Das Freizeitverhalten von Jugendlichen
Brunmayr E. (1989). Jugend und Zeitvergleich. Empirische Untersuchung über jugendrelevante Fragen. Linz: Amt der oberösterreichischen Landesregierung.
Heinzlmaier, B. (1998). Die Pop-Maschine. Die szenebildende Bedeutung von Musik. In Großegger, B., Heinzlmaier, B. & Zentner (Hrsg.), M. Trendpaket 2. Der Megastore der Szene (S. 154-160). Graz, Wien: Verlag Zeitpunkt.
Heinzlmaier, B., Hahn, M. & Zentner, M. (1999). Jugendarbeit und Freizeitarbeit in Österreich: Situation und Bedarf. Forschungsbericht. Wien: Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie.
Hurrelmann, K. (1994), Lebensphase Jugend. Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung. Weinheim, München: Juventa.
Schilling, J. (1977). Freizeitverhalten Jugendlicher. Eine empirische Untersuchung ihrer Gesellungsformen und Aktivitäten. Weinheim, Basel: Beltz.
Untersuchungen des Freizeitverhaltens zeigen, was Jugendliche unterschiedlichen Alters mit ihrer Freizeit anfangen.
Grundsätzlich gibt es sowohl Tätigkeiten, die keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Altersgruppen innerhalb der Jugendzeit aufzeigen. So stellt Musik durch die gesamte Adoleszenz das wesentliche Medium da. Auch Freunde sind eine im Zeitablauf unverändert wichtige Bezugsgruppe. Einige andere Aktivitäten die sich mit den unterschiedlichen Altersschichten verändern sind in folgender Tabelle angeführt. Angeführt sind jene Prozentsätze der Jugendlichen (n=2000), die die jeweilige Tätigkeit sehr häufig oder häufig durchführen.
(Quelle: Heinzlmaier 1999, S. 64)
Aktivität |
14/15 |
16/17 |
18/19 |
20/21 |
22/23/24 |
Videospiele |
34 |
21 |
14 |
12 |
10 |
Selbst Sport treiben |
65 |
55 |
52 |
44 |
47 |
Leute kennen lernen |
57 |
67 |
59 |
60 |
50 |
Mit Freunden diskutieren |
64 |
72 |
65 |
77 |
78 |
Eltern |
51 |
28 |
25 |
24 |
24 |
Kino |
47 |
43 |
38 |
35 |
34 |
Fernsehen/Videofilme |
83 |
78 |
72 |
69 |
69 |
Diskothek besuchen |
17 |
57 |
61 |
52 |
30 |
Auf Partys gehen |
40 |
60 |
59 |
52 |
41 |
Besuch von Lokalen |
44 |
69 |
76 |
73 |
73 |
Medien spielen eine immer wichtigere Rolle im Leben der Jugendlichen. Jugendliche verfügen heutzutage über mehr Geld und in Folge dessen auch über mehr von dem, was man mit Geld kaufen kann. Ein Großteil der Jugendlichen verfügt über eine eigenen "medialen Werkzeugschrank" (Luger 1999, S. 4).
Auch Computerspiele sind heute nicht mehr aus Kindheit und Jugend wegzudenken und können durchaus unterhaltsam, spannend und lernfördernd sein. Manche Spiele verherrlichen und verharmlosen jedoch Töten und Gewalt, können darüber hinaus süchtig machen und zur Flucht Jugendlicher aus der Realität in eine Fantasiewelt beitragen - die in einem gewissen Ausmaß für Kinder und Jugendliche zwar normal ist, aber in dieser Form durch die mit diesen Medien verbundenen Nebenwirkungen kritisch zu betrachten ist. Vor allem sind männliche Jugendliche gefährdet, denn manche verbringen immer mehr Stunden vor dem Computer statt in der realen Welt. Das Kriminologische Institut Niedersachsen hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass Jugendliche im Durchschnitt 140 Minuten am Tag Computerspiele spielen. Bei männlichen Jugendlichen stehen Computerspiele auf dem zweiten Platz der beliebtesten Freizeitaktivitäten, sie werden nur vom Fernsehen übertroffen. In der Untersuchung an 44610 Jugendlichen stellte man fest, dass 23,2 Prozent der Knaben täglich zwischen 2,5 Stunden und 4,5 Stunden spielen und weitere 15,8 Prozent über 4,5 Stunden. Der Bayerische Lehrerverband bietet eine Broschüre zum Download an:
http://www.bllv.de/cms/index.php?id=4864&no_cache=1&eID=irre_downloads&fileUid=572
Menschen sind evolutionär "vorprogrammiert", Informationen aufzunehmen, wobei Medienheute eine wichtige Rolle spielen. Bei Medien geht es für Kinder und Jugendliche insgesamt um das Erlernen eines kompetenten und selektiven Umgangs damit. Kinder, die keine Medien nutzen dürfen, sind als Jugendliche meist benachteiligt, denn je mehr man gewöhnt ist, mit Medien umzugehen, desto geübter und souveräner wird man. Kinder sollten aber z.B. beim Fernsehen begleitet werden, wobei Eltern ihre Kinder nicht mit Fernseh- oder Internetverboten belegen sollten, denn dann wird der Medienkonsum zur Belohnung und zu etwas Besonderem. Auch zeitlich zu streng geregelter Fernsehkonsum ist nicht empfehlenswert, denn Kinder und Jugendliche sollen nicht täglich zu einer fixen Zeit fernsehen dürfen, sondern Programme gezielt nach Inhalten auswählen lernen.
