Mathetik ist eine notwendige Korrektur des gedankenlos
verabsolutierten Prinzips der Didaktik:
dass Lernen auf Belehrung geschähe.
Hartmut von Hentig
Sieland, B. Heyse, H & Eckert, M. (2015). Erfolgreiches Scheitern. Grundschule, 47, 6-8.
Zusammengefasst nach News4Teachers vom 18. Jänner 2018. Sieland et al. (2015) haben die verschiedenen Formen des Scheiterns in der Schule und die Ursachen untersucht, wobei diese zum Tail in den Rahmenbedingungen bzw. auch im Beruf des Lehrers bzw. Schülers selbst begründet liegen. Fehlerfreies Handeln und Erfolge sind in der pädagogischen Praxis wichtig, und diese Sehnsucht nach Erfolg führt dazu, dass man diesen selten hinterfragt beziehungsweise evaluiert, d. h., sogar Misserfolge werden lieber geschönt und als Teilerfolge umgedeutet, werden aher als Anlass für eigenes Veränderungslernen weder geschätzt noch aufgegriffen. Zwar wird auch in der Schule Fehlerkultur gefordert, doch ihre Ausübung wird mit großer Skepsis betrachtet oder gar verhindert. Gerade bei Lehr- und Lernprozessen sowie bei Entscheidungen für Ziele und Prioritäten in der Schule gibt es zahlreiche Fehlermöglichkeiten, die mangels geeigneter Analysemodelle mehr oder weniger häufig übersehen werden. So müssten zum Beispiel Leistungserfolge genau betrachtet werden, wenn sie trotz schlechter Leistungsvoraussetzungen erzielt wurden. Durch die Erfolgsfixierung grenzen sich die Erfolgreichen gegen die Verlierer ab, denn diese machen Fehler, ernten Misserfolge brauchen Hilfe und Beratung und verschwenden somit Ressourcen. Doch Handeln ist erst dann professionell, wenn es sowohl die Zielerreichung im Auge behält als auch die Wege dahin sowie die unerwünschten Nebenwirkungen. So wird der schnelle und kurzlebige Erfolg oft mit nicht tolerierbaren Nebenwirkungen erkauft. Daher ist zu unterscheiden zwischen Fehlermanagement als kognitiver Reaktion und Bewältigung sowie Misserfolgsmanagement als emotiver Auseinandersetzung. Beides sind Herausforderungen für LehrerInnen wie für SchülerInnen. Sie sollten als Selbsthilfe vermittelt und als Fremdhilfe angeboten und auch durch organisationale Maßnahmen in der Unterrichtsgestaltung und der Schulentwicklung wirksam werden. Die Schule ist ein interaktionsintensiver Ort, verschärft noch durch die Anwesenheitspflicht der Interaktionspartner, d. h., alle Beteiligten bringen aus ihrem Alltag Erfolgs- und Misserfolgserwartungen, Frustrationen, Enttäuschungen mit samt ihrer Art und Weise damit umzugehen, mit. Gleichzeitig erleben und verarbeiten sie in der Schule neue Erfolge und Misserfolge und nehmen beides mit zurück in ihre privaten Lebenswelten. In der Schule werden vielfältige Motive, etwa das nach Leistung, Wertschätzung, Sicherheit, Kontakt und Macht, befriedigt, bedroht oder frustriert, wobei die verschiedenen Akteure ungleiche Befugnisse und Mittel zur Machtausübung haben. Jede Zielvorgabe für LehrerInnen wie für SchülerInnen, sei diese selbst gesetzt oder fremdbestimmt, birgt die Gefahr des Scheiterns, und das auch noch vor den Augen und in der Bewertung relevanter Bezugspersonen. Das ist angesichts der großen Heterogenität von SchülerInnen und Lehrkräften sowie der Breite, Höhe und Verbindlichkeit der Leistungsansprüche kaum zu vermeiden. Auch gibt es eine