[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Adipositas - Fettleibigkeit

Literatur & Quellen

 

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WWW: http://www.praxis-dr-shaw.de/
blog/depressive-symptome-und-ubergewicht-
bei-teenagern-was-ist-der-zusammenhang (10-06-18)

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WWW: https://lexikon.stangl.eu/24/adipositas/ (2018-06-16)

https://www.bmgf.gv.at/home/
Ernaehrungsbericht2017 (17-11-09)

 

Evolutionär sind Menschen auf möglichst energiereiche Nahrung ausgerichtet, d. h., Lebensmittel, die einen hohen Zucker- und Fettgehalt miteinander kombinieren, werden bevorzugt, sodass süße und fette Speisen die stärksten Reaktionen im Belohnungszentrum des Gehirns auslösen. Wahrscheinlich werden Menschen schon durch die Muttermilch darauf geprägt, besonders positiv auf Nahrung reich an Kohlenhydraten und Fetten zu reagieren und das als besonders befriedigend wahrzunehmen. Die Kombination beider Energieträger verschafft daher auch später im Leben die höchste Zufriedenheit bei der Nahrungsaufnahme und sorgt für die entsprechende Beliebtheit dieser Nahrungsmittel, wobei diese Kombination in der Natur eher selten vorkommt, da die meisten natürlichen Lebensmittel entweder fett- oder zuckerreich sind. Im Gegensatz dazu zeigen verarbeitete Lebensmittel sehr oft eine hohe Fett- und Kohlenhydratgehalt, also Lebensmittel wie Pizza, Torten oder Schokoladenkekse, was vermutlich der Grund ist, dass viele Menschen von solchen Speisen nicht genug bekommen können. Diese Fett-Kohlenhydrate-Kombinationen hebelt das Sättigungsgefühl des Menschen gewissermaßen aus. Solche mehr oder minder natürlichen Vorlieben und das Überangebot an entsprechenden Speisen sind daher wesentliche Faktoren, die weltweit dafür sorgen, dass zunehmend mehr Menschen unter gesundheitsschädlichem Übergewicht leiden (DiFeliceantonio et al., 2018). Man kann pointiert formulieren, dass ein Belohnungsreiz, der in der Evolution zum Überleben der Menschheit beigetragen hat, in der heutigen Welt des Überflusses den Menschen zum Verhängnis werden kann.

In Österreich sind nach Schätzungen rund 40.000 Kinder von Gewichtsproblemen betroffen, wobei die Ursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit nur in seltenen Fällen in der genetischen Ausstattung zu suchen sind, vielmehr sind es falsches Essverhalten und zu wenig Bewegung. Da 85 Prozent der übergewichtigen Kinder auch stark übergewichtige Eltern haben, dürften die Eltern als Vorbilder in Bezug auf Ess-, Trink- und Bewegungsverhalten betrachtet werden.

Neuere Untersuchungen zeigen übrigens, dass die Masse braunen Fettes im Menschen dreimal größer ist als bisher bekannt war. Bei der Auswertung von PET-Scans von Diabetes-PatientInnen konnte man das aktive braune Fettgewebe sichtbar machen, wobei das braune Fettgewebe viel Zucker aufnimmt und diese Aktivität über die Scans nachvollziehbar werden. Manche Personengruppen können dabei stärker als andere ihr braunes Fett aktivieren, wobei Frauen häufiger aktiveres braunes Fett als Männer besitzen. Ebenso besitzen schlanke und jüngere Menschen mehr Anteile an braunem Fett, während bei Beleibteren und bei älteren Menschen das braune Fett nicht so aktiv reagiert. Bei etwa fünf Prozent der PatientInnen kommt aktives braunes Fett weitaus häufiger vor als bei der allgemeinen Bevölkerung, was möglicherweise erklärt, warum die einen rasch zunehmen, während anderen Schlemmerei nichts anhaben kann, d. h., sie haben unterschiedliche Körpergewichte bei gleicher Ernährung. Die Braunfett-Aktivität wird dabei durch die Kreatinin-Clearance beeinflusst, die mit der Nierenfunktion in Zusammenhang steht. Die Kreatinin-Clearance gibt dabei über die Filtrationsleistung der Nieren Auskunft, indem der Körper das Flüssigkeitsvolumen kontrolliert, indem er es durch die Nieren schleust. Die Kreatinin-Konzentration und damit die Kreatinin-Clearance ist dabei abhängig von der Körpermasse.

