Portfolio
Was ist ein Portfolio?
Übrigens: Unter einem Portefeuille verstand man früher eine Brieftasche, unter einem Portfolio verstehen Börsianer eine Zusammenstellung von Wertpapieren.
Ein Portfolio enthält Pflichtteile, die verfertigt und mit den Lehrenden besprochen werden müssen, und Wahlteile, die der sehr persönlichen Ausformung unterliegen, und bei denen der Lernende selbst entscheidet, was er in welcher Form somit aus der Hand gibt und mit wem er es bespricht. Daher empfiehlt sich meist eine Loseblattsammlung bzw. eine Art Sammelmappe für diese meist ganz unterschiedlichen und vielfältigen Unterlagen. Ein Portfolio sollte dennoch in erster Linie kein Instrument der Bewertung oder Fremdkontrolle sein (s.u.).
Ein Portfolio schafft Bedingungen dafür, dass Lernende im Rahmen der Unterrichtsarbeit und auch darüber hinaus vollständige Lernakte bzw. größere Lernprojekte angehen und als Leistungen "abrechnen" können. Im Gegensatz zur vorherrschenden Leistungsüberprüfung bietet die Arbeit mit Portfolios bessere Möglichkeiten, komplexe, individuelle, selbstgesteuerte und reflexive Lernvorgänge anzulegen. Die schulische Arbeit etwa kann stärker auf den einzelnen Lernenden und seine Entwicklung ausgerichtet werden. Da die Arbeiten eines Portfolios in der Regel ein vorzeigbares Niveau haben und auch in der Form gestaltet sind, dass sie ansprechend wirken und anderen zugänglich gemacht werden können, eignen sich Portfolios grundsätzlich für die Leistungspräsentation gegenüber Dritten (vgl. Vierlinger 1999, S. 31ff). Voraussetzungen sind aber Selbständigkeit im Lernen, Methodenkompetenz und soziale Fähigkeiten, welche allesamt als Schlüsselqualifikation für zukünftiges Arbeiten gelten können.
In den USA begann Mitte der 1980er Jahre eine explosionsartigen Ausbreitung von Portfolios in der pädagogischen Praxis (vgl. Elbow & Belanoff 1997) und es wirdvon Portfolios als einem der curricularen "Toptrends" gesprochen (vgl. Vavrus 1990). Die Erfahrungsberichte zum Einsatz von Portfolios als Lehr- und Beurteilungsinstrument reichen vom Leseunterricht über die bildenden und darstellenden Künste bis hin zum naturwissenschaftlichen Unterricht auf nahezu sämtlichen Altersstufen. Inzwischen ist allein in den USA die auf Portfolio Bezug nehmende Literatur kaum mehr zu überblicken. Gelegentlich wird bereits von einer "Portfoliomanie" (Behrens 2001) berichtet, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass in der Regel nur wenig Klarheit darüber besteht, was sich hinter dieser Etikette im pädagogischen Bereich verbirgt. Eine Definition unter vielen: Ein Portfolio ist "eine zweck- und zielgerichtete Auswahl eigener Arbeiten einer Schülerin, eines Schülers, in welcher die Bemühungen, Fortschritte und Leistungen in einem oder mehreren Bereichen dargestellt und reflektiert werden" (Paulson, Paulson & Meyer 1991).