Reihe von Arbeitsbedingungen in der Schule, die die Wahrscheinlichkeit für Fehler, Misserfolge und Niederlagen steigern, denn für alle Beteiligten gilt, dass sie unter hohem Erwartungsdruck handeln, wobei Teilerfolge und Niederlagen öffentlich geschehen, sie agieren in einer Zwangsgemeinschaft und können sich weder die Interaktionspartner noch den Unterrichtsinhalt aussuchen. Die Interaktionen sind in der Regel asymmetrisch, wobei die vermeintlich schwächeren SchülerInnen oft mehr Spielräume für Fehlverhalten besitzen als LehrerInnen. Daneben sind der betriebene Arbeitsaufwand sowie die kurz- und langfristigen Ergebnisse und Folgen der Tätigkeit oft gar nicht objektiv messbar, d. h., sie müssen geschätzt werden, wobei Stimmungen und Perspektiven bei diesen Bewertungen eine große Rolle spielen. Häufig stehen die beruflichen und privaten Ziele in Konkurrenz, d. h., man hat etwa selten ausreichende Zeit, die für eine gute Erfüllung der Aufgaben erforderlich wäre. Dadurch entsteht oft ein schlechtes Gewissen, weil ein großer Teil der Arbeit selbstgesteuert ohne definiertes Zeitkorsett zu erbringen ist. So hängt für LehrerInnen die Zielerreichung nicht nur von ihnen ab, dennoch werden sie für Misserfolge anderer aber verantwortlich gemacht. Nicht zuletzt ist die Arbeit in der Schule anstrengend und es gibt wenig Fremdverstärkung, woraus sich mehr oder weniger effektive Bewältigungsformen mit ihren emotionalen, interaktionalen und organisationalen Folgen ergeben. Faktisch sind alle Mitglieder der Schulgemeinschaft mitverantwortlich für die Lehr-Lernprozesse, haben aber weder eine Zielkontrolle noch können sie die Wege dahin allein bestimmen und für das Ergebnis keine Garantie übernehmen.
Übrigens zählte schon Sigmund Freud den Lehrerberuf und damit auch die Schülerrolle zu den unmöglichen Berufen, weil man sich seines ungenügenden Erfolges dabei sicher sein kann.
Die konstitutiven Antinomien des Lehrerhandelns
1. Begründungsantinomie: erhöhter Entscheidungsdruck und gesteigerte Begründungsverpflichtung (Verlust von Selbstverständnis). Gerade im stellvertretenden Krisenlösen ist der Entscheidungszwang verschärft. Zugleich muss professionelles Handeln sich aber auf methodisch kontrollierte und nach expliziten Geltungskriterien bewährte erfahrungswissenschaftliche Wissensbasis berufen können. In Phasen starker kultureller Transformation und starker Wandlungsprozesse auf Seiten der Adressaten, wird diese Antinomie manifest. „So mussten Lehrerinnen und Lehrer in den Wendeumbrüchen im Horizont delegitimierter und noch nicht wieder neu legitimierter Wissensbestände ihre pädagogische Vermittlung fortsetzen, ohne auf eine abgesicherte Basis eines gesellschaftlich kodifizierten Wissens zurückgreifen zu können. Ihr pädagogisches Handeln schloss also ständige Entscheidungen ein, ohne dass diese Entscheidungen durch eine gültige Legitimationsbasis abgesichert gewesen wären.“
2. Praxisautonomie: Widersprüchliche Einheit von Theorie und Praxis. „Denn das professionelle Handeln ist erstens ein durch starken Handlungs- und Entscheidungsdruck belastetes Handeln, das gerade jene strukturell erforderliche Handlungsentlastung nicht beinhaltet, die wiederum konstitutive Voraussetzung für die Genererierung von Theorie ist.
