Lernen in virtuellen Gruppen
Regeln für die virtuelle Gruppenarbeit
Es hat sich bewährt, den Studierenden Gruppenregeln vorzugeben bzw. diese mit ihnen zu vereinbaren. Die Gruppenregeln sollten sich auf folgende Situationen beziehen:
- eine angenehme Atmosphäre der Zusammenarbeit ist anzustreben (z. B. respektvoller Umgang miteinander, sich an gemeinsame Vorgaben und Regeln halten etc.).
- die Zusammenarbeit sollte ausgewogen sein (alle Teammitglieder beteiligen sich gleichberechtigt, geben von Menge und Anspruch her vergleichbare Beiträge ab etc.).
- eine inhaltlich möglichst anspruchsvolle Zusammenarbeit sollte angestrebt werden (jede/r fühlt sich für in der Gruppe produzierte Inhalte verantwortlich, jede/r bringt seine/ihre individuelle Expertise in die Gruppe ein etc.).
Zur Förderung des Wir-Gefühls der Gruppe, das für kooperatives Lernen unabdingbar ist, empfiehlt es sich, in der ersten Präsenzphase das Kennenlernen der Studierenden untereinander zu unterstützen. Manche Lehrende bauen dazu Kennenlernspiele ein, die das Entwickeln der sozialen Kontakte als Voraussetzung für erfolgreiches Kommunizieren und Arbeiten fördern.
Unterstützen Sie die entstandenen Kontakte durch die Einrichtung von privaten Foren. Die Phase des ersten Kennenlernens dauert in virtuellen Lernszenarien u. a. wegen der unterschiedlichen Netz-Zugangszeiten länger als im Präsenzunterricht und kann durch zusätzliche Kommunikationsangebote verkürzt werden.
Virtuelle Gruppenarbeit ist für Studierende in kleinen, überschaubaren Gruppen (4-6 Mitglieder) geeignet. Es empfiehlt sich, dass sich die Studierenden selbst zu Gruppen formieren, da sie eventuell miteinander schon Erfahrungen im gemeinsamen Arbeiten gemacht haben und dadurch höher motiviert sind. Sollte das nicht möglich sein, können sich die Gruppen nach inhaltlichen oder zeitlichen Gesichtspunkten bilden.
Rollenverteilung strukturiert die Gruppe und schafft ein Gefühl der Verantwortung bei den einzelnen Mitgliedern. Lassen Sie daher die Studierenden in einer Kleingruppe unterschiedliche Rollen übernehmen. Eine Person kann beispielsweise die Organisation der Gruppe übernehmen, eine andere kontrolliert, ob Deadlines eingehalten werden, die dritte Person sorgt dafür, dass die Kontakte aufrechterhalten bleiben etc.
Sie erleichtern sich die Kommunikation mit den einzelnen Kleingruppen, wenn Sie eine/n Gruppenverantwortliche/n bestimmen, zu der/dem Sie jederzeit (wenn erforderlich) Kontakt aufnehmen können, die/der Sie über den Status der Gruppenarbeit informieren kann und die/der Informationen, die Sie ihr/ihm geben, an die anderen Gruppenmitglieder weitergibt.
Geben Sie den Kleingruppen einen privaten Bereich auf der Lernplattform, der für andere nicht einsehbar ist. Es wird zwar von Lehrenden und Studierenden häufig der Wunsch geäußert zu erfahren, was in den anderen Gruppen vorgeht. Erteilt man jedoch allen Gruppen das Leserecht der anderen Gruppen, erhöht sich zum einen die Gefahr der Nachrichtenüberflutung, zum anderen lassen sich die TeilnehmerInnen auch leicht von den Beiträgen anderer Teams beeinflussen.
Wenn keine richtige Gruppendiskussion zustande kommt, sondern Beiträge ohne Bezug zueinander in ein Forum gestellt werden, kann der/die E-TutorIn durch stimulierende Eigenbeiträge die Diskussion in Gang bringen. Gegebenenfalls ist abzuwägen, die Gruppen neu zusammenzustellen.
Bei der Entwicklung der Aufgaben empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass diese für Gruppenarbeit geeignet sind. Solche Lernaufgaben regen zur Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand an, erfordern Kooperation und können mit den jeweils verfügbaren Kommunikationsmedien bearbeitet werden. Aufgabenstellungen weisen instruktionale sowie auf Wissenskonstruktion abzielende Komponenten auf.
Auf kooperative Wissenskonstruktion ausgerichtete Aufgabenstellungen sind zumeist komplex, projektartig und problemorientiert, haben einen starken Anwendungsbezug und erfordern von den Beteiligten, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen.
