt A, dann B. B's Handlung ist Indikator dafür, wie B die Handlung von A interpretiert. Menschen modifizieren die Bedeutung ihrer Handlung in Abstimmung mit den darauf folgenden Handlungen anderer retrospektiv. Dazu ist ein hoher Anpassungsgrad von B, der A's Beitrag integrieren muß, notwendig. Auch in dieser Theorie geht es um Differenzen zwischen den Personen.
Ein weiteres zentrales Thema der sozio-kulturellen Perspektive ist die Regulation. Sie bezieht sich auf Autonomie und Kontrolle einer Person. Die Autonomie einer Person richtet sich danach, in welchem Umfang sie entscheiden kann, wann und mit wem sie kommuniziert, und ob sie die Bearbeitung von Teilaufgaben organisieren kann.
Die Sicht der geteilten Kognition
betrachtet die Umwelt als integrativen Teil der kognitiven Aktivität. Während die vorangegangenen Sichtweisen die interindividuelle Ebene betrachtet haben, geht es hier um die geteilten Kognitionen. Die entstandenen Konzeptionen werden als Gruppenprodukt betrachtet. Durch Gespräche innerhalb einer Gruppe verbessert sich das Wissen sowohl beim Aktiven, der den anderen ein Problem näher erläutert, als auch bei den Zuhörern. Aus individualistischer Perspektive handelt es sich um einen Selbst-Erklärungs-Effekt, während aus Gruppenperspektive die Klärung des Problems durch den Beitrag aller Gruppenmitglieder erfolgt.
Individuum <--- |
--- --- --- --- |
---> Gruppe |
sozio-konstrukt- |
sozio-kulturelle Sicht |
Sicht der geteilten Kognition |
ein kognitives System transformiert Mitteilungen eines anderen Systems individuelle Entwicklung durch soziale Interaktion |
Kausalbeziehung soziale Interaktion und individuelle kognitive Entwicklung |
Verschmelzung kognitiver Systeme führt zu geteiltem Problembewußtsein Integration der Umwelt führt zu kognitiver Entwicklung |
(nach Böttger et al. , o.J.)
TOLL! |
EIN |
ANDERER |
MACHTS! |
Vorteile des Lernens in der Gruppe
Wenn in Gruppen gelernt wird, geht es nicht einfach darum, mit anderen zusammen ein "Produkt" zu erstellen (und diese Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen), sondern das Lernen an sich sollte im Vordergrund des Interesses stehen. Denn die Gruppensituation bietet die Möglichkeit, neue Sichtweisen und Perspektiven kennenzulernen und vom Wissen anderer zu profitieren. Wenn sich die Gruppenmitglieder gegenseitig unterstützen, kann jedes seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern.
Obwohl von seiten der Wirtschaft hohe Anforderungen hinsichtlich der Team-, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit an die StudienabgängerInnen gestellt werden, wird das Lernen in Gruppen von Studierenden (aber auch z. T. von den Lehrenden) häufig rundweg abgelehnt. Dabei fallen die Vorteile, die kooperative Lernformen sowohl auf kognitiver, als auch auf emotional-motivationaler und sozialer Ebene mit sich bringen können, meist unter den Tisch:
- Das Lernen in einer Gruppe ist oft anregender und motivierender, als das Lernen alleine. Da jedes Gruppenmitglied andere Vorkenntnisse, Ideen oder Ansichten hat, entsteht ein sog. Gruppenvorteil hinsichtlich Qualität und Kreativität von Problemlösungen; man selbst wird auf neue Gedanken gebracht.
- Wer sich aktiv am Gruppengeschehen beteiligt, lernt, zu argumentieren, zu diskutieren und sein Wissen verständlich und strukturiert vorzutragen. Dabei werden dann oft Wissenslücken oder Verständnisprobleme aufgedeckt oder man lernt andere Interpretationen und Einschätzungen kennen. Das eigene Wissen wird also überprüft, ergänzt oder verändert und dabei stabilisiert.
- Gruppen bieten auch die Möglichkeit zum sozialen Lernen: In Gruppendiskussionen lernt man zu erkennen, dass es nicht nur eine "richtige", sondern mehrere mögliche Wahrheiten gibt. Dies führt zu einer toleranteren Haltung gegenüber den Standpunkten anderer und zur Klärung von Mißverständnissen und Konflikten.
- Eine Gruppe kann die Lern- und Durchhaltemotivation steigern. Die von einer guten Lerngruppe ausgehende soziale Unterstützung trägt dazu bei, dass man "bei der Stange bleibt".
Voraussetzungen für Zusammenarbeit
Allerdings stellen sich diese positiven Auswirkungen von Gruppenarbeit nicht von selbst ein. Es müssen die Gruppenmitglieder zum einen bereit sein, miteinander zu kooperieren, zum anderen müssen sie die Gruppenarbeit auch organisieren. Siehe dazu auch Fragen und Probleme in Anfangssituationen!
- Wichtig ist zunächst, dass die Gruppenmitglieder gemeinsame Ziele haben, die sie zusammen erreichen wollen. Die Bereitschaft zur Kooperation ist die Grundvoraussetzung, damit Gruppenarbeit überhaupt stattfinden kann.
- Die Gruppenmitglieder müssen sich über ihre Ziele verständigen, also Informationen austauschen und aufnehmen. Dazu ist ein Klima notwendig, in dem Akzeptanz und Vertrauen vorherrschen.