Was ist Übergewicht? Der Body-Mass-Index

Übergewicht kommt durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper zu Stande. Zu Übergewicht kommt es, wenn die Energiezufuhr, vor allem durch fettreiche Ernährung, den Energieverbrauch dauerhaft übersteigt. Die dadurch bedingte Fettleibigkeit (Adipositas) führt zu Folgeerkrankungen und einer kürzeren Lebenserwartung. Als Maß für Übergewicht dient der sogenannte Body-Mass-Index (BMI). Der BMI wird berechnet, indem man das Gewicht durch das Quadrat der Größe (in Metern) teilt (kg/m2). Definition Übergewicht und Adipositas Auch die aktuelle Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) beruht auf dem BMI: So besitzt etwa ein 73,0 kg schwerer Mann bei einer Größe von 1,83 Meter folgenden BMI: 73,0/1,83.1,83 = 21,8.

Die WHO nennt folgende Werte:

Untergewicht: BMI < 18
Normalgewicht: BMI 18 - 24,9
Übergewicht: BMI 25 - 29,9
Adipositas Grad I (Fettleibigkeit): BMI 30 - 34,9
Adipositas Grad II: BMI 35 - 39,9
Adipositas Grad III: BMI > 40

Bei der Berechnung des BMI gibt es je nach Geschlecht und Alter leichte Abweichungen. Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen Normalgewicht, Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit). Normalgewicht entspricht einem BMI zwischen 19 und 25 kg/m2, Übergewicht (leichte Adipositas) liegt zwischen 25 und 30 kg/m2 vor. Von Fettleibigkeit sprichen Mediziner ab einem BMI von 30 kg/m2.

Fast die Hälfte der Österreicher gaben in einer Umfrage an, mit ihrer Figur nicht zufrieden zu sein, wobei davon achtzig Prozent schon Erfahrungen mit Abnehmversuchen gesammelt haben. Beweggründe für das Abnehmen waren in erster Linie die Steigerung des Wohlbefindens (67,6 Prozent), dann die Steigerung des Selbstwertgefühls (48 Prozent) und dass die Kleidung nicht mehr passte (47,3 Prozent). Die gesundheitlichen Überlegungen liegen mit 37 Prozent weiter hinten. Immerhin haben mehr als zwei Drittel der Befragten versucht, ihr Ziel mit mehr Sport zu erreichen, gleich viele probierten es mit weniger Essen.

Der Ernährungsbericht Österreich 2017 (nach der Methode der WHO Europa) besagt, dass etwa 30 Prozent der Buben in der dritten Schulstufe übergewichtig oder gar adipös sind, während bei den Mädchen die Rate etwas geringer ist und von 21 Prozent im Westen und Süden Österreichs bis zu 29 Prozent im Osten reicht.

