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Steffen Fliegel: Prüfungsangst *)

PrüfungsangstAlle Menschen sind Zeit ihres Lebens vielfältigen Prüfungen ausgesetzt. Die "heiße" Prüfungszeit erlebt man in der Regel zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr durch Schulabschluss, Führerschein, Ausbildungsabschluss, Bewerbungsgespräche. Aber schon viel eher beginnen die kleinen Prüfungen: Der Besuch will die ersten Worte hören, das erste Laufen sehen. Später das Gedicht unter dem Tannenbaum, die Rolle im Theaterstück der Schulklasse oder nach wochenlangem Training der sportliche Wettkampf. Dazwischen Diktate und Tests in der Schule, Referate vor der Klasse.

Aus einer Untersuchung des "Hochschul-Informations-Systems (HIS)" an der Universität Münster geht hervor, dass ein Fünftel der Studierenden psychische Probleme im Studium hat und vor allem unter Prüfungsängsten leidet. Fast ein Viertel der StudienanfängerInnen verlässt die Hochschule vor dem Abschluss. Häufig werden Prüfungen auch aufgeschoben, da die KandidatInnen nicht wissen, wie sie sich am besten auf eine Klausur oder eine schriftliche Arbeit vorbereiten sollen.

Nach einer repräsentativen Umfrage der Universität Konstanz mit 8350 Studenten an 16 Universitäten und neun Fachhochschulen leiden 36 Prozent der Studenten unter massiven Prüfungsängsten, 24 Prozent der angehenden Akademiker fühlen sich durch die hohen Leistungsanforderungen "stark belastet“. Weit verbreitet sind auch finanzielle Sorgen: Fast ein Drittel der Uni-Studenten und sogar 37 Prozent der Fachhochschüler fürchten ernsthaft um ihr Auskommen. Die Spannbreite der Ängste reicht von mangelndem Selbstwertgefühl über depressive Verstimmungen bis hin zu massiven Versagensängsten.

Auch im mittleren Lebensalter ist nicht Schluss mit Prüfungen, wenn man z.b. im Betrieb oder auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung eine Ansprache halten muss. Siehe dazu Sprechangst.

Bei all diesen Situationen handelt es sich um Bewertungssituationen. Tätigkeiten, die man eigentlich beherrscht, sollen nun vor wichtigen Menschen gezeigt werden, die das Handeln dann gegebenenfalls bewerten. Im Folgenden wird es um die Situationen gehen, in denen Überprüfung von Wissen und Fertigkeiten im Vordergrund stehen, um Prüfungsangst also im klassischen Sinne. Das alles lässt sich natürlich auch auf andere Situationen übertragen.

Speziell für StudentInnen: Helga Knigge-Illner: Prüfungsangst verstehen und bewältigen

Das Problem

Prüfungsangst ist sehr häufig. Die Intensität der Angst hängt von vielen Faktoren ab: Bedeutung des Ergebnisses, wer ist anwesend, wie ist der Allgemeinzustand, wie ausgeprägt ist das verlangte Wissen vorhanden und verfügbar usw. ? Es kann unterschieden werden zwischen normaler Angst (eher: Unsicherheit), begründeter Angst (z.b., wenn der Wissensstoff nicht gelernt wurde) und phobischer, d.h. unbegründeter Angst. Bei phobischen Angstzuständen kann die Prüfungssituation nur mit sehr hoher Belastung absolviert werden.

Die meisten Menschen, die unter Prüfungsangst leiden, haben mehr Angst vor mündlichen Prüfungen und Prüfungen, in denen etwas gezeigt werden muss, als vor schriftlichen Prüfungen. Auch der Ablauf schriftlicher Prüfungen ist nicht zu 100% vorhersehbar, dennoch kommen bei der mündlichen Prüfung mehr Unsicherheitsfaktoren ins Spiel. So ist der Prüfling allein mit einem oder gar mehreren Prüfern und außer seinem Fachwissen stehen implizit auch noch andere Fertigkeiten auf dem Prüfstand, wie Auftreten, die Fähigkeit ein Gespräch in Gang zu halten (und ggf. zum eigenen Vorteil zu lenken), sich auf sein Gegenüber einzustellen, dessen Fragen zu verstehen etc.

wolf merkle prüfungsängsteViele Katastrophenphantasien in bezug auf mündliche Prüfungen machen sich auch an der Person des Prüfers oder der Prüferin fest. Übrigens: StudentInnen mit heftiger Prüfungsangst haben in der Mehrzahl gar keine realen traumatischen Prüfungserlebnisse hinter sich, vielmehr weiß man aus Untersuchungen, dass je weniger Prüfungen StudentInnen in einem Fach durchlaufen müssen, desto wahrscheinlicher entwickeln diese Prüfungsangst. Dazu gehört auch, dass unter Studierenden oft regelrechte Mythen über die Prüfer kursieren, etwal, dass manche besonders gerne die Prüflinge durchfallen lassen, was aber in den wenigsten Fällen der Wirklichkeit entspricht.

