Die Moderation - Was ist das?
Im folgenden wird exemplarisch auf Fragen zur Moderation in jenen eher kritischen Fällen eingegangen, in denen zwischen Vorgesetzten und MitarbeiterInnen vermittelt werden soll.
Die Ausführungen folgen dabei einem Artikel von Thönneßen & Reisdorff (1999).
Zum Begriff
In der ursprünglichen Wortbedeutung bezeichnet Moderation eigentlich "Mäßigung" oder "Maß halten" und ist schon seit dem Altertum bekannt. Im Alltag ist der Begriff von der Rolle des "Fernseh-Moderators" geprägt, zu dessen Aufgaben es gehört, bei Rundfunk- oder Fernsehsendungen die Gespräche zwischen verschiedenen TeilnehmerInnen entsprechend bestimmter Vorstellungen zu leiten und zu lenken.
Die Rolle des Moderators
Die Tätigkeit eines Moderators hat ihre Tücken. Läuft eine moderierte Sitzung ebenso produktiv wie problemlos, haben die Teilnehmer den Moderator kaum wahrgenommen. Geht es hoch her, bedarf es schon einer großen Erfahrung, um alle Interessen unter einen Hut zu bringen, den Beteiligten zu einem Ergebnis zu verhelfen und vor allem keine Verlierer entstehen zu lassen. Letzteres ist zweifellos die größte Herausforderung bei der Moderation eines Gespräches, bei dem Mitarbeiter ihrem Vorgesetzten erstmals konzentriert Feedback geben.
Für das Gelingen des Moderationsprozesses kommt dem Moderator wahrscheinlich die entscheidende Funktion zu: Während die Inhalte von der Gruppe eingebracht werden, ist der Moderator für die Struktur der Sitzung sowie für die Dokumentation der erarbeiteten Inhalte verantwortlich. Durch das Arbeiten mit den richtigen Fragen hilft er der Gruppe, zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen, durch Zusammenfassen und inhaltliche Pointierung bringt er selbst verschwommene Inhalte in eine klare und verwendbare Form.
Die Rolle des Moderators kann zunächst einmal mit der eines Organisators verglichen werden. Sowohl in der Vorbereitung der Moderationssitzung als auch in der Durchführung kommt ihm die entscheidende Funktion zu: Er klärt das Ziel der Moderation und somit den Auftrag, er bereitet die Dramaturgie vor, er sorgt dafür, dass das notwendige Moderationsmaterial vorhanden und entsprechend vorbereitet ist, letztlich trägt er somit die Gesamtverantwortung für das äußere Gelingen einer Moderation.
Dann ist die Rolle des Moderators die des Leittieres. In jeder Gruppe kann nur einer die Führung übernehmen. Diese Funktion kommt in der Moderation unbedingt dem Moderator zu. Dabei erfüllt er diese Funktion allerdings nicht aus einem Selbstzweck heraus, sondern nur zum Erreichen des Auftrages.
Dabei ist der Führungsstil eines Moderators gekennzeichnet einerseits durch Klarheit, andererseits durch eine Mischung aus inhaltlicher Demokratie (die Gruppe bestimmt den Inhalt und das Ergebnis) und formaler Direktivität (der Moderator legt Zeiten fest, bestimmt die Reihenfolge der Meldungen, stellt die Fragen, setzt die Arbeitsschritte).
Zusammenfassend die Aufgaben des Moderators:
- Klärung des Auftrages und der Ziele der Moderation
- Erstellung der Dramaturgie
- Organisatorische Vorbereitung der Sitzung
- Einführung in die Thematik
- Setzen der Moderationsinhalte
- Steuerung des Diskussionsprozesses
- Pointierung der Inhalte und inhaltliche Klärung verschwommener Beiträge
- Verantwortung für die Visualisierung und Dokumentation der Ergebnisse
Der Moderationsauftrag
Die erste Aufgabe des Moderators besteht darin, sich einen klaren und durchführbaren Moderationsauftrag zu holen. In der Regel sind Auftraggeber nicht in der Lage, ihren Moderationsauftrag präzise zu formulieren. Deshalb fällt diese Aufgabe dem Moderator zu.
