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Bildungstheoretische Modelle

Unter wahrhaft gebildeten Menschen darf man schweigen, wenn man nichts zu sagen hat. Nur die sogenannten "Gebildeten" reden immer und machen Worte über alles. Darum fehlt ihnen auch ganz die Gabe, mit Verstand zuhören zu können. Da müssten sie denken; das ist aber beim bloßen Reden nicht nötig.
Otto von Grünberg

Was ist Didaktik?

Bildungstheoretische Ansätze beruhen im Kern auf Begriffen von "Bildung". Diese wurden ursprünglich von verschiedenen deutschen Philosophen definiert (z. B. HERDER, HUMBOLDT, KANT, HEIDEGGER).

Eine "didaktische Theorie" soll nach bildungstheoretischer Auffassung Hinweise darauf geben, wie Themen zu "Bildungsinhalten" oder "Bildungsgut" lehrplanmäßiger Fächer gestaltet und im Unterricht vermittelt werden können.

Im Zuge der Rezeption dieser philosophischen Grundlagen beim Entwickeln didaktischer Theorien haben sich drei bildungstheoretische Grundpositionen herausgebildet.

Theorie der materialen Bildung

Kernannahmen:

Inhalte (Lehrstoffe) werden als faktisch Gegebenes angenommen, etwa als Themen in Lehrplänen (WENIGER 1965).

Die Vermittlung von Inhalten (Material, Lehr-Lern-Stoff) an sich kann bereits erziehend bzw. "bildend" wirken. "Gebildet" ist also, wer bestimmte Inhalte beherrscht.

Als oberstes Ziel von (materialer) "Bildung" gilt die Kenntnis bestimmter, nach irgendwelchen Kriterien "wertvoller" Inhalte. Dabei haben sich zwei Richtungen entwickelt:

Theorie der formalen Bildung

Kernannahmen:

Die Vermittlung bestimmter Formen bzw. Methoden des Lernens und Arbeitens wirkt "erziehend" bzw. "bildend". Die Beherrschung allgemeinerer Methoden durch Lernende sei zweckmäßiger als die bloße Kenntnis von Inhalten. Man zielt somit auf generelle (formale) Bedingungen von "Bildungsprozessen" und deren Folgen für "Subjekte" (Schüler).

Lernende sollten Inhalte also nicht bloß um ihrer selbst willen, sondern zur Erreichung von pädagogisch als sinnvoll erkannten und begründeten Zielen beherrschen. Hierbei sind zwei Denkrichtungen festzustellen:

Beispiele: Entwicklung von logischen Denkfähigkeiten in Mathematik, Training körperlicher Kräfte im Turnunterricht.

Hauptaufgabe von "Didaktik" ist gemäß den Theorien der formalen Bildung die Prüfung des "Bildungswertes" solcher methodischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die von Auszubildenden jeweils zu erwerben sind.

 

Das exemplarische Lernen - das Wesen der genetischen Didaktik

Martin Wagenschein, 1896 in Gießen geboren, studierte Physik und Mathematik, promovierte in Physik. In den 20er Jahren erhielt er entscheidende Anregungen und Erfahrungen in Paul Geheebs freier Schulgemeinde Odenwaldschule, war danach Lehrer an staatlichen Gymnasien und nach 1945 Mitarbeiter an Schulversuchen und Bildungsplänen. 1960-1965 arbeitete er im Ausschuß "Höhere Schule" des "Deutschen Ausschusses". Seit 1956 Honorarprofessor an der Universität Tübingen, wo er über 20 Jahre lang sein Seminar hielt. 1978 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Darmstadt verliehen. Dort hatte er einen Lehrauftrag seit 1950. Martin Wagenschein starb 1988.

 

Manchmal kommt es mir vor, als hielten die Eltern diejenige Schule für die beste, die ihre Kinder fähig macht, bei den Quizkonkurrenzen am besten abzuschneiden, schnell und reich an Wortwissen. Und es lohnt sich, wie jene Stenotypistin erfuhr, die in Amerika einmal 16000 Dollar gewann, weil sie binnen 30 Sekunden 7 Brüder Josephs aus dem alten Testament aufzuzählen wusste. Seltsam nur, dass das Handwerk, die Industrie und die Hochschulen gleichzeitig und zunehmend darüber klagen, dass die jungen Menschen nicht mehr selb-ständig denken und urteilen können.
Martin Wagenschein