Adipositas und Demenzrisiko

Amen et al. (2020) stellten jüngst einen Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index von über 17000 Probanden und ihrer Gehirndurchblutung fest, wobei je höher das Übergewicht war, desto weniger gut wurden wichtige Hirnbereiche mit Blut versorgt. Diese Korrelation war sowohl in Ruhe als auch bei Denkaufgaben feststellbar und zeigte eine fast lineare Abnahme der Durchblutung schon bei leichtem Übergewicht. Besonders deutlich war dies bei Arealen, die als anfällig für Alzheimer gelten, also dem Schläfen- und Scheitellappen, aber auch bei dem für das Gedächtnis wichtigen Hippocampus und den ebenfalls am Lernen und am Gedächtnis beteiligte Gyrus cinguli. Unabhängig von Alter und Geschlecht sank die Durchblutung in all diesen Arealen mit steigendem Body-Mass-Index ab. Dies könnte eine mögliche physiologische Erklärung dafür liefern, warum Fettleibigkeit ein Risikofaktor für Alzheimer ist, denn wenn bestimmte Gehirnareale nicht mehr ausreichend durchblutet werden, kann dies auf Dauer zum Abbau der Hirnsubstanz und zu Beeinträchtigungen der Funktionalität führen.


Siehe dazu speziell Adipositas bei Kindern


Adipositas bei Erwachsenen

entsteht durch vielerlei Ursachen

Adipositas und Gehirn

Krankhafte Fettleibigkeit entsteht vor allem im Gehirn, wobei es offenbar einen molekularen Schalter gibt, der die Funktion von Sättigungsnerven und damit das Körpergewicht steuert. Im Gehirn, speziell im Hypothalamus (ein Abschnitt des Zwischenhirns), kontrollieren zwei Gruppen von Nervenzellen über verschiedene Botenstoffe das Körpergewicht und den Energiehaushalt und sorgen für ein sensibles Gleichgewicht. Während Agrp-Neuronen die Nahrungsaufnahme stimulieren, erzeugen die Pomc-Neuronen ein Sättigungsgefühl, und gerät dieses Wechselspiel aus der Balance, kann daraus ein krankhaftes Übergewicht oder ein Typ-2-Diabetes entstehen. Bei diesem Prozess spielt der Transkriptionsfaktor Tbx3 (Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die dafür sorgen, dass bestimmte Gene abgelesen werden, d. h., sie fördern oder behindern die Bindung der RNA-Polymerase an die DNA-Sequenz, die für das entsprechende Gen kodiert) eine Schlüsselrolle, denn ohne Tbx3 können die Nervenzellen für das Sättigungsgefühl keine Botenstoffe produzieren. Dieser bisher bei Fruchtfliegen nachgewiesene Effekt scheint auch beim Menschen zu wirken. Menschen, denen das Tbx3 Gen fehlt, leiden daher häufig an Übergewicht (Quarta et al., 2019).

An der Entstehung von Fettleibigkeit beim Menschen spielt das Melanocortin-System im Gehirn eine wichtige Rolle, denn dieser Regelkreis kontrolliert den Fettstoffwechsel unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Über dieses System signalisiert das Gehirn, wie viel Zucker und Energie in Fett umgewandelt, in Fettzellen gespeichert oder im Muskel verbrannt werden soll. Spezielle Nervensysteme in Regionen des Hirnstamms und im Hypothalamus überprüfen permanent den Energiezustand des Körpers, und senden in Abhängigkeit von den gemessenen Werten Signale, um Schwankungen in der Nährstoffversorgung auszugleichen. Die Melanocortin-Neruronen produzieren dabei ein Protein, das Bindungspartner des Melanocortin-Rezeptors ist, wobei bei Menschen eine loss-of-function Mutation im Gen des Melanocortin-4-Rezeptors schon in jungen Jahren zu Übergewicht, Hyperphagie und Hyperinsulinämie führen. Die Melanocortin-Neuronen erhalten direkte Informationen vom afferenten Vagus Nerv, der Signale von den inneren Organen ans Gehirn sendet, und empfangen endokrine Signale durch Leptin, Insulin, Cholecystokinin und Ghrelin, die über die verfügbare Energiemenge im Körper informieren. Mutationen des Melanocortin-Systems zählen daher zu den häufigsten genetischen Gründen für frühe Fettleibigkeit beim Menschen.

