Der HALB-Test - Das Modell
Der HALB-Test entstand im Rahmen der site "Benjamins und Werners Praktische Lerntipps", in der die in der Zeitschrift "Lernende Schule" (Heft 25, 7. Jahrgang, 2004) angebotenen Lerntipps in einer Online-Version angeboten werden. Ursprünglich als Papier-Bleistift-Verfahren mit direkter Auswertung durch SchülerInnen und StudentInnen konzipiert, kann in der Online-Version die digitalisierte Form genutzt werden, um nach der Testdurchführung sofort das Ergebnis auszugeben.
Theoretischer Hintergrund
Mit diesem kleinen Screening-Testverfahren soll die "grassierende" und erstaunlich weit verbreitete Lerntypentheorie etwas relativiert werden, denn diesbezügliche Vorstellungen vom Lernen finden sich neuerdings sogar in Didaktiken, pädagogischen Zeitschriften, Ratgeberliteratur für Schüler und Lehrer sowie auch Schulbüchern: "Lernen mit allen Sinnen", "ganzheitliches Lernen" und "handlungsorientiertes Lernen". Die dort unter Berufung auf vermeintliche und tatsächliche naturwissenschaftliche Ergebnisse behauptete Abhängigkeit des individuellen Lernerfolgs von der Berücksichtigung unterschiedlicher Wahrnehmungskanäle ist in dieser Form letztlich unhaltbar (vgl. Looß 2001).
Der ironisierende Titel des Verfahrens - der sich auch aus den Anfangsbuchstaben der vier erfassten Merkmale zusammensetzt - soll darauf hinweisen, dass es sich bei der Lerntypentheorie höchstens um die halbe Wahrheit handelt (vgl. Stangl 2003a; Stangl 2003b; Stangl 2003c ).
Schon um die Jahrhundertwende spekulierte der Psychiater Charcot, der ein Lehrer Sigmund Freuds war, über "Vorstellungstypen", die je nach Vorherrschen eines Sinnesgebietes hervortreten. Der deutsche Psychologe Ernst Meumann experimentierte 1907 mit ihrer Erfassung, indem er eine Zuordnung nach der Ausprägung bestimmter Gehirnfunktionen postulierte: auditiver Typ, bei dem die Gehöreindrücke und ihre Verarbeitung besonders ausgeprägt sind; visueller Typ mit einer Bevorzugung des optischen Bereichs; motorischer Typ mit einem Schwergewicht auf dem körperlichen Ausagieren. Zwar wurden keine stichhaltigen, empirischen Belege für diesen Ansatz gefunden, doch weitete sich diese Einteilung vor allem in der pseudowissenschaftlichen Lernliteratur rasch zu einer Lerntypologie aus, die mit der Zeit als "gesicherte, wissenschaftliche Erkenntnis" zur tradierten Realität wurde. Daraus haben sich mit der Zeit weit verbreitete Vorurteile entwickelt, so dass mancher glaubt, er sei ein akustischer Typ, könne also ausschließlich durch Hören und Sprechen sinnvoll lernen und mit einem Buch gar nichts anfangen. Mancher meint umgekehrt, er sei ein optischer Typ, der alles lesen oder aufschreiben müsse, von einem Gespräch dagegen nichts behalten könne. In dieser extremen Ausprägung ist diese Annahme leicht zu widerlegen, denn kein Mensch lernt Rad- oder Skifahren, ohne selbst zu handeln. Auch der "akustischste Typ" kann den Parallelschwung nicht alleine durch Erläuterungen des Skilehrers lernen. Das Lesen einer Landkarte lernt man nur durch Betrachten und eventuelles Nachzeichnen von Landkarten, und nicht durch noch so gute, ausschließlich mündliche oder schriftliche Erläuterungen. Der angemessene Lernzugang ist also vor allem vom Lerninhalt und der geforderten Art der Reproduktion abhängig, nicht von der Person des Lernenden im Sinne eines festliegenden "Typs" (s.u. die Ausführungen nach Looß 2001).