Die präzise Formulierung des Moderationsauftrags wird vom Moderator nach einer Besprechung mit dem Auftraggeber vorgenommen und diesem zur Abzeichnung vorgelegt. Dabei hat der Moderator darauf zu achten, dass es sich um einen durchführbaren Moderationsauftrag handelt: Durchführbar sind immer nur jene Aufträge, die als Endergebnis ein "Papier- und Bleistiftprodukt" ergeben. So ist z.B. die Verbesserung des Betriebsklimas kein umsetzbarer Moderationsauftrag. Ein Moderationsauftrag könnte sein, Vorschläge zur Verbesserung des Betriebsklimas zu sammeln.
Für alle Beteiligten ist es wichtig festzustellen, dass sich der Moderator als allparteilicher und mitfühlender Begleiter des Gespräches versteht, der Führungskraft und Mitarbeiter durch schwieriges Gelände lotst. Das ist nicht mit distanzierter Neutralität zu verwechseln! Dazu gehört auch, dass er dem in der Regel skeptischen Vorgesetzten Prozeßsicherheit vermittelt, indem er ihm sehr genau schildert, wie er vorgehen wird:
In dem Vorgespräch mit den Mitarbeitern wird er diese ebenfalls zunächst fragen, was sie an den Ergebnissen überrascht, verwundert, irritiert hat. Anschließend wird er mehrere Fragen beantworten lassen und die Ergebnisse auf einem Flip-Chart festhalten: "Was schätzen Sie an Ihrem Vorgesetzten? Was wünschen Sie sich von Ihrem Vorgesetzten? Wie könnte der Beitrag der Gruppe aussehen?" Dabei wird er großen Wert darauf legen, dass die Antworten so konkret wie möglich formuliert werden.
Diese Erläuterung ist allein deshalb schon wichtig, weil die Situation für den Vorgesetzten "gewöhnungsbedürftig" ist. Zwar gibt es ständig und überall Gespräche über Personen, sei es zwischen Tür und Angel oder ganz offiziell bei Personalkonferenzen, aber es ist für viele Führungskräfte neu und befremdlich, dass die Mitarbeiter sich über ihren Chef aussprechen, und zwar offiziell, auf Veranlassung des Unternehmens, und mit Unterstützung durch einen Moderator. Es läßt sich leicht ausmalen, wie dieser Vorgesetzte etwas unruhig an seinem Platz sitzt und darüber nachdenkt, was dort wohl alles über ihn verbreitet wird. Daher sollte er so genau wie möglich über den Ablauf im Bilde sein und wissen, dass es im Gespräch um seine Stärken und zukünftige Lösungen geht und nicht um Anklagen oder Schuldzuweisungen.
Warum wir dieses Verfahren überhaupt gewählt haben? Es hat sich herausgestellt, dass die Ergebnisse in der Regel doch oft gewaltig streuen, so dass die Mitarbeiter, wenn sie die Resultate zu Gesicht bekommen, zunächst selbst erst einmal Klärungsbedarf haben: "Ich sehe unseren Chef bei dieser Frage offensichtlich ganz anders als die anderen. Wieso eigentlich?" Diese Diskussion in Gegenwart des Vorgesetzten zu führen, fällt schwer. Zudem gibt es in vielen Fällen doch erhebliche Vorbehalte: "Wieso haben wir eigentlich anonym beurteilt, wenn wir jetzt doch alles offen aussprechen müssen?" Das Feedback-Gespräch verstummt sehr leicht in Anwesenheit des Vorgesetzten, der darauf drängt, Erklärungen für bestimmte Ergebnisse zu erhalten. "Also, das müssen Sie mir jetzt erklären. Wann soll denn das passiert sein?"
Das mag man als fehlende Vertrauenskultur interpretieren, als Hierarchiedenken oder schlichtweg als fehlende Erfahrung mit Feedback-Prozessen, es ist einfach so. Das Vorgespräch mit den Mitarbeitern ist ein wichtiger Probelauf: gegensätzliche Wahrnehmungen lösen sich auf oder werden plötzlich verstanden, es wächst der Mut zu Aussagen, die besser passen als jeder Satz des Fragebogens, man hilft sich gegenseitig, anschauliche Beispiele zu finden. Diejenigen Führungskräfte, die bereits an dem Feedback-Gespräch für ihren Chef teilgenommen haben, akzeptieren die Vorgehensweise und haben sie schätzen gelernt.