In jüngster Zeit sind Portfolios zu einer Art Mode geworden - während man früher im Anschluss an Forschungsarbeiten oder Entwicklungsarbeiten Abschlussarbeiten oder -berichte anfertigte, findet man jetzt an deren Stelle Portfolios. So enden Evaluationen von Institutionen häufig in einem Portfolio, in denen der Prozess der Evaluation mehr oder minder umfangreich dokumentiert wurde. Neuerdings konkurrieren Bildungsinstitutionen z.B. mit eigenen "Schulentwicklungsportfolios", um nach Außen hin ihre Programmarbeit zu dokumentieren, wobei das vor allem gegenüber den meist finanzierenden Aufsichtsbehörden notwendig geworden ist. Nach Innen dienen solche etwa als Ersatz für die früheren Jahrbücher oder Jahresberichte, mit denen man vor allem den Eltern der SchülerInnen die schulischen Leistungen demonstrieren konnte. Während solche Jahrbücher später zur beschaulichen und oft nostalgischen Lektüre zur eigenen lange zurückliegenden Schulzeit dienen konnten, findet man in den heutigen Schulentwicklungsportfolios Meilensteine, Qualitätsindikatoren, Prozessreflexion, Qualitätssicherungsstandards, Evaluationsergebnisse, Reflexionsfragen oder Controllingmaßnahmen, wodurch sich diese kaum mehr vom Jahresbericht einer Aktiengesellschaft unterscheiden ;-)
Arten von Portfolios
Das Arbeitsportfolio (Working Portfolio)
- Ausgewählte Zusammenstellung von Arbeiten eines Schülers/einer Schülerin zu einem speziellen Lerngegenstand
- Kann abgeschlossene Arbeiten enthalten, aber auch solche, die noch in Bearbeitung sind
- Einzelne Teile dieser Zusammenstellung können auch in ein Beurteilungsportfolio (Status Report- bzw. Assessment Portfolio) oder ein Vorzeigeportfolio (Showcase Portfolio) übernommen werden
- Kann vom Lehrer zur Beratung von Schülern in einem Lernprozess herangezogen werden und ermöglicht so eine adressatenorientierte, differenzierte Unterrichtsplanung.
- Einüben des Zusammenspiels von Selbst- und Fremdevaluation, daher im Allgemeinen ohne Leistungsmessung durch Zensuren.
Das Beurteilungsportfolio (Status Report- bzw. Assessment Portfolio)
Sollen Portfolios zur Leistungsmessung und damit auch zur Notengebung dienen, müssen die Kriterien, nach denen sie erstellt und schließlich bewertet werden, klar entwickelt werden. Dies betrifft sowohl Umfang, Inhalt und sprachliche Gestaltung und äußere Form des Portfolios. Hierzu sollten die Schülerinnen und Schüler am besten eine Liste erhalten, die die entsprechenden Anforderungen eindeutig fixiert.
- Dokumentierte Bewältigung von bestimmten Aufgaben, die sich an einer klar vorgegebenen und klar umgrenzten Menge von Lernzielen zu einer bestimmten Unterrichtssequenz orientieren.
- Nachweis darüber, dass bestimmte Lernhandlungen durchgeführt worden sind (z. B. Informationsrecherche, Verfassen von bestimmten Texten, z. B. schulische Schreibformen, kreative Arbeitsprozesse usw.)
- Für Vergleichbarkeit und Transparenz bei der Beurteilung müssen klare, nachvollziehbare und praxistaugliche Kriterien - am besten in Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern - vor der Erstellung des Portfolios entwickelt und verbindlich festgelegt werden. Diese Kriterien betreffen auch die äußere Form.
- Abschluss mit Evaluation
- Tests und Klassenarbeiten herkömmlicher Art, die bestimmte Leistungen im Rahmen eines Lernprozesses messen sollen, widersprechen dabei dem Konzept des Beurteilungsportfolios nicht, sondern können u. U. eine sinnvolle Ergänzung sein.
Das Vorzeigeportfolio (Showcase, Display oder Best Works Portfolio)
- wohlüberlegte und begründete Auswahl der besten Arbeiten einer Schülerin/eines Schülers oder solche, mit denen er/sie am meisten zufrieden ist
- besonders häufig in Bildender Kunst, wird aber auch fächerübergreifend verwendet
- Auswahl der Arbeiten dokumentiert einen längeren Zeitraum, der ein Schuljahr oder sogar länger umfassen kann.
Das Entwicklungsportfolio (Time Sequenced - oder Process Portfolio)
- Sammlung von Arbeiten über einen längeren Zeitraum hinweg.
- Arbeiten, die zu Beginn eines Lernprozesses erstellt worden sind, und solche, die am Ende des Lernprozesses stehen.
- Grundlage der Selbst- und Fremdevaluation auf der Basis vorgegebener Ziele
Das fächerübergreifende Portfolio (Interdisciplinary Unit Portfolio)
- Dokumentation fächerverbindenden und fächerübergreifenden Lernens zu einem bestimmten Lerngegenstand oder Thema (Lernfeld)
- Sammlung von Arbeiten zu allgemeinen Themen wie Lernen lernen, Selbstorganisation des Lernens, Arbeitsmethoden sowie zu fächerübergreifenden Themen wie AIDS, Sucht, Rechtsextremismus oder neue Medien
Das themaerschließende Portfolio (Celebration Portfolio)
- Sammlung von Arbeiten zu einem Lerngegenstand oder Thema, dessen besonderen Untersuchungsgegenstand die Schüler erst selbst entwickeln müssen.