- Gruppenarbeit muß geplant und organisiert werden. Ein wichtiger Punkt hierzu ist die Gruppengröße: Optimalerweise liegt sie bei 3-4 Personen, mehr als 7 Personen sollten es nicht sein. Denn je größer eine Gruppe ist, desto schwieriger wird die Koordination der Gruppenmitglieder. Auch wächst mit der Gruppengröße die Tendenz, dass ich einzelne Mitglieder nicht mehr engagieren.
- Die Gruppe sollte leistungsmäßig in etwa gleich zusammengesetzt sein, damit sie nicht von einem "Star" dominiert wird, sondern alle die Chance haben, einen Beitrag zu leisten.
- Das Arbeitsprogramm der Gruppe sollte hinsichtlich der Ziele, des Umfangs und des Anspruchsniveaus möglichst klar und konkret festgelgt werden.
- Nicht zu unterschätzen bei der Gruppenarbeit ist der Aspekt der Informationsverarbeitung, also das intensive Auseinandersetzen mit dem Lernstoff.. Die Gruppe muß dafür sorgen, dass eine Informationsverarbeitung stattfindet, sonst entsteht schnell ein "Kaffeekränzchen".
- Weiterhin ist es wichtig, dass die Aufgaben in der Gruppe von Sitzung zu Sitzung klar verteilt werden (wer macht was bis wann und wie?).
- Die Gruppe muß fähig sein, Störungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Gruppen entfalten ihre eigene Dynamik, die sogar dazu führen kann, dass die Gruppe auseinanderbricht. Dies kann z.B. dann passieren, wenn einzelne Gruppenmitglieder dominieren oder "trittbrettfahren", also selbst nichts beisteuern und von den anderen profitieren. Ebenfalls gefährlich wird es, wenn Kooperation in Konkurrenz umschlägt. Deshalb sollte zwischendurch das Gruppengeschehen &endash; also die Kooperation und Kommunikation untereinander &endash; thematisiert und analysiert werden.
- Von entscheidender Wichtigkeit ist auch, dass sich die Gruppenmitglieder gegenseitig motivieren, z.B. indem sie sich verdeutlichen, warum das Ziel wichtig für die Gruppe ist und inwieweit es bereits erreicht wurde. Auch ein paar aufmunternde Worte können Wunder wirken!
Schwierigkeiten beim kooperativen Lernen
Da beim kooperativen Lernen mehrere Individuen mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen zusammenarbeiten, kann es natürlich zu Schwierigkeiten kommen.
- Kooperatives Lernen ist, wenn es sinnvoll gestaltet wird, relativ zeitintensiv.
- Koordinationsschwierigkeiten und eventuell ein "information overload" durch zu vielfältige Ressourcen (besonders bei großen Gruppen).
- Die Sach- und die Beziehungsebene stehen in einer engen Wechselbeziehung, die die Gruppe in Konflikte und Spannungen bringen kann.
Renkl, Gruber & Mandl (1995) beschreiben folgende Phänomene:
- Der-Hans-der-macht's-dann-eh-Phänomen (auch free-rider-Effect): Die Arbeit wird denjenigen Gruppenmitgliedern überlassen, denen es wichtig ist, ein gutes Ergebnis zu erzielen.
- Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen (auch succer-Effect): Es kann als Folge des free-rider-Effects gesehen werden. Diejenigen, die die Hauptlast der Arbeit tragen, werden zunehmend verärgert und verlieren die Motivation für das Projekt.
- Da-mach-ich-es-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen (Matthäus-Effekt oder Scheren-Effekt): StudentInnen mit höherer Motivation und besseren Eingangsvoraussetzungen übernehmen oft die Hauptarbeit, da ihnen die Beiträge der anderen Gruppenmitglieder nicht gut genug sind oder es ihnen zu langsam vorangeht. Die besseren Studenten arbeiten also mehr und lernen daher mehr als ihre KommilitonInnen.
- Das-kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen (intrapersonaler Matthäus-Effekt): Die Arbeit wird oft so aufgeteilt, dass diejenigen, die etwas bestimmtes können auch diese Arbeit ausführen. In dem Gebiet, das sie bereits können, vertiefen sie ihre Kenntnisse, was sie nicht können, lernen sie auch nicht.
- Ich-habe-meinen-Teil-erledigt-Phänomen: Manche Gruppenmitglieder weigern sich, weitere Beiträge zu leisten, da sie der Meinung sind, ihren Teil bereits geleistet zu haben.
- Gruppenarbeit nein danke-Phänomen: Aufgrund der Schwierigkeiten der Kooperation in in einer Lerngruppe sinkt die Kooperationsbereitschaft für weitere Gruppensituationen.
Auftretende Probleme lassen sich verschiedenen Ursachen zuordnen: Zum einen gibt es organisatorische Probleme, welche die Bildung kooperativer Lerngruppen behindern. Schüler sind nicht gewöhnt, kooperativ zu lernen. Das Haupthindernis für eine effektive kooperative Zusammenarbeit ist also eine negative Einstellung zur Gruppenarbeit und Kooperation, die aufgrund der Vernachlässigung kooperativer Lernformen in den Bildungssystemen existiert, wobei Defizite in sozialen Fertigkeiten auch nicht durch Bildung kooperativer Gruppen allein erworben werden (Cohen, 1993, zit. n. Renkl et al., 1993). Somit sind Vorteile von Gruppenarbeit schwer zu erkennen.