Natürlich gibt es bei Menschen unterschiedliche Vorlieben oder auch Abneigungen einzelnen Lernzugängen gegenüber, daher ist es sinnvoll, auch auf diese subjektiven und persönlichen Prioritäten zu achten und das Lernverhalten darauf abzustimmen. Das kann schon allein deshalb sinnvoll sein, weil Lernen immer auch Spaß machen und eine gewisse Lust bereiten soll. Dennoch ist davon auszugehen, dass durch die von manchen Lernratgebern geförderte Fixierung auf einen Lerntyp dem Lernenden Möglichkeiten des effektiven Lernens verschlossen bleiben. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich, möglichst viele Lernzugänge und damit auch verschiedene Sinneskanäle beim Lernen zu üben. Diesem Ziel hat sich auch der vorliegende HALB-Test verschrieben, indem er in der Interpretation auf die Problematik bzw. Notwendigkeit hinweist, solchen Vorurteilen wenig Glauben zu schenken.
Personen sind auf Grund ihrer Lerngeschichte mit den einzelnen Zugängen unterschiedlich vertraut, die nur durch neue Erfahrungen modifiziert und erweitert werden können. SchülerInnen sind in der Regel mit dem Zuhören und Sprechen in der Klasse vertraut, mit dem selbständigen Umgang mit schriftlichen Materialien aber weniger. Daher zieht es Studienanfänger, die direkt von der Schule kommen, bevorzugt zu sprachlichen Lehrangeboten wie Vorlesungen und Übungen, während StudenInnen höherer Semester schriftliche Angebote (Bibliotheken, Lehrbücher, Skripten) stärker nutzen.
Die Lerntypentheorie bzw. deren Popularisierung und Verbreitung geht im Wesentlichen auf Frederic Vester zurück, der mit seinem Buch "Denken, Lernen, Vergessen" (1975; 2001 in der 26. Auflage erschienen) als eines der ersten populärwissenschaftlichen Darstellungen der Biologie der Lernvorgänge ein großes Echo fand. Vester postuliert, dass Lernen über unterschiedliche Wahrnehmungskanäle erfolgt und dass die Lerneffektivität dadurch gesteigert werden kann, dass der richtige Wahrnehmungskanal beim Einzelnen angesprochen wird. Frederic Vester unterschied vier Lerntypen (1975): den auditiven, den optisch/visuellen, den haptischen und den durch den Intellekt lernenden.
Nur drei der vier Typen sind über Wahrnehmungskanäle charakterisiert, der vierte Typ bezieht sich auf den Verstehensprozess selber. Dies suggeriert, dass der Intellekt bei den anderen drei Typen keine größere Rolle für Denken oder Verstehen spielt. Allerdings gibt es in der Kognitionswissenschaft keinerlei Belege für die Existenz solcher Lerntypen oder Lernstile. Sinnesdaten als solche haben zunächst keine ihnen innenwohnende Bedeutung, sondern erst der Lernende verleiht den neutralen Sinnesdaten durch seine Interpretation eine Bedeutung. So liefern Bilder als analoge Repräsentationen von Wirklichkeit dem Einzelnen Informationen über visuell feststellbare Eigenschaften. Wenn es aber darum geht, einen Sachverhalt zu verstehen, der sich auf andere Eigenschaften bezieht (z.B. Gewicht oder Klang), reicht eine visuelle Präsentation nicht aus, um Verstehen zu erzeugen (vgl. Looß 2001).