Die Moderatorenrolle kann aber auch direkt angesprochen werden: "Was erwarten Sie von mir als Moderator in dem gemeinsamen Gespräch?" Eine Frage, die genauso in das Vorgespräch gehört wie die Äußerung der Wünsche des Moderators. Berater und Moderatoren neigen dazu, ihre eigenen Wünsche und Erwartungen zu unterschlagen2. Sie nicht zu nennen, widerspricht aber genau der Offenheit und partnerschaftlichen Haltung, die wir von der Führungskraft fordern. "Ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie den Mitarbeitern zu Beginn des gemeinsamen Gespräches sagen, was Sie an den Ergebnissen gefreut und was Sie verletzt hat." oder "Ich wünsche mir, dass Sie sich zu den Wünschen Ihrer Mitarbeiter klar äußern, das heißt, ganz deutlich sagen, welchen Vorschlägen Sie uneingeschränkt zustimmen können, welche Sie klar ablehnen und warum und welche Sie noch verändert haben möchten."
Den Abschluß des Vorgespräches bildet die Frage, welchen Eindruck er von dem Gespräch hat, ob es seine Erwartungen erfüllt hat und ob noch Dinge offen sind.
Konkrete Vereinbarungen
Keine Verlierer erzeugen lautet die wichtigste Zielsetzung des Moderators, und es wäre vermessen zu sagen, bisher habe es nur Gewinner gegeben. "Jetzt weiß ich auch, was ich von einigen meiner Mitarbeiter zu halten habe. Ich hatte mir das ja schon gedacht, aber jetzt habe ich es schwarz auf weiß!" Bei der Äußerung ist leicht zu erkennen, wer hier verloren hat. "Ich habe mir schon gedacht, dass sich hier nichts ändert. Für mich ist die Konsequenz klar, ich sage hier kein Wort mehr." Hier haben am Ende alle verloren. Einige solcher Äußerungen sind dort gefallen, wo ein Feedback-Gespräch ohne Moderator durchgeführt wurde, aber auch mit Moderator gelang es nicht immer zu verhindern, dass sich jemand als Verlierer fühlte. Die Chancen für realistische Vereinbarungen stehen gut, wenn der Ablauf wie oben beschrieben ist. Das gemeinsame Gespräch ist in diesem Fall sogar recht unkompliziert.
Der Moderator kann zunächst noch einmal kurz in die Rolle des Kommunikationsexperten schlüpfen und Feedback-Regeln erläutern. Dann stellt er oder - was in offenen partnerschaftlichen Beziehungen möglich ist - einer der Mitarbeiter dem Vorgesetzten die Ergebnisse des Vorgespräches vor. Dabei helfen die zuvor gefundenen Beispiele und Zitate, Unklares verständlich zu machen. Manchmal muß der Moderator aushelfen: "Ich habe verstanden, dass Ihre Mitarbeiter sich wünschen, dass Sie ihnen vertrauen. Wenn sie also selbst entscheiden können, auf welchen Kongreß sie fahren, wäre dies für Ihre Mitarbeiter ein sehr starker Beweis Ihres Vertrauens." Heftiges Nicken der Mitarbeiter. Manchmal hilft auch ein kleines Rollenspiel. "Was ist denn so schlimm daran, wenn ich mal etwas ironisch bin? Das ist eben so meine Art." Der Moderator und ein Mitarbeiter spielen die Situation durch. Version 1: "Vielleicht hätten Sie die ausgesuchte Güte, bis zum nächsten Freitag den Bericht vorzulegen!" Version 2: "Mir würde es sehr helfen, wenn Sie den Bericht bis zum nächsten Freitag fertigstellen" Vorgesetzter und Mitarbeiter lachen, weitere Erklärungen sind nicht notwendig.