3. Subsumtionsantinomie: Lehrerhandeln ist nicht technologisierbar. Antinomie von Rekonstruktion und Subsumtion. Es besteht immer die Gefahr, in unzulässiger Typisierung dem Einzelfall nicht gerecht zu werden. Etwa wenn man das begabte Kind, das sich langweilt, als mutwilligen Störenfried typisiert. „Obwohl professionelles Handeln der gesicherten Routine bedarf, erfordert es zugleich eine bewusste Haltung der Skepsis gegenüber jeder Routine und damit eine habitualisierte Unterstellung der Normalität der Krise, die als Scheitern der Routine an jeder Stelle des professionellen Handelns eintreten kann.
4. Ungewissheitsantinomie: Antinomie zwischen Vermittlungsversprechen und struktureller Ungewissheit und Riskanz der professionellen Intervention. Gerade hier ist professionelles Handeln fehleranfällig. Besonders, wenn es die Gift- Gegengift-Struktur aufweist: Wenn Lehrer ihre Schüler bewusst irritieren und in Krisen bringen müssen (also in ihre soziale Integrität eingreifen), um emergente Lernprozesse zu ermöglichen. „Sie müssen also Destabilisierungen initiieren, denn die Krise der kognitiven und psychischen Struktur impliziert ja nichts anderes, als den Verlust vorhergehenderScheingewissheiten und Sicherheiten.“
5. Symmetrie und Machtantinomie: Der Professionelle ist in einer überlegenen Position. Die Beziehung ist asymmetrisch, der Professionelle ist dominant. Andererseits führt das Aufzwingen von Problemlösungsmöglichkeiten über Macht zum Scheitern. Immer wieder müssen symmetrische Verhältnisse zum Problemlösen entwickelt werden. Aber Asymmetrie ist nicht negierbar. Sie gründet in Differenzen an Kompetenz, Wissen, Status. Diese Antinomie hat zunächst nichts mit Herrschaftsstrukturen zu tun, sie ist Teil der pädagogischen Interaktion.
6. Vertrauensantinomie: Es muss eine Vertrauensbasis unterstellt werden, die aber erst hergestellt werden muss. Gerade in dieser Interaktionssituation ist die Herstellung von Vertrauen schwierig. Vertrauen, dass der Lehrer die Schüler nicht bloßstellt usw. Wenn Schüler Schwächen kommunizieren, geben sie sich in die Hand des Lehrers. Andererseits müssen die Schüler ihre Grenzen und Probleme kommunizieren, nur so kann ein Lehrer mit ihnen Wissen erweitern usw. Phänomen der Frage.
Studien von Misamer & Thies (2014a, b, c) belegen, dass die Haltung und das Handeln von LehrerInnen wirksamer sind als häufig angenommen, und zwar im Sinne einer massiv steuernde Wirkung, sowohl in interaktionsförderlicher sowie auch hemmender Hinsicht. Ist eine Lehrerin oder ein Lehrer darum bemüht, ein Vertrauensverhältnis zwischen sich und den SchülerInnen zu fördern, sollte sie eine Vertrauensvorleistung aus der ranghöheren Position heraus realisieren, um die Vertrauensentwicklung anzustoßen. Diese Vorleistung kann aus der Förderung aktiver Partizipation wie dem Übertragen von Verantwortung und einem schrittweise stattfindenden Verzicht auf Kontrolle und somit aus promotiven Handlungsmustern bestehen. Dies kann dazu führen, dass die SchülerInnen der Lehrerin bzw. dem Lehrer soziale Motive im Sinne einer um Gerechtigkeit bemühten Haltung zuschreiben. Der Unterrichtende transportiert dies über eine aktive Verringerung der Ungleichverteilung von Machtmitteln, sodass SchülerInnen dann im Sinne der Reziprozitätsnorm zeigen können, dass sie das in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen, wodurch über die Wahrnehmung gerechten Verhaltens ein Kreislauf gegenseitigen Vertrauens entsteht. Eine gelungene Vertrauensbeziehung hat in der Klassengemeinschaft eine strukturierende und stabilisierende Funktion und erleichtert damit grundsätzlich die Handlungsplanung von Unterricht. Motivation und Leistungsbereitschaft von SchülerInnen werden dadurch ebenfalls erhöht und Ängste gemindert.