Ebenfalls zum organisatorischen Rahmen gehören die vorhandenen Prüfungsanforderungen. Es wird Faktenwissen abgefragt und auf diese Lerninhalte richtet sich die Aufmerksamkeit der Lernenden. Das gefragte Wissen kann ohne Zweifel allein viel effizienter einstudiert werden als in kooperativen Gruppen. Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Struktur der Aufgabenstellung. Ist die Aufgabe überhaupt so gestellt, dass wirklich kooperatives Lernen und Handeln gefragt ist? Wenn z.B. nur ein Aufteilen der Literatur nötig ist und jeder Schüler einen Teil der Aufgabe abarbeitet, hat dies wenig mit Austausch von Sichtweisen, überhaupt mit Kooperation zu tun.
Zum Thema, ob die einzelnen Beiträge innerhalb der Gruppenarbeit identifizierbar sein sollen, gehen die Meinungen auseinander. Slavin (1980, zit. n. Renkl et al., 1995) meint dazu, dass eine individuelle Verantwortlichkeit der Gruppenmitglieder beim kooperativen Lernen von großer Bedeutung ist, um z. B. eine Anstrengungsreduktion einzelner Gruppenmitglieder zu verhindern. Die Beiträge sollten daher identifizierbar sein. Die Prüfung der einzelnen Beiträge bedeuten aber einen vermehrten Arbeitsaufwand, der noch dazu auf emotionale Barrieren stößt (Kritik geben und akzeptieren).
Siehe dazu auch
Konfliktmanagement
Konstruktive Konfliktlösung
Mögliche Bedingungen für eine Eskalation von Konflikten
Der Matthäus-Effekt
Ein von Merton postuliertes Prinzip, das auch mit den Worten 'success breeds succes' umschrieben wird. Es bezieht sich auf die zunächst unbestrittene Tatsache, dass bekannte Autoren eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben noch bekannter zu werden, da sie zu weiteren Publikationen aufgefordert und häufiger zitiert werden. Trotzdem ist der Matthäus-Effekt im Zitierverhalten erstaunlicherweise nicht nachweisbar. So findet man auch bei bekannten wissenschaftlichen AutorInnen eine fast normale Halbwertszeit und keine zunehmende Zitationsrate.
Der Grund hierfür liegt in der "Garfield'schen Uncitedness III", die bei zunehmendem Bekanntheitsgrad immer stärker wirksam wird.
Garfield (1973) unterscheidet drei Formen der Uncitedness: I. die der irrelevanten oder auch leistungsschwachen Literatur, II. die der unerkannten oder vergessenen Leistungen und III. die der so bekannten Publikationen, dass man sie gar nicht mehr zitiert.
Kooperatives Erinnern in Gruppen
Suparna Rajaram (2011) untersuchte die sozialen Aspekte von Erinnerungen bzw. das gemeinschaftliche Gedächtnis von Gruppen, also wie Menschen in Gruppen lernen und sich später daran erinnern. Bisher war man überzeugt, dass Zusammenarbeit dem Gedächtnis des Einzelnen hilft, aber das ist nach ihren Untersuchungen nicht immer so, denn die Gruppe kann auch der Erinnerung schaden. Zwar können sich Arbeitsgruppen insgesamt mehr merken als jede Einzelperson für sich, doch zugleich werden die Erinnerungen der Einzelnen gestört, unter anderem weil Menschen verschiedene Merkstrategien nutzen. Auch infizieren andere mitunter die eigenen Erinnerungen mit Fehlern, die sich dann in eine Art kollektives Gedächtnis einnisten. Allerdings frischen andere Menschen die eigenen Reminiszenzen auf, korrigieren Fehler, fügen Details hinzu, die man selbst nie abgespeichert hat und erwecken Ereignisse zum Leben, die schon vergessens worden waren. Man muss bei der Beurteilung der Ergebnisse allerdings berücksichtigen, dass hier mit kleinen Gruppen unter Laborbedingungen gearbeitet wurde.
Literatur:
Rajaram, S. (2011). Collaboration Both Hurts and Helps Memory: A Cognitive Perspective. Current Directions in Psychological Science, 2011; 20 (2): 76 DOI: 10.1177/0963721411403251.
Weitere sozialpsychologische Gruppenphänomene:
Synergieeffekt, Social Loafing,Trittbrettfahrer- und Sucker-Effekt, Risky-shift-Phänomen, Ringelmann-Effekt, Group think
Ein Aspekt von Gruppenarbeit sind die oft genannten Synergieeffekte, durch die angeblich ein besseres Arbeitsresultat erzielt wird, als wenn die Mitgleider alleine arbeiteten. Das Gegenteil von Synergieeffekten ist Phänomen des "social loafing". Darunter versteht man die meist unbewusste Neigung, in der Leistung nachzulassen, unabhängig davon, ob die Aufgabe als interessant und bedeutungsvoll erlebt wird. Die negative Auswirkung besteht vor allem darin, dass weniger Verantwortung für die Gruppe übernommen wird, wodurch es vermehrt zu Konflikten kommen kann. Dieses Problem lässt sich dadurch reduzieren, dass dem Einzelnen die individuelle Leistung häufiger zurückgemeldet wird, woraus sich für ihn eine Orientierungshilfe ergibt. Verwandte Phänomene sind der "Trittbrettfahrer-Effekt" und der "Sucker-Effekt". Beim "Trittbrettfahrer-Effekt" drücken sich einige auf Kosten anderer um ihren geforderten Beitrag, beim "Sucker-Effekt" reklamiert einer alleine den Erfolg der Gruppe für sich. Das "Risky-shift"-Phänomen bezeichnet die Tendenz von Gruppen, riskantere Entscheidungen zu treffen als jeder Einzelne. In Gegenwart anderer werden wichtige Personen, die etwa in einer Diskussion größeren Einfluss ausüben, offensichtlich ermutigt, eine höhere Risikobereitschaft zu zeigen. Das entsprich gewisen soziale Normen, die eine hohe Risikobereitschaft belohnen. Gruppen, die über lange Zeit hinweg zusammenarbeiten, sind dieser Gefahr verstärkt ausgesetzt, wobei es zu einem Verlust des Verantwortungsgefühles des Einzelnen kommen kann. Das Phänomen des "Group think" umschreibt, dass Gruppen mit hohem Zusammenhalt dazu neigen, unerwünschte Informationen abzuwehren und sich so allmählich vor Außenkritik isolieren.