Die Vereinbarungen können mitunter sehr banal wirken. Aber gerade in den kleinen Änderungen, die schnell für alle sichtbar werden, liegt der Schlüssel zum Erfolg. "Wenn ich mal wieder stundenlang bei unseren Besprechungen doziere, dann müssen Sie mir das eben sagen." - "Sie haben gut reden, das ist gar nicht so einfach." Am Ende vereinbart man ein einfaches Handzeichen. "Es stimmt, ich bin manchmal mitten in einer Überlegung, wenn jemand von Ihnen hereinkommt, dann kann es passieren, dass ich noch weiter auf den Bildschirm starre." - "Wie wäre es denn, wenn man einen Termin vereinbaren würde?" - "Ich halte es für reichlich übertrieben, wenn wir auf einmal anfingen, miteinander Termine zu vereinbaren." - "Na gut, dann können wir ja vereinbaren, dass wir Sie fragen, ob Sie im Moment zu beschäftigt sind. Sie wenden sich dann uns zu oder sagen uns, wann wir wiederkommen sollen." "Es wäre wichtig, wenn wir uns mal mit der ganzen Abteilung einen Tag zurückziehen würden und über die kommenden Aufgaben reden könnten. Wir haben das zwar schon oft angesprochen, aber noch nie umgesetzt." Noch in dem Gespräch wird ein Termin gefunden.
Eine Vereinbarung gehört in jedes Feedback-Gespräch. "Was geschieht mit den Aufzeichnungen von heute? Wann wollen Sie denn wieder zusammensitzen und mal zurückblicken, was aus Ihren Vereinbarungen geworden ist? Wer kümmert sich darum, dass dies auch geschieht?" Manchmal wird der Moderator gleich zu einem festen Termin verpflichtet, manchmal ist man sich einig, dies allein zu versuchen. Mitunter spürt der Moderator aber auch, dass es nicht weit her ist mit der Bereitschaft zu einem Follow-up Termin. "Ich habe den Eindruck, es ist Ihnen nicht so wichtig ..." Die Äußerung kann das Gespräch noch einmal in Gang bringen. "Was könnte Sie davon abhalten, sich noch einmal zusammenzusetzen? Was wollen Sie dagegen unternehmen?"
Wie bei dem Vorgespräch endet auch diese Veranstaltung mit der Frage: "Wie geht es Ihnen jetzt? Entsprach das Gespräch Ihren Erwartungen? Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen? Was würden Sie mir als Moderator empfehlen?" Wer Feedback anstößt, sollte selbst Feedback einfordern und daraus lernen. Worüber freut sich der erfahrene Moderator? Wenn die Teilnehmer von einem Superergebnis und weniger von seinen Animationskünsten reden.
Die Dramaturgie
- Die Einstiegsfrage
- Die Folgefrage
- Alle weiteren Folgefragen
Weiter ist zu vermerken, mit welcher Methode die einzelnen Schritte vollzogen werden (Kartenabfrage, Zurufabfrage, These, Punktabfrage) und welcher Zeitbedarf für den einzelnen Schritt angesetzt wird (in Minuten). Bei einer Teammoderation wird auch der Name des verantwortlichen Moderators hinter den einzelnen Schritt gesetzt.
Ist es nicht klar, mit welchem Ergebnis ein Moderationsschritt endet, so müssen mögliche Alternativergebnisse durchdacht und entsprechende Folgefragen formuliert werden. Dies bezeichnet man als eine sogenannte "verzweigte Dramaturgie".
Vor Durchführung ist die Moderation unbedingt auf logische Stringenz und auf Verständlichkeit zu prüfen. Alle in der Moderation aufgeführten Fragen und Arbeitsschritte sind wörtlich zu notieren und genauso später auf die Thesenpapiere zu übertragen. Es ist empfehlenswert, die Fragen einer nicht beteiligte Person vorzulegen und diesee zu bitten, typische Antworten zu geben. Nur wenn die Antworten zum gewünschten Arbeitsergebnis passen, ist die Frage verwendbar.
Fragen, die unverständlich sind, und Fragen, die ungewollte Ergebnisse produzieren, müssen unbedingt umformuliert werden!
Merke: Eine Moderation, die falsch ansetzt, ist in den wenigsten Fällen noch korrigierbar!
Die organisatorische Vorbereitung der Moderation
Der Moderator ist für das Handwerkszeug selbst verantwortlich. Dies bedeutet, dass er dafür Sorge trägt, dass Moderationsmaterial in ausreichender Zahl zur Verfügung steht. Im einzelnen bedeutet dies folgendes:
- Es müssen genügend gefüllte Stifte vorhanden sein (je erwartetem Teilnehmer ca. 2).