7. Näheantinomie: Spannung zwischen Nähe und Distanz.
8. Sachantinomie: Spannung zwischen wissenschaftlich kodifiziertem Wissen, organisatorisch gerahmt durch Lehrpläne und Richtlinien und alltagsweltlichen, lebensweltlichen und biographisch gefärbten „inoffiziellen Weltversionen“ auf Seiten der Schülerinnen.
9. Organisationsantinomie: Spannung zwischen formalen und universalistischen Verfahrensweisen und der Notwendigkeit von Offenheit, Emergenz, Kreativität des Lehrerhandelns andererseits. Die organisatorische Strukturierung ist handlungsentlastend und routinisierbar. Sie behindert aber die Offenheit und Emergenz professionellen Handelns.
10. Differenzierungsantinomie: Spannung zwischen homogenisierter Gleichbehandlung aller Schüler (Homogenisierung von Bildungszeiten) und der Notwendigkeit, zwischen der Schülergruppe und einzelnen Schülern differenzieren zu müssen. Pluralität von Lernbiographien und Bildungsvoraussetzungen beachten.
11. Autonomieantinomie: Lehrer fordern zur Autonomie auf aber in einem von Heteronomien durchsetzten Rahmen (Regeln, Zwänge usw.). Die Verbliebene Heteronomie soll im Rahmen kognitiver und emotionaler Bildungsprozesse abnehmen. Lehrer müssen diese Bestände von Heteronomie und Autonomie stets ausbalancieren. Zwischen Förderung der und Überforderung durch Autonomie abwägen, sodass Schüler sich nicht in entlastende Heteronomien und Abhängigkeiten flüchten.
Das Denken in Antinomien sollte daher im beruflich-professionellen Selbstverständnis von Lehrerinnen und Lehrern die Schülerinnen und Schüler und ihre Persönlichkeitsentwicklung stärker in den Blick nehmen. Derzeit wird immer wieder daran erinnert, dass das Hauptgeschäft von Lehrerinnen und Lehrern und die zentrale Aufgabe von Schule im Unterricht besteht. Daran spiegelt sich eine unrealistische Verkürzung wider, nach der von den beiden Dimensionen des Comenius (Didaktik und Mathetik) nur noch die Didaktik im Blick geblieben ist. Daher sollte man das Lernen stärker in den Mittelpunkt rücken, und zwar nicht nur in seiner kognitiven Dimension, sondern ebenso in den emotionalen und volitionalen Aspekten. Diese Öffnung würde es nahelegen, stärker über latente Wirkungen und unbewusste Bedürfnisse etc. nachzudenken und sie zu berücksichtigen. Konsequenterweise würde dies dann dazu führen, dass „die „Sache“ des Lehrers das Kind ist“ (vgl. Schlömerkemper, 2003).
Vorbereitung auf ein Konfliktgespräch mit Eltern
Man sollte sich auf einen Konflikt Gespräch mit Eltern ausreichend vorbereiten, den eine umfassende Vorbereitung führt zu einer klaren Sicht des Konfliktanlasses und zu einer souveränen Führung des Gesprächs. Solche Gespräche somd häufig mit vielen Emotionen beladen. In den News von pro-schule.net werden dabei einige zentrale Punkte angesprochen:
- Beschreiben Sie das Problem aus der eigenen Sicht als Lehrerin oder Lehrer.
- Klären Sie den Sachverhalt im Vorfeld, soweit es geht. Ziehen Sie gegebenenfalls weitere Personen hinzu, etwa eine andere Lehrerin oder den Schulleiter. Kündigen Sie dies den Eltern aber im Vorfeld an.
- Versetzen Sie sich in die Lage der Eltern oder des Kindes. Wie stellt sich deren subjektive Realität dar?
