Das E-Portfolio im Bildungsbereich
E-Portfolios stellen eine Weiterentwicklung von pädagogischen Portfolios dar, wobei sie auf ähnlicher konzeptioneller Basis bzw. meist auf Basis spezieller Content-Management-Systeme die Vorteile des elektronischen Publizierens umsetzen. E-Portfolios sind nicht mehr an die Linearität papierbasierter Darstellungen gebunden, denn Inhalte können über Hyperlinks miteinander verbunden werden, und auch das Feedback lässt sich wesentlich einfacher realisieren. Über den gesamten Lern- und Arbeitsprozess ist ein hohes Maß an Flexibilität in Bezug auf Ergänzung, Austausch und Verwendung von E-Portfolios zur Unterstützung selbstorganisierter für die chronologische Darstellung der Lernprozesse bzw. der Lernbiographie der Lernenden möglich. Werden E-Portfolios mit Social Software oder partizipativen Lernplattformen gekoppelt, kann der Erstellungs-, Feedback- und Präsentationsspielraum noch wesentlich erweitert werden.
Virtuelle Portfolios im eLearning - ePortfolios
Der Einsatz von E-Portfolios gewinnt im Kontext des selbstverantworteten und lebensbegleitenden Lernens und der Erreichung der Lissabon-Ziele bis 2010 im gesamten europäischen Bildungsbereich an großer Bedeutung. Der rasante Anstieg von E-Portfolios ist ein globales Phänomen. Ausgehend von den USA und Kanada lässt sich in Australien wie auch in Europa (Initiative: E-Portfolios für alle EU-Bürger bis 2010) ein beträchtliches Engagement feststellen, dem sowohl bildungspolitische Ziele als auch individuelle Interessen von Lernenden und Lehrenden zugrunde liegen. Werkmappen oder Projektdokumentationen werden an Schulen, Universitäten und auch in der betrieblichen Welt heute vielfach als digitale (Kompetenz)Profile gestaltet, wobei sie im Rahmen der Neuen Medien innovativer gestaltet und breiter eingesetzt werden können. Vielfach stellen persönliche Homepages im WWW ein solches ePortfolio dar, mit dessen Hilfe sich andere ein Bild von den Kompetenzen des so Präsentierten machen können - etwa im Sinne eines Vorzeige- oder Bewerbungsportfolios. Der Mehrwert, den Portfolios durch die Dokumentation und die Reflexion von Lernprozessen zu leisten imstande sind, scheint erst in elektronischer Form der Durchbruch zu gelingen.
Der Autor dieser Arbeitsblätter bedient sich im Rahmen seiner internetgestützten Lehre (http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at:4711/) mehrerer solcher Plattformen, wobei diese sowohl bei der Einzelbetreuung von Diplomarbeiten oder Dissertationen als auch bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen zum Einsatz kommen.
Besonders im Lehrveranstaltungen mit Gruppenarbeiten sind virtuelle Portfolios zur Dokumentation der geleisteten Arbeiten gut geeignet. Für diesen Zweck sind die heute üblichen Lernplattformen recht gut ausgestattet (z.B. BSCW, ICA, CVW, Moodle), da sie neben der kommunikativen Abwicklung der Lehre auch über alle Aktivitäten der TeilnehmerInnen in archivierender Weise automatische Aufzeichnungen führen, sodass eine spätere auch chronologische Rekonstruktion von Arbeitsfortschritten möglich ist.
Neben den eigentlichen Materialien (Aufgabenstellungen, Fragen, Tests, Skripte, Exzerpte, erhobene Daten, Protokolle etc.) lassen sich individuelle und kollektive Arbeitstagebücher bzw. Arbeitsprotokolle führen, in denen in protokollarischer Form die Arbeitsschritte der Gruppenmitglieder, die Einhaltung der festgelegten Ziele, die Aufgabenverteilung und -durchführung festgehalten werden. Ein solches Arbeitstagebuch (derzeit sind vor allem Weblogs aktuell) kann neben den automatisch dokumentierten Arbeitszyklen auf der Lernplattform auch zur individualen und kollektiven Bewertung herangezogen werden. Das Arbeitstagebuch wird meist abwechselnd von den TeilnehmerInnen einer Gruppe geführt. Die gesammelten Arbeitsprotokolle dienen des Weiteren auch dazu, das in der Gruppe Erarbeitete als Grundlage für die künftige Aufgaben festzuhalten, wobei auch in der betreffenden Sitzung nicht Anwesende das Wesentliche über den besprochenen Gegenstand erfassen können.