Regula Schräder-Naef (1983) unterscheidet: Wer durch Sehen und Beobachten lernt, gehört zum visuellen Lerntyp. Wer durch eigenes Tun und nachvollzogene Handlungen lernt, wird als haptischer Typ bezeichnet. Der Gesprächstyp lernt durch die sprachliche Auseinandersetzung und das Verstehen im Dialog. Der verbal-abstrakte Lerntyp nimmt am besten durch das Lesen und Hören von abstrakt dargebotenem Wissensstoff auf. Beim auditiven Lerntyp steht das Zuhören im Vordergrund.Ihrer Meinung nach kommen Lerntypen in "reiner Form" nicht vor, vielmehr seien Mischtypen die Regel.
Von solchen Mischtypen geht auch Falk-Frühbrodt (2002) aus und charakterisiert sechs Typen durch bei Kindern beobachtbaren Verhaltensweisen:
Visueller Lerntyp: Der visuelle Lerntyp verlässt sich auf das, was er sieht. Er nimmt Informationen besser auf, wenn er ein Bild hat oder sich eines machen kann. Man erkennt visuelle Lerntypen daran, dass sie sich häufig Notizen machen oder Skizzen anfertigen. Fragt man sie, wo was in ihrem Hefter steht, müssen sie nicht lange suchen. Diese Lerntypen können sich gut an Details erinnern. Sie arbeiten genau und ordentlich. Ihre Sprache und ihre Träume sind meist bilderreich, farbig und voller Details. Lesen und Puzzeln zählen zu ihren Hobbys. Wer mit ihnen Memory spielt, muss sich gehörig anstrengen, wenn er nicht verlieren will.
Motorischer Lerntyp: Der motorische Lerntyp ist ein Anpacker - keiner, der zögert oder lange nachdenkt. Er lässt sich von seinen Gefühlen leiten und setzt Impulse sofort in Aktionen um. Diese Menschen sind praktisch veranlagt, bewegen sich gerne und begreifen auch das Lernen als einen aktiven Vorgang. Im Chemieunterricht stehen sie bei Versuchen in der ersten Reihe und legen am liebsten selbst Hand an. Man erkennt diesen Lerntyp daran, dass er beim Erzählen auch seine Hände sprechen lässt, überdurchschnittlich lange die Finger beim Rechnen benutzt und gerne Kaugummi kaut. Im Kinderzimmer des motorischen Lerners stehen häufig Modellflugzeuge, Chemiebaukästen oder andere Zeugnisse starker Experimentierfreude.
Kommunikativer Lerntyp: Der kommunikative Lerntyp ist ein guter Redner und ein noch besserer Zuhörer. Bei Lehrern ist er besonders beliebt, weil er den Unterricht aktiv mitgestaltet. Er neigt dazu, gut durchdachte Fragen zu stellen und Glaubenssätze zu hinterfragen. Sein sympathisches Wesen kommt auch bei den Mitschülern gut an: Häufig wird er zum Klassensprecher gewählt, um Rat gefragt oder er bringt sich bei Streitigkeiten selbst als Schlichter ein. Der kommunikative Lerntyp lernt gerne und gut im Austausch mit anderen. Er hat einen großen Freundeskreis und engagiert sich häufig frühzeitig in der Politik oder im Umweltschutz.
Personenorientierter Lerntyp: Der personenorientierte Lerntyp ist in hohem Maße auf eine sympathische und fähige Lehrkraft angewiesen. Am liebsten wäre ihm Einzelunterricht. Diese Schüler sitzen gerne in der Nähe des Pults. Selbst auf dem Pausenhof suchen sie Kontakt zu bestimmten Lehrern. Wenn dieser Lerntyp einen guten Draht zu seiner Lehrkraft hat, lernt er so gut wie alles. Ist das Verhältnis zum Lehrer jedoch schlecht, kann er sein volles Potential nicht entfalten. Der personenorientierte Lerntyp neigt zu Leistungsschwankungen und Selbstzweifeln. Er hat wenige oder keine Freunde, spielt meist alleine in seinem Zimmer und grübelt häufig.