Medienrelevanter persönlicher Besitz von Jugendlichen gesamt und nach Altersgruppen in Prozent
(Quelle: Fessel+GFK, 1997)
|
Gesamt |
14-15 |
16-17 |
18-19 |
20-21 |
22-24 |
HiFi-Stereo-Anlage |
67 |
58 |
64 |
59 |
77 |
72 |
Walkman/CD-Portable |
65 |
80 |
67 |
69 |
61 |
56 |
Fernsehen |
60 |
48 |
49 |
52 |
62 |
77 |
Videorecorder |
37 |
23 |
17 |
33 |
42 |
55 |
Computer |
31 |
33 |
31 |
37 |
28 |
30 |
Computerspiele |
28 |
43 |
31 |
33 |
19 |
20 |
Videospiele |
20 |
40 |
22 |
19 |
10 |
15 |
Mobiltelefon |
8 |
- |
2 |
7 |
15 |
11 |
Minidisc |
7 |
15 |
7 |
7 |
2 |
5 |
Videokamera |
4 |
2 |
2 |
3 |
3 |
8 |
Pager |
2 |
4 |
1 |
3 |
3 |
2 |
Eine Zahl die sich seit Durchführung dieser Studie 1997 erhöht haben dürfte ist jene beim Besitz von Computern. Schon zum Zeitpunkt der Befragung war neben den 31%, die bereit einen PC oder Laptop besaßen, rund ein Drittel der Befragten war bestrebt, sich solch ein Gerät zuzulegen. "Hier sind Parallelen zur gesamtgesellschaftlichen Lage zu sehen. Produktion, Administration und Ausbildung sind ohne Computereinsatz inzwischen undenkbar. Sich frühzeitig und intensiv mit dieser Technologie vertraut zu machen, bringt gerade auch für den Einzelnen (wettbewerbs-)entscheidende Vorteile. Noch dazu weist der Computer sozusagen multimediale Freizeitqualitäten auf, von denen die besonders die unter Jugendlichen beliebten Computerspiele nur eine Facette sind. Tatsächlich steckt in einem Heimterminal ein Freizeitpotenzial, das vom globalen Internetsurf bis zur Nutzung als Musikinstrument samt dazugehöriger Produktion von Musik-CDs reicht" (Zentner 1998, S. 31f).
Angestiegen ist auch der Besitz von Mobiltelefonen, denn vor allem die typischen Eigenschaften eines Mobiltelefons mobil und ständig persönlich erreichbar zu sein sind für Jugendliche als eine der mobilsten Gruppen unserer Gesellschaft überzeugende Argumente für eine Anschaffung. Unterschiede lassen sich auch geschlechtsspezifisch erkennen. So ist der Besitz eines Computers, sowie Computer- oder Videospielen eine eindeutig männliche Domäne. Die Interaktion zwischen Kindern und Jugendlichen findet heute daher nicht mehr nur real, sondern auch über das Smartphone statt, wobei bei einer Befragung von rund 1900 Schulkindern der fünften bis zehnten Klassen 72,1 Prozent Mitglied in einem Netzwerk waren, von denen mehr als ein Drittel dort auch enge Freundschaften pflegt. Dabei stuften sie die offline-Freunde auf einer neunstufigen Skala mit durchschnittlich 7,7 Punkten bedeutsamer ein als Freundschaften, die sie vorwiegend über das Internet pflegen (6,9 Skalenpunkte). In einem sozialen Netzwerk lässt sich für die Jugendlichen offensichtlich nicht dieselbe Nähe herstellen wie real, da Mimik und Gestik fehlen, um die Situation zu verstehen. Daher vertrauen sie Offline-Freunden eher ihre Geheimnisse an als den Online-Freunden (Glüer & Lohaus, 2014).