- Herausarbeiten und Weiterentwickeln einer Fragestellung mit eigenen Arbeiten und unter dem Einfluss des Feedbacks der Lerngruppe und des Lehrers.
Das Bewerbungsportfolio
- Dokumentation des schulischen Werdeganges, erworbener Abschlüsse und ausgewählter Arbeiten aus verschiedenen Bereichen, die einem anderen Aufschluss über die eigene Person, ihren Charakter und ihre Fähigkeiten geben können und über die Standard-Bewerbung hinausgeht.
- Bestandteile u. a. Einleitungsbrief, Lebenslauf, Abschlusszeugnisse, Zertifikate der Schule (z. B. über das Engagement als Klassen-, Stufen- oder Schulsprecher, über die Mitarbeit in einer Theater-AG o. ä., die Organisation von Schulveranstaltungen), Nachweise über die Teilnahme an anderen Kursen, Empfehlungsschreiben usw. Dazu können u. a. kommen: Arbeitsvideos, ein persönliches Schreiben, die Biographie eines Vorbildes, die Dokumentation einer gemeinnützigen Arbeit, Leserbriefe an Zeitungen, Buch-, Theater- oder Filmbesprechungen usw.
Siehe dazu den Exkurs Bewerbung: Hinweise zum Verfassen eines Lebenslaufs und das Schema Europäischer Lebenslauf (Download als .rtf-Datei, 104 KB)
Das Präsentationsportfolio (Presentation Portfolio)
Was in ein Präsentationsportfolio eingehen soll, muss genau beschrieben werden, damit es seine Funktion bei der erwarteten Dokumentation des Lernprozesses und bei der Leistungsbewertung erfüllen kann. Diese Elemente können natürlich je nach Erfordernissen, Präferenzen und Vereinbarungen sehr verschieden ausfallen, so an dieser Stelle keine verbindlichen Anforderungen formuliert werden können. Die Kriterien, die dafür entwickelt werden, sollten jedoch diesem Mischtyp von prozess- und ergebnisorientiertem Portfolio gerecht werden. Elemente eines Präsentationsportfolios könnten sein:
- Allgemeine Zielvorgaben
- Arbeitspläne zum Zeitmanagement
- Exposé
- Exzerpte, Konspekte zu verwendeten Quellen
- Schreibaufgaben, die im Rahmen der Präsentationserstellung durchgeführt werden müssen
- Dokumentation von Informationsrecherchen (Bibliotheksbesuch, Internetrecherche)
- Zwischenberichte
- Beurteilung
- Literaturverzeichnis
- Schriftliche Ausarbeitung als Referat
- Video-Aufnahme (Generalprobe)
- Präsentationsmedien und Entwürfe dazu (Folien bzw. Folienausdrucke, Handouts usw.)
- Präsentation in digitaler Form (z. B. PowerPoint-Präsentation auf CD-ROM)
- Thesenpapier für die Diskussion
Einige weitere Anmerkungen
- Das Portfolio ist in Typo und Layout (Seiteneinrichtung, Seitenrand, Schriftart, Schriftgröße) weitgehend einheitlich zu gestalten. Vollständigkeit, übersichtliche und ordentliche Gestaltung sind Beurteilungskriterien, die für alle im Portfolio abgegebenen Arbeiten gelten.
- Ein Zeitplan dokumentiert die wichtigen zeitlichen Daten für die Erstellung der Präsentation. Er gibt die ursprünglich vorgesehene Zeitplanung wieder und wird ergänzt durch einen nach Abschluss der Präsentation erneut, nun korrigiert anzufertigenden Plan über den tatsächlichen Zeitablauf.