Der deutsche Psychologie Ringelmann (1861-1931) beobachtete, dass die Einzelleistung sinkt, wenn mehrere gemeinsam eine Aufgabe (z.B. Tauziehen) bewältigen. Die Leistung einer Gruppe beim Tauziehen steigt nämlich nicht proportional zur Zahl der Gruppenmitglieder, sondern nimmt stetig ab: bei 2 Personen ist die Gruppenleistung nur 2 x 93% der Einzelleistung, bei 8 Personen sogar nur 8 x 49%. Diese geringeren Leistungen werden durch Koordinations- oder Motivationsverlusten erklärt, insbesondere als die Tendenz, einen Teil der Arbeit anderen zu überlassen, weil die Einzelleistung nicht mehr erkennbar ist (Trittbrettfahren, "soziales Faulenzen", "social loafing"). Die Experimente von Ringelmann bezogen sich explizit auf den Einsatz physischer Kraft und sagen deshalb nicht unbedingt etwas zur Leistung von Gruppen z. B. beim Problemlösen, wo es um die Qualität der Lösung geht. Hier können Gruppen überlegen sein, denn die Leistung in und von Gruppen ist ein komplexes Problem und lässt sich nicht so ohne weiteres auf den Ringelmann-Effekt reduzieren. Beim erfolgreichen Problemlösen durch Gruppen kommt es z. B. darauf an, ob in der Gruppe die benötigten Kompetenzen (Fachkenntnisse, Methodenkompetenz) vorhanden sind und diese wirkungsvoll eingesetzt werden. Auch sind förderliche oder störende soziale Einflüsse zu berücksichtigen, etwa der Hawthorne-Effekt. Spätere Untersuchungen haben die Ergebnisse Ringelmanns bestätigt. Als Ursachen für Motivationsverluste (verminderte individuelle Anstrengungsbereitschaft im Gruppenkontext) werden z. B. das "social loafing" genannt, bei dem die Motivation einer Person sich verringert, weil kein persönlicher Gewinn vermutet wird und/oder keine persönliche Verantwortlichkeit für das Ergebnis besteht. Beim Trittbrettfahren verringert sich die Motivation einer Person, weil die Auffassung vorherrscht, zwischen individueller Leistung und Gruppenerfolg besteht kein Zusammenhang. Beim Gimpeleffekt verliert die Person ihre Motivation, weil sie denkt, Partner zu haben, die die eigene Bereitschaft, einen Beitrag zu leisten, ausnutzen. Als Ringelmann-Effekt wird daher ganz allgmein das Phänomen abnehmender individueller Leistung bei zunehmender Gruppengröße bezeichnetEntsprechende geringere Leistungen von Gruppen als von Einzelnen sind auch beim Brainstorming beobachtet worden, d. h. Gruppen erzeugen nur halb so viele Ideen als wenn die Teilnehmer getrennt vorgehen (gemessen wurde also ausschließlich die Zahl von Vorschlägen). Die Wahrnehmung der Ideen und Äußerungen durch andere wirkt also nicht stimulierend, sondern eher blockierend, der soziale Vergleich führt also zur Zurückhaltung: man möchte sich nicht durch zu viele Ideen hervortun und fühlt sich beurteilt, selbst wenn keine ausdrückliche Beurteilung erfolgt.
Phasen des Gruppenprozesses
Für denjenigen, der in einer Gruppe arbeiten will (oder muß) kann es sehr hilfreich sein, die verschiedenen Phasen des Entwicklungsprozesses von Gruppen zu kennen. Du kannst dadurch z.B. Dein eigenes Verhalten besser verstehen lernen. Weiterhin kann dieses Wissen auch bei der Analyse von Konflikten nützlich sein.