Die Nutzung eines bestimmten Mediums setzt jedoch nicht unbedingt dessen Besitz voraus. So besitzen zum Beispiel die wenigsten Jugendlichen ein Abonnement einer Tageszeitung. Dies bedeutet aber nicht, dass Jugendlichen keine Zeitung lesen. Sie sind sehr wohl Leser und nutzen das Angebot des elterlichen Haushaltes mit.
Mediennutzung als häusliche Aktivität von Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren (öfters bis sehr häufig) Gesamt und nach Geschlecht in Prozent
(Quelle: Fessel+GFK, 1997)
|
Gesamt |
Männl. Befragte |
Weibl. Befragte |
Musik hören |
95 |
92 |
98 |
Fernsehen/Video |
78 |
82 |
73 |
Zeitschriften |
68 |
59 |
78 |
Bücher |
42 |
31 |
56 |
Computer (Arbeit) |
35 |
44 |
24 |
Computerspiele |
31 |
47 |
14 |
Videospiele |
22 |
34 |
9 |
Internet |
6 |
9 |
3 |
Darüber hinaus kommt Medien vor allem bei der Kreation von Lebensstilen ein hohes Maß an Bedeutung zu, "da sie als Vermittler entsprechender Lebensstil- und Sinnangebote auftreten. Jugendliche wählen mehr oder weniger frei aus dem großteils medial vor ihnen ausgebreiteten Angebot ihren präferierten Lebensstil, der als ein expressives Muster den sichtbaren und messbaren Ausdruck der gewählten Lebensführung darstellt, abhängig von Werthaltungen, sozialen, materiellen und kulturellen Ressourcen" (Smudits zit. nach Luger 1999, S. 8).
Wie aus der Tabelle ersichtlich, wird Musik hören als die häufigste Form der häuslichen Mediennutzung in der Freizeit bezeichnet, wobei Musik auch eine Entwicklungsschiene von Jugendkulturen entlang diverser musikalischer Stilrichtungen wie z.B. Techno oder Rave darstellt (vgl. Heinzlmaier 1998).
Fernsehen ist nach Musik hören die zweitwichtigste mediale Freizeitbeschäftigung unter den Jugendlichen, wobei anzumerken ist, dass der Anteil der männlichen Fernsehzuschauer bedeutend höher ist als jener der weiblichen. Trotz der zweifelsohne hohen Bedeutung des Fernsehens für die Jugendlichen sind die 14-19jährigen jene Altersgruppe, die die wenigste Zeit vor dem Fernseher verbringt. Zahlreiche Untersuchungen ergaben, dass mit zunehmendem Alter der tägliche Fernsehkonsum zunimmt. Dies liegt aber vermutlich weniger an der steigenden Faszination am Fernsehen, sondern vielmehr an den geänderten sozialen Bindungen (fixer Partner/fixe Partnerin) oder den erhöhten beruflichen Anforderungen, welche entspannende Freizeitbeschäftigungen nach sich ziehen (vgl. Luger 1999, S. 13).
Auffällig ist, dass mit zunehmendem Alter der Jugendlichen die häusliche Gebundenheit der Freizeit abnimmt. Im Gegenzug steigen jedoch der kommunikative Charakter der Freizeitgestaltung und die Suche nach Sozialkontakten (vgl. Heinzlmaier 1999, S. 64).
Vergleicht man die beliebtesten Freizeitaktivitäten der jungen Frauen und Männer gesondert, so zeigt sich, dass vor allem bei den Jüngeren (bis zum ca. 16. Lebensjahr) teils gravierende Differenzen zwischen Buben und Mädchen) zu beobachten sind. Mit zunehmendem Alter werden diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern jedoch scchwächer. Tagebuch und Briefe schreiben (vor allem Mädchen) sowie Comics lesen (vor allem Buben) treten in den Hintergrund und die Freizeitgestaltung der beiden Geschlechter beginnt sich weitgehend zu harmonisieren. Trotz allem gibt es auch im späteren Jugendalter bzw. im Erwachsenenalter noch einige wenige Tätigkeiten, die als typisch weibliche (Telefonieren, Shopping) bzw. männliche (Computer, Sport) Freizeitgestaltung gelten (vgl. Heinzlmaier 1999, S. 61ff).