Bekanntlich ist Übergewicht ein etablierter Risikofaktor für Typ-II-Diabetes mellitus, Hypertonie und Schlaganfall, wobei alle drei Erkrankungen mit Durchblutungsstörungen im Gehirn einhergehen und so einen kognitiven Abbau zur Folge haben können. Nach einer Studie ist Hirnatrophie im Alter bei Übergewichtigen und Fettleibigen um mehrere Jahre weiter fortgeschritten. Bei den adipösen Teilnehmern war das Gehirn um 8 Prozent geschrumpft, was einem Unterschied im biologischen Alter von 16 Jahren entspricht. Allerdings kann eine Hirnatrophie im Alter auch die Ursache des Übergewichts sein, da sich im frontalen und temporalen Gehirn auch Hirnzentren befinden, die die Nahrungsaufnahme und den Stoffwechsel beeinflussen. Eine Atrophie könnte daher eine ungezügelte Nahrungsaufnahme zur Folge haben, was zur Dickleibigkeit führen kann.

Nach einer Studie von Horstmann et al. (2011) haben übergewichtige Frauen ihr Verhalten nicht so gut unter Kontrolle wie normalgewichtige. Es zeigte sich, dass bei Übergewichtigen generell diejenigen Hirnregionen mehr graue Substanz enthalten, die an der Bewertung von Belohnungsreizen beteiligt sind. Im Gegensatz dazu sind aber vor allem bei übergewichtigen Frauen Hirnregionen, die an der Verhaltenskontrolle beteiligt sind, deutlich verkleinert. Da die gleichen strukturellen Veränderungen schon aus Studien mit Frauen bekannt sind, die an Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa) leiden, kann man daraus schließen, dass der Unterschied in der grauen Substanz möglicherweise nicht mit dem Übergewicht selbst, sondern mit einem veränderten Essverhalten zusammenhängt. Übergewicht ist offensichtlich mit grundlegenden, geschlechtsspezifischen Änderungen der Hirnstruktur assoziiert. Bei Männern und Frauen treten die Veränderungen vor allem in Hirnregionen auf, die mit der Verarbeitung von Belohnungen (orbitofrontaler Kortex, ventrales Striatum) und der zentralen Steuerung der Energiebalance (Hypothalamus) beschäftigt sind. Bei Frauen finden sich zusätzlich Veränderungen in Regionen, die wichtig für die Verhaltenskontrolle sind (dorsales Striatum, dorsolateraler Präfrontalkortex). Ob nun aber das veränderte Essverhalten und die eingeschränkte Impulskontrolle die strukturellen Veränderungen hervorrufen oder ob es sich genau umgekehrt verhält, kann natürlich nicht entschieden werden.

In einer aktuellen Studie konnten Wissenschaftler der australischen Universität Melbourne nachweisen, dass eine ungesunde Ernährung bei Mäusen zu einer bemerkenswerten Veränderung im Gehirn führt. Im Hypothalamus, einem Hirnbereich, der die Steuerung des Appetits übernimmt, bildet sich um die Nervenzellen herum ein schleimartiger Stoff. Die Bildung dieses schleimartigen Stoffes konnte bei den Mäusen nach einer längeren Periode der Verfütterung von ungesundem Futter nachgewiesen werden. Das Problem besteht darin, dass der Schleim eine Beeinträchtigung der normalen Reaktion der Nervenzellen auf das Hormon Insulin zur Folge hat. Insulin spielt eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Appetits. Eine unzureichende Insulin-Reaktion der Zellen führt folglich zu einer Beeinträchtigung der Kontrolle über das Essverhalten. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass mit einer Zunahme des Körpergewichts der Mäuse eine Volumenzunahme sowie eine Viskositätssteigerung des um die Nervenzellen gebildeten Schleims einhergingen. In der Konsequenz war eine Penetration der Insulinmoleküle zu den Zellen selbst bei einer intraventrikulären Insulininjektion nicht möglich. Dies könnte eine Erklärung für die Schwierigkeiten bei der Änderung des Ernährungsverhaltens und der Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Menschen darstellen. Die Studie verdeutlicht die Relevanz einer gesunden Ernährung für die Funktionalität des Gehirns sowie die Kontrolle des Appetits (Stangl, 2024).