Medienorientierter Lerntyp: Der medienorientierte Lerntyp lernt gut mit technischen Medien. Im Grunde braucht er keine Lehrer, ist er doch in der Lage, sich die meisten Lehrinhalte von virtuellen Lehrern vermitteln zu lassen. Man erkennt diesen Lerntyp an seiner andauernden Begeisterung für technische Zusammenhänge. Er nutzt audiovisuelle Medien und den Computer nicht nur zum reinen Spiel, sondern zieht echten Nutzen daraus. Der medienorientierte Lerntyp hat schon frühzeitig einen Computer, Lernprogramme und einen Videorecorder auf der Wunschliste.
Es gibt zahlreiche mehr oder minder geglückte Inventare, Fragebögen und Testverfahren, die Lerntypen bei Kindern und Jugendlichen bestimmen wollen, meist in der Absicht, den Lernprozess dadurch besser fördern zu können. So versucht etwa der Fragebogen "So bestimmen Sie den Lerntyp Ihres Kindes" (Reimann-Höhn 2003) mittels 21 Verhaltensmerkmalen eine Unterscheidung in "visuell", "auditiv", "kommunikativ" und "motorisch", wobei die Unterscheidung in kommunikativ und auditiv nicht besonders überzeugend scheint.
Zu den bekanntesten Unterscheidungen zählen die vier Lernstile nach Kolb (1981), gemessen mit dem von Kolb entwickelte Learning Style Inventory (1985). Lernen geschieht danach aufgrund von Erfahrungen und ist ein ständig fortschreitender Prozeß. Kolb unterscheidet insgesamt vier Lernstile:
- Divergierer bevorzugen konkrete Erfahrung und reflektiertes Beobachten.
- Assimilierer bevorzugen reflektiertes Beobachten und abstrakte Begriffsbildung.
- Konvergierer bevorzugen abstrakte Begriffsbildung und aktives Experimentieren.
- Akkomodierer bevorzugen aktives Experimentieren und konkrete Erfahrung.
Eine unter anderem auch am Kolb-Modell angelehnte Einteilung in Doer (Concrete Experience and Active Experimentation), Watcher (Reflective Observation and Concrete Experience), Thinker (Abstract Conceptualization and Reflective Observation) und Feeler (Abstract Conceptualization and Active Experimentation) stammt von Don Clark (2000), der sich darüber hinaus aber noch am zweidimensionalen Verhaltensmodell (task and behavior) und am Managerial Grid orientierte. Von Clark stammt auch eine ältere nur dreiteilige Unterscheidung in Vision, Auditory und Kinesthetic (1998).
Honey und Mumford (1992) versuchen mit Hilfe ihres Fragebogens zur Ermittlung des persönlichen Lernstils weniger Typen als eine Reihenfolge der effektivsten Lernstilpräferenzen zu finden, wobei sie diese Vertreter der Lernstile in der extremen Ausprägung als Aktivisten, Theoretiker, Nachdenker und Pragmatiker charakterisieren. Eine originelle Operationalisierung dieses Konzeptes findet sich auf www.youthzone.ch, wobei die Lerntypen als EntdeckerIn, MacherIn, EntscheiderIn und DenkerIn bezeichnet werden. Das Testergebnis wird auf einem Achsenmodell als Fläche dargestellt.
Die drei letzten Ansätze leiden darunter, dass die empirische Unterscheidung für die Lernenden selber wenig Feedback-Qualität haben, da sie in der Regel zu komplex sind, um etwa von Kindern nachvollzogen werden zu können. Auch werden die daraus ableitbaren Konsequenzen für die Lernenden eher unscharf, da sie mehr auf relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale verweisen, die wohl kaum so einfach zu verändern sind. Auffällig ist jedoch, dass die meisten diesbezüglichen Versuche in eine Festlegung auf vier Typen oder Präferenzen münden, wobei in den meisten Modellen auch Mischtypen bzw. Zwischentypen angenommen werden.