- Phase 1: Ankommen, auftauen, sich orientieren
Diese Phase ist gekennzeichnet durch abwartendes Verhalten. Um die neue Situation für sich einfacher zu gestalten, werden zunächst einmal innerlich Etiketten verteilt, die die anderen in ein gewohntes Schema einordnen: nett, intellektuell, Kumpel, Stockfisch etc. Mit diesen Etiketten verschafft man sich zwar Übersicht, behindert aber gleichzeitig vorurteilsfreies Zugehen auf die anderen. Der gemeinsame Nenner hinter diesem Verhalten heißt Unsicherheit und Wunsch nach Orientierung, denn jeder der Teilnehmer ist auf der Suche nach seinem Platz und seiner Rolle in der Gruppe. Alle wollen akzeptiert werden, jeder möchte seine Werte und Vorstellungen berücksichtigt wissen. Der eine intensiver, der andere mit größerer Distanz. - Phase 2: Gärung und Klärung
Die Teilnehmer sind nun in der Gruppe vertrauter und zeigen ihr wahres ICH. Sie zeigen die eigenen Interessen und Erwartungen. Diese Phase ist geprägt von Durchsetzungswillen, Rollen- und Statusverteilungen, evtl. auch Aggressionen. Skeptische und konfrontative Fragen werden gestellt. Da jeder seine Interessen klarer ausdrückt werden die Unterschiede in den Erwartungen deutlicher. Rivalität und Durchsetzungswille, Rollen- und Statusverteilungen beeinflussen das Klima. Die Gruppe kommt nur langsam voran, die Konfusion und gegenseitige Blockade bringt die Gruppe zur ersten Krise und damit an einen wichtigen Punkt: Es wächst die Einsicht und Bereitschaft, Entscheidungsregeln zu finden, Rollen und Funktionen zu verteilen, akzeptable Normen für das Gruppenleben zu schaffen und unterschiedliche Fähigkeiten zu akzeptieren. Die Gruppe beginnt, sich zu organisieren und als Gruppe zu verstehen. Den TeilnehmerInnen wird klar, wofür sie in Bezug auf ihr Lernen und den Fortschritt in der Gruppe Verantwortung übernehmen müssen. - Phase 3: Arbeitslust und Produktivität
In dieser Phase wird die Unterschiedlichkeit der Personen als nutzbringend erkannt, und als Vorteil für eine kreative Aufgabenbewältigung gesehen. Aufgabenteilung und Rollendifferenzierung können stattfinden. Die Gruppe befindet sich in einer Phase relativ stabiler Arbeitsfähigkeit, Aufgabenstellungen werden konstruktiv aufgegriffen und auf der Sachebene bearbeitet. Das Klima ist von gegenseitigem Geben und Nehmen gekennzeichnet, die Kommunikation funktioniert gut. Die Gruppe ist nicht mehr so anfällig für Stimmungsschwankungen. Frustration und Konflikt können ertragen werden, ohne die Arbeitsfähigkeit der Gruppe in Frage zu stellen. - Phase 4: Abschluß und Abschied
Häufig ist das Ende der Gruppe durch die vorgegebene Dauer oder durch das Erreichen der Ziele "vorprogrammiert". Abschluß, Transfer und Abschied sind die drei beherrschenden Themen der Schlußphase. Abschluß heißt, die bisherigen Themen zu einem Ende zu führen, auf der Sachebene ebenso wie auf der Beziehungsebene. Mit Transfer ist gemeint, dass sich der Teilnehmer mit der Frage konfrontiert, was er mit dem bisher gelernten anfangen will. Der Abschied braucht um so mehr Energie, je länger die Gruppe zusammen war und je persönlicher die Themen und Beziehungen wurden. Emotionale Bande müssen zu einem (vorläufigen) Abschluß gebracht werden.
Spielregeln für kooperative Zusammenarbeit
Gruppen sind soziale Systeme, die sowohl Aufgaben bewältigen, wie auch ihre inneren Beziehungen strukturieren müssen. Wird eines dieser Ziele vernachlässigt, so leidet auch das andere darunter. Ruth Cohn (1990) plädiert deshalb dafür, die drei Faktoren Person (Ich), die Gruppe (Wir) und das Thema bzw. die Aufgabe (Es) gleichwertig zu behandeln. Solange ein dynamisches Gleichgewicht dieser drei Faktoren immer wieder erarbeitet wird, existieren optimale Bedingungen für die TeilnehmerInnen als Personen, für die Interaktion der Gruppe und für die Erfüllung der gestellten Aufgabe. Besonderes Augenmerk gebührt auch dem Umfeld, denn Umfeld und Gruppe stehen auch in Verbindung, denn es wird auf jede Verhaltensänderung reagieren. Hilfreich sind die von Ruth Cohn aufgestellten Spielregeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI). Sie erleichtern die Interaktion und sollen als Hilfe, nicht als zusätzlicher Stress mißverstanden werden, auch wenn sie zunächst eingeübt werden müssen.
- Sei Dein eigener Chairman.
- Störungen angemessen Raum geben.
- Vertritt Dich selbst in Deinen Aussagen: Sprich per "ich" und nicht per "man" oder per "wir".
- Stelle möglichst nur Informationsfragen.
- Seitengespräche haben Vorrang.
- Nur einer zur gleichen Zeit.
- Sei authentisch und selektiv in Deiner Kommunikation. Mache Dir bewußt, was Du denkst und fühlst, und wähle aus, was Du sagst und tust.
- Beachte die Signale Deines Körpers und achte auf solche Signale auch bei den anderen.
- Sprich Deine persönlichen Reaktionen aus und stelle Interpretationen so lange wie möglich zurück.
Die Regeln im Detail: Die "klassischen" Regeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI)
Feedback
Feedback geben und erhalten ist wichtig für unser Lernen und die persönliche Entwicklung. Angemessenes Verhalten gegenüber Personen und Situationen lernen wir in hohem Maße dadurch, dass wir die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere beobachten und die entsprechenden Signale nutzen
Die Feedback-Technik ist eine Gesprächsform, anderen mehr darüber zu sagen, wie ich sie sehe bzw. zu lernen, wie andere mich sehen. Feedback besteht also aus zwei Komponenten, nämlich dem Feedback-Geben und dem Feedback-Nehmen. Jeweils am Ende einer Arbeitssitzung, einer Gruppenarbeit oder auch Präsentation findet dieser Austausch statt, man hat also die Möglichkeit, aus konkreten Erlebnissen zu lernen und seine Argumentationstechnik, sein Auftreten in der Gruppe oder seine Präsentationstechnik und sein Präsentationsverhalten zu verbessern. Feedback geben verbindet sich meist mit drei Zielsetzungen:
- Ich will den anderen darauf aufmerksam machen, wie ich sein Verhalten erlebe und was es für mich bedeutet (im positiven wie im negativen Sinn).