Natürlich richtet sich die Auswahl der Freizeitaktivitäten auch nach dem zur Verfügung stehenden Zeit. So werden die Tätigkeiten an schul- und lernfreien Tagen ein anderes Ausmaß und eine andere Gestalt annehmen, als an Tagen, an denen die Freizeit auf eine Stunde beschränkt ist.
Bei schichtspezifischer Betrachtung des Freizeitverhaltens von Jugendlichen kann man - vor allem bei häufig ausgeführten Tätigkeiten - kaum Unterschiede erkennen. So ist für Jugendliche aller Schichten der Umgang mit Freunden die wichtigste Freizeitbeschäftigung. Andererseits ist es auch nicht richtig zu behaupten, dass sich die Hobbys der verschiedenen sozialen Schichten überhaupt nicht unterscheiden. Ein Grund dafür ist, dass die unteren Schichten kaum Zugangsmöglichkeiten zu teureren Hobbys wie zum Beispiel Reisen, Konzerte etc. haben. Weiters ist auch die Verweildauer in der Schule, und somit verbunden auch das Freizeitverhalten, nicht ganz schichtunabhängig, da Jugendliche unterer Schichten häufig früher ins Berufsleben eintreten (vgl. Heinzlmaier 1999, S. 62ff).
Immer mehr Jugendliche verbringen ihre Freizeit gemeinsam mit Gleichaltrigen in einer informellen Gruppe, wie zum Beispiel in einer Peer-Group. Die vermehrte Bildung dieser Gruppen hat vor allem zwei Gründe. So werden in der Schule oder diversen Freizeiteinrichtungen altershomogene Gruppen gebildet, die auch in ihrer (restlichen) Freizeit gemeinsame Aktivitäten unternehmen. Zum anderen wollen die Jugendlichen dem Druck der „Erwachsenenwelt“ entgehen und finden somit in selbst gewählten Peer-Groups zusammen. Diese Gruppen sind für den Adoleszenten ein sehr wichtiges soziales Umfeld, „auf dem er Erfahrungen mit sich selbst und mit anderen sammeln kann. Vor allem der Freizeitbereich ermöglicht dem Jugendlichen das Testen von verschiedenen Rollen“ (vgl. Schilling 1977, S. 59f).
Ein zentrales Element in der Jugendzeit ist die Ablösung des Jugendlichen vom Elternhaus. Die Adoleszenten werden von ihren Eltern unabhängiger und übernehmen selbst mehr Verantwortung für die Gestaltung ihres Lebens. Am leichtesten ist die Loslösung der Jugendlichen im Freizeit und Konsumbereich möglich. Immer mehr treten Freunde und Gleichaltrigengruppen in den Vordergrund und die Bedeutung der Eltern nimmt stark ab (vgl. Hurrelmann 1994, S. 158). So verbringen Jugendliche mit zunehmendem Alter vermehrt ihre Abende auswärts, oder verzichten auf gemeinsame Urlaube mit den Eltern (vgl. Brunmayr 1989, S. 67).
Eine Erhebung aus dem Jahr 2008 erbrachte folgende Verteilung der Freizeitaktivitäten:
Die Entscheidung bei einem Schule-Freizeit-Konflikt ist unter anderem von der Wertorientierung abhängig. Wertorientierungen sind durch kulturelle Aspekte geprägt. Interferenzerleben in der Freizeit ist je nach vorhandener Wertorientierung stark oder sehr schwach vorhanden. Manfred Hofer, Sebastian Schmid und Ilija Zivkovic haben eine kulturübergreifende Studie durchgeführt:
Schule-Freizeit-Konflikte, Wertorientierungen und motivationale Interferenz in der Freizeit
1. Einführung und Begriffsbestimmung
Motivationaler Handlungskonflikt bedeutet die Unvereinbarkeit zweier unterschiedlicher Tätigkeiten. In diesem Artikel sind also die in Konkurrenz stehenden Tätigkeiten des Lernens und der Freizeit gemeint. Diese Tätigkeiten sind durch die Zeit begrenzt und stehen im Wettbewerb durch die hohe Zahl an Aufgaben und Zielen zueinander. Bislang wurden kaum Forschungen in diesem Bereich unternommen (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 55f).