Hungerkuren und längeres Fasten sind auf Dauer erfolglos, wenn man abnehmen will, denn in einer Untersuchung in Australien (Sumithran, et al., 2011) erhielten fünfzig Adipöse im Alter von Mitte 50, die durchschnittlich etwa 100 kg wogen, für zehn Wochen einer Restriktionsdiät, bei der am Ende die Probanden fast 14 kg weniger auf die Waage brachten. Nach der Hungerkur waren die Leptinspiegel im Blut fast aller Testpersonen um zwei Drittel gefallen, wobei ein niedriger Leptinspiegel nicht nur einen gesteigerten Appetit bewirkt, sondern auch den Energiestoffwechsel drosselt. Man vermutet, dass dies eine Folge der Evolution darstellt, während der das menschliche Gehirn gelernt hat, in mageren Jahren den Verbrauch zu drosseln, wobei nicht nur die Fettzellen über das Hormon Leptin einen Notstand an das Gehirn melden, sondern auch der Darm dem Gehirn über Ghrelin hormonell vermittelt, dass Nahrung ausbleibt, und so dem Körper signalisiert wird, wieder möglichst viele Energiereserven zu bilden. Das Hormonsystems des Menschen neigt also dazu, das neu eingestellte Körpergewicht nicht zu akzeptieren, und dafür zu sorgen, dass der Betroffene wieder das ursprüngliche Gewicht erreicht.

Für viele Menschen mit ausgeprägter Adipositas ist eine bariatrische Operation wie ein Magenbypass oder ein Schlauchmagen der letzte Ausweg, um ihr Gewicht dauerhaft zu reduzieren, wobei der Effekt einer solchen Operation nicht auf der simplen Magenverkleinerung basiert, sondern sehr wesentlich auch von der intakten Informationsverarbeitung in bestimmten Gehirnarealen abhängt. Dischinger et al. (2023) konnten nun zeigen, dass die Wirkweise der Adipositas-Chirurgie im Wesentlichen auf veränderten neuroendokrinen Signalen aus dem Magendarmtrakt basiert und von einem intakten Hypothalamus abhängt, d. h., die solcher Operation ist somit auch eine Art neuroendokrine Intervention. Das widerspricht also der bisherigen Annahme, dass die Wirkungsweise bariatrischer Operationen darauf beruht, dass der Betroffene weniger Nahrung aufnehmen kann und diese vom Körper teilweise nicht mehr verstoffwechseln kann.

Es ist bekannt, dass extremes Übergewicht die Fruchtbarkeit einschränkt, dass also Nervenzellen im Gehirn, die für die Regulation der Fruchtbarkeit zuständig sind, gleichzeitig gezielt Bereiche beeinflussen, die für die Steuerung der Stoffwechselaktivität verantwortlich sind. Das ist eine der vermuteten Ursachen für die Gewichtszunahme bei Frauen nach der Menopause. Bisher machte man vor allem eine hormonell bedingte Umstellung des Stoffwechsels dafür verantwortlich, doch nun haben Schmid et al. (2013) zumindest bei genmanipulierten Mäusen entdeckt, dass Areale des Gehirns, die für die Regulation der Fruchtbarkeit verantwortlich sind, auch Gehirngebiete für den Stoffwechsel regulieren. Mit Beginn der Pubertät werden jene Nervenzellen im Hypothalamus aktiv, die als GnRH-Neurone bezeichnet werden, und die für die Funktionalität der Geschlechtsorgane und das Paarungsverhalten verantwortlich sind, während die POMC-Neurone die Stoffwechselaktivität steuern, indem sie dem Gehirn Auskunft über verfügbare Fettreserven geben und die Nahrungsaufnahme regulieren. Es zeigte sich, dass die GnRH-Neurone gezielt die Aktivität der POMC-Neurone regulieren, dass also das für die Reproduktion verantwortliche System im Gehirn das metabolische System beeinflusst und nicht umgekehrt.