- Es müssen genug Markierstifte vorhanden sein (am besten in jeder Farbe 2).
- Es müssen genügend Prittstifte (mindestens 5) vorhanden sein.
- Empfehlenswert sind 500 Moderationskarten, 30 Thesenkarten, 30 bis 50 Blatt Packpapier, 100 Kommentarkarten, 50 kleine Kuller, 100 mittlere Kuller, 400 bis 500 Nadeln, mindestens 3 Pinwände.
- Die Stifte sind auf Ihren Füllgrad zu prüfen!
Der Moderator trifft entsprechend zeitig am Moderationsort ein, um räumliche Vorbereitungen zu treffen:
Die Pinwände werden aufgebaut und entsprechend gestellt, Stühle für die TeilnehmerInnen werden im Halbkreis angeordnet, der Moderationskoffer wird aufgebaut.
Siehe dazu im Detail Die Materialien der Moderation
Phasen der Moderation
1. Die Anmoderation
In der Anmoderation bewältigt der Moderator eine sehr schwere Aufgabe: Er stellt eine Beziehung zu der Gruppe her und schafft die entsprechende Arbeitsatmosphäre. Im einzelnen beinhaltet dies:
- Sich selbst vorstellen und die TeilnehmerInnen sich vorstellen lassen (dies kann durch Unterstützung einer Pinwand gemacht werden)
- Die sachliche Einführung in das Thema
- Die Benennung des Moderationsziels
- Die Erklärung des einzusetzenden Arbeitsmaterials inkl. kleiner Schreibübung
Die Fragestellung ist das wirkungsvollste Instrument eines Moderators/einer Moderatorin. Anhand einer Frage werden die Motoren der Gruppe in Gang gesetzt, kreativ, verantwortungsbewußt, selbständig, konsensual orientiert, konsequent und aktiv zu sein. Die Lösungen der anstehenden Probleme und Konflikte sowie das komplette Ergebnispotential liegen entweder bei der Gruppe - oder existieren nicht. Nur durch gut formulierte Fragen und Aufgaben ist eine Gruppe in der Lage, zu handeln und Ziele zu erreichen.
Ziele muß man zunächst einmal vorstellen, um anschließend die Gruppe zu fragen, ob dies auch wirklich ihre Ziele sind. Die Gruppe muß die Zielsetzung verstanden haben und sie von Beginn an mittragen. Zur Erreichung dieser Ziele schlägt das Moderationsteam einen Sitzungsablauf vor. Dieser gilt ebenfalls erst nach dem Einverständnis der Gruppe und sollte bei zeitlichen Engpässen oder unvorhersehbaren Ereignissen (Konflikteskalation, mangelnde Motivation oder Bereitschaft, bestimmte Arbeitsschritte sind rasch zu leisten, etc.) noch einmal in Frage gestellt und in Rücksprache mit den Teilnehmern geändert werden.
Die Änderungen sollten - wie bei einem Vertrag - festgehalten und möglichst eingehalten werden. Jeder Ablauf muß den Bedürfnissen der Teilnehmern angepasst sein und flexibel auf deren Fähigkeiten und Wünsche zugeschnitten werden. Bei Schwierigkeiten mit einzelnen Arbeitsschritten gilt es, nochmals Bezug auf die Ziele zu nehmen und wiederum die Gruppe zu fragen, welches ihre Vorschläge zum weiteren Vorgehen sind.
Einstiegs- und Arbeitsfragen sollten das Ziel im Blick haben, den Inhalt aber offenhalten. Gute Fragen oder Halbsätze, die von der Gruppe ergänzt werden, regen Gedanken und Diskussionen zwischen den Teilnehmern an, geben ihnen aber einen festen zeitlichen und praktischen Rahmen, in dem sie sich auf den vorhandenen Zeitraum, die Möglichkeiten der Beteiligten und die Praxis beziehen. Für eine breitgefächerte Sammlung von Ideen, Themen, Wünschen, Kritik, Stimmung eignet sich eine Frage, die klar und offen genug formuliert ist, um von allen Beteiligten verstanden zu werden, und die Antworten erzeugt, die für weitere Arbeitsschritte genutzt werden können. Außerdem sind Fragen geeignet, mit deren Hilfe die persönliche Meinung aller Beteiligten gesammelt werden kann.
