Gesprächsführung in der Gruppe
Dysfunktionales Verhalten in Diskussionsgruppen
- Der treue Jünger verläßt sich voll und ganz auf den Leiter, nimmt alles widerspruchslos hin, weiß sich völlig abhängig, findet alles gut, konsumiert (autoritätsfixiert I, dependent)
- Der Dauer-Opponent ist prinzipiell gegen den Leiter (bzw. die Gruppe), erhebt laufend Einwände, "ja, aber...!", wittert Manipulation, autoritäres Verhalten (conterdependent).
- Der Aggressive beschuldigt andere, unterbricht, greift an, verletzt, diffamiert, blamiert, wertet ab, interpretiert und kritisiert Verhalten und Haltungen, macht den anderen fertig.
- Der Geltungssüchtige reisst die Diskussion an sich, redet dauernd, dominiert, rivalisiert, sucht Beachtung durch ungewöhnliches Verhalten.
- Der Ideologe will seinen Standpunkt unter allen Umständen durchsetzen, ist fanatisch, weist andere Ideen verbissen ab, verfolgt Sonderinteressen, vertritt unbarmherzig seine Meinungen, Dogmatik oder politische Ideologie.
- Der gute Mensch macht sich "Sorgen" um die anderen, sieht ganz von sich ab, sieht nur die Probleme der anderen, zwingt ihnen seine Hilfe auf, macht sie so von sich abhängig, ist moralisch.
- Der Abblocker weicht in gruppenfremde Situationen aus, wechselt unvermittelt das Thema, erörtert Randprobleme, fängt Privatunterhaltungen an, stört.
- Der Unangreifbare bezieht keinen Standpunkt, äußert keine Gefühle, legt sich nicht fest, ist höflich, aalglatt, sagt nicht 'ich', sondern 'man'.
- Der Rationalisierer theoretisiert, intellektualisiert, führt vom Konkreten zum Abstrakten ab, hat für sein Verhalten vordergründige rationale Erklärungen.
- Der Gruppenclown macht Jux, reisst Witze, zieht die Diskussion ins Lächerliche, ist spöttisch, ironisch.
- Der Frustrierte strahlt Ärger aus, ist mit sich und der Gruppe unzufrieden, hoffnungslos, äußert destruktive Kritik, ist ratlos und resigniert, "alles Schade"
- Der Gehemmte kann sich nicht äußern, ist ratlos, verspannt, steigert sich in Angst.
- Der Hilfstherapeut beobachtet die Gruppe, gefällt sich in tiefsinnigen Interpretationen, legt die anderen durch Deutungen fest, vermittelt der Gruppe das Gefühl, er durchschaue sie.
- Das arme Schwein legt peinliche Selbstgeständnisse ab, erniedrigt sich selbst und seine Beiträge, lähmt die Gruppe, macht sie hilflos, vermittelt ihr Schuldgefühle, ist leicht beleidigt und gekränkt.
- Der Schweiger schaltet ab, zieht sich zurück, langweilt sich, träumt, ist weit weg.
Quelle: http://www.ipts.de/ipts23/englisch/feed.htm (01-12-02)
Wie fällt eine Gruppe Entscheidungen?
- Durch Übergehen (plops, thud)
Jemand schlägt eine Lösung vor, aber niemand geht darauf ein. Häufig in neuen Gruppen und wenn ein Mitglied seinen Vorschlag nicht deutlich genug ausdrücken kann. - Durch angemaßtes Recht (self-authorized decision)
Einer entscheidet für die ganze Gruppe. Entscheidung kommt dadurch zustande, dass einige Mitglieder nicht von ihrem Recht zur Äußerung Gebrauch machen. - Durch Abweichen vom Thema (topic-jumping)
Ein Seitenaspekt des Problems wird plötzlich in den Mittelpunkt gestellt, ein neues Thema eingeführt, die Entscheidung verdrängt. - Durch eine Zweierkoalition (hand-clasping)
A macht einen Vorschlag, B fordert ihn auf zu beginnen. A folgt, ohne sich der Meinung der Gruppe zu versichern. - Durch Cliquenbildung (the clique)
Eine Untergruppe hat sich im voraus schon festgelegt und versucht, diese Entscheidung durch geschickte Strategie der Gruppe unterzujubeln. Die Entscheidung an sich mag gut sein, das Vorgehen führt aber zur Verminderung der Gruppenkohäsion und zu Entstehung von Misstrauen. - Durch Mehrheitsbeschluss (majority rule)