Motivationele Interferenz ist demnach die Folge eines Handlungskonflikts. Bei der motivationalen Interferenz wird eine ausübende Handlung durch das Bewusstsein eine andere Handlung zu verpassen beeinträchtigt. Dabei leidet die Aufnahmefähigkeit des Schülers beim Lernen, er ist leichter ablenkbar, weniger ausdauernd und seine Stimmung wird negativ beeinflusst. Diese These ist wissenschaftlich belegt, doch wie wirken sich nun motivationale Handlungskonflikte auf das Erleben von Freizeitaktivitäten aus? Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Stimmung auch bei Freizeitaktivitäten schlecht sei (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 56f).
Von den Verfassern wird angenommen, dass Schule-Freizeit-Konflikte von individuellen Wertorientierungen der Schüler abhängig sind. Dabei wird auf zwei bedeutsame Wertorientierungen eingegangen: Schüler mit „modernen“ Wertorientierungen sind zielstrebig, und leistungswillig und ziehen das Lernen der Freizeitaktivität vor. Im Gegensatz dazu Schüler mit „postmodernen“ Wertorientierungen, die die Freizeit der Lerntätigkeit vorziehen und das Leben genießen wollen (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 56f).
Es wird davon ausgegangen, dass die Wertorientierungen von kulturellen Aspekten geprägt sind. Es wird erwartet, dass in Ländern mit höherem Wohlstand weniger motivationale Interferenz bei Schülern vorhanden ist und weniger Zeit für das Lernen investiert wird, da postmoderne Wertorientierungen bei Ihnen wahrscheinlich besser ausgeprägt sind. Weiters wird erwartet, „dass die genannten Zusammenhänge innerhalb jeder kulturellen Stichprobe ein vergleichbares Muster aufweisen“ (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 57f).
2. Durchführung der Studie
a. Auswahl und Beschreibung der Stichproben
In die Studie gingen Schülerstichproben aus Deutschland (US$ 31.900), Italien (US$ 28.600), Kroatien (US$ 12.400), Mexiko (US$ 10.000) und Indien (US$ 3.400) ein. Diese Länder unterschieden sich am BIP pro Kopf also am Wohlstand.
Alle Teilnehmer besuchten eine höhere Schule zum Testzeitpunkt in den jeweiligen Ländern (Deutschland 491 Schüler, Italien 202 Schüler, Kroatien 168 Schüler, Mexiko 221 Schüler, Indien 200 Schüler).
Es ist anzunehmen, dass die Schüler aus eher mittleren Sozialschichten stammen, da alle mit Ausnahme der Teilnehmer aus Deutschland und Kroatien private katholische Schulen besuchten.
In der Gesamtstichprobe waren 47,9% Mädchen und 52,1% Burschen.
Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 15,6 Jahre (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 58).
b. Ablauf der Datenerhebung
Unter Aufsicht eines Testleiters nahmen die Schüler freiwillig an der Studie teil. In zwei aufeinander folgenden Schulstunden wurde dieser Fragebogen von den Schülern beantwortet.
Die Schüler wurden informiert, dass es sich dabei um eine Studie handelt, in der es um Einstellungen zu Schule, Freizeit und Leben generell geht. Gewährleistet wurde Anonymität (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 58).
c. Folgende Instrumente zur Datenerhebung wurden verwendet
Ökonomisches Kapital
Ist ein Maß für die ökonomische Ausstattung der Familie (Fernseher, Autos, Computer,...)
Wertorientierungen
Moderne und postmoderne Wertorientierungen
Häufigkeit motivationaler Konflikte
Messung der Häufigkeit von Schule-Freizeit-Konflikten
Entscheidungen in motivatinalen Konflikten
Zur Erfassung von Entscheidungen und motivaitonaler Interferenz
Motivationale Interferenz in der Freizeit
Annahme der Schüler dass sie sich für die Freizeit entscheiden.
Außerschulische Lernzeit
Die Zeit, die Schüler für schulische Belange investieren (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 59f).
3. Ergebnisse
Wie erwartet hatten Schüler aus Deutschland und Italien überdurchschnittliche Werte in der Variable ökonomisches Kapital. Indien und Mexiko dagegen unterdurchschnittliche Werte, Kroatien lag im Mittelfeld. Daraus ist festzustellen, dass die gewählten Länder einen unterschiedlich hohen Lebensstandard vorweisen.
Moderne Wertorientierungen waren in Indien besonders hoch und in Kroatien und Deutschland besonders niedrig.