Prüfungsangst bringt wie jede Angst den Körper in eine Ausnahmesituation, in der das Gehirn die Situation als existenziell bedrohlich einstuft, sodass das vegetative Nervensystem in höchstem Maße aktiv wird. Dabei werden Stresshormone ausgeschüttet, darunter Adrenalin und Cortisol, wobei sich der Körper in dieser akuten Stresssituation auf die Flucht vorbereitet. Die Ausschüttung von Stresshormonen und die hohe emotionale Erregtheit legen dabei das rationale Denken praktisch lahm, sodass keine klare Einschätzung der Situation mehr erfolgen kann, und das limbische System, das für alle Formen von Emotionen zuständig ist, übernimmt die Führung. Das Herz rast, der Blutdruck steigt, die oder der Betroffene beginnt zu schwitzen, der Magen-Darm-Trakt rebelliert, zugleich lässt die Konzentration nach, die Fehlerwahrscheinlichkeit steigt und manchmal kommt es zum totalen Blackout. Eine Prüfung wird in vielen Fällen ohne rationale Grundlage als existentielle Gefahr empfunden und die Angst bestimmt Denken, Fühlen und Handeln, wobei es bei extremer emotionaler Erregtheit zu Panikattacken kommen kann und die Betroffenen handlungsunfähig werden. Wie bei vielen Ängsten hat das zur Folge, dass ähnliche Erfahrungen in Zukunft die Erinnerungen an solche Prüfungssituationen auslösen, was die Emotionen verstärkt. Prüfungsangst kann daher im wahrsten Sinne des Wortes auch gelernt werden. Als krankheitswertig ist Prüfungsangst aber nur in Sonderfällen einzustufen, wibei sie ihrer Zuordnung nach eine Sonderform der sozialen Bewertungsangst bzw. sozialen Phobie dastellt.

Für eine kindgerechte Darstellung siehe auch "Angst essen Gedanken auf"

Wie äußert sich Prüfungsangst?

Prüfungsangst tritt zumeist nicht erst unmittelbar vor oder während der Prüfung auf, sondern beeinträchtigt die Kandidatinnen und Kandidaten schon lange vorher. Die Symptome der Angst sind vielfältig: Oft tritt bereits mit der Anmeldung zur Prüfung ein Gefühl von allgemeiner Anspannung ein. Die Betroffenen schlafen schlechter, berichten oft von Alpträumen und Angstgedanken.

Die Gefühlsebene ist geprägt von Angst und Hilflosigkeit, Resignation, Hoffnungslosigkeit und depressiven Verstimmungen. Das Verhalten reicht von Vermeidung der Prüfung, Herausschieben des Vorbereitungsbeginns bis hin zu ununterbrochener Vorbereitungstätigkeit, die eher als ruheloser Aktionismus denn als sinnvolle Prüfungsvorbereitung zu bezeichnen wäre.

Die Gedanken an die bevorstehende Prüfung rufen bei den Betroffenen ganz unterschiedliche körperliche Symptome hervor: Herzrasen, Schwindel, Schwitzen, flauer Magen oder "Schmetterlinge im Bauch", nervöser Durchfall oder Verstopfung, zittrige Hände und Beine, Kribbeln in den Fingerkuppen, beschleunigte Atmung usw.

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein gewisses Maß an Erregung die Leistungsfähigkeit steigert, allerdings darf diese Erregung nicht zu hoch sein, da sonst die Konzentrationsfähigkeit wieder abnimmt. Ziel sollte also ein gewisses Ausmaß an Erregung sein (welches bei bevorstehenden Prüfungen in der Regel automatisch eintritt), das aber nicht überschritten werden sollte, da in diesem Fall die Leistungsfähigkeit wieder abnimmt. Ist die Erregung zu groß, kann es gut sein, dass tatsächlich die von manchen gefürchtete Situation des Blackout eintritt und die notwendige Konzentration überhaupt nicht mehr möglich ist.