Für gruppenorientierte Lehr- / Lernszenarien haben sich eigene Formate von Aufgabenstellungen entwickelt:
- kooperative themenbezogene Recherche bzw. Informationssuche im Internet mit anschließender Präsentation und Diskussion der Ergebnisse;
- elektronische mentorielle Betreuung, bei der ein/e ExpertIn Studierende bei verschiedenen Aufgaben betreut;
- paralleles Problemlösen, bei dem Gruppen zunächst unabhängig voneinander an der Lösung eines Problems arbeiten und anschließend ihre Lösungen und Ergebnisse austauschen und diskutieren;
- kooperativ-sukzessive Produktentwicklung, bei der ein Projekt in Teilprojekte aufgegliedert wird, die von einzelnen Gruppen erarbeitet und anschließend integriert werden;
- elektronische Exkursionen, bei denen die Lernenden curricular wichtige Orte im Internet (Stadt, Landschaft, Grabungsstätte, politische/kulturelle Einrichtungen etc.) aufsuchen und mit BewohnerInnen dieser Orte z. B. per eMail kommunizieren.
Siehe auch Regeln für virtuelle Gruppenarbeit
Quelle: Rieder, Michaela (2004). Empfehlungen für virtuelle Gruppenarbeit.
WWW: http://elearningcenter.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/virtuelle__gruppenarbeit.pdf (05-03-22)
(Kerres 2001, S. 267) nennt Bedingungen, damit Zusammenarbeit funktioniert: "Das Stadium der Kollaboration, der gemeinsamen Bearbeitung von Lernaufgaben im Netz, kommt jedoch m. E. nur unter bestimmten Bedingungen zustande: z.B.
- wenn ein externer Druck existiert (z.B.: Der Arbeitgeber möchte, dass dieses Projekt über das Netz abgewickelt wird.)
- wenn bereits eine persönliche Beziehung zu einzelnen oder mehreren der entfernten Partner besteht
- wenn die Rahmenbedingungen gegeben sind, dass sich eine soziale Gruppe bilden kann (Grösse, Homogenität etc.)
- wenn die beteiligten Personen davon überzeugt sind, dass sich unter den gegebenen Bedingungen (Zeit, Betreuung etc.) so etwas wie eine soziale Gruppe bilden wird
- wenn in ähnlichen Lernkontexten gute Erfahrungen mit kommunikativen Szenarien gemacht wurden
- wenn die betreuende Institution genügend überzeugend auftritt (und die Teilnehmer von dem Szenario begeistert werden können)
- wenn der Kontext des Bildungsanbieters für die Teilnehmer ohnehin attraktiv ist, d.h. die Bindung des Einzelnen geschieht über die Identifikation mit der Einrichtung, (z. B. durch frühere positive Erfahrungen) oder
- wenn die Zusammenarbeit gegenüber der Einzelarbeit einen deutlichen Mehrwert erkennen lässt (z. B. weil erfahrene oder bekannte Kollegen mitwirken)."
Literatur:
Kerres, Michael (2001). Multimediale und telemediale Lernumgebungen - Konzeption und Entwicklung; München: Oldenbourg.
Geeignete Aufgabenarten für virtuelle Gruppen
Es eignen sich nicht alle Aufgabenarten für die Bearbeitung in virtuellen Arbeits- oder Lerngemeinschaften. Sinnvoll sind
- Informationsrecherchen
- Kooperative Be- oder Ausarbeitung von Texten
- Gruppenarbeiten, deren Ergebnisse anschliessend im Plenum präsentiert werden
Didaktische Gestaltung von virtuellen Aufgaben
Bei der didaktischen Gestaltung von virtuellen Arbeits- und Lernaufgaben in Gruppen sollte man auf folgende Aspekte achten:
- Der Austausch und die Kommunikation zwischen den Lernenden muss möglichst früh eingeführt werden.
- Vor einer virtuellen Zusammenarbeit sollte nach Möglichkeit mindestens ein Präsenztreffen zum gegenseitigen Kennenlernen stattfinden.
- Für die Erledigung von Gruppenaufgaben ist ein großzügiger Zeitrahmen mit präzisen Abgabeterminen einzuplanen.
- Die Aufgabenstellung muss sehr präzise sein.
- Die eigenständige Recherchen im Internet solle durch geeignete Hinweise erleichtert werden (Tipps, Linkliste).
Quelle:
Kerres, M. & Jechle, T. (2003). Didaktische Konzeption des Tele-Lernens. In Issing, L. & Klimsa, P. (Hrsg.): Informationen und Lernen mit Multimedia. Weinheim: Beltz.
Lernen in Gruppen
Fragen und Probleme in Anfangssituationen
Gruppenarbeit bei StudentInnen
Selbststeuerung und Handlungsorientierung
Lernen mit dem Computer
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