Aus der Lehre … Entwicklungspsychologie 2006
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Im Folgenden werden Entwicklungsstörungen sowie abweichendes Verhalten von Jugendlichen näher betrachtet, dabei wird auf Aspekte wie den Substanzmittelmissbrauch oder auch Essstörungen eingegangen. Im weiteren Verlauf wird auch eine kritische Verhaltensproblematik diskutiert, nämlich das immer gefährlicher werdende Mobbing. Danach wird näher auf Jugendgewalt, Delinquenz und deren Einflussfaktoren darunter die familiale Desintegration eingegangen, wobei die Gesamtthematik mit einer Abhandlung über Misshandlungen, Vernachlässigungen und sexuellem Missbrauch von Kindern, seinen Abschluss findet.
Unter Missbrauch versteht man den Konsum von Substanzen (wie z.B.
Alkohol und Drogen), der negative Auswirkungen auf das psychische,
soziale und körperliche Funktionieren sowie die weitere persönliche
Entwicklung hat (vgl. Habermas 2002, S. 847). Laut der
Weltgesundheitsorganisation kann gelegentlicher Konsum sowie
Gesundheitsschädigung durch Konsum (z.B. „Kater“ nach Alkohol) als
Drogenmissbrauch bezeichnet werden (vgl. Stangl 2006a).
Die Bereitschaft Drogen zu nehmen, entsteht häufig in der
Pubertätskrise, die Wurzel des Missbrauchs psychoaktiver Substanzen
liegt jedoch meist schon in der Kindheit (Stangl 2006b). Alkohol- und
Drogenmissbrauch kann mit dem aktuellen elterlichen Erziehungsstil, der
familiären Häufung von Alkoholismus und den eigenen persönlichen
Entwicklungseigenschaften in der Kindheit in Zusammenhang gebracht
werden (vgl. Habermas 2002, S. 851). Aufmerksamkeitsstörungen, mangelnde
Selbstkontrolle, erhöhter Aktivismus sowie Aggressivität während der
Kindheit sind Beispiele für Persönlichkeitsmerkmale, die künftigen
Alkohol- und Drogengebrauch (nicht nur während der Jugendzeit)
begünstigen können. Die gefährdeten Jugendlichen geraten eher an Gruppen
Gleichaltriger ähnlichen Hintergrunds, mit denen Alkohol- und
Drogenkonsum erfahren wird. Diese Gruppen tendieren häufig auch zu einer
Reihe von anderen „Problemverhalten“, wie z.B. dem Konsum von Marihuana
und anderen Drogen sowie Delinquenz (vgl. Habermas 2002, S. 852f iVm
Stangl 2006b).
Prospektive Studien haben ergeben, dass ein unengagierter und
nondirektiver Erziehungsstil positiv mit dem Drogenkonsum 15-jähriger
korreliert. Viele Jugendliche, die bald einen Alkoholmissbrauch
entwickeln, haben – im Gegensatz zu anderen Jugendlichen – Eltern, die
ihre Kinder vernachlässigen, weniger überwachen und unterstützen und die
selbst mehr Alkohol trinken bzw. andere Drogen nehmen.
Konfliktsituationen verschiedener Art, zerrüttete Familienverhältnisse
sowie Einsamkeit sind Beispiele für Faktoren die in Zusammenhang mit
Alkohol- und Drogenmissbrauch stehen. Der Wunsch Lebensproblemen mit
Trinken zu entfliehen hängt mit dem Alkoholkonsum zusammen, denn wer
glaubt dass Alkohol die Stimmung hebt, trinkt in der Regel mehr (vgl.
Habermas 2002, S. 851ff iVm Stangl 2002b).
Der Kult das Körpergewicht eigenwillig zu dominieren äußert sich besonders in den zwei häufigsten Vertretern von Essstörungen, nämlich einerseits der Magersucht und andererseits der Bulimie (vgl. Habermas 2002, S. 848).
Magersucht basiert nicht auf Appetitlosigkeit oder Phobien sonder
wird stets von der Angst genährt zu dick zu sein oder zu werden. Die
Betroffenen gestehen sich die Krankheit kaum ein und verheimlichen die
Auswüchse dieser. Diese unregelmäßige Nahrungsaufnahme führt nicht nur
zu Veränderungen im körperlichen sondern auch im psychischen Bereich,
was im Extremfall zum Tod führen kann. Näher analysiert können Gründe
für Magersucht auch die Ablösung vom Elternhaus sein oder die
Integration des sexuell herangewachsenen Körpers in ein Selbstbild.