Gründe für Prüfungsangst

Die Erziehung eines Kindes und jungen Menschen trägt sicherlich entscheidend zur Ausgeprägtheit des eigenen Selbstbewusstseins bei. Menschen, die sich wenig zutrauen und die Erfolge nicht sich selbst zuschreiben, laufen eher Gefahr, Angst vor Prüfungen zu haben. Weitere Gründe für starke Prüfungsangst liegen in schlechten Lern- und Vorbereitungsstrategien, in fehlenden Kompetenzen der Bewältigung von Stress und Belastung, in negativen Vorerfahrungen mit Prüfungen, in zu hohen Erwartungen an das Ergebnis der Prüfung, in genereller Ängstlichkeit und Neigung zu Angst und natürlich in schlechter Vorbereitung und schlechten Leistungen.

Wenn zum Zeitpunkt der Prüfung und Prüfungsvorbereitung schwierige Lebensumstände vorherrschen (Krankheit, Alltags- und Berufsstress usw.), erhöht dies die Anspannung und damit die Angst.

Neben der Angst und der Bedrohung durch den Misserfolg kann aber auch die Angst vor dem Erfolg oder vor den Folgen des Erfolges eine Rolle spielen. Häufig stehen nach bestandenen großen Prüfungen, wie Abschlussprüfungen, nach der Ausbildung, nach einem Vorstellungsgespräch, private oder weitere Veränderungen an. Meist geht ein Lebensabschnitt zu Ende und die weitere Zukunft ist relativ ungewiss. Vielleicht ist auch der Prüfungserfolg mit einem Umzug verbunden, so dass man aus der gewohnten sozialen Umgebung wegziehen und Freunde und Familie verlassen muss. Dann bewirkt vermeintlich die Prüfung im Vorfeld eine Angst, die eigentlich einem anderen Aspekt gilt.

Siehe auch Ursachen kindlicher Angst vor der Schule

Geschlechtsunterschiede

In einem Kooperationsprojekt zwischen pädagogischer und biologischer Psychologie erforscht man am Institut für Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz verschiedenste Facetten der Prüfungsangst und untersucht Strategien, die den Stress reduzieren. Befällt einen Geprüften während eines Tests die Panik, kann dieser sich nicht mehr auf die gestellten Aufgaben konzentrieren. Lehrende können dabei durch ein gezieltes Variieren von schwierigen und leichteren Prüfungsaufgaben den Druck verringern, auch kann ein zuviel des Lobs im Unterricht ebenfalls die nervliche Belastung erhöhen, denn klaffen Selbst- und Fremdwahrnehmung auseinander, erhöht das die Anspannung, auch noch nach der Prüfung. Um das Selbstwertgefühl eines Lernenden zu stärken, ist angemessenes Feedback wichtig, um den SchülerInnen und Studierenden kein unrealistisches Selbstkonzept zu vermitteln. Kinder sollten daher bereits in der Volksschule lernen, ihre eigenen Leistungen und die der MitschülerInnen richtig zu bewerten. Bei der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten zeigen sich dabei deutliche Geschlechtsunterschiede, besonders in naturwissenschaftlichen Fächern, denn hier tendieren männliche Prüflinge dazu, ihr Wissen überzubewerten, während weibliche hingegen ihr Licht tendenziell unter den Scheffel stellen. Jedoch hat diese überkritische Selbstwahrnehmung allerdings auch ihre positiven Seiten, denn es hat sich gezeigt, dass weibliche Kandidaten die Angst eher anspornt, indem sie im Vorfeld ein effektiveres Lernverhalten bewirkt, während männliche Prüflinge dazun eigen, die Vorbereitung auf die Prüfung hinauszuzögern, also eine aufschiebende Strategie verfolgen.

Faktoren zur Genese von Prüfungsangst

Prüfungsangst hängt meist mit den Erfahrungen in der Kindheit zusammen. Folgende Faktoren spielen dabei eine Rolle:

Lösungen

Die Bewältigung der Prüfungsangst kann an allen Punkten ansetzen, die als Ursachen und Auslöser benannt wurden:

Da Betroffene die Prüfungsangst ja unter allen Umständen loswerden wollen, klingt es paradox, dass es zunächst wichtig ist, sie zu akzeptieren, ohne sich allerdings mit ihr abfinden zu müssen. Für eine bestimmte Zeit sollte diese Angst, die ja immer wichtige Gründe hat, angenommen und als zur eigenen Person dazugehörend gesehen werden, um sie einmal näher zu betrachten. Die Prüfungsangst kann wertvolle Informationen liefern über bislang nicht bewusst wahrgenommene eigene Bedürfnisse, z.b. nach Anerkennung. Die gewonnenen Informationen hierüber können wichtige Ansatzpunkte bieten für die Veränderung der Angst.

