Abwehrstrategien gegen Mobbing im Büro
"Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde"
Mobbing, der Psychoterror am Arbeitsplatz, gehört in Deutschland zum Alltag. Jeder vierte Erwerbstätige bekommt dies während seines Arbeitslebens am eigenen Leib zu spüren. In Zeiten der Globalisierung, Großfusionen und Umstrukturierungen wird laut Mobbing-Forscher Professor Dieter Zapf (Goethe-Universität Frankfurt) noch härter gemobbt als früher. Dies sagte Zapf in einem Interview mit der Zeitschrift Das Beste - Reader´s Digest, die in ihrer Mai-Ausgabe mit gängigen Vorstellungen über typische Mobbing-Opfer und Mobber-Persönlichkeiten aufräumt.
"Es ist nicht generell so, dass die Mobbingopfer die Schwachen und Wehrlosen sind. Im Gegenteil. Viele sind kämpferische, leistungsorientierte Typen", so Zapf. Dennoch gerieten sie im Laufe eines zermürbenden Mobbingprozesses in eine unterlegene Position. In 70 Prozent der Fälle mobbt in Deutschland der Chef. Allen Mobbern ist entweder ein hohes Maß an Feindseeligkeit und Agression zueigen oder ein ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl. Besonders gern wird im Büro und in den öffentlichen Verwaltungen gemobbt. Der Grund: ausgeprägte Hierachien und fehlende Möglichkeiten, die Stelle zu wechseln.
Gemobbt wird in allen Altersklassen. Aber: "Ältere Arbeitnehmer fürchten sich vor Arbeitslosigkeit und setzen sich dem Mobbingkreislauf eher aus, weil sie nicht kündigen wollen", erklärt Dr. Beate Beermann von der Dortmunder Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Mobbing ist ein schleichender Prozess: Meist merkt der Betroffene erst im fortgeschrittenen Stadium, dass er gemobbt wird, weiß Bärbel Meschkutat von der Sozialforschungsstelle Dortmund, die im Oktober diesen Jahres die erste repräsentative Mobbing-Studie für Deutschland vorlegen will. Wenn Kollegen schlecht über einen reden, einen wie Luft behandeln, Gerüchte verbreiten oder wenn man sinnlose Arbeitsaufgaben zugeteilt bekommt, dann heißt es "Alarmstufe Rot".
Fachleute raten, es erst gar nicht soweit kommen zu lassen. Denn wer von Anfang den Kontakt zu Kollegen pflegt und mit in die Kantine geht, der kann kaum erfolgreich gemobbt werden. Konflikte sollten am besten angesprochen werden, bevor sie eskalieren. Faustregeln gibt es jedoch nicht. Allerdings: "Kollegen, die bei den geringsten Dingen gleich anfangen, Zeter und Mordio zu schreien, sind nicht die angenehmsten Kollegen. Ein guter Kollege kann auch mal Nachteile in Kauf nehmen", sagt Mobbingforscher Zapf. Wenn aber ein Konflikt schon länger schwelt und bereits Krankheitssymptome bei den Betroffenen auftreten, kann kurzfristig eine Krankschreibung helfen, um Abstand zu gewinnen, empfehlen Fachleute. Langfristig sollten ein Psychotherapeut hinzugezogen sowie berufliche Alternativen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens geprüft werden. Endgültig wird Mobbing häufig erst durch die Trennung der Parteien gelöst.
Eigentlich müssten Vorgesetzte ein Interesse haben, Mobbing zu unterbinden. Denn die Schikanen am Arbeitsplatz kommen der Wirtschaft teuer zu stehen. Fehlzeiten, Kündigungen, Dienst nach Vorschrift und Rechtsstreitigkeiten sind die Folgen. Die Wirtschaft kann jedoch gegen die schleichende Vergiftung des Betriebsklimas ankämpfen. Beispiel: die Volkswagen AG in Wolfsburg. Als eines der ersten Unternehmen hat sie 1996 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die sich ausdrücklich gegen Mobbing ausspricht. Hier schaltet sich der Betriebsrat als Schlichter ein.
Auch ohne Betriebsveeinbarung gilt: Wer nachweislich mobbt, macht sich strafbar. Mobbing gilt als Nötigung, üble Nachrede und Verleumdung.
Quelle:
http://www.dasbeste.de/presse/0501mob.rtf (02-03-13)
Anmerkung
Mobbing und Bossing sind letztendlich nur Begriffe für konflikthafte Konstellationen zwischen Mitarbeitern und/oder Vorgesetzten, die auf eine Schädigung oder gar Vernichtung der beruflichen Existenz der Betroffenen hinauslaufen. Die entsprechenden Konfliktsymptome treten in besonderer Stärke auf.
Tipps gegen Mobbing
Business-Coach Falko Graf gibt auf seinen Webseiten 14 Tipps gegen Mobbing mit den wichtigsten Verhaltensregeln, denn auch als von Mobbing Betroffener muss man in jedem Fall versuchen, sich in seiner Gegenweht nicht selbst ins Unrecht zu setzen.
Nicht vorschnell sein!
Bezeichnen Sie nicht gleich jeden sofort als Mobber, denn
das wäre eine üble Nachrede. Von Mobbing wird erst gesprochen, wenn die
Mobbing- Handlungen regelmäßig und über mehrere Monate hinweg
stattgefunden haben.
Lassen Sie nichts einreißen.
Kleine Sticheleien gehören nicht zur Tagesordnung, sondern
sind unprofessionell. Wehren Sie Sich auch bei kleinen
„Unverschämtheiten“ unverzüglich und stellen Sie gegebenenfalls
Missverständnisse klar, die dazu geführt haben.
Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch.