Einstiegsfragen können - besonders bei einem schwierigen, bereits von Experten behandelten Thema oder bei einer unmotivierten Gruppe - durchaus provokativ formuliert werden. Wenn beispielsweise scheinbar alle Lösungen der Verkehrsproblematik in Musterstadt ausdiskutiert und erfolglos ausprobiert wurden, kann eine sogenannte "paradoxe Intervention" die Verfahrenheit bekannter Lösungswege aufbrechen. Zur Illustration zwei Beispiele: "Wie kann man das Verkehrsaufkommen in Musterstadt am schnellsten erhöhen?" oder "Der Pkw in Musterstadt kann zusätzlich folgende Verkehrsbereiche übernehmen ...".
2. Die einzelnen Arbeitsschritte
Der Moderator arbeitet nun jeden einzelnen, in der Dramaturgie festgelegten Arbeitsschritt ab, ohne davon durch Kreativität abzuweichen. Beim Vortragen der Arbeitsschritte sind die auf den Thesenpapieren benannten Inhalte wörtlich zu benennen, dabei ist jeweils auf das entsprechend abzuarbeitende Thesenpapier zu zeigen.
Im Allgemeinen gilt Kreativität als etwas Positives. In der Moderation sollte sie jedoch - vor allem beim Vortragen der Aufgabenstellung - unbedingt unterbleiben, da man sich schnell zu Erläuterungen hinreißen lässt, die entweder bereits das Ergebnis beeinflussen oder aber die TeilnehmerInnen verwirren. Dadurch entsteht häufig ein derart starker Erklärungsbedarf, dass man in Erklärungsnot gerät und so einen Verlust der Autorität als Moderator riskiert. Zudem ist es einfacher und für die TeilnehmerInnen auch nachvollziehbarer, nur das auch wirklich auf den Pinwänden stehende vorzutragen. In der Moderation können unterschiedliche Methoden verwendet werden:
a) Die TheseDie These dient der Stimmungsabschätzung in einer Moderationsgruppe. In der Regel werden hier Thesen, wie z.B.: "Das Image der Stadtverwaltung Bochum ist ...", durch vier Ausprägungsgrade (z.B. sehr gut, gut, schlecht, sehr schlecht) von den Teilnehmern durch Kleben eines Bewertungspunktes vorgenommen. Die These ist immer dann wichtig, wenn bei der Moderation eine Grundannahme über die Einstellung der TeilnehmerInnen zu einem bestimmten Thema gemacht wird, ohne diese vorher abgeprüft zu haben. Ergibt die These ein unerwartetes Ergebnis, so muß dieses unerwartete Ergebnis mit der verzweigten Dramaturgie entsprechend aufgefangen werden.
b) Die Kartenabfrage
Für AnfängerInnen besonders geeignet ist die Kartenabfrage: Hier werden den Teilnehmern Karten entsprechender Anzahl ausgeteilt und sie werden gebeten, zu der moderierten Frage ihre Antworten selbst auf die Karten zu schreiben. Die Karten werden anschliessend vom Moderator eingesammelt, ohne sich die Inhalte vor Abarbeitung im einzelnen anzuschauen. Vor Abarbeitung ist eine offensichtliche Durchmischung der eingesammelten Karten notwendig. Die Karten werden dann im einzelnen vom Moderator abgearbeitet, indem die Inhalte der Gruppe gezeigt und gleichzeitig vorgetragen werden. Sodann wird versucht, an den Pinwänden eine inhaltliche Struktur mit den Karten zu erarbeiten.
c) Die Zurufabfrage
Die Zurufabfrage ist weitaus schwieriger als die Kartenabfrage, denn hier werden die TeilnehmerInnen direkt um eine Antwort gebeten. Aufgabe des Moderators ist es, die gegebenen Antworten in wenigen Worten zusammenzufassen und auf eine Karte zu schreiben bzw. durch den Co-Moderator schreiben zu lassen. Die geschriebene Karte wird dann vom Moderator wie bei der Kartenabfrage in eine systematische Struktur an die Pinwand gebracht.