Die Prüfungsangst selbst erfordert den Einsatz vieler Energien, Angst kostet Kraft. Es sollte versucht werden, diese Energien, die in der Prüfungsangst stecken, umzuleiten und für eine effektive Prüfungsvorbereitung zu nutzen. Wichtig ist es dabei, sich realistische Ziele zu setzen und nicht am Beginn der Vorbereitung gleich alles zu sehen, was noch zu leisten ist. Das kann gar nicht funktionieren. Das heißt, der gesamte Stoff (z.b. theoretische Kenntnisse für die Fahrschulprüfung in Teilziele formulieren: 1 Arbeitsblatt pro Woche). Und immer nur an diesem einen Ziel arbeiten und nicht alles sehen, was noch nicht erreicht ist.

Genügend Zeit für die Vorbereitung einplanen, wenn es möglich ist. Je näher der Zeitpunkt der Prüfung kommt, umso mehr Unruhe wird verspürt, mehr Anspannung verhindert aber effektive Vorbereitung. Und das umso mehr, je umfangreicher der Stoff ist.

Auseinandersetzung mit der Prüfung, anstatt den Blick wegzulenken. Das heißt, sich immer wieder Fragen stellen und beantworten, eventuell mit Hilfe von Menschen, die eine solche Prüfungsherausforderung hinter sich haben oder daran beteiligt sein werden. Wichtige Fragen sind:

Informationsquellen hierfür sind, der Prüfer/die Prüferin selber, Kolleginnen und Kollegen, Freunde, Bücher, Richtlinien, Internet, Broschüren, Menschen, die diesen Weg schon gegangen sind, ggf. vorherige Teilnahme, falls möglich, ein persönliches Vorgespräch.

Überprüfung von Bereichen, in denen man bei sich möglicherweise Defizite aufdeckt und an denen man durch gezielte Maßnahmen arbeiten kann: Füllen von Wissenslücken, Verbessern des Arbeitsverhaltens, Verbessern des Darstellungs- und Gesprächsverhaltens (Kommunikation). Hier können andere Menschen sehr hilfreich sein.

Im Rahmen eines allgemeinen Zeitmanagements sollten in einem konkreten Wochenplan auf einem großen Kalenderblatt alle Termine der Woche eingetragen werden. Für jeden Tag muss der Umfang der Vorbereitungszeit festgelegt werden. Dabei sind natürlich auch alle anderen Tätigkeiten (beruflich und privat) angemessen zu berücksichtigen, damit eine realistische Einteilung möglich wird. Die Vorbereitungszeit unrealistisch einzutragen, hieße, in Druck zu kommen und die Angst zu erhöhen. Auch Pausenzeiten, Freizeiten und Zeiten für angenehme Tätigkeiten (Belohnungen) gehören unbedingt dazu.

Eine weitere Voraussetzung zur Angstreduktion sind günstige Arbeitsbedingungen. Geht es um eine Theorieprüfung, um "Schreibtischarbeit" gehören dazu ein aufgeräumter, gut beleuchteter, nicht ablenkender, aber dennoch angenehm gestalteter Arbeitsplatz, an dem die notwendigen Materialien leicht erreichbar sind. Partner, Kinder und Freunde sollten über die Arbeitszeiten informiert sein und währenddessen nicht stören.

Neben den Rahmenbedingungen und Plänen sind aber natürlich effektive Lernmethoden für einen Prüfungserfolg unerlässlich. Das Behalten von Gelerntem hängt zum einen von dem Stoff ab, zum anderen von der Lernmethode. Hilfreich ist es auch, sich von anderen befragen zu lassen.

Angst ist mit Unruhe, Nervosität, Bauchflattern und Anspannung verbunden. Diese Anspannung verhindert, wenn sie zu groß wird, eine effektive Vorbereitung und genügend Aufmerksamkeit während der Prüfung (Lampenfieber z.b. steigert die Leistung, ist es zu stark, lähmt es.) Hilfreich können hier verschiedene Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Atemübungen etc. sein. Diese lassen sich mit Hilfe von Ton- oder Videokassetten und Taschenbüchern selbst erlernen. Viele Volkshochschulen und Familienbildungsstätten bieten aber auch gute Entspannungskurse an.