Bei Postmodernen Werteorientierungen war der Unterschied durch den Wohlstand bedingt. Deutschland und Italien lagen sehr hoch, dagegen Mexiko und Indien lagen sehr tief.
Der sogenannte Schule-Freizeit-Konflikt war in Italien und Kroatien besonders hoch. In Indien und Deutschland überraschenderweise sehr niedrig.
Die Entscheidung im Konfliktszenario fiel in Indien häufig für das Lernen aus, in Kroatien und Deutschland dagegen häufig für Freizeitaktivitäten.
Das Interferenzerleben in der Freizeit lag in Indien und Mexiko weit über dem Mittelwert. In Deutschland dagegen deutlich unter dem Gesamtmittelwert.
Die verwendete Lernzeit ist in Mexiko und Deutschland im unterdurchschnittlichen Bereich. In Kroatien, Indien und Italien lagen diese Werte weit über dem Mittelwert (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 60ff).
Es ergaben sich keine Zusammenhänge durch den Altersunterschied.
Die Geschlechter unterschieden sich insofern, dass bei Jungen niedrigere moderne und höhere postmoderne Werte ausgewertet wurden. Außerdem ist das Interferenzerleben in der Freizeit geringer und auch weniger Lernzeit wird von Jungen im Gegensatz zu den Mädchen investiert (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 60ff).
Auffällig in der Auswertung war, dass bei den modernen Wertorientierungen große Unterschiede zwischen den Stichproben vorhanden waren.
Im Wiederspruch steht das Ergebnis, dass kroatische Schüler besonders viel Zeit ins Lernen investieren obwohl sie sehr niedrige moderne Wertorientierungen haben.
Unerwartet war das Ergebnis bei der Stichprobe der deutschen Schüler, die eine vergleichsweise geringe Konflikthäufigkeit angaben.
Interessant war auch das Ergebnis einer Stichprobe, die ergab, dass moderne Werte keinen Effekt auf Interferenzerleben und Konflikthäufigkeit haben.
Die von der Theorie vorhergesehenen Zusammenhänge sind also nicht verallgemeinerbar.
Der Befund ergab außerdem, Zusammenhänge der Wertorientierungen mit der Lernzeit. Das würde also bedeuten, dass Schüler die investierte Lernzeit anhand ihren Wertorientierungen ausrichten (Hofer, Schmied & Zivkovic 2008, S. 60ff).
Literatur
Hofer, M., Schmid, S. & Zivkovic, I. (2008). Schule-Freizeit-Konflikte, Wertorientierungen und motivationale Interferenz in der Freizeit. Eine kulturübergreifende Studie. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 40(2), 55-68.
Glüer, M., Lohaus, A. (2014). Online versus offline Freundschaften – Unterschiede in der Qualität und Funktion von Freundschaftsbeziehungen bei Kindern der fünften bis zehnten Schulklasse in sozialen online Netzwerken. Vortrag auf dem 49. Kongress der deutschen Gesellschaft für Psychologie, Bochum.
Siehe auch unter diesem Gesichtspunkt die Gegenüberstellung der Übergänge vom Kindes- zum Jugendalter:
- Zum ersten Mal verliebt & Eltern haben sich getrennt
- Pyjamaparties & Wechselbad der Gefühle
- Zur Disco abhauen & Ein relativ pflegeleichter Übergänger
- Barbie und Mickey Mouse out & Keine Babyspiele mehr
- Endlich in der Erwachsenenabteilung einkaufen & Zigaretten und Alkohol
- Cool-Sein über alles & Braver Streber oder cooler Aufmüpfiger?
- Vom Du zum Sie & Florianer Sängerknabe und Clown
- Kleiderstücke bestimmter Marken & Eltern und Lehrer als Feinde
- Nach dem Training ins Wirtshaus & Bei jedem Fest dabei
- In Kroatien geboren & Berufswünsche und Vorstellungen
- Elternhaus Bauernhof & Pokale im Skisport
- Boygroup-Fieber & Mehr Rechte
- Jungs, Mode und Liebe & Auch Eltern machen Fehler
- Das Reizgefühl der Neugierde & Eine unbeschwerte Kindheit
- Begeisterte Saxophon- und Tennisspielerin & Meinen Eltern viel Sorgen bereitet
- Umzug von der Stadt auf das Land & Jungs wurden interesant
Quelle: Dieses Arbeitsblatt entstand teilweise unter Verwendung der vom Autor der Arbeitsblätter betreuten Studie von Klaus Kotzor "Freizeitgestaltung von Jugendlichen".
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