Martin Wagenschein kritisierte die Stoffülle an Schulen, besonders an den Höheren Schulen, denn die LehrerInnen wären gezwungen, eine große Fülle an Stoff zu lehren. Wagenschein verglich dies mit einem Koffer, den die SchülerInnen schleppen müssen, der mit der Zeit vor Überfülle platzt und dessen Inhalt sich deshalb wieder zwangsläufig ausleert: "Die Träger mühen sich vergeblich, in vielem Bücken das Verlorene einzusammeln; denn die Parole heißt: Weiter! - während der Weg gesäumt ist von Wohlmeinenden, die den armen Verlierern immer neue Gaben in ihre Koffer streuen" (Wagenschein, 1965a, S. 7). Diesem Problem setzte Martin Wagenschein das exemplarische Lernen entgegen.

Wagenschein gilt gemeinhin als Begründer des exemplarischen Prinzips im Unterricht hat später die Dreiheit genetisch-exemplarisch-sokratisch betont und dabei das Genetische unter den Aspekten "Werden und Gewordenes" als umfassende Kategorie bestimmt.

LehrerInnen legen oft Wert auf die Vollständigkeit des zu vermittelnden Stoffes und es herrscht immer noch die Meinung, man könne Prüfungen nur dann bestehen, wenn man sich den gesamten Inhalt eines Stoffes aneignet. "Die Höhere Schule hat sich entwickelt, als wäre sie eine Fachschule für alle Fächer gleichzeitig" (Wagenschein, 1965c, S. 268). Exemplarisches Lernen dagegen baut auf Gründlichkeit, d.h., der Lernende sollte anhand eines Beispiels den gesamten Bereich des Lernstoffes verstehen, d.h., er setzt sich mit dem Beispiel intensiv auseinander und erwirbt somit die Fähigkeit, es später auf den gesamten Bereich zu übertragen. Wagenschein empfiehlt, nur ganz bestimmte Themen auszuwählen und sich diesen dann intensiv zu widmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich schrittweise dem Gesamtthema nähert, sondern das Einzelne "ist nicht Stufe, es ist Spiegel des Ganzen" (Wagenschein, 1965c, S. 300). Hier ist jedoch der "Mut zur Gründlichkeit" angebracht, denn nur durch gründliches Befassen mit einem Thema kann man es verstehen und auch auf längere Zeit behalten (vgl. Wagenschein, 1965c, S. 299). Lernende sollen Gelegenheit bekommen, viel Zeit in ein Thema zu investieren, denn erst eine tiefe Auseinandersetzung führt zur Liebe und Begeisterung für eine Sache, denn erst "eindringliches Verweilen" bewirkt eine Herausforderung (vgl. Wagenschein, 1965a, S. 9). Hier zeigt sich deutlich, dass Wagenschein fast immer induktiv vorgeht, also den Weg des Forschers, des Wissenschaftlers, der in Neuland vorstößt. Er ist aber auch der Weg des praktischen Lebens zur Meisterung neuer Situationen und hat deshalb in der Schule den unbedingten Vorrang vor dem deduktiven.

Martin Wagenschein berichtet von einem Versuch mit StudentInnen, die herausfinden sollten, warum ein rohes Ei weiterrollt, wenn es nach einer Bewegung kurz gestoppt wird, während ein gekochtes Ei aber liegenbleibt. Die Studenten begannen diese Tatsache mittels Molekülen zu erklären. "Der hilflose Rückgriff auf die nicht verstandene, weil nicht entstandene, abstrakte molekulare Hinterwelt verdunkelt den Blick auf den Gegenstand und zugleich das alltägliche Denkvermögen. (Das rohe Ei läuft wieder an, weil der flüssige Inhalt, nicht ganz zur Ruhe gekommen, die Schale wieder mitnimmt...)" (Wagenschein, 1980, S. 32).

Nach Wagenschein kann ein Stoff als "exemplarisch" angesehen werden,

Wagenschein schlägt für die Stoffauswahl vor, einen "Kanon der Hauptphänomene" die das Grundgefüge eines Faches repräsentieren und die Arbeitsmethoden klarlegen. SchülerInnen benötigen am Ende ihrer Schulzeit ein Vorwissen, einen "Kanon", der grundlegendes Wissen beinhaltet, dass man nicht, den elektrischen Schalter benutzt, wenn es nach Gas riecht. Exemplarisches Lernen setzt einen Kanon voraus, wobei auch der Kanon keinen Trichter verkörpert, in den Lehrer Unmengen von Stoff einschütten. Eine Reduktion auf das Exemplarische, auch im Kanon, reicht vollkommen aus (vgl. Wagenschein, 1965c, S. 305). Die schwierigere Aufgabe, um in den Besitz eines Kanons zu kommen, vergleicht Wagenschein mit dem Bau einer Brücke: "Zuerst die exemplarischen Pfeiler und zwischen ihnen dann die verbindenden Bögen. Dann schafft das Exempel um sich herum das Kontinuum des Kanons" (Wagenschein, 1965b, S. 18).