Bei Bulimie wird durch zeitlich begrenzte Heißhungeranfälle die
subjektive Grenze dessen, was der Körper aufnehmen soll überschritten,
das Übermaß wird dabei durch kontrolliertes Sich-Übergeben abgeführt.
Das Ziel ist hier nicht krankhaftes Untergewicht wie bei der Magersucht
sondern ein Idealkörper was heißt, dass sogar normal ernährte Personen
Bulimiekrank werden können. Bulimiekranke empfinden einen Essensanfall
als Versagen, grenzen sich zwar sozial ab, können jedoch durchaus noch
sexuelle oder soziale Beziehungen aufrechterhalten, was bei Magersucht
nicht der Fall ist.
Betroffen von beiden Krankheiten sind zu 90 Prozent Frauen, wobei
Magersucht schon viel früher als die durch Körperkult geprägte Bulimie
beginnt.
Häufig treten beide Krankheiten in Familien auf, welche bei
Magersucht eher Konflikte meiden und bei Bulimie offene Konflikte
ausstehen. Besonders stark betroffen sind jene, welche eine Diät halten
und gleichzeitig an psychischen Problemen leiden. Besonders Ängste und
unüberwundene Probleme in der Pubertät können zu Esstörungen führen.
Weiters wird besonders bei Frauen in der Pubertät die weibliche
Wahrnehmung des Körpers gestärkt, was vom Kindsein auf ein Frausein
umschlägt, und dieser Wandel sich in neuen Idealbildern des Körpers
niederschlägt.
Erkrankte an diesen beiden Krankheiten, sowie an
Substanzmittelmissbrauch leiden unter einem Drang zur Manipulation des
eigenen Körpers oder Befindens (vgl. Habermas 2002, S. 848ff).
Mobbing definiert sich als gruppenweise ausgeübte psychische Gewalt auf eine Person. Besonders gefährdet sich jene Menschen, welche sich durch ein oder mehrere Kennzeichen von der Gruppe unterscheiden. Mobbing verläuft in Ebenen wo ganz am Anfang ein unausgetragener Konflikt steht, welche auf der nächsten Stufe durch giftige verbale Äußerungen angheizt wird, dabei versinkt oft der Grund des Konflikts und es kommt zu einer Form der Polarisierung. Weiter geht es mit Rechts- und Machtübergriffen welche die Betroffenen ausgrenzen sollen. Körperliche Erkrankungen resultieren aus den Vorebenen und werden von den Medizinern oft missverstanden, was dann zu Verzweiflung der Betroffenen führt, welche sich nur mehr mit Gewalt zu helfen wissen. Gemobbt wird vor allem in der Arbeitswelt unter Kollegen oder Vorgesetzen, diese Form des Zusammensein gehört hier schon zum Alltag. Nicht nur in der Arbeitswelt denn auch im privaten Umfeld wie zum Beispiel der Nachbarschaft ist Mobbing ein Mittel zur Konfliktbewältigung zwischen allen Altersklassen (vgl. Stangl 2002d).
Besonders an Schulen wird mittels körperlicher oder verbaler Gewalt
gemobbt, dabei stellt das stumme Mobbing eine weitere beliebte Form
dar. Körperliche Gewalt drückt sich besonders durch Prügel, Erpressung,
Diebstahl oder sexuelle Belästigung aus. Das stumme Mobbing findet
mittels Ausgrenzung oder simpler Ignoranz eines Betroffenen seine
Erfüllung. Gemobbt wird auch hier wieder gegen das Fremde, dies kann
sich in sozialer Herkunft oder auch in simplen Dingen wie der Kleidung
manifestieren.
Eine alamierende Zahl der Selbstmordraten von 20 Prozent,
hervorgerufen durch Mobbing bringt Vorsichtsmaßnahmen immer mehr ins
Rampenlicht, da die Betroffenen weder mit Lehrer noch Eltern über diese
Probleme plaudern. Auch kommt der Lehrkraft eine tragende Rolle zu, da
das Klassenklima welches durch Mobbing total zerstört wird, auch stark
durch das Lehrer-Schülerverhältnis verändert wird.