d) Die Punktabfrage/Gewichtungsfrage
Immer dann, wenn in einer Moderation eine Entscheidung gefällt werden muß (z.B. Auswahl von einzelnen Themengebieten aus einer größeren Gruppe) wird die Punktabfrage benutzt. Hier wird die Entscheidungsfrage wörtlich formuliert, vom Moderator auf ein Thesenpapier gebracht und an die Pinwand geheftet. Die Thesenkarte ist außerdem durch 3 Klebepunkte zu versehen, um deutlich zu machen, dass es sich hier um eine Punktabfrage handelt. Der Moderator zeigt den TeilnehmerInnen auch, wohin sie die Punkte zu kleben haben. Dabei zeigt er dies an jedem gesetzten Klumpenfeld. Mit folgenden Themen sollten wir uns weiter beschäftigen:..:
Als Richtlinie für die Anzahl der auszuteilenden Punkte gilt: Anzahl der gesamt vorhandenen Klumpen durch 2 bis durch 3. Insgesamt sollte man aber nicht mehr als etwa 4 Punkte austeilen, da das ganze Ergebnis sonst unübersichtlich wird.
Wichtig ist, dass die Thesenabfrage zur Anzahl der ausgeteilten Punkte paßt! So darf z.B. nicht passieren, dass man den TeilnehmerInnen folgende Frage stellt "Welches ist für mich der wichtigste Punkt" und dabei den TeilnehmerInnen 3 Klebepunkte austeilt. Der wichtigste Punkt kann immer nur einer sein, so dass auch nur 1 Klebepunkt ausgeteilt werden darf.
Ebenso ist auch die Erkenntnis wichtig, dass die TeilnehmerInnen solche Kleinigkeiten durchaus wahrnehmen und diese Sachen dem Moderator nachtragen. So besteht sehr schnell die Gefahr, dass man seine Autorität in der Gruppe verliert.
e) Tätigkeitslisten
In Tätigkeitslisten faßt man die vereinbarten Aufgaben tabellarisch zusammen und ordnet Sie jeweils Terminen und Verantwortlichen sowie Beteiligten zu. Die Tätigkeitslisten können sich immer nur auf anwesende Personen beziehen. Die vereinbarten Aufgaben müssen operational formuliert, also konkret und meßbar sein.
Siehe dazu im Detail die Praktischen Methoden der Moderation
3. Die Abschlußpräsentation
Nach jedem moderierten Schritt wird eine Zwischenpräsentation der erarbeiteten Ergebnisse vorgenommen. Dabei trägt man zuerst die gestellte Aufgabe wörtlich vor, anschließend benennt man die Ergebnisse (Überschriften der Klumpen bei Kartengruppen, Inhalt der Einzelkarten bei Einkarten-Klumpen).
Am Ende der Gesamtmoderation wird noch einmal kurz der Gesamtverlauf der Moderation den TeilnehmerInnen gegenüber dargestellt.
Merke: Diese absolut letzte Abschlußpräsentation in der Gruppe sollte auf keinen Fall 5 bis 8 Minuten übersteigen, da sonst die TeilnehmerInnen ihre Geduld verlieren!
Die Dokumentation
In den Pausen wie auch am Ende der Moderation hat der Moderator dafür Sorge zu tragen, dass das erarbeitete Ergebnis dokumentationsfähig vorbereitet wird. Dies bedeutet vor allem, dass die einzelnen Karten mittels Prittstift auf das Packpapier geklebt werden. Fertig bearbeitete Packpapiere sind abzunehmen und mit dem Gesicht nach unten - abgedeckt durch ein leeres Packpapier - auf den Boden zu legen. Dann ist die gesamte Dokumentation zusammenzurollen und per Klebeband bzw. Thesenpapier zu verschließen.
Anschließend kann das Ergebnis mittels des erarbeiteten Packpapiers selbst bzw. mittels einer Fotografie oder einer Folie anderen Personengruppen zugänglich gemacht werden.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass Leute, die selbst nicht an der Moderation teilgenommen haben, in der Regel mit dem Ergebnis nichts anfangen können. Daher ist eine Präsentation durch den Moderator unbedingt notwendig.