Dieser für große Gruppen und Organisationen adäquate Entscheidungsmodus wird oft unreflektiert übernommen. Es bleibe eine gegen die Entscheidung eingenommene Minorität, und es ist fraglich, ob die Gruppe als Ganze die gefällte Entscheidung auch ausführen wird. - Durch Druck auf Widerstrebende
'Ist jemand dagegen?' oder 'Wir alle stimmen doch zu!' Hier wird auf die schwachen Gruppenteilnehmer Druck ausgeübt. Dahinter steht Angst vor klärender Auseinandersetzung oder auch eine Ideologie von Gruppenzusammengehörigkeit, die noch keinen realen Grund hat. - Durch Einstimmigkeit (unanimity)
Einstimmigkeit kann durch Druck erreicht werden. Es ist trotzdem möglich, dass die Mehrheit der Mitglieder innerlich nicht mit der Entscheidung zufrieden ist und daher die Entscheidung in der Praxis nicht ausführt. - Durch Übereinstimmung (consensus)
Eine Entscheidung wird getroffen, nachdem allen Mitgliedern die Möglichkeit gegeben war, die verschiedenen Seiten des Problems zu erörtern und ihre Wünsche und Interessen zu sagen, bis schließlich alle übereinstimmen, dass die vorgeschlagene Entscheidung die bestmögliche ist, selbst wenn nicht alle Mitglieder sich völlig damit identifizieren können. Sie werden trotzdem dann diese Entscheidung mit unterstützen und ausführen. Um eine Entscheidung auf der Grundlage des Konsens herbeizuführen, ist es unbedingt erforderlich, dass sich alle Gruppenmitglieder äußern.
Funktionen, die den Bestand der Gruppe fördern
- Gefühle äußern:
Sich über die eigenen Gefühle klarwerden, gefühlsmäßige Reaktionen auf die anderen Mitglieder registrieren und gegebenenfalls aussprechen. - Gruppengefühle äußern:
Das augenblickliche Klima erspüren, die emotionale Lage der Gruppe ausdrücken, vertiefen, verstärken und die Gruppe ermutigen, sie auszuhalten. - Ermutigung:
Akzeptieren, bestätigen, positive Wertschätzung entgegenbringen, Übereinstimung konstatieren, den anderen wichtig nehmen, ihn zu Äußerungen ermutigen. - Übereinstimmung prüfen:
Missverständnisse ausräumen, die Gruppenmeinung testen, feststellen, wie viele Mitglieder einer Meinung sind, Übereinstimmung herausstellen. - Vermitteln:
Ausgleichen, harmonisieren, Kompromisslösungen vorschlagen, nach Versöhnungsmöglichkeiten suchen. - Spannung vermindern:
Angst aussprechen, negative Gefühle durch Humor ableiten, beruhigen, lockern, freiheitliche Atmosphäre schaffen. - Regeln bilden:
Gruppennormen reflektieren, Regeln, die für den Inhalt, Verfahrensweisen oder Entscheidungsfindung nötig sind, formulieren, das Gruppenverhalten mit Gruppenregeln konfrontieren. - Standhalten:
Dem anderen aufmerksam zuhören, sich ihm ganz zuwenden, nicht ausweichen, sein Verhalten nicht werten, sondern beschreiben, Feed-back erbitten und annehmen, Feed-back geben, Gruppenentscheidungen Folge leisten. - Beobachten:
Non-verbale Äußerungen und Interaktionen ansprechen, den Gruppenprozeß reflektieren, Grenzen wahren, dysfunktionales Verhalten thematisieren. - Realitätsbezug herstellen:
Dem Abgleiten der Gruppe in unkontrollierte Euphorie, Agression, Depression usw. ("clinch") gegensteuern, Illusionen entlarven, Fluchttendenzen aufzeigen, Abwehrmechanismen und Widerstände ansprechen.
Siehe dazu auch Effektive Meetings.
Literatur
Schulte, Eva-Maria, Fenner, Tatjana & Kauffeld, Simone (2013). Nicht ohne Nebenwirkungen: Gesundheitsrisiko Meeting. Personal quarterly, 2, 8-15. *)
Entstanden unter Verwendung von: http://www.maas-training.de/maas/DOKU_3.EXE (01-01-27) Die Erlaubnis des Autors liegt vor.
Weitere Quellen
http://www.wissenschaft.de/sixcms/detail.php?id=120666&template_id=518&query_id=279 (02-04-14)
http://www.ipts.de/ipts23/englisch/feed.htm (01-12-02)
http://bernhard.negele.bei.t-online.de/blk/Tipps___Tricks/hauptteil_tipps___tricks.htm (02-10-05)
https://www.linkedin.com/pulse/produktivit%C3%A4tskiller-meetings-j%C3%BCrgen-weimann (19-06-13)
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