Ist der Kernstoff bestimmt und das Funktionsziel klar, so ist ein besonders wichtiger Punkt der methodischen Überlegung der Einstieg. Er muß wohl bedacht sein, denn er soll die Problematik aufrollen, Staunen, Interesse, Neugier wecken und Spannung erzeugen. Das kann auf ganz verschiedenen weise erreicht werden. Ein Experiment kann eine unerwartete Erscheinung hervorrufen, der nachgespürt wird. Ein Phänomen von großer Bedeutung kann an irgendwelchen bemerkenswerten Fakten sichtbar gemacht werden. Ein Problem kann an einem besonderem Fall mit seinem ganzen Gewicht aufgerollt werden. Ein aktuelles Ergebnis kann der Anlaß sein, in ein Sachgebiet tiefer einzudringen. Besonders warnt Wagenschein vor dem Beginn mit einer Systematik, denn die steht nicht am Anfang, sondern sie ist allenfalls das Ziel des Unterrichts. Man muß sie aus dem Chaos aufspüren und dies zum echten Ordnungserlebnis werden lassen, aber nicht die Systematik als das "Geleise nehmen, an dem der Unterricht entlangläuft".

An den Lehrer stellt der exemplarische Unterricht hohe Anforderungen, denn während es bereits schwierig ist, konkretes Material zu beschafften, so ist auch das Unterrichten in der Schulpraxis schwierig, denn es zeigt sich, dass beim exemplarischen Ansatz ausgerechnet das Exemplarische zu kurz kommt: Man erlebt, dass SchülerInnen eine konkrete Fallstudie nach der anderen "lernen" müssen, als ob es sich um normalen Lehrstoff handelte, der einzuprägen wäre. Der Unterricht befaßt sich in vielen Fällen mit der individuellen Fülle der konkreten Fallstudie und bleibt darin stecken, sodass die nächsten, alles entscheidenden Unterrichtsschritte fehlen: die Herausarbeitung des Allgemeinen und die Anwendung des Allgemeinen.

Ursache vieler dieser Probleme beim exemplarischen Unterricht ist das Faktum, dass sich viele Lehrer ausschließlich nach dem Schulbuch richten, und dort fehlen natürlich die für den exemplarischen konkreten Fall notwendigen Inhalte, Bezüge und Objekte.

Literatur

Wagenschein, Martin (1965a). Vielwisserei Vernunft haben nicht lehrt (S. 6-12). In Roth, Heinrich & Blumenthal Alfred (Hrsg.), Grundlegende Aufsätze aus der Zeitschrift Die Deutsche Schule. Hannover: Schroedel.

Wagenschein, Martin (1965b). Zur Klärung des Unterrichtsprinzips des exemplarischen Lehrens (S. 13-26). In Roth, Heinrich& Blumenthal, Alfred (Hrsg.), Grundlegende Aufsätze aus der Zeitschrift Die Deutsche Schule. Hannover: Schroedel.

Wagenschein, Martin (1965c). Ursprüngliches Verstehen und exaktes Denken. Stuttgart: Klett.

Theorie der kategorialen Bildung

Grundideen:

Jede Reduktion von "Bildung" nur auf Inhalte (Lehr-Lern-"Stoff"), wie gut begründet sie auch sein mag, beschränkt die Entwicklungsmöglichkeiten Auszubildender. Inhalte gewinnen "Bildungswert" und "Bildungssinn" erst durch ihre Verinnerlichung , ihre Verfügbarkeit für den Lernenden. Dadurch sollen in Lernenden bestimmte Kategorien (oder psychische Schemata) des Erlebens, Denkens und Handelns entwickelt werden.

Vermittelt werden sollten daher primär solche Inhalte (Lehrstoffe, Lernmaterial), die zur "Ausbildung" (Förderung, Entwicklung) möglichst universell verwendbarer Fähigkeiten dienen (vgl. DERBOLAV, 1957; KLAFKI, 1964).