- Ich will den anderen über meine Bedürfnisse und Gefühle informieren, damit er darüber informiert ist, auf was er besser Rücksicht nehmen könnte. So muß er sich nicht auf Vermutungen stützen.
- Ich will den anderen darüber aufklären, welche Veränderungen in seinem Verhalten mir gegenüber die Zusammenarbeit mit ihm erleichtern würde.
Feedback bezieht sich immer auf hilfreiche Verhaltensweisen ebenso wie auf störende. Die positiven Wirkungen von Feedback liegen besonders darin, störende Verhaltensweisen zu korrigieren und somit die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten. Allerdings ist es keine leichte Angelegenheit, Feedback zu geben oder zu nehmen. Es kann manchmal sehr weh tun, peinlich sein, Abwehr auslösen oder neue Schwierigkeiten heraufbeschwören, da niemand leichten Herzens akzeptiert, in seinem Selbstbild korrigiert zu werden. Auch muß der offene Umgang mit Gefühlen häufig erst gelernt werden. Eine Feedback-Situation ist oft heikel, daher ist es wichtig, dass Feedback-"Geber" und -"Nehmer" bestimmte Regeln einhalten.
Siehe dazu im Detail Gutes feedback - Regeln für eine wirksame Rückmeldung
Methoden kooperativen Lernens
Gruppenpuzzle ("Jigsaw-Methode") ist eine Unterrichtstechnik, die kooperatives Gruppenlernen in die Form des traditionellen Unterrichts einfügt. Es werden Kleingruppen von je fünf bis sechs Schülern gebildet. Jeder Schüler erhält ein Segment des aktuellen Unterrichtsstoffes, den er seiner Gruppe vermitteln muß. Interdependenz wird geschaffen, da die Gruppenmitglieder keinen Zugang zu den Informationen der anderen haben. Schüler, die die gleichen Subaufgaben bearbeiten, treffen sich in Expertengruppen, um sich gegenseitig auszutauschen, wie sie ihre Informationen den anderen Jigsaw-Gruppenmitgliedern vermitteln können. Der Lehrer fungiert als Unterstützer und Förderer kooperativen und sozialen Verhaltens. Hierbei ist wichtig, dass alle Schüler gleichermaßen aktiv am Lernprozeß teilnehmen und Verantwortung übernehmen. Auch Schüler mit geringem Selbstwert, bedingt durch schlechtere Leistungen, können Erfolgserlebnisse verzeichnen, die zu positiven Leistungseffekten führen.
Das reziproke Paarlernen (wechselseitiges Lernen) stellt eine Anwendung des Vygotsky-Prinzips dar und ist für 2-er Gruppen gedacht, kann aber auch in größeren Gruppen durchgeführt werden. Beide Schüler lesen zunächst (jede für sich) den gleichen Textabschnitt. Eine der beiden faßt nun den Textabschnitt zusammen und erklärt ihn dem Partner. Dieser gibt nun Rückmeldung, zu dem was er hört, z.B. weist er auf Unklarheiten, andere Auffassungen oder Interpretationen etc. hin. Die Verstehensprobleme werden gemeinsam gelöst, Erklärungen für schwierige Textstellen gesucht, Verbindungen zum Vorwissen hergestellt, Vergleiche zu anderen Problemen gezogen etc. Jeder Schüler liest den nächsten Abschnitt für sich durch. Anschließend werden die Sprecher/Hörer-Rollen getauscht: Wer vorher zugehört hat, faßt jetzt den Text zusammen und erklärt ihn. Das wechselseitige Erklären wird so lange fortgesetzt, bis der Text durchgearbeitet ist. Wichtig dabei ist, dass die Rollen getauscht werden, da dieser als aktive Person erfahrungsgemäß mehr profitiert.
Vygotsky-Prinzip: In dieser Technik gestaltet der Lehrer die Verständnisfähigkeit der Schüler. Er formuliert Fragen in der Art, die ein Leser fragen könnte, wenn er einen bestimmten Text liest. Dabei faßt er den Text zusammen, trifft Vorhersagen und streicht schwer zu verstehende Textstellen heraus. Die Schüler erlangen nach und nach mehr Kontrolle über den Erkennungsprozeß. Der fähigere Schüler kann nun bei der kooperativen Bearbeitung des Textes als Vorbild für den schwächeren Schüler dienen. Der leistungsstärkere Schüler erhält die Möglichkeit, Lerninhalte zu elaborieren.
Checkliste für die eigene Sozialkompetenz
- Drücke ich mich verständlich aus?
- Höre ich den anderen aufmerksam zu?
- Versichere ich mich, ob ich den anderen richtig verstanden habe z.B. durch paraphrasieren (= mit eigenen Worten das Gesagte wiedergeben)?
- Gehe ich auf meine eigenen Körpersignale und die der anderen ein?
- Interpretiere ich häufig?
- Denke ich über die Wirkung nach, die das, was ich sage, bei den anderen hervorrufen kann?
- Versuche ich, offen zu kommunizieren, statt versteckte Botschaften auszusenden?
- Bin ich authentisch?
- Bin ich kritikfähig?
- Bin ich bereit meine eigenen Erkenntnisse oder Konzepte zu verändern?
- Bin ich bereit, mein Verhalten so anzupassen, dass effektiv gearbeitet werden kann?
- Bin ich bereit, die Spielregeln, die in der Gruppe bestehen, einzuhalten?
Checkliste für gruppenförderliches Verhalten
für Phase 1 des Gruppenprozesses
- Ist ungezwungenes Reden über verschiedene Themen möglich?
- Finde ich die Gruppenmitglieder sympathisch?