Eine Lösung dieses großen Problems wird einerseits durch die enge und
vermehrte Kommunikation zwischen Lehrer-Schüler-Eltern und auch der
Gemeinde, aber andererseits durch gezielte Trainings wie soziale
Kompetenz-Training, oder Anti-Aggressionstraining (vgl. Stangl nach
Fliegel 2002e).
Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen Jugendgewalt und familiärer Desintegration
Das Thema Jugendgewalt ist aufgrund der hohen Aktualität und Brisanz
immer wieder Gegenstand von empirischen Untersuchungen, in denen
versucht wird Erklärungsansätze für dieses Problem, das scheinbar von
einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, zu finden (vgl. Uslucan,
Fuhrer, Rademacher 2003, S. 281).
So wurde auch bei Untersuchung von Haci-Halil Uslucan, die auf dem Desintegrationstheorem von Wilhem Heitmeyr aufbaute, versucht durch die Befragung von über tausend ostdeutschen Jugendlichen den Zusammenhang zwischen familialer Desintegration und Gewalthandlungen von Jugendlichen zu erforschen. So stand die Frage im Mittelpunkt, ob und wenn ja, wie stark das Familienklima, die Inkonsistenz des Erziehungsstils und erlebte Gewalterfahrungen durch die Eltern die unterschiedlichen Dimensionen jugendlicher Gewalt beeinflussen. Somit wurde erhoben, ob ein Zusammenhang zur Gewaltakzeptanz, Gewaltopferschaft und der Gewalttäter- und mittäterschaft besteht (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 284).
Im Bezug auf das Familienklima, das sich zB dadurch zeigt, wie häufig Streitepisoden zwischen den Eltern auftreten, stellte sich ein negativer Zusammenhang zu den Aspekten der Jugendgewalt heraus, dh eine protektive Wirkung eines positiv erlebten Familienklimas (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 287). Das bedeutet umso positiver das Familienklima wahrgenommen wird, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Gewaltakzeptanz, also der prinzipiellen Legitimierung von gewaltvollen Handeln sowie das Vorkommen von Gewalttäterschaft, das ist die tatsächliche Involvierung in gewalttätige Konflikte und der Gewaltmittäterschaft, also der Beteiligung an Gewaltkonflikten im Gruppenverband. Umgekehrt bedeutet dies genauso, dass umso schlechter Jugendliche das Familienklima erleben, sie eher Gewalt akzeptieren und auch selbst als Mittel zur Konfliktlösung einsetzen (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 289).
Weiters ergab sich aus der Untersuchung, dass häufige Uneinigkeiten in der Ausübung der Erzieherrolle und sehr inkonsistente Disziplinierungsverhalten einen Einfluss auf bestimmte Aspekte der Jugendgewalt haben. So zeigte sich, dass umso stärker ein inkonsistenter Erziehungsstil der Mutter von den Jugendlichen erlebt wird, desto größer ist später die Gewaltoperschaft, das heißt Jugendliche werden häufiger Opfer von Gewalthandlungen. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Jugendlichen durch diese inkonsistente Erziehung verletzlicher wirken und häufiger in die Opferrolle geraten. Die Inkonsistenz des väterlichen Erziehungsstils hatte hingegen kaum Auswirkungen auf das Auftreten von Jugendgewalt (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S.291).
Durch die Untersuchung bestätigte sich auch erneut die These einer intergenerationalen Weitergabe von Gewalt, das heißt je häufiger Kinder vor dem 12. Lebensjahr Gewalt durch ihre Eltern erlebten, desto eher akzeptieren und wenden die Jugendlichen selbst Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung an. So beeinflussen Gewalterfahrungen durch die Eltern sowohl die Gewaltakzeptanz, die Gewalttäterschaft, die Mittäterschaft als auch die Gewaltopferschaft der Jugendlichen, dh dass sie durch erlebte Gewalt auch später häufiger Opfer von gewaltvollen Handlungen werden (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, 289f).