Oft sind es auch die negativen und mit Horrorvorstellungen besetzten Gedanken, die Prüfungsängstlichen einen Strich durch die (Konzentrations-)Rechnung machen. Gedanken und Gefühle hängen sehr eng miteinander zusammen. Daher sollte man seine Angstgedanken aufspüren und vor allem auf den Realitätsbezug und Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Oft denken Betroffene "Ich kann nichts." "Das werde ich nie schaffen." etc. In der Regel handelt es sich bei den ersten Gedanken um Verallgemeinerungen, Katastrophenphantasien, die dann durch realistischere und angstsenkende Gedanken ersetzt werden müssen, z.b. durch: "Es ist noch eine Menge Arbeit, aber ich bin schon ein ganzes Stück voran gekommen, Thema XY habe ich schon gelernt. Die Leute werden mich nicht auslachen. Wenn ich dort sitzen würde, könnte ruhig ein anderer mal einen Fehler machen. Ich werde es schon schaffen." Man kann auch dazu übergehen, sich immer wenn man merkt, dass die Angst auftritt, innerlich hilfreiche Sätze zu sagen, wie z. B. "Du hast schon eine Menge vorbereitet. Die Prüfer sind auch nur Menschen. Wenn ich durchfalle, geht auch die Welt nicht unter. Jetzt erst einmal tief durchatmen und dann in Ruhe ordnen, was als nächstes anliegt. Etwas Anspannung zu spüren ist gut, das steigert meine Leistungsfähigkeit."

Die Allgemeine-Angst-Auskunft.de (www.angst-auskunft.de/AAA_Pruefungsangst.htm) schlägt folgende Wege aus der Prüfungsangst vor:

Zuletzt sei noch auf eine gute Technik hingewiesen, um die Angst zu bewältigen: Soviel wie möglich von der Prüfung vorwegnehmen. Wenn dabei die Angst zu groß und kaum aushaltbar ist, kleine Schritte wählen:

Motto: Konfrontieren statt vermeiden und fliehen.

Man kann selber einiges tun und ausprobieren, um seine Angst vor Prüfungen in den Griff zu bekommen. Wenn man allerdings feststellt, dass man alleine oder auch mit Hilfe vertrauter Menschen nicht damit fertig wird, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen.

An den Universitäten oder in der Schulpsychologie, sowie in Beratungsstellen werden häufig Unterstützungen in Gruppen angeboten.

Wenn die Angst zu stark ist und lähmt, wenn die körperlichen Symptome sehr ausgeprägt sind, wenn die Vermeidung überhand nimmt, sollte die rechtzeitige Durchführung einer Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Die Kosten dafür übernimmt dann in der Regel die Krankenkasse.

Tipp: Langsame Bauchatmung
Lege die Hand flach etwa 2 cm unterhalb des Nabels auf die Bauchdecke. Atme tief ein und stellen dir vor, wie der Atem langsam bis hinunter zu der Hand fließt und schließlich die Hand hochhebt. Dann stell dir vor, wie der Atem langsam wieder über den Brustraum zurück über die Nase nach außen entweicht. Konzentriere dich darauf, wie die Hand wieder nach unten sinkt. Wiederhole diese Übung mehrere Minuten bzw. solange, bis du deutlich entspannter und ruhiger bist.

In einer Untersuchung zum Zusammenwirken kognitiver, affektiver und sozialer Faktoren beim Lernen im Physikunterrichtwurden in 24 Klassen neben kognitiven Konstrukten (Vorwissen, Lernergebnisse und Lernstrategien) auch kognitiv-emotionale (Selbstkonzept, Interesse), affektive (Motivation, Angst, Langeweile, Wohlbefinden) und soziale Variablen (Sozialklima, familiales Erziehungsverhalten) erhoben. Dabei kamen sowohl quantitative als auch qualitative Methoden zum Einsatz. Interesse und Emotionen wurden in situationsbezogene und in überdauernde, eher biografisch gefestigte Komponenten differenziert.

Über die bekannte Erfahrung hinaus, dass kognitive Merkmale wie das Vorwissen sehr wesentliche Prädiktoren für das schulische Lernen sind, wurde nachgewiesen, dass das positive Unterrichtserleben für die lernorientierte Erarbeitungsphase bedeutsam ist , weniger für die leistungsorientierte Übungsphase. Zusätzlich zeigten sich positive Zusammenhänge mit der wahrgenommenen Fürsorglichkeit des Lehrers und dem lernfördernden Elternverhalten.

Die Fachangst steht in negativem Zusammenhang mit dem Lernerfolg in beiden Unterrichtsphasen. Die situative Angst im Sinn einer Besorgtheit um den Lernerfolg zeigte hingegen einen positiven Zusammenhang mit dem Leistungsvermögen am Ende der Übungs-phase. Hier bestätigt sich, dass Ängste ambivalent auf Handlungen wirken. 

 


Strategien gegen Prüfungsangst

Menschen mit Prüfungsangst beschreiben ihr Problem häufig als etwas, was ihnen passiert und sie überwältigt. Angst ist allerdings immer eine aktive Leistung des Organismus, mit der Situation "fertig" zu werden, aber dem Ergebnis "Prüfungsangst". Jemand mit Prüfungsangst hat also innere und meist unbewußte Strategien (Denkmuster), diese zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. Fragt man nach den bisherigen Lösungsversuchen, erfährt man meist nur von Versuchen, die wenig gebracht haben (z.B. sich zusammenreißen, ...)