Das Hauptziel von "Bildung" besteht darin, Inhalte bei jedem Auszubildenden zu verinnerlichen, für ihn verfügbar zu machen und im Hinblick darauf Verantwortungsgefühl bzw. "Gewissen" zu schaffen. "Gebildet" ist also, wer sowohl bestimmte Inhalte als auch Methoden und Kräfte beherrscht. Voraussetzung dafür ist die "pädagogische Verantwortung" gegenüber den zu bildenden (jungen) Menschen.

Hauptaufgabe der kategorialen "Didaktik" ist es, Lehrern kritische Analysen und wertende Entscheidungen zu erleichtern, um die mögliche Vielfalt von Inhalten "exemplarisch" akzentuieren zu können. Solche Entscheidungen lassen sich z. B. nach KLAFKI (1963, 37ff.) konkretisieren auf den Dimensionen

Beispiel: Fallmethode, d. h. Unterricht anhand exemplarischer Fälle aus der späteren Berufspraxis

Anwendungen

Anwendungen der (kategorialen) bildungstheoretischen Didaktik erleichtern sollten besonders die von KLAFKI (1964, 1975, 1977, 1980) erarbeiteten Anhaltspunkte zur Reflexion, Planung und Durchführung von Unterricht.

Eine wichtige Grundlage dafür ist der Satz vom "Primat der Didaktik" (KLAFKI, 1964, 1975). Dieser Satz impliziertDidaktik im engeren Sinne als Gesamtheit von Ziel- und Inhalts-Entscheidungen, welche bedeutungsmäßig (und zeitlich) v o r Methodik als Mittel- und Wege- Entscheidungen zu treffen seien.

"Didaktikern" (z. B. Lehrplanentwicklern, Lehrern) wird dadurch nahegelegt, beim Planen und Realisieren von Ausbildungsgängen und Unterrichtseinheiten ziel- und inhaltsbezogene grundsätzlich vor methodischen Entscheidungen zu treffen. Damit wird nach einem zweckrationalen Ziel-Mittel-Schema eine prinzipielle Abhängigkeit der Unterrichts-Methoden (und -Medien) von -Zielen und -Inhalten postuliert.

Eine etwas andere Konkretisierung des bildungstheoretischen Modells schlägt KLAFKI (1977; 1980) im Rahmen einer "kritisch-konstruktiven Didaktik" mit "Grundfragen der Unterrichtsplanung" vor. KLAFKI vertritt zur Begründung seiner Vorschläge eine spezielle Auffassung über "pädagogische Verantwortung":

Die bedeutsamsten (pädagogischen) Ziele jedes Unterrichts seien die "Befähigung aller Schüler zu Selbstbestimmung", zu "Solidarität mit anderen" und zu "Mitbestimmung". "Lernen" zur Erreichung dieser (Leit- oder Richt-)Ziele sei hauptsächlich durch "Entdecken", "Nachentdecken" und "Verstehen" möglich. Dies müsse bei der inhaltlichen und methodischen (Vor-)Strukturierung von Unterricht berücksichtigt werden.

Mit seiner "kritisch-konstruktiven" Perspektive nimmt KLAFKI (1980) eigentlich nur eine Umgewichtung von Leitzielen vor, jedoch keinen grundsätzlichen Paradigmenwechsel (KLOEP, 1984).

 

Bildungstheoretische Modelle

Lebensweltbezug

Der Lebensweltbezug zur Erfahrungswelt der Lernenden gilt als zentral, wenn es darum geht, Lernmotivation zu entwickeln bzw. auch einen Transfer des Wissens zu ermöglichen. Es gibt dabei formal vier unterschiedlichen Ausprägungen dieser Beziehung:

Kritsche Würdigung der Bildungstheorien

Die Bildungstheoretiker haben zweifellos verdienstvoll darauf aufmerksam gemacht, dass weder die von Fachwissenschaften noch die von Lehrplänen behandelten Themen und Inhalte ohne weiteres als Lehr-Lern-Stoffe brauchbar sein müssen. Dadurch werden Bemühungen angeregt, um Handlungsempfehlungen und Begründungen zur Auswahl und Gestaltung von Lehr-Lern- Inhalten zu entwickeln.