- Ein Arbeitsprozessbericht wird als eine Art Arbeitstagebuch beigefügt. In diesem Arbeitstagebuch, das auch handschriftlich angefertigt werden kann, wird die Durchführung der einzelnen Arbeitsschritte in vollständigen und zusammenhängenden Sätzen beschrieben. Dabei werden besondere Probleme bei der Durchführung angesprochen und die Überlegungen zu ihrer Lösung festgehalten. (z.B. "Meine Informationsrecherche im Internet führte heute bei Google mit den Suchbegriffen "Kafka Frauen Prag" zu 257 Treffern. Meine kurze Sichtung der ersten 35 Treffer brachte keine brauchbaren Ergebnisse. Ich werde daher meine Suchbegriffe ändern. Das von mir in der Uni gesuchte Buch von K. Beissner "Kafka" ist leider verliehen und erst in 3 Wochen zu erhalten. Ich muss daher erst einmal überlegen, welches andere Buch mir einen kurzen, aber auch prägnanten Überblick über Kafka und seine Frauenbeziehungen in Prag gibt. Wahrscheinlich muss ich deshalb übermorgen erneut in die UB. Über die Person Kafkas habe ich eine Menge Bildmaterial im Internet gefunden und auf meinem PC gespeichert. Problem: Darf ich die eigentlich ohne Weiteres benutzen? Ich werde morgen in der Schule fragen.)
- Wird den Adressaten einer Präsentation ein Handout gegeben, auf dem z. B. die wichtigsten Thesen zur Präsentation zusammengefasst sind, so gehört dies natürlich auch ins Portfolio.
- Von Folien für den Tageslichtprojektor werden im Allgemeinen Kopien angefertigt, wenn sie farblich in besonderer Weise gestaltet sind und keine Farbkopie möglich ist, kann auch die Originalfolie ins Portfolio aufgenommen werden.
- Wird die Präsentation unter Zuhilfenahme elektronischer Präsentationsprogramme wie Microsoft PowerPoint durchgeführt, so muss die Präsentation auf CD-ROM gebrannt werden. Ferner ist die Handout-Ansicht der Folien auszudrucken. Beides wird im Portfolio abgegeben.
Entwicklung und Erstellung eines Portfolios
Die Erstellung eines Portfolios erfolgt meist in vier Arbeitsschritten (Danielson & Abrutyn 1997), wobei häufig der prozessuale Charakter im Mittelpunkt steht:
- Stoffsammlung (Collection) Sammeln und Sichten von Material unter dem Blickwinkel seiner prinzipiellen Verwendbarkeit für das Portfolio
- Auswahl (Selection) Auswählen der Arbeiten, die am besten den vorgegebenen Kriterien und Vorgaben entsprechen
- Reflexion (Reflection) Schriftliche Beurteilung zu jeder einzelnen Arbeit, jedem Bestandteil des Portfolios durch den Schüler/die Schülerin selbst, in der er/sie die u. a. die dessen Bedeutung für den eigenen Lernprozess kommentiert. Damit wird die in Arbeitschritt 2 vorgenommene Auswahl begründet.
- Projektion (Projection) Persönliche Evaluation des Portfolios unter dem Blickwinkel der erreichten oder nicht erreichten Ziele und Formulierung von weiteren bzw. weiterführenden Zielvorgaben in einem anhaltenden Lernprozess.
Darin bestehen die wesentlichen Unterschiede eines Portfolios zum Referat oder Kurzvortrag, denn während bei diesen das meist schriftlich fixierte Ergebnis oder der einmalig gehaltene Vortrag im Mittelpunkt stehen, richtet das Portfolio den Blick auf Prozess und Ergebnis gleichermaßen. In dieser Doppelfunktion liegen auch die Schwierigkeiten, denn wie soll ein Portfolio, das meist einer Instanz zur Beurteilung und Notengebung übergeben werden muss, einen echten selbstreflexiven Zugang des Lernenden zu seinem eigenen Lernen ermöglichen? Ein Portfolio, das dem gerecht werden will, muss auf die Entwicklung einer Lernkultur setzen, die Lernende und Lehrende als "echte" Partner zueinander in Beziehung setzt.
Nach Bräuer (2002) basiert erfolgreiche Portfolio-Arbeit auf einer Reihe von Voraussetzungen, die ohne Schaffung einer neuen Lernkultur kaum zu realisieren ist. Die für die Portfolioarbeit wichtigsten 6 Voraussetzungen sind:
- Portfolio-Arbeit muss unter der Prämisse "Lernen als Prozess" stattfinden.
- Institutionalisierte Leistungsnachweise mit ihrer Ergebnisorientierung und punktuellen Erfassung von Lernergebnissen dürfen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
- Arbeitsentwürfe gehören unbedingt zum Portfolio.
- Standards für die Selbstevaluation müssen für jede Lernergruppe und ihre konkreten Lernumstände modifizierbar sein bzw. modifiziert werden.