So stellen sich also z.B. Fragen wie:

Nachfolgende Strategien sind nicht frei erfunden, sondern wurden in der Arbeit mit betroffenen Schülern gesammelt, ausprobiert und als sehr effektiv gefunden, wenn es darum ginge, Prüfungsangst zu entwickeln:

Aus dieser Sammlung läßt sich unschwer erkennen, wie wichtig es ist andere Denkmuster zu entwickeln, die auch zu einem anderen Erleben führen werden.

Quelle: http://www.asn-ibk.ac.at/schulpsychologie/psycho/angst1.html (00-10-06)

Siehe dazu auch 15 Tipps für die erfolgreiche Prüfungsvorbereitung

Psychoanalytische Erklärung der Prüfungsangst

Prüfungsängste rühren häufig aus der individuellen Lebens- und Lerngeschichte her, denn Kinder strenger Eltern entwickeln häufig Minderwertigkeitsgefühle und geringes Selbstvertrauen: "Das schaffst du nicht. Das kannst du nicht. Das machst du nicht schnell genug. Du bist sowieso doof. Ich habe es dir immer gesagt, dass du das nicht kannst. Dummheit kennt keine Grenzen, laß mal, ich mach das selber. Aus dir wird sowieso nichts." Auch eine kritische Bemerkung wie: "Naja!" zu einer befriedigenden, guten oder fast sehr guten Zensur zerstört möglicherweise das Selbstwertgefühl des Kindes. Das Zweifeln am eigenen Können ist daher manchmal Ausdruck elterlicher, zerstörerischer Beziehungsgewalt, die zu einem fehlenden Selbstvertrauen führt.

Auch Lehrer können erhebliche Zweifel in ein Kind setzen, indem sie es verspotten oder häßliche Bemerkungen zu guten Leistungen machen wie: "Ein blindes Huhn findet auch mal einen Korn".

Prüfungsängstliche sehen im Prüfer, in Lehrern oder Vorgesetzten die kritischen Eltern und fühlt sich in die Kindheit zurückversetzt, in der er sich ohnmächtig fügen mußte. Der Zorn, die Angst und die damals erlebte Ohnmacht überschwemmen das Ich und führen zu einer Blockade.

Aber auch eine ungelöste Symbiose mit Mutter oder Vater ist eine häufige Ursache von Prüfungsangst ist, denn Symbiose geht mit Angst, Depressivität und Passivität einher. Das Versorgtsein im Mütterlichen, die fehlende Verantwortung für das eigene Leben, die erlernte Hilflosigkeit und das alleinige Vertrauen in die Kraft der Eltern erschüttern - falls es zu keiner allmählichen Ablösung kommt - den Glauben an sich selbst und entwickelt nur eine geringe Ich-Stärke. Häufig ist es die mangelnde Erlaubnis, sich von seinen Eltern und den verinnerlichten Elternfiguren zu lösen. Eine häufige implizite Botschaft ist: "Werd nicht erwachsen! Bleib mir treu! Bleib ein Kind, das ich bemuttern kann!", sodass daraus Minderwertigkeitsgefühle entstehen dadurch, dass der Prüfling diese Erlaubnis nicht hat, erwachsen zu werden.

Manche Formen der Prüfungsangst können erst durch eine therapeutisch geleitete Verarbeitung des elterlichen Autoritätskonfliktes, die Überwindung der krankmachenden Symbiose mit den Eltern, durch das Stärken des Selbstvertrauens und das Erlernen eines strukturierten Arbeitsverhaltens überwunden werden. Das Bewußtmachen der psychologischen Hintergründe kann dabei unterstützen, allmählich zu lernen, sich auch für kleine Erfolge zu loben und somit das Selbstbewußtsein dauerhaft zu stärken: "Ich bin wichtig, ruhig und gelassen! Ich schaffe es! Ich bin erfolgreich!" Allerdings ersetzen solche "Formeln" nicht das aktive Lernen bzw. die effektive Prüfungsvorbereitung.

Quelle: http://www.wilhelm-griesinger-institut.de/vortraege/pruefung.html (03-01-06)

Schüler sollen lieber fernsehen als büffeln ! Die beste Vorbereitung auf eine Prüfung: Fernsehen?