Auf Lernplattformen werden meist auch persönliche Informationsseiten eingerichtet, auf denen mehr oder weniger wichtige Informationen über die TeilnehmerInnen selbst veröffentlicht und mit zusätzlichen Informationen im WWW verknüpft werden, z. B. mit einer persönlichen Homepage. Auch ein Foto kann Sie dort veröffentlicht werden, wobei das in der eher unpersönlichen Atmosphäre des eLearning eine personale Komponente schafft.
Aktuelle Einsatzgebiete des ePortfolios
In der Schule wird die fachliche und emotionale Grundlage für das lebens- und berufsbegleitende Lernen gelegt. Das E-Portfolio ist ein innovatives Lerninstrument, das SchülerInnen beim selbstorganisierten Lernen und bei der Reflexion unterstützt (Lernprozessportfolio). Erst in zweiter Linie ist das E-Portfolio ein Evaluierungs- und Beurteilungsinstrument. Das E-Portfolio wird derzeit (2008) an ca. 100 Schulstandorten in Österreich systematisch erprobt. Dabei werden gemeinsam mit den Lernenden standortspezifische Konzepte entwickelt. Zielsetzungen: Das E-Portfolio ist ein persönliches Instrument, das die Lernenden über die Schule hinaus begleitet. Es ist plattformunabhängig. Lernende können individuell entscheiden, welche Teile sie anderen Personen zugänglich machen, beispielsweise im Rahmen einer Beurteilung in der Schule und für eine Bewerbung. Dazu können entsprechende Elemente im Hinblick auf diese Anforderungen in Ausbildung und Beruf spezifisch zusammengestellt werden. Das hohe Maß an Selbstbestimmung geht dabei mit einer Umstellung des Lern- und Unterrichtsprozesses Hand in Hand: Dabei steht die Anleitung zur Selbstorganisation der Lernenden im Mittelpunkt, während die LehrerInnen stärker als "Lerncoaches" gefordert werden.
Mit dem E-Portfolio wird auch den Studierenden an der Universität erstmals ein Werkzeug zur selbstständigen Reflexion des Wissenstands und zur Planung des eigenen Kompetenzprofils in die Hand gegeben. Mit dem E-Portfolio wird das Erlernen sowohl in fachlicher wie auch in überfachlicher Kompetenz gefördert. Damit stellen sich folgende Herausforderungen an die Lernenden, die Lehrenden und die Institutionen: Durch die verstärkte Kompetenzorientierung sind Studierende gefragt, Mitverantwortung für den eigenen Studienweg und die persönliche Kompetenzentwicklung zur übernehmen. Lehrende sind gefragt, die Entwicklung überfachlicher Kompetenz zu fördern. Weiters sollen sie die Lernenden in allen Studienphasen bis hin zur Abschlussarbeit bei der Selbstevaluierung und der Reflexion des Lernverlaufs unterstützen. Durch mobilere Studierende aus verschiedenen nationalen und internationalen Bildungskontexten sind die Fachhochschulen und Universitäten im Hinblick auf eine einheitliche Kompetenzdokumentation gefordert. Die Institutionen sind zunehmend daran interessiert, die Kompetenz anhand der Arbeitsergebnisse ihrer Absolventlnnen für künftige Arbeitgeber anschaulich darzustellen und sie beim Übergang in das Berufsleben zu unterstützen.