- Kann ich mit diesen Menschen offen sprechen?
- Profitiere ich von der Arbeit in dieser Gruppe?
- Kann ich mir vorstellen, mit dieser Gruppe über einen längeren Zeitraum hinweg zusammenzuarbeiten?
- Sind die verschiedenen Ziele und Anliegen geklärt?
- Wurde ein gemeinsames Ziel gefunden?
- Stimmen meine Ziele und Anforderungen mit denen der anderen Gruppenmitglieder überein?
für die Phasen 2 und 3 des Gruppenprozesses
- Steht für die Gruppensitzungen genügend Zeit zur Verfügung?
- Sind alle pünktlich?
- Führen alle die zugeteilten Aufgaben zuverlässig aus?
- Halten sich alle Mitglieder an die vereinbarten Regeln?
- Unterstützen sich die Gruppenmitglieder gegenseitig, oder findet Konkurrenzverhalten statt?
- Geben die Gruppenmitglieder konstruktive Rückmeldung zu den von den einzelnen erbrachte Leistung?
- Artikulieren die Gruppenmitglieder ihre Ergebnisse und wird darüber diskutiert? (Gegensatz: schriftliche Ergebnisse, die nicht diskutiert werden?)
- Wird auf die Erklärungen, Standpunkte und Perspektiven aller Gruppenmitglieder eingegangen?
- Nimmt sich die Gruppe genügend Zeit, um sich auszutauschen und über ihr Tun zu reflektieren?
- Bestehen genügend Freiräume für Gedankenspiele und freie Assoziationen, oder werden solche Aktivitäten von der Gruppe kaum gebilligt?
- Fühle ich mich wohl in der Gruppe?
- Kann ich die von der Gruppe gestellten Anforderungen erfüllen?
- Fühlt sich jedes Gruppenmitglieder gleichermaßen für das Gruppengeschehen verantwortlich?
- Wird versucht, einen Konsens zu erarbeiten?
- Werden die Meinungen und nicht die Personen kritisiert?
Teamarbeit in der Krise
Nicht jede Aufgabe ist dafür geeignet, von einem Team bearbeitet zu werden. Die Arbeit in Teams wurde lange als das Allheilmittel angesehen, um die Effizienz in Unternehmen zu steigern. Man nahm auf Grund von Untersuchungen der Sozialpsychologie an, dass auf diese Weise die verschiedenen Potenziale der Mitarbeiter zu einem dynamischen Ganzen zusammengefügt werden können. Neue Studien belegten aber, dass Leistung und Kreativität auf dem Einsatz des Einzelnen beruhen.
"Nur Teamarbeit führt zum Erfolg" war über eine lange Zeit die Überzeugung in der Personalführung, doch die Zweifel an dieser Führungsphilosophie aus den siebziger Jahren mehrten sich, die von einem "Wir sind alle gleich" ausging. Genau das erwies sich im Hinblick auf die Motivation des Einzelnen als abträglich. Nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsökonomie der Ruhr-Universität Bochum sind die Mitarbeiter in vielen Unternehmen der zahlreichen und Zeit raubenden Meetings überdrüssig, vielmehr wünscht man sich klare Aufgabenteilung und individuelle Ziele. Eine Führungskraft sollte diese Ziele mit den Mitarbeitern absprechen und später auch kontrollieren. In den Meetings weiche man der Arbeit und der klaren Verantwortung nur aus, vielmehr erweisen sie sich als besonderes Produktivitätshemmnis. Fredmund Malik vom Management Zentrum Sankt Gallen ist der Ansicht, dass Teamwork massiv überbewertet wurde. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Proudfoot verbringt jeder Arbeitnehmer pro Jahr rund 84 Tage mit unproduktiver Arbeit. Allein in Deutschland entsteht so ein finanzieller Schaden von 219 Milliarden Euro.
Spontane Gespräche und Treffen sind jedoch durchaus sinnvoll, wenn der Wunsch nach Austausch von Wissen und Informationen besteht. Solche Meetings kann man ohne große Vorbereitung auch an einem Stehtisch stattfinden lassen, wodurch die Gefahr verringert wirs, es sich gemütlich zu machen und Zeit unproduktiv zu versitzen. Meetings werden oft von schwachen Führungspersonen missbraucht, um vor der eigenen Verantwortung und auch vor der eigenen Arbeit zu entfliehen.
Quelle:
http://www.pressetext.com/pte.mc?pte=051010013&phrase=teamarbeit (05-11-12)
Siehe auch Brainstorming
Wissenschaftler vermuten übrigens, dass das Gehirn des Menschen deshalb deutlich entwickelter ist als das seiner Vorfahren, weil er auf Zusammenarbeit setzte. Der Übergang zu einer komplexeren Gemeinschaft, die zusammenarbeitet, kann nach Ansicht von Experten zur Entwicklung eines größeren Gehirns führen. Allerdings ist die Fähigkeit zu Teamwork für Menschen auch nicht unbegrenzt, wobei ein Netzwerk von 150 Menschen für den einzelnen noch zu bewältigen ist, jedoch für 500 Menschen wäre aber nach Schätzungen zumindest ein doppelt so großes Gehirn notwendig.