Weiters wurde auch versucht den Einfluss der Familienstruktur zu untersuchen und die potentiellen Unterschiede zwischen Scheidungsfamilien und Kernfamilien, das sind solche, bei denen Vater und Mutter gemeinsam im Haushalt leben, auf die verschiedenen Aspekte jugendlicher Gewalt zu erheben. So stellte sich wie schon auch bei anderen Untersuchungen heraus, dass in Scheidungsfamilien im Allgemeinen häufiger normverletzende Verhaltensweisen bei den Jugendlichen auftreten und dort die negative Wirkung eines schlechten Familienklimas auf die Gewaltakzeptanz, -täterschaft und –mittäterschaft deutlich größer ist als in Kernfamilien (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 288). Auch sind die Jugendlichen in Scheidungsfamilien einem größeren Risiko ausgesetzt in gewaltvolle außerfamiliäre Konflikte verwickelt zu werden. Prinzipiell kann jedoch ein gutes Familienklima den Einfluss problematischer Familienkonstellationen sehr wohl vermindern bzw. ausgleichen (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 283). Weiters ist dieser direkte Zusammenhang zwischen Familienform und Gewaltneigung auch problematisch, da die Jugendlichen stets auch Gestalter ihrer eigenen Entwicklung bleiben (vgl. Uslucan, Fuhrer, Rademacher 2003, S. 291).
Delinquenz
„Eine Straftat liegt vor, wenn eine Tat oder eine Unterlassung einem rechtlich definierten Straftatbestand entsprechen. Weiter muss dem Täter die Verantwortung für die Tat zugeschrieben werden. Dies setzt Strafmündigkeit und die Annahme voraus, der Täter hätte anders handeln können, und ein anderes Handeln wäre ihm zumutbar gewesen“ (Haffke, 1978).
Die zwei Forschungsrichtungen (individuelle Risikofaktoren und Schutzfaktoren) sind zur Vorbeugung von Straftaten relevant. So genannte Schutzfaktoren sind zB eine positive Beziehung zur Mutter, Erfolg in der Schule und schulische Motivation. Abgesehen von diesen beiden Richtungen sind auch Daten über die Stabilität der Delinquenz oder über Stetigkeiten in der Delinquenzentwicklung eine weitere Basis für Vorhersagen (vgl. Montada 2002, S. 861f).
Voraussetzung für Prognosen der Jugend- und Erwachsenendelinquenz
aus der Kindheit sind Prädispositionen in der Kindheit angelegt oder
gebildet werden. Ein Beispiel für die Frühprädikatoren stellt zB schon
ein antisoziales Verhalten in der Grundschule dar. Dieser Prädikator
wird als sicheres Zeichen für eine negative Entwicklung im
Erwachsenenalter angesehen (vgl. Montada 2002, S. 862).
Untersuchungen aus vielen Ländern belegen, dass die Delinquenz in Art
und Häufigkeit mit dem Alter variiert (vgl. Moffitt, 1993; Wetzels et
al., 2001). Bei den 16- bis 20-jährigen erreicht die Kriminalbelastung
einen Höhepunkt, danach fällt sie kontinuierlich und deutlich ab. Der
Anstieg im Jugendalter ist in den letzten 50 Jahren deutlich höher
geworden (Farrington, 1986; Steffensmeier et al., 1989). Die Veränderung
bei Gewaltdelikten ist ähnlich, bei den 14- bis 18-jährigen allerdings
besonders steil. Opfer von Jugendlichen sind übrigens weit überwiegend
wiederum Jugendliche (vgl. Montada 2002, S. 862).
Moffitt (1993) unterscheidet in der Entwicklungstheorie zwei
Täterkategorien: Die Persistente Delinquenz weist eine hohe Kontinuität
bezüglich antisozialen Verhaltens auf. Antisoziales Verhalten ist zB
Aggressivität in der Kindheit und den ersten Schuljahren, in der Jugend
Drogenhandel, Einbrüche später Raubüberfälle und Gewaltdelikte (vgl.
Montada 2002, S. 864).
Die Jugenddelinquenz jedoch setzt er in der Adoleszenz ein und wird
wahrscheinlich im frühen Erwachsenenalter wieder aufgegeben. Robins
(1978) hat in der Follow-up-Studie festgestellt, dass Jugenddelinquenz
faktisch nur bei Personen zu beobachten ist, die schon als Kinder durch
multiples antisoziales Verhalten aufgefallen sind (vgl. Montada 2002, S.
865). Jugenddelinquenz findet man so häufig, dass sie schon als
normales Entwicklungsphänomen angesehen werden. Soziale Beziehungen,
pathologisches Verhalten und Persönlichkeitsstörungen sind in der
Jugenddelinquenz nicht gestört. Das Verhaltensrepertoire ist in der
Jugenddelinquenz nicht auf antisoziale Muster beschränkt (vgl. Montada
2002, S. 867).