Erfolgreiche Erwachsenenbildung hat sich längst vom einmaligen Kurs zum lebenslangen Lernen entwickelt. Für den langfristigen Lernerfolg sind daher nicht mehr KursleiterInnen verantwortlich, sondern – die Lernenden selbst. Diese stehen plötzlich vor den Fragen: „Was kann ich alles, wie gut kann ich es und wie stelle ich das nach außen dar?" Wie in den anderen Bereichen ist auch in der Erwachsenenbildung des E-Portfolio das zurzeit beste Instrument. Diese am Computer gespeicherte Sammelmappe mit guten Leistungen sowie Selbst- und Fremdbewertungen kann auch rasch in eine "Bewerbungsmappe" umgewandelt werden. In Österreich laufen derzeit (2008) mehrere Modellprojekte, in denen Erwachsene ihre steigenden Kompetenzen in E-Portfolios dokumentieren. Dabei zeigt sich, dass die TeilnehmerInnen es als Bereicherung sehen, über die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse nachzudenken. Es zeigt sich auch, wie wichtig ein Coaching dabei ist und dass die Vernetzung mit dem Umfeld, also das Einholen von Feedback von KollegInnen und Lehrenden als sehr bereichernd empfunden wird. Hier entsteht ein neues Angebotssegment in der Erwachsenenbildung, das den TeilnehmerInnen als Lernportfolio den Lernprozess erleichtert und gleichzeitig als Bewerbungsportfolio die Präsentation des Wissens nach außen – etwa für ArbeitgeberInnen - viel transparenter macht.
E-Portfolios finden auch in der Wirtschaft großen Anklang. Die Anwendung geht über den erwähnten Bewerbungsfall weit hinaus. E-Portfolios sind dabei ein De-facto-Standard zu werden, der die digitale Identität einer Person oder eines Unternehmens in einer definierten Form wiedergibt. Welchen Nutzen sehen Unternehmen in den E-Portfolios? Neben den Standard-Berwerbungsunterlagen bietet ein E-Portfolio eine personenzentrierte erweiterte Entscheidungs- und Orientierungshilfe. In der Personalentwicklung geben E-Portfolios einen Überblick über den Entwicklungsweg einer Person und erleichtern die Karriereplanung und Stellenbesetzung. Bei der Unternehmensentwicklung versprechen E-Portfolios bessere Qualität bei den Mitarbeiter-Profilen und Jobbeschreibungen und mehr Transparenz in der Mitarbeiterevidenz und beim Ausbildungsstand. Organisationsportfolios sind gute Hilfsmittel bei der Unternehmensentwicklung und der laufenden Fortbildung hinsichtlich der sich wandelnden Qualifikationsanforderungen. Wie profitieren die MitarbeiterInnen von ihrem E-Portfolio? E-Portfolios veranlassen zur intensiven Auseinandersetzung mit dem eigenen beruflichen Werdegang. Man erwirbt mehr Klarheit, über die perönlichen Ziele, Stärken und Schwächen. Durch zielgerichtete Bewerbung und Präsentation der persönlichen Bildungs- und Berufsbiographie entsteht ein erweitertes Profil, das dem Unternehmen nach eigenem Entscheiden zur Verfügung gestellt wird. Durch die Differenzierung zu MitbewerberInnen erhöhen sich die Job-Chancen. Dabei kommt es zur Dokumentation der eigenen Entwicklung und zu mehr Klarheit über mögliche Perspektiven angesichts rascher Veränderung beruflicher Qualifikationsanforderungen.
Quelle: E-Portfolio Initiative Austria. WWW: http://www.e-portfolio.at/ (08-05-05)
Literatur zu e-Portfolios
Barrett, Helen C. (2000). The Electronic Portfolio Development Process – Electronic Portfolio = Multimedia Development + Portfolio Development.r
WWW:
http: //
electronicportfolios.org/portfolios/aahe2000.html (09-11-21).
Grant, Simon, Peter Rees Jones & Ward, Rob (2004). E-portfolio and its relationship to personal development planning: A view from the UK for Europe and beyond.
WWW:
http://www.estandard.no/eportfolio/2004-11-03/terminologiavklaring_UK.pdf (09-11-21).
Jabornegg, D. (1997). Das Portfolio – Möglichkeiten und Grenzen einer alternativen Prüfungsform. Ein Erfahrungsbericht. In R. Dubs & R. Luzi (Hrsg.), 25 Jahre IWP. Schule in Wissenschaft, Politik und Praxis (S. 411–425). St. Gallen: IWP.
Lorenzo, George & Ittelson,John (2005). An Overview of E-Portfolios. White Paper
ELI3001. EDUCASE Learning Initiative.
WWW: http://connect.educause.edu/Library/ELI/AnOverviewofEPortfolios/39335 (09-11-21).
Ward, Rob & Richardson, Helen (2005). Getting what you want: Implementing Personal Development Planning through e-portfolio.
WWW.
: http://www.jisc.ac.uk/media/documents/programmes/buildmlehefe/guidance_final.pdf (09-11-21).
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