- Portfolio-Arbeit muss einen Brückenschlag zwischen privaten und öffentlichen Sphären des Lernens ermöglichen.
- Materialien sollen das Zusammenwirken von individueller Lernerwelt und allgemeiner Wissenswelt widerspiegeln.
- Die Beurteilung des Portfolios sollte berücksichtigen, inwieweit es gelingt, die privaten Formen der Kommunikation (z. B. Forschungstagebuch) in öffentlichen Kommunikationsformen ( z. B. Projektbericht) zu übertragen.
- Der Lernprozess hat in der privaten wie öffentlichen Form der Kommunikation der Portfolio-Arbeit den gleichen Stellenwert und Rang wie das Lernprodukt.
- Portfolio-Arbeit muss die Selbstreflexion langfristig mit sinnvollen und kommunizierbaren Formen ermöglichen.
- Portfolio-Arbeit erschöpft sich nicht im Zusammenstellen der Materialien für die Mappe (Portfolio), sondern soll als längerfristige Begleitung Lern- bzw. Handlungsprozesse vielfältig begleiten (z. B. Tagebuch, Arbeitsjournal)
- Reflexionen über den Lernprozess sind im Idealfall inhaltsbezogen (Sie können z. B. persönliche Eindrücke über eine Lektüre in einem Lesejournal enthalten) und haben letzten Endes kommunikative Funktion (Sie sollen z. B. zu einer Buchrezension in der Schülerzeitung befähigen).
- Die Fähigkeit zur Selbstreflexion muss, da es sich um eine komplexe Anforderung an den Lernenden handelt, regelmäßig geübt und eingefordert werden. Ihre Kommentierung (peer review) sollte kontinuierlich stattfinden und als Chance für ein gemeinsames Lernen angesehen werden.
- Portfolio-Arbeit lässt sich am besten mit fächerübergreifenden Beratungs- und Koordinationsstellen organisieren.
- Schreib- und Lesezentren, die außerhalb der bestehenden Lerngruppe als "extra-curriculare Einrichtungen mit peer-Tutorinnen" ihre Unterstützung und Beratung anbieten, sind dafür ideal.
- Schulische Schreib- und Lesezentren gewährleisten dabei in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der einzelnen Fächer den interdisziplinären Ansatz und übernehmen die spezielle inhaltliche Gestaltung und die aufwändige Organisation und Koordination.
- Portfolios können zur alternativen Leistungsbeurteilung genutzt werden.
- Wegen der subjektiven Einschätzung der Qualität eines Portfolios sollte mehr als ein Lehrer die Beurteilung vornehmen.
- Portfolio-Beurteilung umfasst in jedem Fall über die Benotung hinaus eine mündliche (Lehrer-Schüler-Konferenz) oder eine schriftliche Kommentierung.
- Portfolio-Arbeit ist Teil der Schulentwicklung und des Qualitätsmanagements.
- Wenn Portfolios umfassend und kontinuierlich ausgewertet werden, lassen sich daraus Rückschlüsse auf die Qualität schulischen Lernens ziehen.
- Da Portfolio-Arbeit vielfältige Kooperationen zwischen Lernenden und Lehrenden fordert, kann auf deren Grundlage die Effizienz schulischen Lernens hinterfragt und gegebenenfalls verändert werden.
Siehe auch: Virtuelle Portfolios im eLearning - ePortfolios
Beurteilungskriterien für Portfolios
Das Lernen für eine punktuelle Wissensüberprüfung fördert bekanntlich Tendenzen zu einer oberflächlichen Aneignung der Gegenstände und insgesamt eine soziale Abhängigkeitsorientierung, bei der die Lernenden sich auf Erwartungen und Hinweise der Lernenden konzentrieren (vgl. Lehtinen 1994, S. 156). Zwar eröffnet das Portfolio Möglichkeiten, die tradierte punktuelle Wissensprüfung durch andere vorverlagerte sowie nachträgliche Maßnahmen teilweise zu ersetzen, aber das Portfolio an sich ist noch keine Methode der Leistungsbewertung, sondern zunächst ein Instrument der Sammlung und Dokumentation von Leistungsbelegen. Es eröffnet jedoch Möglichkeiten, im Hinblick auf die Beurteilung durch Lehrende didaktische Veränderungen einzuleiten und Leistungen von Lernenden anders als bisher zu bewerten.