Adipositas und Berufschancen

Eine experimentelle Studie über Vorurteile von Personalentscheidern gegenüber Adipösen von Geil et al. (2012) wollte herausfinden, ob bei geschulten Personalentscheidern Vorurteile gegenüber adipösen Menschen vorhanden sind. Um mögliche Vorurteileunabhängig von anderen Einflüssen erfassen zu können, wurden Personalentscheidern sechs Fotos vorgelegt, auf denen jeweils eine Person abgebildet war, wobei alle Abgebildeten ungefähr gleich alt waren und einen vergleichbaren sozioökonomischen Status hatten, aber unterschiedliches Körpergewicht. Um Verzerrungen zu vermeiden, trugen alle Personen auf dem Foto ein weißes T-Shirt und eine Jeans. Die Studienteilnehmer hatte die Aufgabe, einzuschätzen, welchen Beruf die sechs Personen ausüben, und sollten diejenigen Personen benennen, die ihrer Meinung nach in einem Bewerbungsgespräch um eine Abteilungsleiterstelle in die engere Wahl genommen würden. In beiden Fällen schnitten die Übergewichtigen sehr schlecht ab, denn ihnen wurde weder ein Beruf mit hohem Prestige zugetraut noch wurden ebenso für eine Abteilungsleiterstelle ausgewählt. Dabei trafen die Vorurteile gegenüber Übergewichtigen besonders stark Frauen, denn nur zwei Prozent ordneten den adipösen Frauen einen Beruf mit hohem Prestige zu, und nur sechs Prozent der Befragten traute ihnen zu, bei einer Bewerbung um eine Abteilungsleiterstelle in die engere Auswahl gekommen zu sein.

Finanzielle Anreize helfen beim Abnehmen

In einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz und der Universität Innsbruck (Halla et al., in press) wurden 675 Versicherte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaftdie die Kundenzone in Wien aufsuchten, über einen längeren Zeitraum hin untersucht. Sie hatten einen durchschnittlichen Body-Mass-Indexvon 32,5, was erheblichem Übergewicht bzw. bereits Adipositas entspricht. Für eine Frau mit 1,65 cm Körpergröße würde das 88 Kilogramm bedeuten, für einen Mann (1,80 Meter) ein Gewicht von 105 Kilogramm. 300 Teilnehmer wurden per Zufall einer Kontrollgruppe zugeteilt und nach fünf bzw. nach zehn Monaten wurde das Gewicht noch einmal kontrolliert. Für die zweite und die dritte Messung gab es 20 bzw. 40 Euro Entschädigung. Auch die beiden anderen Gruppen mit jeweils rund 175 Probanden erhielten die Aufwandsentschädigung, bekamen aber auch 150 Euro (Behandlungsgruppe 1) oder 300 Euro (Behandlungsgruppe 2) für das Erreichen einer Gewichtsabnahme von mindestens fünf Prozent als Prämie versprochen. Bis zum Ende der Studie stiegen jeweils zwischen 30 und 40 Prozent der Probanden aus. In der Kontrollgruppe haben 17 Prozent eine fünfprozentige Abnahme des Körpergewichts geschafft. In der Behandlungsgruppe 1 (150 Euro Prämie) waren es 31 Prozent und in der Behandlungsgruppe 2 (300 Euro Prämie) 50 Prozent. In der Kontrollgruppe gab es eine durchschnittliche Gewichtsabnahme um rund 1,9 Kilogramm, in den Behandlungsgruppe 1 und 2 waren es jeweils etwa minus 3,3 Kilogramm. Ein relativ kleiner finanzieller Anreiz zum Abnehmen reicht offensichtlich aus, um doppelt bis dreimal so viele Menschen zur Reduktion ihres Körpergewichts zu bringen. Übrigens: Unter den Probanden, die die höhere Prämie erhielten, kam es auch zu einem Zuwachs an Lebensqualität. Entscheidend ist offensichtlich nicht die Höhe des Anreizes, sondern, dass es ihn überhaupt gibt.