Gruppenarbeit bei StudentInnen
Ob Einzel- oder Gruppenarbeit an der Uni empfohlen wird unterliegt pädagogischen Moden. In Zeiten, in denen die Kommunikationslosigkeit des Hochschulalltags hervorgehoben wird, empfiehlt man Gruppenarbeit, zu Zeiten, in denen Leistung und intellektuelle Konkurrenz hoch im Kurs stehen, wird die Unerläßlichkeit und Effektivität der einsamen Schreibtischarbeit hervorgehoben. Nüchtern als Arbeitsformen betrachtet, leisten sie einfach Unterschiedliches:
Einzelarbeit ist unumgänglich, wenn individuelles Begreifen von Texten, das Herstellen von Exzerpten, oder das Lernen von Formeln und Vokabeln ansteht. Auch das "Austüfteln" neuer Lösungsansätze und das Verfassen von Texten, gelingen am besten am eigenen Schreibtisch - nur hervorragend kooperierende kleine Teams von 2 bis 3 Personen sind meist kreativer. Einzelarbeit bedeutet ja nicht, dass man ganze Tage einsam am Schreibtisch verbringen muß, sondern es geht jeweils nur um die einzelne Tätigkeit. Pausen können mit anderen verbracht werden. Häufig ist auch der lose soziale Zusammenhang einer "Bibliotheksecke" produktiv: Zwar arbeitet jeder für sich, aber man kennt sich, kann sich mit praktischen Dingen aushelfen, und manchmal auch fachliche Fragen stellen bzw. beantworten. Konkret gewendet: Ob Einzelarbeit notwendig ist, entscheidet sich nach der Art der Aufgabe. Wichtig ist sie dann, wenn du dich in Ruhe auf einen Text, eine Aufgabe, ein Themengebiet konzentrieren und dabei ganz dem eigenen Denkrhythmus und Arbeitstempo folgen willst. Der soziale Kontext, in dem solche Einzelarbeit erfolgt, muß zusätzlich entschieden und hergestellt werden: Kannst man sich besser konzentrieren, wenn man ganz alleine ist, dann sollte man allein an seinem Schreibtisch zuhause arbeiten. Hilft dagegen die sozial wahrnehmbare Arbeitsdisziplin der anderen, dann sollte man Anschluß an eine entsprechende Lerngruppe herzustellen, am besten mit KollegInnen aus dem eigenen Studiengang, mit denen man auch andere Arbeiten gemeinsam erledigen kann, z. B. das Prüfen von bereits Gelernten oder das Diskutieren einer eigenen Idee.
Immer dann, wenn es um Vielfalt und Erweiterung geht, empfiehlt sich die Arbeit in der Gruppe. Auch bei Themen, die nur bearbeitbar sind, wenn viel Material (z.B. umfangreiche Literaturlisten) berücksichtigt wird, ist eine Arbeitsgruppe meist effektiver: Man kann das Material arbeitsteilig zusammentragen und dann gemeinsam auswerten und verarbeiten, das spart Zeit und ist anregend.
Wie packt man es nun aber in der Gruppe an, die oben genannten Probleme zu vermeiden? Verschiedene Techniken bieten sich an:
- 3 - 5 Personen sind die richtige Größe für eine kooperative Gruppe. Die Unterschiede zwischen den einzelnen sollten in bezug auf das Lernniveau nicht zu groß sein, die jeweiligen Spezialgebiete dagegen dürfen sehr wohl verschieden sein.
- Arbeitsgruppen brauchen einen festen Rahmen: Zeit, Ort, festgelegte Aufgabe. Wichtig ist, dass alles verbindlich abgesprochen wird, die Aufgaben eindeutig an die Mitarbeitenden verteilt werden und sich diese im wesentlichen auch daran halten.
- Aufgaben löst jeder für sich, ganz oder teilweise; danach werden sie in der Gruppe diskutiert. Nachteil: man löst viele Aufgaben nicht selber, sondern vollzieht sie nur nach.
- Die Gruppe löst die Aufgaben gemeinsam. Dadurch bekommt zwar jeder einen guten Eindruck vom Lösungsweg, aber man muß aufpassen, dass die Schwächeren in der Gruppe nicht ins Hintertreffen geraten.
- Schließlich kann man noch mit einer kombinierten Variante arbeiten. Teilweise werden die Lösungen vorbereitet, teilweise erst beim Treffen der Gruppe erarbeitet.
Quelle: HitchhikerLernen im Studium
WWW: http://third.informatik.uni-kl.de/~hh/node7.html (99-07-07)http://www.uni-bielefeld.de/zsb/zsb19.html (02-05-16)
Siehe auch Regeln für die virtuelle Gruppenarbeit
Quellen
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W3: http://arb1.psychologie.hu-berlin.de/arbpsy/Studenten/
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Friedrich, H.F. & Ballstaedt,S-P. (1995). Strategien für das Lernen mit Medien. Tübingen: Deutsches Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen (DIFF).
Garfield, E. (1973). Uncitedness III - The Importance of Not Being Cited. Essays of an Information Scientist, 1, S. 413-414.
Langmaack, B & Braune-Krickau, M. (1995). Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union.
Renkl, A., Gruber, H. & Mandl, H. (1995). Kooperatives Lernen in der Hochschule. Forschungsbericht Nr. 46 der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Renkl, A., Gruber, H. & Mandl, H. (1996). Kooperatives problemorientiertes Lernen in der Hochschule. In Lompscher, J. & Mandl, H. (Hrsg.), Lehr- undLernproblem im Studium. Bedingungen und Veränderungsmöglichkeiten (S. 131-147). Bern: Huber.http://leguan.emp.paed.uni-muenchen.de/strategien/
lernen_in_gruppen.html (00-08-09)
http://www.phil.uni-sb.de/FR/Romanistik/raasch/merker3.htm (01-09-15)
http://arb1.psychologie.hu-berlin.de/arbpsy/Studenten/B%C3%B6ttger%20u.a/instru1.htm (02-09-15