[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Lernplattformen

Ein Interview vom 12. 6. 2006 mit dem Autor der Arbeitsblätter
von Irmgard Haselbacher

(Hervorhebungen und Strukturierung von mir; W.S.)

 

In dem folgenden Dokument wird Herr "Ass.-Prof. Dr. Werner Stangl" als "Stangl" bezeichnet.

Stangl empfindet Lernplattformen als ein gutes Hilfsmittel für Lehrveranstaltungen. Probleme in der Anwendung von Lernplattformen sieht er darin, dass Lernplattformen in vielen Fällen unflexibel sind. Weiters meint er, dass viele Lernplattformen keine Möglichkeit bieten, sich an den didaktischen Überlegungen des Lehrenden anzupassen. Einen negativen Punkt sieht Stangl darin, dass für beide Benutzer, also Lehrender und Lernende, ein zeitlicher Mehraufwand durch die Benutzung einer Lernplattform entsteht. Der Aufwand steigt, da man zusätzliche Arbeit, neben dem zu vermittelnden Wissen bzw. Kompetenzen, durch Bearbeitung innerhalb der Lernplattform bekommt.

Stangl verwendet zur Unterstützung seiner Lehrveranstaltungen die Lernplattform Moodle. Er arbeitet mit Moodle seit Einführung an der Johannes Kepler Universität. Er selbst sieht Moodle eher als eine Lernplattform, die stark lehrerzentriert ist. Moodle ist ein Versuch den traditionellen Unterricht in eine mediale Form umzusetzen. Sie ermöglicht kein kooperatives und gemeinsames Arbeiten. Interaktionen zwischen den Studierenden sind kaum möglich. Einige Studenten beklagten sich auch über eine Unübersichtlichkeit. Moodle wird von Stangl als teilweise zu sehr verspielt und kompliziert angesehen. Bspw. ist es dem eigentlichen LVA-Leiter selbst nicht möglich die Daten seiner Lehrveranstaltungen einzupflegen. Hierzu muß man zuerst einen Antrag stellen und eine andere Person kann dann die Daten für die jeweilige Lehrveranstaltung im Moodle einpflegen.

Zuvor hat Stangl mit dem "Wiener BSCW" gearbeitet. Für diese Lernplattform gab es laut Angaben von Stangl damals keine guten Implementationsmöglichkeiten in Linz. Das Wiener BSCW wird seit ca. 1998 nicht mehr betreut, da aber noch zahlreiche Benutzer diese Lernplattform verwenden, wurde der Server bis jetzt noch nicht abgeschaltet. Mit dem Wiener BSCW arbeitet Stangl noch immer um seine Diplomanden zu betreuen, da es sehr übersichtlich und funktionell gestaltet ist.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung "Techniken wissenschaftlichens Arbeiten" (kurz: TWA) setzt Stangl Moodle zu ca. 25 % bis 30 % ein. In der Lehrveranstaltung "Entwicklungspsychologie" setzt er Moodle zu 50 % ein. Dieser höhere Anteil resultiert zum einen Teil daraus, dass diese Lehrveranstaltung nur 5 Präsenztermine anbietet. Die restlichen Termine finden virtuell statt mit Hilfe von Moodle.

Ob eine gemischte Lehre, eine Präsenzlehre oder eine reine Online-Lehre sinnvoller ist, hängt laut Stangl von der Art des Studiums ab. Für ein Wirtschaftspädagogikstudium kann er sich auf keinen Fall eine reine Online-Lehre vorstellen. Beim Studium der Wirtschaftspädagogik geht es ja vor allem darum didaktische Aspekte und Erfahrungen zu sammeln, die man nur durch persönlichen Kontakt erlangen kann. Seiner Ansicht nach können die technologischen Medien den Lehrenden und Lernende nur unterstützen. Er sieht keinen Anlass dafür, dass die Lehrenden durch Lernplattformen ersetzt werden könnten.

 

Online-Tests empfindet Stangl als bequem, da die Auswertung vollautomatisiert erfolgen kann. Die Zusammenstellung des Fragenkataloges und die Auswahl der Fragetypen nimmt aber viel Zeit in Anspruch. Die Erstellung von Online-Tests sieht er deshalb problematisch, da es nur begrenzte Möglichkeiten von Fragetypologien im Moodle gibt. Die Erstellung von umfangreicheren Prüfungsaufgaben ist im Moodle nur eingeschränkt möglich, da man nur die vorgegebenen Typologien verwenden kann. Die fehlende Interaktion währende einer Online-Prüfung kritisiert Stangl aus didaktischer Sicht auch.