Dokumentieren Sie alle Mobbing-Vorfälle schriftlich und
eventuell mit Bild, Datum, Uhrzeit, Ort, Zeugen und Anwesenden. Das
erleichtert Ihnen später das Nachvollziehen des Mobbingverlaufs und
belegt die Mobbing-Dauer.
Warnhinweis: Unter
Umständen kann für manche Menschen mit Tendenz zum Grübeln eine zu
intensive schriftliche Auseinandersetzung mit den Mobbingsituationen zu
psychischen Belastungen führen, da es sich lernpsychologisch um eine
Form der Verstärkung handelt. Nach Möglichkeit also nur knappe aktuelle
Aufzeichnungen führen und nicht in der Belastung "schwelgen".
Halten Sie Ihre Hände sauber.
Nur weil die Anderen mobben, müssen Sie das noch lange
nicht. Nicht zurückmobben! Keine Gegenpartei aufstellen! Dies löst den
Konflikt nicht, sondern erschwert eine Konfliktbewältigung.
Klären Sie Missverständnisse.
Urteilen SIe nicht vorschnell, sondern erschaffen Sie sich immer zuerst ein genaues Bild der Situation.
Nicht in die Ecke drängen lassen.
Viele Opfer schweigen aus Scham und werden durch ihr nichts
tun schnell wieder zu Opfern. Das muss nicht sein. Statt immer zu
reagieren, können sie die Initiative ergreifen.
Beschweren Sie sich.
Sie sollten sich möglichst frühzeitig bei Ihrem Vorgesetzten
beschweren, oder – falls der Vorgesetzte der Mobber ist beim
Arbeitgeber/der Personalabteilung. Auch der Betriebsrat ist Ihr
Ansprechpartner.
Achten Sie auf das Timing.
Auf ein Gespräch über Mobbing-Vorwürfe in der eigenen
Abteilung hat sicherlich kein Vorgesetzter Lust. Daher ist es wichtig
den "richtigen Moment" abzuwarten.
Greifen Sie Ihren Ansprechpartner nicht an!
Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sich für Se einsetzt, den Sie selber angreifen, ist eher gering. Formulieren Sie als Ich-Botschaften. Diese bestehen aus drei Sätzen, die mit „Ich“ beginnen:
- Sachliche Schilderung der Situation, wie Sie sie beobachtet haben.
- Vermutete Folge/Langzeitwirkung der Beobachtung.
- Einfluss auf Ihre dadurch emotionale Befindlichkeit.
Schildern Sie die Folgen.
"Ich mache seit drei Wochen Nachts kein Auge zu" ist
überzeugender als "Ich will Ihnen sagen, dass Herr Y ein Mobber und Sie
sind auch einer, wenn Sie nicht helfen."
Belassen Sie es nicht bei einem Gespräch.
Sollte eine erste Beschwerde nichts bringen, gehen Sie
notfalls so oft zum Betriebsrat, bis der Ihr Anliegen Ernst nimmt.
Sollte die Ansprechperson langfristig beschwerdenresistent bleiben,
nehmen Sie einen neutralen Beobachter (Zeuge) mit.
Sprechen Sie sich aus.
Sei es bei einer Selbsthilfegruppe, bei einer Beratungsstelle, beim Hausarzt, beim Pfarrer, bei Freunden und Bekannten.
Argumentieren Sie auch im Interesse der Institution
Machen Sie deutlich, wie sehr Mobbing der Institution (Firma, Abteilung, Schule) schadet.
Schützen Sie Schwächere.
Hacken Sie nicht auf Schwächeren herum, die sich nicht
wehren können. Schwächere, die von Ihnen geschützt wurden, sind
langfristig dankbar. Praktizieren Sie also Zivilcourage, den wenn Sie
sich für Dritte stark machen, zeigen Sie, das man mit Ihnen so etwas
nicht machen kann.
Quelle
Graf, Falko (o.J.). 14 Tipps gegen Mobbing.
WWW: http://www.falko-graf.de/ (07-09-09)
Wie verhält man sich, wenn der Vorgesetzte gegenüber einem Mitarbeiter über andere Mitarbeiter herzieht?
Kritisiert der Vorgesetzte einen abwesenden Mitarbeiter, bringt das Kollegen in eine unangenehme Lage, denn pflichten sie ihm bei, fallen sie dem Kollegen in den Rücken. Daher ist es in einem solchen Fall besser, auf die Äußerung des Vorgesetzten ab besten gar nicht oder nur ganz kurz einzugehen und dann das Thema zu wechseln. In jedem Fall ist es ungünstig, seinem Vorgesetzten zu widersprechen, um den Kollegen zu verteidigen, denn mit einem Einspruch gießt man nur Öl ins Feuer und verstrickt sich in das Geschehen.
Literatur zum Thema Mobbing
Kolodej, Christa (1999). Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und seine Bewältigung. Wien: WUV-Univ.-Verl.
Leymann, Heinz (1993). Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Hamburg: Reinbeck.
Leymann, Heinz (Hrsg.) (1995). Der neue Mobbing-Bericht. Erfahrungen und Initiativen, Auswege und Hilfsangebote. Reinbek: Rowohlt.
Litzcke, Sven & Schuh, Horst (2003). Belastungen am Arbeitsplatz - Strategien gegen Stress, Mobbing, Bum-out. Köln: Deutscher Instituts-Verlag.
Neuberger, O. (1999). Mobbing: Übel mitspielen in Organisationen, Schriftenreihe Organisation & Personal, Bd. 5, 3. München: Hampp.
Resch, M. (1994). Wenn Arbeit krank macht. Frankfurt: Ullstein.
Siehe auch das Arbeitsblatt Mobbing
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