Die Statushypothese besagt das höhere Bildung Status bringt. In der heutigen Gesellschaft sind Leistungen eine wichtige Voraussetzung für Status. Neben diesen ist soziale Verantwortung eine Quelle von Sozialstatus und Anerkennung. Das Mädchen und junge Frauen seltener delinquent sind, lässt sich durch die Statusmotivhypothese erklären. Jedoch erklärt sie nicht alles. Sie muss um den Aspekt der moralischen Sozialisation ergänzt werden (vgl. Montada 2002, S. 865f).
Das dieses Verhalten bis in die früheste Kindheit zurückzuverfolgen
ist, dafür gibt es viele empirische Hinweise. Dies ist oft mit
pathologischen Störungen assoziiert. „Schwierige Kinder“ evozieren oft
ungünstiges Verhalten der Eltern bis zu Misshandlungen. Diese
ungünstigen Transaktionen kovariieren mit erhöhten Aggressionswerten in
späteren Lebensperioden (vgl. Montada 2002, S. 869).
Moffitt nennt zwei Bedingungen für eine sukzessive Verengung der
Optionen persistent Delinquenter. Das Fehlen eine prosozialen
Verhaltensrepertoires und die Folgen des abweichenden Verhaltens selbst.
(vgl. Montada 2002, S. 870)
Primäre und sekundäre Prävention sind Maßnahmen in früher Kindheit, leistungsbezogene Maßnahmen in der Schulzeit und der Aufbau sozialer Kompetenzen und Haltungen (vgl. Montada 2002, S. 871). Tertitäre und Rückfallprävention sind unerwünschte Nebenwirkungen der Haftstrafe und die generalpräventive Abschreckungswirkung der Rechtsstrafe (vgl. Montada 2002, S. 872).
Unter Kindesmisshandlungen versteht man „eine gewaltsame psychische
und physische Beeinträchtigung von Kindern durch Eltern oder
Erziehungsberechtigte. Diese Beeinträchtigungen können durch elterliche
Handlungen oder Unterlassungen zustande kommen.“ (Engfer 2002, S. 800)
Misshandlung im engeren Sinne umfassen in der Regel nur die Fälle, in
denen Kinder körperlich verletzt werden. Bei manchen
Misshandlungsformen (zB bei psychischen Misshandlungen, den meisten
Formen des sexuellen Missbrauchs) sind solche körperlichen Schädigungen
nicht beobachtbar. Beim sexuellen Missbrauch fallen besonders
gravierende Fälle wie Körperkontakt, versuchtem oder vollzogenem
Geschlechtsverkehr und/oder der Anwendung von Gewalt (vgl. Wipplinger
& Amman, 1998). Misshandlung im weiteren Sinne umfassen Handlungen
die nicht unbedingt zu körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen
von Kindern führen. (zB Schimpfen, Schlagen, Bestrafen) (vgl. Engfer
2002, S. 800)
„Kinder werden vernachlässigt, wenn sie von ihren Eltern oder
Betreuungspersonen unzureichend ernährt, gepflegt, gefördert,
gesundheitlich versorgt, beaufsichtigt und/oder vor Gefahren geschützt
werden.“ (Engfer 2002, S. 801)
Vernachlässigungen kommen wesentlich häufiger vor als Misshandlungen
im engeren Sinne. Sie wird häufig im Zusammenhang mit extremer Armut und
sozialer Randständigkeit aber auch im Kontext von psychischen
Erkrankungen, geistigen Behinderungen oder Alkohol- und Drogenprobleme
beobachtet. Vernachlässigte Kinder zeigen nicht erhebliche Rückstände in
ihrer kognitiven und sozial-emotionalen Entwicklung (vgl. Engfer 2002,
S. 802).
Zu den psychischen Misshandlungen zählen nicht nur sadistische
Formen „seelischer Grausamkeit“ sondern auch harmlosere Varianten
elterlichen Verhaltens wie zB die Bevorzugung eines Geschwisterkindes,
häufiges Beschimpfen usw. (vgl. Engfer 2002, S. 802).
Fehlende mütterliche Zuwendung zeigt schon bei Kindern mit zwei
Jahren einen dramatischen Rückstand in ihrer kognitiven und motorischen
Entwicklung. Diese psychischen Misshandlungen lassen sich kaum von denen
der körperlichen Misshandlung oder physischen Vernachlässigung
unterscheiden (vgl. Engfer 2002, S. 803).