Bei der Präsentation steht der Moderator so, dass er für keine der anwesenden Personen die Präsentationswände verdeckt. Dies bedeutet in der Regel, dass man sich knapp vor den Wänden neben der gerade präsentierten Moderationswand aufhält (wobei man sich am besten rechts neben die Wand stellt, wenn man auf der rechten Seite präsentiert, und links neben die Wand stellt, wenn man auf der linken Seite präsentiert). Die Front des Moderators ist grundsätzlich zur Gruppe gerichtet und nicht zu den Inhalten auf der Wand (dies bedeutet, dass man die Inhalte einigermaßen beherrschen sollte). Während des Vortrags ist jeweils mit der flachen Hand und dem ausgestreckten Arm auf die gerade präsentierten Inhalte zu zeigen.
Werden Zwischenfragen von den Teilnehmern und Zuhörern gestellt, so ist ebenfalls mit der Hand auf die Themen zu zeigen, zu denen gerade die Zwischenfrage gestellt wird.
Bei Präsentation wie bei Moderation gilt eine wichtige Grundregel:
Den absoluten Vorrang hat die Gruppe! Konkret bedeutet dies, dass der Moderator sich mit der Methode so gut auskennen muß, dass er sich wirklich der Gruppe zuwenden und kleinste Störungen sofort bemerken kann und dann auch auf diese einzugehen bereit ist!
Ablehnung des Auftrags
Kann ein Moderator, zumal wenn er Mitarbeiter des Unternehmens ist, überhaupt einen Auftrag ablehnen? Wir möchten an dieser Stelle noch einmal auf die Forderung nach Allparteilichkeit, Ergebnisorientierung und Empathie zurückkommen und können uns einige problematische Situationen vorstellen.
- Zu große Vertrautheit
Kennt er den Vorgesetzten oder einen bzw. mehrere seiner Mitarbeiter näher, sollte er die Moderation in der Regel ablehnen. Selbst wenn sich der Moderator bemüht, neutral zu bleiben, wird es ihm schwerfallen, dies glaubwürdig zu vertreten. - Mangelnde Gesprächsbereitschaft
Nicht leicht fällt diese Ablehnung, wenn man sich bereits im Vorgespräch befindet und dort feststellt, dass die Bereitschaft zu einem offenen Feedback-Gespräch nicht gegeben ist und auch das Vorgespräch hieran nichts ändert. Unseres Erachtens - und nach negativen Erfahrungen - sollte der Moderator jedoch den Mut hierzu aufbringen und dies auch klar begründen. - Die Wege trennen sich
Manchmal wissen Führungskräfte bereits, dass sie die Position wechseln werden oder dass es gravierende organisatorische Änderungen geben wird, haben sich aber noch zu Schweigen verpflichtet. Hier sollte der Moderator das Gespräch auf jeden Fall ablehnen oder es auf einen Zeitpunkt nach der Verkündung verlegen.
Dann aber empfehlen wir, das Gespräch zu führen. Hier stehen am Ende zwar keine Vereinbarungen zwischen den Mitarbeitern und der - scheidenden - Führungskraft, aber die Möglichkeit, etwas über die Wirkung des eigenen Verhaltens zu erfahren, nutzen die Vorgesetzten - in aller Regel - gerne. "Das kann mir nur helfen, wenn ich meine neue Aufgabe übernehme!" - Chemie stimmt nicht
Schließlich ist der Fall denkbar, dass der Moderator einfach keinen Draht zum Vorgesetzten bekommt, die beiden funken sozusagen auf verschiedenen Wellenlängen. Deutlich aufsteigende Gefühle der Abneigung und mangelnde Wertschätzung können das Moderationsergebnis erheblich beeinträchtigen. Auch in diesem Fall empfehlen wir, einen anderen Moderator zu finden.
Unter Verwendung von http://www.maas-training.de/ maas/DOKU_5.EXE (01-01-27)
Die Erlaubnis des Autors liegt vor.
Weitere Quellen: Thönneßen, Johannes & Reisdorff, Josef (1999). Vorgesetzten-Feedback: Die Kunst der Moderation. Personalführung Heft 12, S. 54-57.
Böning, Uwe (1991). Moderieren mit System. Besprechungen effizient steuern. Wiesbaden: Gabler Verlag:
Moderationsschulung "Prozeßmanager der Lokalen Agenda 21 Baden-Württemberg" Arbeitsmaterialien.
WWW: http://www.lfu.baden-wuerttemberg.de (04-07-04)
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