Nicht lernen bis knapp vor dem Termin, sondern fernsehen ist das Beste vor Prüfungen. Das hat der britische Wissenschafter Kevin Warwick von der Reading University nach einem Bericht in "Psychologie heute" heraus-gefunden. Büffeln bis zuletzt verkrampfe nur. Dagegen sorgen vor allem Talkshows dafür, dass das Gehirn vor dem Testtermin ausgeruht wird. Warwick und Kollegen haben 200 Personen im Alter von 18 und 19 Jahren getestet. Sie sollten meditieren, Kreuzworträtsel lösen, klassische Musik hören, etc. Die Überraschung: Nach einer halben Stunde einer seichten Talkshow stieg der IQ um bis zu sechs Punkte an. Freilich: Ohne Lernen im Vorfeld einer Prüfung geht gar nichts. Auch das betonen die Wissenschaftler.

Quelle:  Die Presse vom 12.1.2001, S. 17

Schülerängste

Lehrerängste

  • Die Schullaufbahnangst: Angst vor schlechten Zensuren, dem Sitzenbleiben, dem dropping-out und dem Schulversagen
  • Die Lern- und Leistungsangst: Angst, etwas nicht lernen oder leisten zu können, nicht zu begreifen, überfordert zu sein, in Prüfungen zu versagen.
  • Die Stigmatisierungsangst: Angst, vor dem Lehrer und den Mitschülern bloßgestellt zu werden, sich lächerlich zu machen, Prestige zu verlieren, als "dumm", "faul" oder "schlecht" zu gelten.
  • Die Trennungsangst: Angst allein zu sein, sich (z. B. von zu Hause) trennen zu müssen, auf sonstige Hilfen, Personen und Zusprüche verzichten zu müssen bzw. einen bedrohlichen Verlust zu erleiden.
  • Die Strafangst: Angst vor Liebesentzug, Tadel, Strafen, Ungerechtigkeiten, Repressalien.
  • Die Personenangst: Angst vor bestimmten Personen, z. B. vor dem Rektor, einem Lehrer, einem Mitschüler oder einer ganzen Clique.
  • Die Konfliktangst: Angst vor bestimmten Konflikten, etwa sich auflehnen zu wollen, aber nicht mucken zu dürfen, oder im Gestrüpp der drei Lehrplanstrategien (offizieller, idealer und geheimer Lehrplan) hin- und hergerissen zu sein.
  • Die Institutionsangst: Angst vor der Schule als Institution, deren hierarchischen Herrschaftsstrukturen, deren Größe und Unüberschaubarkeit, die den einzelnen anonymisieren bzw. aggressiv aufladen.
  • Die neurotische Angst: Angst vor der Angst die auf einen zukommt und phobische Zustände hervorruft, sowie Ängste, die sich psychosomatisch, depressiv oder zwanghaft äußern.

Quelle: http://www.fortunecity.de/
kunterbunt/saarland/23/angst.htm (02-11-29)
  • Die Versagensangst: Angst, den Stoff nicht genügend zu beherrschen, Fehler zu machen, mit Erziehungsschwierigkeiten überfordert zu sein usw.
  • Die Konfliktangst: Angst, sich wehren zu wollen, aber sich ducken zu müssen oder die "Fragwürdigkeit der Zensurengebung" für erwiesen zu halten, jedoch gezwungen zu sein, wider besseren Wissens Noten erteilen zu müssen.
  • Die Herrschaftsangst: Angst vor Vorgesetzten, einflußreichen Eltern, der Schul(aufsichts)hierarchie mit ihren oft verborgenen Unterdrückungsmechanismer vor "tyrannischen" Schülern usw.
  • Die unbewußte Angst: Angst vor der eigenen Emotionalität und Triebhaftigkeit also z. B. vor verdrängten aggressiven oder sexuellen Impulsen, vor zärtlicher Sympathien gegenüber bestimmten SchülerInnen und den sie umgebenden Tabus.
  • Die Existenzangst: Angst, keine Anstellung oder Weiterbeschäftigung zu finden oder auch wegen bestimmter politisch-pädagogischer Überzeugungen als "Radikaler" diffamiert zu werden;
  • Die Trennungsangst: Angst, von Kollegen, Verbündeten, der Wissenschaft usw. über kurz oder lang im Stich gelassen zu werden, allein und von sonstigen Hilfen (auch emotional-familiärer Art) abgeschnitten zu sein.
  • Die Personenangst: Angst vor ganz bestimmten Personen, z. B. vor einem Schüler, einem Kollegen, dem Rektor oder Schulrat, wobei reale Bedrohungen erfahren werden, aber auch übertragene bzw. projizierte innere Ängste, die lediglich an bestimmten "reizvollen" Personen festgemacht werden.
  • Die Strafangst: Angst vor Sympathieverlust, Sticheleien, Ungerechtigkeiten, Schikanen, Repressalien, schlechter Beurteilung usw., gegen die sich zu wehren selbstschädigend ist.
  • Die neurotische Angst: Angst vor der Angst, die auf einen zukommt und oft phobische Zustände bzw. zwanghafte, depressive oder auch psychosomatische Symptome hervorruft.