Psychotherapie zur Unterstützung bei Adipositas

In der Behandlung psychologischer Aspekte bei Ess- und Gewichtsstörungen haben sich insbesondere kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen bewährt, wobei individuelle Faktoren berücksichtigt werden müssen, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung problematischer Verhaltensmuster beteiligt sind. Das bedeutet nichts anderes, als dass man Adipositas immer als ein individuelles Problem betrachten muss, und für jeden Einzelnen einen Behandlungsplan entwickeln muss. Psychologische Faktoren, wie Selbstkontrolle, Motivation oder der Umgang mit emotionaler Belastung, haben Einfluss darauf, ob wir Gewicht zunehmen und wie gut es gelingt, erfolgreich abzunehmen. Diese Faktoren können beeinflussen, was und wieviel man isst und in welchem Ausmaß man sich sportlich betätigt. Dabei sollte auch das Geschlecht berücksichtigt werden, denn Männer und Frauen unterscheiden sich dabei. Frauen berichteten, dass sie eine langfristig erfolgreiche Gewichtsabnahme vor allem durch strikte Kontrolle beim Essen erreichen, wobei ihnen soziale Unterstützung zusätzlich half. Männer setzen dagegen flexible Strategien ein, um ihr Ess- und Bewegungsverhalten zu kontrollieren und langfristig erfolgreich abzunehmen. Unterstützen kann man das abnehmen auch mit Apps, wobei Apps den großen Vorteil haben, dass sie zeitlich und örtlich weitgehend unabhängig genutzt werden können, sodass eine gewisse Individualisierung möglich ist und die Nutzung durchaus auch anonym sein kann. Dabei ist die Schwelle, sich Unterstützung zu holen, niedriger, den gerade beim Thema Übergewicht befürchten viele Betroffene Vorurteile. In vielen Fällen kann daher die Nutzung einer App durchaus erfolgreich und ausreichend sein, in anderen Fällen wird sie wenigstens die Ängste reduzieren, sich weiterführende Hilfen zu suchen.

Wie wichtig psychotherapeutische Hilfe in der Adipositastherapie ist, legen wissenschaftliche Studien nahe, denn neben medizinischen und biologischen Faktoren spielen bei der Entstehung einer Adipositas auch psychologische und psychosoziale Umstände eine Rolle, die in der Therapie zu berücksichtigen sind. Psychotherapeutische Unterstützung ist auch deshalb wichtig, weil häufig Ablehnung und Hänseleien durch Mitmenschen, KollegInnen, aber auch Freunde und Familie die Betroffenen psychisch belasten. Der Leidensdruck adipöser Menschen geht somit nicht nur auf körperliche Beschwerden sondern auch auf eine Form der Stigmatisierung durch die Umwelt zurück, wobei sich Belastungen aufgrund von Stigmatisierung sich negativ auf den Behandlungserfolg auswirken, sodass eine Psychotherapie einen konstruktiven Umgang mit diesen Belastungen bieten kann. Häufig geht es darum, depressive Stimmungen, nachlassende Motivation, emotionale Labilität oder Belastungen frühzeitig zu erkennen und in der Therapie gegenzusteuern.

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Stangl, W. (2024, 24. September). Ungesunde Ernährung und Insulin. was stangl bemerkt ….
https:// bemerkt.stangl-taller.at/ungesunde-ernaehrung-und-insulin.

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https://idw-online.de/de/news715978 (19-05-21)

 

Siehe auch


Hinweis: Diese Arbeitsblätter entstammen teilweise der Studie von Ursula Gruber "Essstörungen an Berufsbildenden Höheren Schulen Österreichs. Wahrnehmung, Behandlung, Prävention".



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