Die Lernstile bzw. Typen nach Richard Felder (Soloman & Felder, o.J.) - erfasst mit dem 44 Fragen umfassenden Learning Styles Questionnaire - sind der "Aktive und reflektive Lerner", der "Sensorische und intuitive Lerner", "Visuelle und verbale Lerner" bzw. der "Sequentielle und globale Lerner".
Der eigene HALB-Test stützt sich daher auf eine relativierte Variante dieses Ansatzes, indem versucht wird, jene Wahrnehmungs- und Verarbeitungsformen in einfacher Weise zu erfassen, die für SchülerInnen, Studenten und Lernende generell relevant erscheinen. Neben den auch bei Vester vertretenen beiden Sinneskanälen Sehen und Hören werden daher das Lesen und das Ausführen von Handlungen als weitere Grobkategorien erfasst. Die Kategorie des Lesens versucht das Faktum zu berücksichtigen, dass Lernstoff auch heute noch überwiegend literal daherkommt, die Handlungskategorie berücksichtigt den eher konstruktivistisch-aktivistischen Aspekt des Lernens, der in jüngster Zeit vermehrt in den Blickpunkt genommen wird (vgl. Stangl 2003b). Schließlich entspricht alles der schon von K'ung-fu-tzu vermittelten Einsicht: "Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich erinnere mich; lass es mich tun, und ich behalte es." Diese Sentenz verweist übrigens auf eine in Lernratgebern - meist mit unrealistischen Erwartungen und Aussagen missverständlich - erhobene Forderung, beim Lernen möglichst viele Sinne einzusetzen(vgl. Stangl 2003b).
Anstoß für die Entwicklung des eigenen kleinen Inventars war eine in einer mailinglist übermittelte Information über eine deutschsprachigen Variante des VARK (entwickelt von Neil D. Fleming, 2001, übersetzt von Anna-Barbara Utelli und Pamela Alean- Kirkpatrick), der in ähnlicher Weise wie die oben beschriebenen Verfahren auch vier Merkmale des Lernverhaltens erfasst: Visual, Aural, Read/Write und Kinesthetic. Dieser vermutlich am Konzept der Submodalitäten des NLP orientierte Fragebogen (zumindest werden in der Referenzliteratur einschlägige Publikationen erwähnt) zielt vordringlich auf die bevorzugte Art, Informationen zu verarbeiten, also auf das Entgegennehmen und Weitergeben von Ideen und Informationen, wie sie im Unterricht und in alltäglichen Lehr-Lernprozessen üblich bzw. zumindest häufig sind. Auch wenn die verwendeten 13 Fragen in Form von Situationen vor allem in der deutschen Übersetzung nicht überzeugen können, spricht einiges für dieses situationale Konzept, das in eigenen Testentwicklungen (BESTT, FEV bzw. EEV, PW) schon mehrmals Verwendung gefunden hat. Allerdings wurde im HALB-Test der wenig überzeugende Faktor "Kinesthetic" durch einen aktionalen ersetzt, der die eigene und eigenverantwortliche Tun-Komponente beim Lernprozess erfassen soll und sich am Konzept des aktiven Lerners bei Felder orientiert.