Darunter versteht man Schläge oder andere gewaltsame Handlungen
(Verbrennungen, Schütteln, Stiche), die beim Kind zu Verletzungen führen
können (vgl. Engfer 2002, S. 803). Etwa die Hälfte bis zwei Drittel der
deutschen Eltern bestrafen ihre Kinder körperlich, dies wird anhand von
Studien aufgezeigt (vgl. Engfer 2002, S. 803).
Die mehrgenerationale Weitergabe der Gewalt und die
Verhaltensprobleme als Auslöser für Misshandlungen werden zur
Erklärungen für den Missbrauch von Kindern herangezogen: (vgl. Engfer
2002, S. 804f)
Darunter wird die Beteiligung von noch nicht ausgereiften Kindern
an sexuellen Aktivitäten verstanden. Diese Kinder können noch nicht
informiert zustimmen, weil sie deren Tragweite noch nicht erfassen
können (vgl. Engfer 2002, S. 808).
Immer eine Form von körperlicher und/oder seelischer Gewalt. Meist
besteht die Konstellation Mann-Frau. Täter stammt häufig aus dem
sozialen Nahbereich der Kinder. Verletzung sowohl körperlich als auch
seelisch. Selten Einzeltat, sondern über Jahre andauernd. Begriff
entsteht durch Ausnutzen des Zusammenspielt der Autorität Erwachsener
mit der Abhängigkeit von Kindern (vgl. Stangl. 2002c).
Bedeutsame promotive und protektive Faktoren der jugendlichen
Delinquenz finden sich nach Riesner (2014) im Bereich der elterlichen
Unterstützung und Erziehung. Als schützende Eigenschaften haben sich
unter anderem ein angemessenes Monitoring, eine offene
Eltern-Kind-Kommunikation, die klare Einhaltung von Regeln, die
Einbeziehung des Kindes in familiäre Aktivitäten, elterliche
Bekräftigung von positivem Verhalten der Kinder und der Verzicht auf
physische Disziplinierungsmaßnahmen erwiesen, ebenso ein liebevoller und
emotional warmer Umgang zwischen den Eltern sowie den Eltern und
Kindern. Diese elterlichen Eigenschaften hinsichtlich der Erziehung und
des Umgangs mit dem Kind führen zum Aufbau von sozialen Kompetenzen,
Selbstvertrauen, Autonomie sowie positiven Freundschaften und verringern
auf diese Weise die Entwicklung antisozialen Verhaltens, wobei ein Teil
der Zusammenhänge über die Bindungsfähigkeiten des Kindes mediiert
wird.
Eine sichere emotionale Bindung zwischen Kind und Eltern hat sich im
Hinblick auf vielfältige Entwicklungsbereiche als förderlich
herausgestellt, wobei die positive Wirkung einer engen emotionalen
Bindung weder auf die Kindheit noch auf den Bereich der Familie begrenzt
ist. Eine enge Eltern- Kind-Beziehung während des Jugendalters wirkt
dabei indirekt positiv, indem sie den Kontakt zu prosozialen Peers
fördert. Hinzu kommen delinquenzreduzierenden Effekte von
Partnerschaften, wobei auch für nicht-eheliche Partnerschaften ein
entsprechender Einfluss festgestellt werden konnte. Ihre Wirkung
entfalten Partnerschaften unter anderem darüber, dass sie den Kontakt zu
delinquenten Peers reduzieren und den Aufbau von Selbstkontrolle
fördern können, sodass die Bindung an einen Partner zu größerer
informeller Kontrolle, zu erhöhten persönlichen Kosten delinquenter
Handlungen und zu einer Ausrichtung an den nicht-devianten Werten des
Partners führen kann. Partnerschaften sind allerdings nicht per se als
Schutzfaktor aufzufassen, da delinquente Partner die Wahrscheinlichkeit
für Delinquenz gegebenenfalls auch erhöhen können. Viele der familiären
Merkmale sind eng miteinander verknüpft und stehen untereinander sowie
mit dem Verhalten des Kindes in komplexen Wechselwirkungen, sodass
familiäre Schutzfaktoren vor allem relevant für die Verhinderung
delinquenter Entwicklungsverläufe zu sein scheinen und weniger für die
Beendigung einer bereits verfestigten Entwicklung.
Aus der Lehre … Entwicklungspsychologie 2006