 

Der Arbeitsplatz Schule

wird für viele Lehrerinnen und Lehrer in immer früheren Berufsjahren zur Zerreißprobe. Bereits 58,3 Prozent der Unterrichtenden scheiden nach einer Untersuchung in Bayern vor Erreichen der Pensionsaltersgrenze aus dem Schuldienst aus, 35,2 Prozent von ihnen wegen Dienstunfähigkeit (4. Bericht zur Lehrergesundheit des Kultusministeriums 2004). Über die Hälfte der Frühpensionierungen erfolgt aufgrund psychischer oder psychosomatischer Erkrankungen (52 Prozent), Muskel-/ Skelett- (17 Prozent) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (10 Prozent). Eine der Ursachen dieser Entwicklung ist ein stetig zunehmendes Aufgabenspektrum, das weit über die reguläre Unterrichtstätigkeit hinausgeht. Aktuelle Umfrageergebnisse der Studie zu "PAllianCZ" belegen die dringende Notwendigkeit, Lehrerinnen und Lehrern ein Hilfsangebot bereitzustellen: bei 66,25 Prozent der Befragten in Bayern und Tschechien liegt eine ernstzunehmende Burn-out-Gefährdung vor.

Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle der Universität Passau (2007)

Informationen, Literatur

Selbsthilfe: Seminare und Kurse für Prüfungsängstliche bieten Volkshochschulen, Familienbildungsstätten und andere regionale Institutionen an. Häufig hilft ein Blick ins Internet (Suchmaschine: Prüfungsangst/-Ort-)

Entspannungskurse gibt es in jeder Stadt (Volkshochschule, Gesundheitszentrum, Familienbildungsstätten)

Literatur

Ceh, Johann: Keine Angst vor Prüfungen. München / Landsberg am Lech: MVG-Verlag im Verlag Moderne Industrie 1993. 11,80 DM

Knigge-Illner, Helga: Keine Angst vor Prüfungsangst. Frankfurt/M.: Eichborn 1999.
Helga Knigge-Illner: Prüfungsangst verstehen und bewältigen

Laukenmann, Matthias (2001). Emotionen und Lernen. Didaktik der Physik. DPG-Frühjahrstagung Bremen.
WWW: http://www.ph-ludwigsburg.de/physik/laukenmann/Forschung/dpg_bremen.doc (02-09-02)

Stangl, W. (2022, 26. November). Prüfungsangst. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
https://lexikon.stangl.eu/12794/pruefungsangst.

Unverzagt, Gerlinde: Endlich geschafft, Prüfungsängste bewältigen. Zürich: Kreuz-Verlag 1997.

WDR2-Westzeit-Informationsblatt zum Thema "Entspannungsverfahren"

Ein kleiner Test zur Prüfungsvorbereitung mit anschließender Auswertung:

Schnelltest Prüfungsvorbereitung
WWW: http://www.medi-learn.de/cgi-shl/Schnelltest.pl (02-10-11)
Die Interpretation des Online-Test "Prüfungsvorbereitung" geht dabei auf Lernort, Lernplanung und Lernzeit, Lern- und Lesestil ein und gibt entsprechende Empfehlungen.

Dieser Test ist leider nicht mehr verfügbar!


Quelle: Steffen Fliegel (1998). Prüfungsangst.
WWW: http://www.wdr.de/ (00-10-06)

Der Text der Seite basiert in wesentlichen Teilen auf dieser Webpage. Die Erlaubnis des Autors liegt vor. 

Zum Autor

Dr. Steffen Fliegel ist der Psychologe der WDR2 WESTZEIT. Steffen Fliegel (Jahrgang 1949) wurde in Dresden geboren. Psychologie studierte er in Münster, wo er heute auch wohnt und arbeitet. Er ist ausgebildet als Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Nach beruflichen Stationen als Hochschulassistent, Psychologischer Leiter einer Fachklinik und Geschäftsführer eines Psychotherapiezentrums arbeitet Steffen Fliegel heute bei der Münsteraner Gesellschaft für Klinische Psychologie und Beratung und ist Ausbildungsleiter der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. Schwerpunkte seiner Arbeit sind neben Ausbildungsaktivitäten die Durchführung von Psychotherapie, die Tätigkeit als Gutachter sowie Öffentlichkeits- und Medienarbeit.
(Quelle: http://www.wdr.de/radio/wdr2/westzeit/fliegel.html - 01-11-08)

 



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