 

Eine Zeitersparnis kann Stangl durch den Einsatz von Lernplattformen nicht erkennen. Medienlehrveranstaltungen benötigen mehr Zeit, auch der Lernaufwand für die Studierenden steigt. Bei einer neu zu entwickelnden Lehrveranstaltung beziffert Stangl den Aufwand 3 x – 4 x so hoch, bei einer Wiederholung dann einen doppelt so hohen Aufwand gegenüber einer reinen Präsenzlehrveranstaltung. Laut Stangl findet eine Beschleunigung statt. So entsteht für den Lehrenden auch ein gewisser Druck. Denn er müsste bspw. im Diskussionsforum ständig online sein um Fragen der Studierenden beantworten zu können. Das bedeutet, er müsste von Montag bis Sonntag, täglich 24 Stunden zur Verfügung stehen, um eine gute Servicebereitschaft zu gewährleisten. Das ist natürlich nicht möglich, so kann es auch zu einer Zeitverzögerung bei der Beantwortung von e-mails kommen.

 

Bedenklich sieht er auch die Möglichkeit die Moodle bietet, jeden Teilnehmer einer Lehrveranstaltung genau zu analysieren. Hier sieht man wie oft und wie lange sich ein Teilnehmer im Moodle unter dieser Lehrveranstaltung aufgehalten hat. Man sieht auch genau welche Dokumente sich der Teilnehmer angesehen hat und welche nicht. Dieses Problem der ständigen Kontrolle und Überwachbarkeit kann ein zukünftiges Konfliktpotential darstellen.

Andere Lernplattformen die Stangl auch kennt und genannt hat sind Scholion (sehr technologie-orientiert), Blackboard, WeLearn (FIM), uva.

Literaturtipp: E-Learning Praxishandbuch. Auswahl von Lernplattformen

Das Buch von Peter Baumgartner, Hartmut Häfele & Kornelia Maier-Häfele bietet allen EntscheidungsträgerInnen aus den Bereichen Wirtschaft und Bildung eine praxiserprobte Evaluationsmethode, um aus dem umfangreichen Markt der Lern-Management-Systeme das passende Produkt ausfindig zu machen. Darüber hinaus werden alle derzeit am Markt befindlichen Systeme samt Internet-Adressen aufgeführt und 16 viel versprechende Produkte detailliert beschrieben. Die einführenden Kapitel sowie ein umfangreiches Glossar zum Thema vermitteln den LeserInnen einen umfassenden Einblick in die Funktionsweise und Optionenvielfalt von Lern-Management-Systemen und verschaffen Klarheit bei der Bedeutung von "Buzz-Words" wie LMS, LCMS, CMS etc. Eine kommentierte Liste internationaler Websites sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden diesen Ratgeber für Praktikerinnen ab. Zum Thema des Buches wird von den AutorInnen eine Website betrieben, die - laufend aktualisiert - weiterführende Informationen samt Diskussionsmöglichkeiten bietet.

Literaturtipp: Content Management Systeme in e-Education

Die AutorInnen Peter Baumgartner, Hartmut Häfele & Kornelia Maier-Häfele präsentieren mit "Content Management Systeme in e-Education" ein Buch, das zu einem guten Teil auf Ergebnissen aus einer umfangreichen Studie beruht, die die AutorInnen im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk) durchgeführt haben. EntscheidungsträgerInnen im Bildungswesen bietet der Band eine fundierte Arbeits- und Entscheidungsgrundlage für den Einsatz von webbasierten Content Management Systemen. Ziel ist es dabei - entsprechend den Bedürfnissen der eigenen Organisation - ein geeignetes System für den Einsatz in kollaborativen Lernszenarien aus dem aktuellen Marktangebot auswählen zu können. Um diesem Praxisanspruch gerecht zu werden, gibt der Band neben den allgemeinen und didaktischen Grundlagen auch einen aktuellen Überblick über den Herstellermarkt der einzelnen Systeme und stellt unterschiedliche Evaluierungsverfahren und entscheidende Auswahlkriterien für webbasierte Content Management Systeme vor. Ein umfangreiches Glossar, Firmenprofile der Hersteller und Formulare für eigene Evaluierungsverfahren runden diesen Praxisband ab.

Quelle: http://collabor.f4.fhtw-berlin.de:8080/antville/0057404/getfile?name=Gespraech%20mit%20Prof.%20Stangl (06-06-22)

Siehe auch:
Hyperlearning,
Hypermedia,
Hypertext

Psychologische Facetten der Mensch-Computer-Interaktion

Pädagogische Aspekte des Lernens mit dem Computer

eLearning, E-Learning

Lerntagebücher, Weblogs

lernenKleines Internetglossar



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