Heroin
Heroin (di-acetyl-morphin) wird aus der Opiumrohmasse (Schlafmohnkapsel-Saft) durch chemische Umsetzung des Morphins gewonnen. Neben Morphin enthält die Schlafmohnkapsel weitere Stoffe, die zum Teil eine ähnliche Wirkung haben. Traditionell wurde in den Ländern, in denen Schlafmohn angebaut wird, auch die Rohmasse selbst geraucht. Heroin wird in verschiedenen Formen verwendet und hergestellt:
- Heroin Nr.1 ist eine weiße oder braune pulvrige Substanz, die eigentliche Morphin-Base, die aus Rohopium gewonnen wird.
- Heroin Nr. 2 ist ein graues bis weißes Pulver, das aus Morphin-Base unter Zusatz von anderen Stoffen (beispielsweise Essigsäureanhydrid) hergestellt wird.
- Heroin Nr.3 ist grau-braunes, körnig und krümeliges Granulat in Salzform (Hydrochlorid)
- Heroin Nr. 4 ist ebenfalls ein Heroinhydrochlorid, ein weißes, sehr gut wasserlösliches Pulver. Es ist hochkonzentriert, wird dann aber "gestreckt", also beispielsweise mit Ascorbinsäure oder Michzucker versetzt, um die Gewinnspanne beim Verkauf zu erhöhen.
Heroin ist die zur Zeit noch die in der Drogenszene am meisten konsumierte Droge, verliert jedoch gegenüber dem Kokain an Boden. Neuerdings ist die Kombination zwischen Heroin und Kokain (unter den Namen: Speedballs oder Cocktail) im Vordringen. Diese Kombination hat besondere Bedeutung, weil diese sehr aggressivitätssteigernd ist, mithin vermutlich auch an der zunehmenden Gewaltbereitschaft innerhalb der "Scene" mitbeteiligt ist.
Einnahme: Injektion in die Venen (bevorzugt, weil die größte Wirksamkeit),dann geraucht, selten gesnieft oder geschluckt (geringe Wirkung)
Wirkung: Opiate haben schmerzstillende und euphorisierende Wirkung. Die stärkste Euphorie erzeugt Heroin. Sämtliche negativen Empfindungen wie Schmerz, Leeregefühle, Sorgen, Unwillen, Angst werden schon kurz nach der Einnahme zugedeckt, hinzu kommt ein momentan spürbares Hoch- und Glücksgefühl ("Flash"). Die euphorisierende Wirkung, d.h. das Glücksgefühl, nimmt schon nach relativ kurzer Zeit des Gebrauchs ab, ab hier ist nur noch das körperliche Verlangen Motor der Sucht
Risiken: Schon ein kurzzeitiger, regelmäßiger Konsum kann psychische und körperliche Abhängigkeit erzeugen, es treten Entzugserscheinungen auf, wenn kein Stoff zugeführt wird. Akute Gefahren sind Bewußtlosigkeit und dabei Erstickungsgefahr durch Erbrochenes, Atemlähmung mit Todesfolge bei Überdosierung oder giftigen Beimengungen. Besondere Risiken sind Infektionen (Geschwüre, Hepatitis, Aids) durch unsterile Spritzen, Leberschäden, Magen- und Darmstörungen. Inzwischen ist es so, dass ein Großteil(um 80 %) der Abhängigen an der Hepatitis "C" leidet, einer Leberentzündung, die nach einigen Jahren (bis 20) in eine Cirrhose oder Leberkrebs übergeht. Weitere Gefahren kommen durch Beschaffungskriminalität und Prostitution hinzu.
Morphin wirkt auf den Neurotransmitter-Haushalt. Neurotransmitter sind "Botenstoffe" im menschlichen Körper, die Signale von einem Nervenende zum anderen übertragen oder senden. Empfänger dieser Signale sind die sogenannten Rezeptoren an den Nervenenden.
Heroin gleicht in der Wirkung dem des Morphins, ist aber fünf bis zehn Mal stärker. Dafür wirkt Heroin nur für eine bis vier Stunden, Morphin dagegen bis zu sechs. Gespritztes Heroin wirkt viel schneller als beim Rauchen oder Sniefen. Beim Spritzen geht der Wirkstoff über das Blut rasch ins Gehirn, der "Fixer" erlebt einen plötzlichen "flash" oder "kick" und fühlt sich total euphorisch. Danach kommt es zu einem allgemeinen Wohlbefinden, man ist gleichgültig gegenüber äußeren Dingen, losgelöst, der Schmerz wird gelindert, man fühlt sich beruhigt und hat ein gesteigertes Selbstbewußtsein, Ängstlichkeit und Anspannung verschwinden. Gelegentlich kann es aber auch zu Angst kommen. Körperlich sorgt Heroin dafür, dass die Pupillen klein bleiben und das Atem- und Hustenzentrum gehemmt wird. Besonders letzteres kann zu einen Atemstillstand führen, wenn die Dosis zu hoch ist. Heroin hat ein sehr hohes Suchtpotential, es macht rasch abhängig und sorgt für quälende Entzugserscheinungen. Die Toleranz erhöht sich schnell, das heißt, die Dosis muß erhöht werden, um die gewünschte Wirkung zu bekommen. Irgendwann geht es für den Süchtigen nur noch darum, den Entzug zu verhindern, die eigentliche positive Wirkung wie Kick und High stellen sich gar nicht mehr ein.