Ebenfalls vier Lernfaktoren nennt Susanne Pratscher(o.J.): stabilisieren, organisieren, planen und prüfen. Diese Aktivitäten sollten im Idealfall ausgewogen sein. Auf ihrer Seite beschreibt sie in trefflicher Form folgende Lerntypen: Minimalisten, Nostalgiker, Kopfjäger, Übersinnliche, Alleswisser, Luftschloss-Architekten, Großrevisoren, Tatmenschen, Riesenbabys, Abenteurer, Ungefähr-Typen, Chaoten, Frustrierte, Lernprofis, Allrounder und Spezialisten. Die idealen Lerner wären die Lernprofis: "Sie setzen alle wichtigen Lernfaktoren im richtigen Ausmaß ein, planen ihre Ziele, prüfen ihre Schritte, gehen gut organisiert und methodisch vor und sichern sich das Erreichen und das Erreichte durch Stabilisierungsmaßnahmen. Sie lernen ohne Stress den doppelten Stoff in der halben Zeit. Die anderen sagen über sie: Die sind unheimlich rational". Dem ist wenig hinzuzufügen ;-)
Die Suggestopädie widmet sich ebenfalls dem Zusammenhang zwischen Lerntypen und Schulerfolg (Feichtenberger o.J.). Sie unterscheidet nur drei Typen: visuell, auditiv und kinästhetisch. Feichtenberger konstatiert, dass in unserem Bildungssystem die visuellen Lerntypen bevorzugt werden: schriftliche Arbeiten, Tafel, Overhead, Bücher, Mitschreiben und beklagt vor allem für die Kinästheten, dass das Methodenangebot im Unterricht im allgemeinen schwach ist. Unter Kinästhetischer Typus wird die Informationsaufnahme durch eigenes Tun und Erleben verstanden.
Manche verstehen Lerntypen vorwiegend als ein pädagogisches Konstrukt und weniger als eine kognitionspsychologische Kategorie. Sie versuchen damit die Wirklichkeit schulischen Lernens zu beschreiben, haber aber für die bedeutungsbezogene Wisssensrepräsentation wenig Relevanz, denn Verstehen ist in erster Linie ein Bemühen um Bedeutung. Lerntypen und die davon abgeleiteten Lernstrategien haben durchaus ihre Berechtigung, wenn es um reproduzierbares Wissen (deklaratives Wissen, Faktenwissen) geht, das auswendig gelernt werden soll. Sobald aber komplexere Sachverhalte gelernt werden sollen, kommt man mit Lerntypentheorien nicht mehr weiter.
Aus dem Umfeld der Kinesiologie stammt eine Lernertypologie von Rampillon (2000), die anhand eines "Selbsteinschätzungsbogens" auf Grund der erreichten Punke in absteigender Reihenfolge folgende Typen unterscheidet: "Analytisch", "Locker und entspannt", "Gemischt" und "Ungewiss". Aufgrund des individuellen Ergebnisses werden dann dann eher allgemein formulierte Empfehlungen gegeben, sich an der Arbeitsweise der nicht zutreffenden Typen zu versuchen. Im Vergleich zu den meisten anderen hier referierten Instrumentarien handelt es sich um ein mehr oder minder theoriefreies Einstiegsszenario, um Lernen zu thematisieren.
Lerntypen werden auch bei der Analyse lernender Organisationen, die die Forschung als komplexe Wissenssysteme auffasst, unterschieden. Organisationales Lernen ist somit jener Prozess, in dem das Wissen um spezifische Wirkungsweisen und Wissenszusammenhänge entwickelt, verankert und für künftige Problemlösungserfordernisse gesammelt, verwaltet und organisiert wird. Man unterscheidet zwischen single-loop learning (einfaches, adaptives Lernen), double-loop learning (komplexes generatives Lernen) und deutero learning (reflexives Lernen). Siehe dazu Lernende Organisationen.