- Klären Sie für sich, welches Ziel Sie im Hinblick auf die Problemlösung bzw. auf mögliche Veränderungen kurz- und langfristig anstreben.
- Wechseln Sie noch einmal die Perspektive: Welche Ziele vermuten Sie bei den Eltern?
- Entwickeln Sie Ideen für die Problemlösung.
Mit folgender Gesprächsstruktur lässt sich ein Konflikt ein wenig entschärfen:
Eröffnung des Gesprächs: Nennen Sie den Anlass und das formale Gesprächsziel, bzw. signalisieren Sie den Eltern Vertrauen und Offenheit, indem Sie z. B. betonen, dass auch Ihnen die Klärung sehr am Herzen liegt. Sprechen Sie den vorgesehenen Ablauf und den zeitlichen Rahmen an. So können sich die Eltern darauf einstellen, was auf sie zukommt und wie viel Zeit dafür zur Verfügung steht.
Klärung des Sachverhalts: Um das Gespräch von der Konfliktebene mit Anschuldigungen und Vorwürfen auf eine sachliche Ebene zu lenken, sind zwei Aspekte entscheidend: Lassen Sie einerseits die Eltern selbst zu Wort kommen. Geben Sie dabei Gelegenheit, ihren Ärger auszudrücken. Hören Sie in dieser Phase vor allem zu und fragen Sie bei Unklarheiten nach. Stellen Sie andererseits die Sicht der Schule dar, so dass der subjektive Eindruck der Eltern relativiert wird.
Festlegung der Ziele: Häufig stellt sich der aktuelle Gesprächsanlass nur als Aufhänger für ein weit größeres Problem dar. Leiten Sie deshalb vom konkreten Anlass auf die dahinterliegende Problematik über und formulieren Sie deren Lösung als Zielsetzung des Gesprächs.
Lösungsfindung: Sammeln Sie gemeinsam Ideen für die Bewältigung des Problems. Zeigen Sie auf, was die Schule dazu beiträgt. Fragen Sie die Eltern danach, wie sie selbst die soziale Entwicklung des Kindes zu Hause fördern können. Geben Sie dazu bei Bedarf auch Anregungen mit, z. B. in Bezug auf Freizeitgestaltung oder Konsequenz in der Erziehung. Treffen Sie Vereinbarungen. Sprechen Sie konkrete Veränderungen ab. Halten Sie diese möglichst schriftlich fest. Lesen Sie sie noch einmal vor, damit sie für beide Gesprächspartner eindeutig sind. Unterschreiben Sie beide.
Zusammenfassung: Schließen Sie das Gespräch mit dem Ausblick darauf ab, wie die Kooperation zwischen Eltern und Schule fortgesetzt werden kann, z. B. durch den Besuch der Elternsprechstunde nach einem Vierteljahr. Dabei wird auf die Wirksamkeit der vereinbarten Hilfen für die Entwicklung des Schülers zurückgeblickt und über das weitere Vorgehen reflektiert.
Der Schulleiter und Konflikte zwischen Eltern und LehrerInnen
Bei Konflikte mit Eltern sind auch Schulleiterinnen und Schulleiter gefordert, denn sie stehen als Mediatoren zwischen den Eltern und den LehrerInnen. Meist haben sich über einen längeren Zeitraum Schuldzuweisungen und Vorurteile entwickelt, die Positionen sind verhärtet. Als Schulleiterin oder Schulleiter sollte man zunächst mit jeder der Konfliktparteien ein Einzelgespräch führen, um deren Sicht kennen zu lernen. Erst danach man beide Parteien zu einem gemeinsamen Gespräch ein, wobei man in diesem Konfliktgespräch die Rolle des Konfliktmoderators übernehmen sollte. Hinweis: Die Rolle einer Konfliktmoderatorin oder eines Konfliktmoderators beinhaltet immer einen gewissen Abstand zum Problem. Wenn man selbst in eine Auseinandersetzung involviert ist, sollte man unter Umständen einen unbeteiligten Fachmann zu Rate ziehen.