Da Heroin schnell psychisch und körperlich abhängig macht, sind die langfristigen Wirkungen und Folgen erheblich. Die Persönlichkeit verändert sich, wie bei fast allen psychotropen Substanzen. Der Süchtige ist reizbar und aggressiv. Das Leben dreht sich um die Droge und wie sie zu beschaffen ist. Der Süchtige wird kriminell, um Geld zu beschaffen, vor allem Frauen prostituieren sich, die Menschen verwahrlosen und verelenden, der Süchtige hat Selbstmordgedanken, weil alles ausweglos erscheint, manchmal kommt es sogar zum Selbstmord durch den "goldenen Schuß".
Körperlich hat Heroin bleibende Gehirnschäden zur Folge, es kommt zu Magen- und Darmstörungen, Leberschäden, kaputtem Gebiß und Kiefer. Der Körper verfällt nach und nach. Bei zu starker Dosis kann es zu Atem- und Herzlähmung kommen und damit zum Tod. In der Schwangerschaft genommen, beeinträchtigt Heroin das Kind schwer, oft müssen solche Kinder nach der Geburt erst einmal "entzogen" werden. Die Infektionsgefahr durch unsaubere Spritzen ist hoch, es drohen Aids, Gelbsucht und andere Hepatitis Erkrankungen. Das führt dazu, dass Heroin neuerdings häufiger geraucht und inhaliert wird. Es ist allerdings ein Irrtum zu glauben, dass dies nicht oder weniger abhängig macht. Reine Heroinabhängigkeit dürfte mittlerweile selten sein. Die meisten Abhängigen nehmen mehr oder minder wahllos alles durcheinander, besonders Alkohol, Medikamente wie Benzodiazepine oder Kokain. Diese Mehrfachabhängigkeit nennt man "Politoxikomanie".
Als weiteres Angebot entstanden vor einigen Jahren die Methadon-Programme: Das heißt, bestimmte Süchtige bekommen als Ersatz für Heroin legal den Wirkstoff Methadon. Wichtig dabei ist allerdings, dass es nicht ausreicht, nur eine Droge durch eine andere zu ersetzen (auch Methadon macht süchtig). Darüber hinaus müssen Hilfen angeboten werden, die es dem Abhängigen ermöglichen, irgendwann ganz auf Drogen zu verzichten.
In den bisherigen Studien zu Effekten und Wirksamkeit der opioidgestützten Behandlung bei heroinabhängigen Menschen konnte gezeigt werden, dass Heroin akut zu einer Reduktion der Impulskontrolle sowie zu einer Dämpfung von Angst und Stress führt. Zudem zeigte sich, dass die heroinabhängigen Menschen gegenüber gesunden Kontrollpersonen eine reduzierte graue Hirnsubstanz aufweisen.
Ein medikamentöser Drogenentzug auf Basis der Methode von André Waismann sieht in der Heroin- oder Schmerzmittelabhängigkeit nicht in erster Linie ein psychosoziales Problem, sondern ein medizinisches. Entwickelte wurde diese Entzugsmethode, nachdem Schwerverwundete mit starken Schmerzmitteln behandelt werden mussten und diese so in die Abhängigkeit kamen. Süchtige werden nach Waismanns Verfahren nach ambulanter Vorbereitung in einen fünf- bis sechsstündigen Tiefschlaf versetzt und dabei entgiftet. Die Opiaterezeptoren im Körper werden medikamentös blockiert, sodass die Gier nach Heroin danach verschwunden ist. Am zweiten Tag verlassen die Behandelten das Spitalbett und werden noch drei Tage ambulant begleitet. Die Behandelten müssen je nach Abhängigkeitsgrad noch ein individuell dosiertes Medikament (accelerated neuroregulation, ANR) während zehn bis 14 Monaten einnehmen. Allerdings werden durch diese Methode nur die körperlichen Abhängigkeiten behandelt, nicht aber die psychischen Komponenten der Sucht, sodass diese Methode sehr kontrovers diskutiert wird.
Man konnte übrigens bei pathologischen Untersuchungen (Seltenhammer et al., 2016) an verstorbenen Heroinsüchtigen noch das Suchtgedächtnis nachweisen, da sich bei chronisch kranken Menschen mit einer Suchterkrankung im Belohnungszentrum des Gehirns das Protein FOS-B genetisch verändert, abgespalten und verkürzt wird. FOS-B ist dabei ein Transkriptionsfaktor im Gehirn, der gemeinsam mit anderen Molekülen im Rahmen der Reizübertragung beteiligt ist, um genetische Informationen zwischen den Zellen zu transportieren. Dieses Protein hat auch einen Anteil daran, ob bestimmte Gene aktiv werden oder nicht. Durch die ständige Versorgung durch Drogen wie Heroin wird FOS-B zu Delta-FOS-B, das bei chronischem Konsum immer mehr angeregt wird und auch Wachstumsfaktoren beeinflusst und strukturelle Veränderungen (siehe dazu Neuroplastizität) im Gehirn bewirkt. Die Auswirkungen dieser chronischen Reize sind somit auch noch nach dem Tod als Suchtgedächtnis nachweisbar.
Siehe dazu im Detail
Endorphine und Suchtentstehung
Literatur & Quellen
Seltenhammer, M. H., Resch, U., Stichenwirth, M., Seigner, J. & Reisinger, C. M. (2016). Accumulation of Highly Stable ΔFosB-Isoforms and Its Targets inside the Reward System of Chronic Drug Abusers - A Source of Dependence-Memory and High Relapse Rate? J Addict Res Ther, doi:10.4172/2155-6105.1000297.
http://wwwm.htwk-leipzig.de/~schweika/Drogenprojekt/Gruppe3/Ordner1/Kauf3.html (00-04-27)
http://www.blumenboersen.ch/img/blumen-schlafmohn.jpg
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