Die vier Faktoren des HALB-Tests
Die Beschreibung der Faktoren folgt der Formulierung in den Interpretationshinweisen nach Durchführung des Tests:
- Handelndes Lernen
Manche SchülerInnen probieren lieber etwas aus, bevor sie lange Anleitungen lesen oder sich etwas lang und breit erklären lassen. Auch haben sie es gerne, wenn ihnen jemand etwas praktisch vorzeigt und sie es bald danach selber ausprobieren können. Für solche SchülerInnen ist es günstig, einen Lernstoff mit eigenen Erlebnissen in Beziehung setzen zu können, mit anderen gemeinsam aktiv zu sein, etwa in Spielen, Experimenten oder Gruppenarbeiten. Sie bevorzugen Tests und Aufgaben, die ein eigenständiges Lernen ermöglichen. Für LehrerInnen gilt, solche SchülerInnen in irgendeiner Form am Lernprozess unmittelbar zu beteiligen, denn sie werden rasch ungeduldig, wenn sie sich nicht bewegen und irgendetwas "tun" können. - Akustisches Lernen
Diese SchülerInnen sind für den "normalen" vortragenden Unterricht der Idealfall, denn sie lernen am besten, wenn ihnen jemand etwas mit Worten erklärt. Sie verlassen sich dann auch auf ihre Fähigkeit, gut zuhören zu können, und dabei das Vorgetragene zu behalten. Es fällt ihnen leicht, gehörte Informationen aufzunehmen, zu behalten und auch wiederzugeben. Sie sind in der Lage, oft auch ausführlichen mündlichen Erklärungen zu folgen. Wie man aus Untersuchungen weiß, sind aber nur sehr wenige SchülerInnen diesem Typus zuzuordnen (deutlich unter 10 Prozent). Diskussionen und Frage-und-Antwort-Sitzungen sind für ihre Art des Lernens ideal. Am besten behalten sie den Lernstoff, wenn sie mit jemanden über den Lernstoff sprechen oder jemandem darüber Fragen stellen können, sie prüfen sich gegenseitig gerne ab, einige sprechen den Lernstoff auf ein Tonband, das sie sich dann öfter anhören. - Lesendes Lernen
Für diese SchülerInnen sind gute Lehrbücher mit viel Text der Idealfall, denn sie holen sich ihr Wissen am leichtesten aus schriftlichen Quellen. Sie sind in der Lage, auch komplizierte Sachverhalte allein dadurch zu verstehen, wenn sie eine genaue Beschreibung davon lesen. Sie lernen am besten, wenn sie den Lernstoff mit eigenen Worten formulieren können, Prüfungsfragen schriftlich ausarbeiten oder Merktexte am Computer anfertigen. Sie fertigen zum Lernen von Texten Auszüge an, in denen sie den Inhalt mit eigenen Worten zusammenfassen. - Bildliches Lernen
Diese SchülerInnen finden sich in neuem Lernstoff am besten zu recht, wenn dieser in Bildern, Overheadfolien, Dias, Filmen oder Videos daherkommt. Das Beobachten von Handlungsabläufen macht es ihnen leicht, Dinge zu behalten. Beim Lernen veranschaulichen sie sich den Lernstoff in Form von Übersichten, Grafiken oder Bildern. Komplizierte Dinge zeichnen solche SchülerInnen gerne auch auf, wobei sie diese häufig farbig gestalten. Ihre Hefte schmücken sie manchmal mit Skizzen und Bildern zum Stoff aus. Siehe dazu auch die Ausführungen zur Visualisierung von Lernstoffen
Es wird in den Interpretationshinweisen explizit darauf hingewiesen, dass man sich von diesem Wissen um Wahrnehmungs- und Verarbeitungspräferenzen nicht allzu viel erwarten sollte, denn beim Lernen hätte man in der Regel nur selten die Möglichkeiten, die Form der Darbietung des Lernstoffes zu wählen. Es wird auch hervorgehoben, dass der Lernstoff allein einen viel stärkeren Einfluss auf die Form der Rezeption und des Lernens hat. Als auch aus der Sicht der Psychologie wissenschaftlich vertretbare Empfehlung folgt jedoch der Hinweis, beim Lernen möglichst viele Kanäle in den Lernprozess einzubeziehen, um damit die Behaltens- und Reproduktionsleistung zu erhöhen. Bei jedem Lerntyp werden auch Hinweise auf erfolgreiche Lernmethoden (aus der Sammlung der eigenen Lerntipps) gegeben, die für diesen charakteristisch sind, wobei empfohlen wird, diese kompensativ zur eignen Präferenz zu betrachten bzw. anzuwenden.
Testbeschreibung -
Test - Erste
Ergebnisse - Ergebnisse 2003 - Ergebnisse 2004 - FAQs
& comments
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