Das Vorliegen von Beurteilungsportfolios erleichtert es, externe Sichtweisen auf die Leistungen eines Lernenden einzuladen. Das Portfolio ist nach Häcker (o.J.) somit auch eine alternative Methode der Leistungsbeurteilung, die dem Unbehagen vieler Lehrenden darüber entspringt, sich durch punktuelle Tests kein valides Bild von den tatsächlichen Kompetenzen ihrer SchülerInnen machen zu können. Portfolios als direkte Leistungsvorlagen dienen daher auch zur Sanierung der von der Ziffernzensur verursachten Defizite. Nach Vierlinger stellen Portfolios eine Art kopernikanische Wende dar, weil sie den Adressaten nicht entmündigt, denn sie legt keinen Stellvertreter der Leistung vor (Noten, Codewörter und -zahlen), sondern diese selbst (exemplarisch ausgewählte Belegstücke des erreichten Leistungsniveaus. In der Schule sind dies etwa Arbeiten aus der Mathematik, Texte aus Deutsch und den Fremdsprachen, diverse Arbeitsblätter, Projekte, Leselisten, Liste der gelernten Lieder mit Beispielen der individuellen Notenkenntnis, Daten aus der Leibeserziehung, Kassetten mit Dokumenten der mündlichen Ausdrucksfähigkeit u.a.). Die stressfrei und sukzessive erbrachten Leistungen im "Portfolio" geben ein zuverlässigeres Bild als eine punktuelle Prüfung. Die in Bildungseinrichtungen bürokratisch-administrative Einordnung der Leistungen ist nicht mehr das vorrangige Ziel der Leistungsbewertung, vielmehr wird diese für die pädagogischen Aufgaben der Schule zurückgewonnen (vgl. Flitner 1999, S. 244). Anhand des Portfolios können dialogische Prozesse der Reflexion und Bewertung stattfinden, die den Lernprozess tragen und stützen. Sie werden ein inneres Moment des Lernens und auch selbst Lernziel, denn es geht nicht zuletzt darum, die Fähigkeit der Lernenden zur Beurteilung ihrer eigenen Lernarbeit und zur Steuerung ihres Lernens zu entwickeln. Die punktuelle Überprüfung von Wissen bzw. von einzelnen Produkten wird dadurch zwar nicht überflüssig, sie kann aber zurücktreten. Außerdem können anhand des Portfolios neue und zusätzliche Präsentationsformen und Kontrollen für die Leistungen der Lernenden und die Leistungen der Bildungseinrichtungen eingeführt werden, die deutlich demokratischer sind als die bisherigen Verfahren (vgl. Winter 2000), da der Beurteilungs- und Bewertungsprozess in der Regel partizipativ und kommunikativ angelegt wird. Somit findet zwischen Lehrenden und Lernenden ein Austausch über die Beurteilungen auf der Grundlage gemeinsam entwickelter Raster statt, der sich auch auf das soziale Klima auswirkt.
Die Beurteilungskriterien hängen von den erarbeiteten Zielvorgaben ab. Maßgeblich sind dabei Zielgerichtetheit, Auswahl und selbstreflexive Betrachtung und Kommentierung des eigenen Lernfortschritts:
- Sind die Ziele, die mit dem Portfolio erreicht werden sollten, genau definiert?
- Werden die Lerngegenstände klar umrissen?
- Wird der Lernprozess hinreichend dokumentiert?
- Werden Lernfortschritte erkennbar, die auf der Auseinandersetzung mit den für das Portfolio wichtigen Lerngegenständen beruhen?
- Gibt es weitere Punkte im Rahmen der Portfolioentwicklung, die Lernfortschritte in anderen Bereichen anzeigen?
- Entwickelt der/die SchülerIn eine hinreichende Fähigkeit zur Selbstbeurteilung (Metakognition) im Rahmen des Lernprozesses?
- Wird die Auswahl der Arbeiten in hinreichender Weise reflektiert und begründet?
- Ist eine gleichgewichtige Berücksichtigung von Lernprozess und Lernergebnis festzustellen?
- Zeugt das Portfolio von wachsender Fähigkeit zur Selbstorganisation des Lernens?
- Zeigt sich bei der Erstellung des Portfolios eine besondere Gewissenhaftigkeit und Ordentlichkeit?
Quellen und Literatur
Entstanden unter Verwendung von
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