Der Précis und die Inhaltsangabe
Für die Wiedergabe eines Textes bieten sich zwei Möglichkeiten an: die Inhaltsangabe und der Précis.
Beide intendieren, eine Textvorlage objektiv zu kürzen, sachliche Information über einen Text zu liefern. Dennoch gibt es, abgesehen von sekundären Festlegungen, einen grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden Schreibmustern. Er besteht in der jeweils anderen Position, aus der heraus der Schreiber einer Inhaltsangabe oder eines Précis darstellt. Zwei Skizzen sollen das erläutern:
Merkmale des Précis
- Der Précis referiert alle wesentlichen Gedanken der Vorlage, ohne deren Bedeutung zu verändern und ohne zu interpretieren.
- Die Raffung muß einen selbständigen, zusammenhängenden und lesbaren Text ergeben.
- Rhetorische Figuren sind sprachlich umzuformen, Vergleiche und Bilder, die zum Textverständnis nicht notwendig erscheinen, müssen ausgeschieden werden, die direkte Rede ist in indirekter Form wiederzugeben.
- Der Bearbeiter kürzt die Vorlage auf ein Drittel. Diese Vorschrift ist bindend. Je nach dem Schwierigkeitsgrad des Textes ist ein gewisser Spielraum möglich (etwa ±5, ±10, ±15 Wörter).
- Der Stil der verschiedenen Prosaarten muß beibehalten werden, d. h. rationale Abstraktion bietet sich nur an bei Texten rein gedanklichen Inhalts.
Merkmale der Inhaltsangabe
- Sie informiert ihrer Tendenz nach objektiv über eine Textvorlage.
- Der Text muß selbständig, zusammenhängend und lesbar sein.
- Die rhetorische Form des Textes ist weitgehend umzugestalten.
- Die Länge der Inhaltsangabe kann nicht festgelegt werden.
- Der Stil der Vorlage wird nicht aufgenommen.
- Die Übernahme interpretierender und wertender Elemente ist umstritten, aber in den meisten Fäl- len nicht ganz vermeidbar, vor allem dann, wenn es sich um die Wiedergabe umfangreicher Vorlagen auf engem Raum handelt.
Quelle:
http://www.thomasgransow.de/Arbeitstechniken/Zusammenfassen.htm (03-05-29)
Verwendung
Aus der Gegenüberstellung der Charakteristika von Précis und Inhaltsangabe werden deren Verwendungsmöglichkeiten deutlich. Handelt es sich darum, über umfängliche Texte knapp zu informieren, so ist die Inhaltsangabe die angemessene Form. Dabei wird ihr Ergebnis meist um so mehr deutende Elemente enthalten, je stärker die Wortzahl der Vorlage und die der Wiedergabe auseinanderklafft. Dies unterstreicht aber auch die Tatsache, daß der Schreiber der Inhaltsangabe sich in seinem Standort nicht mit dem Verfasser der Textvorlage identifiziert.
Für die möglichst textnahe Darbietung einer im Umfang knapperen Passage bietet sich der Précis an. Die objektive Reduktion eines Textes auf seine "rhetorische Nullstufe" (d. h. Aufhebung der Redundanz, weitgehender Fortfall der konnotativen Dimension) durch Kürzung auf ein Drittel schafft eine wesentliche Voraussetzung für eine sinnvolle Textanalyse. Insofern kommt dem Précis eine über sich hinausweisende Funktion zu.
Im sozialwissenschaftlichen Bereich sind diese beiden Formen vor allem im Zusammenhang mit Referaten und Kurzreferaten von Bedeutung, wenn ein Übergblick über eine größeres Werk gegeben werden soll.
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/Arbeitsblaetter.html (03-01-25)
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