Beide Konfliktparteien gehen in dem Konfliktgespräch mit dem Bewusstsein, der andere sei an dem gegenständlichen Problem schuld. Fragen Sie beide Seiten auch nach den Empfindungen und Gefühlen, wenn das Problem auftaucht. Denn auch Gefühle sind Realität und bestimmen das Verhalten und die Einstellung von Eltern und LehrerInnen entscheidend mit. In diesem Fall kann man durch einen Rollenwechsel und das Ausdrücken von Gefühlen, dass jeder sich in die Sichtweise des anderen einfühlt, Verständnis für den anderen entwickelnt. Damit wird für beide Parteien der Mensch hinter dem Problem sichtbar. Als Moderator sollte man in dieser Phase darauf achten, dass jeder ausreden kann, jeder von sich spricht und seine Sicht darlegt und vor allem jeder dem anderen einmal zuhört. Voraussetzung dafür ist, dass man als Schulleiter selbst aktiv zuhört. Wichtig ist, eine Rückmeldung über das Gesagte zu geben, um sich zu vergewissern, dass die Aussage auch von beiden Seiten richtig verstanden wurde. Hinter gegensätzlichen Positionen liegen sowohl gemeinsame als auch sich widersprechende Interessen, daher sollte man das wichtigste Interesse aussprechen, das beide Parteien gemeinsam haben. Die Unterschiede der Interessen auf Eltern- und Lehrerseite liegen häufig in der Richtung der Lösung. Nicht Positionen – wer hat Recht und wer nicht? – sollten im Konfliktgespräch im Mittelpunkt stehen, sondern es müssen die Interessen in Einklang gebracht werden.
Während eines solchen Konfliktgespräches sollte man die Probleme und Fragen beziehungsweise Antworten als Liste mitschreiben, wenn möglich auf einer Flip-Chart. Eine klare Formulierung der Tatsachen macht häufig erst den Weg frei für eine Lösungssuche. Als Moderator sollte man die Interessen klarlegen, diese zusammenfassen und stets betonen, welche Gemeinsamkeiten beziehungsweise Unterschiede in den Interessen bestehen. Danach sollte man in der nächsten Phase Lösungsideen entwickeln lassen, wie die Interessen beider Parteien und damit auch die des Kindes berücksichtigt werden können.
Die Aufgabe als Moderator ist dann, die festgelegten Maßnahmen aus dem Konfliktgespräch schriftlich festzuhalten, auf die sich beide Parteien geeinigt haben. Man schließt ein Konfliktgespräch mit einer konkreten Terminvereinbarung ab, bei der die Wirkung der Maßnahmen überprüft und weitere Schritte besprochen werden.
Literatur
Helsper, Werner (2002). Lehrerprofessionalität als antinomische
Handlungsstruktur (S. 64–102). In Margret Kraul, Winfried Marotzki &
Cornelia Schweppe (Hrsg.), Biographie und Profession. Bad Heilbrunn.
Schlömerkemper, Jörg (2003). Die „Sache“ des Lehrers ist das Kind!
Ein Plädoyer für eine professionsbezogene Lehrerbildung. Die Deutsche
Schule, 95, 6-9.
Misamer, M. & Thies, B. (2014a). Empirische Abgrenzbarkeit der Konstrukte Macht-, Gerechtigkeits- und Vertrauenserleben im Lehrer/innen-Schüler/innen-Kontext. 49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Bochum.
Misamer, M. & Thies, B. (2014b). Demokratische Nutzbarkeit von Potenzialen der Lehrer-Schüler-Beziehung. Politische Psychologie, 4, 51-61.
Misamer, M. & Thies, B. (2014c). Machtverhältnisse im Unterricht - Eine Analyse des Spannungsfeldes von Macht, Gerechtigkeit und Vertrauen. Politische Psychologie, 4.
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