Ebenso ist der Versuch der Bildungstheoretiker anzuerkennen, verschiedene Dimensionen didaktischer (Lehrer-) Entscheidungen und deren Wechselwirkungszusammenhänge theoretisch herausgestellt und zumindest ansatzweise praktisch anwendbar gemacht zu haben.

Fraglos ist "Bildung" als systematische bzw. institutionalisierte Einflußnahme von Ausbildern auf psycho-soziale Prozesse bei Auszubildenden ein bedeutsames Phänomen. Somit ist "Bildung" mit einer gewissen Berechtigung ein zentraler Begriff, der in den bildungstheoretischen Ansätzen als unabhängige theoretische Variable gilt. Aber gerade weil die bildungstheoretischen Ansätze "Bildung" in einer sehr umfassenden Weise verstehen und verwenden, laufen sie Gefahr, mit beliebigen ideologischen Zielen verknüpft bzw. jeglicher empirischer Prüfbarkeit entkleidet zu werden (HEIMANN, 1962).

Weitere Schwierigkeiten bereiten speziell materiale und formale Bildungstheorien im Hinblick auf die Begründung von Zielen und Inhalten. Sie heben nämlich "Lehrinhalte aus ihrer sachlichen Vorgegebenheit ... in den Anspruch von Aufgaben", weil sie "... vom Educandus aufgenommen, verarbeitet und bewältigt werden sollen ... zum Zwecke ... der Verhaltensbestimmung" (BLANKERTZ, 1969, 31f.).

Damit zusammenhängend ist ferner zu sehen, dass Objekt- bzw. Subjekt-Orientierungen einander bedingen, und daher in der Ausbildungspraxis als gleichrangig zu beachten sind. Damit lösen sich aber die einseitigen Ansprüche der materialen und formalen Bildungstheorien auf (z. B. RUPRECHT, 1972, 26f.).

Die in der Ausbildungspraxis wichtigen Probleme technischer Medien werden in den bildungstheoretischen Ansätzen nicht ausdrücklich berücksichtigt. Falls überhaupt, werden Medien nur zusammen mit Vermittlungswegen bzw. Unterrichtsmethoden gesehen und nur methodische Hilfs- oder Ergänzungsfunktionen für Lehrer erfüllen: Medien sollen sich zwar grundsätzlich dazu eignen, um bei Lernenden Einsichten und Kenntnisse hinsichtlich ziel- sowie inhaltsbezogener Strukturen, Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien zu fördern (DERBOLAV, 1959; KLAFKI, 1963), jedoch gelten diese Möglichkeiten als bereits weitgehend vom Lehrer festgelegt.

Dadurch sind bildungstheoretische Ansätze bei medienbezogenen Entscheidungen sowie insbesondere bei einer Ausbildung mit starkem Medieneinsatz nicht verwendbar (z. B. EDV-Unterricht, Fernkurse).

Der bildungstheoretisch postulierte Vorrang von Ziel- und Inhaltsentscheidungen vor Methoden- (und Medien-) Entscheidungen mag als ein erstes pragmatisches Rezept für die Lehrerausbildung nützlich sein. Damit darf sich aber die wissenschaftliche Didaktik nicht begnügen. Das "Primat der Didaktik" verkürzt nämlich die theoretischen Funktionen von Methoden (und Medien) auf Wirkungen für die Erreichung von jeweils angestrebten (Bildungs-) Zielen, läßt aber außer acht, dass Ziele und Inhalte zwangsläufig in bestimmten Methoden und Medien konkretisiert werden, sodass sie tatsächlisch wechselweise zusammenhängen (vgl. ADL-AMINI, 1981).

Ebenso bleibt in den bildungstheoretischen Ansätzen unberücksichtigt, dass "Bildung" bzw. Unterricht dynamisch verlaufen, und daher auch zu nicht vorausgeplanten Zielen und Inhalten führen kann. Die bisher vorgeschlagenen bildungstheoretischen Planungs- und Handlungskonzepte führen aber strenggenommen zu eher statisch festgelegten Unterrichtsentwürfen, die praktisch nicht wie geplant realisierbar sind. Deswegen geraten auch die solchen Handlungsempfehlungen zugrundeliegenden Theorien in Gefahr, kaum empirisch überprüfbar zu sein. Dadurch steht die Wissenschaftlichkeit der bildungstheoretischen Ansätze in Frage (EINSIEDLER, 1981, 73; WITTERN, 1975, 15).

Siehe dazu Bildungstheoretische Didaktik

Literaturauswahl zu "Grundzüge der Erziehungswissenschaft"



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