Das Berliner Modell
Aus dem Kanon allgemeiner didaktischer Prinzipien sind fünf besonders hervorzuheben: Lebensnähe, Schülerorientierung, Exemplarisches Lernen, Ausbau methodischer Kompetenz und Handlungsbezug. Die ersten beiden sind den Bedingungsfeldern, die drei weiteren den Entscheidungsfeldern des Unterrichts zuzurechnen.
Wolfgang Schulz hat darauf aufmerksam gemacht, dass alle Intentionen und Entscheidungen des Lehrenden die empirisch vorgegebenen Bedingungsfaktoren des Unterrichtsprozesses beachten müssen. Dazu gehören die jeweilige Bewusstseinslage der Zeit als soziokulturelle Bedingung und der sachstrukturelle Entwicklungsstand der Schüler als anthropogene Bedingung. Das Interesse der Schüler an einem Unterrichtsthema wie an der gewählten Unterrichtsmethode ist größer, wenn beide im gesellschaftlichen System für bedeutsam gehalten werden. Die Richtlinien sprechen diesen Gesichtspunkt an, wenn sie darauf hinweisen, dass durch Modellbildungswerkzeuge Fragestellungen aufgenommen und realitätsnah beantwortet werden können, die in der Lebenswelt der Schüler aktuell sind. Zu den anthropogenen Bedingungen ("Schülerorientierung") gehören die Fähigkeit wie Bereitschaft, sich auf die Arbeit mit Computerprogrammen mit Aussicht auf Erfolg einzulassen.
Die Vielzahl möglicher Unterrichtsthemen nötigt den Lehrer zu einer Auswahl, durch welche die zentralen Ziele des Unterrichts erreicht werden könnnen. Dieses Problem wird unter dem Begriff des exemplarischen Prinzips diskutiert. Exemplarisches Lernen hat nach Wolfgang Klafki eine inhaltliche und eine methodische Seite: "Der Lernende gewinnt über das am Besonderen Erarbeitete eine allgemeine Einsicht in einen Zusammenhang, einen Aspekt, eine Dimension seiner naturhaften und/oder kulturell-gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit, und zugleich damit gewinnt er eine ihm bisher nicht verfügbare neue Strukturierungsmöglichkeit, eine Zugangsweise, eine Lösungsstrategie, eine Handlungsperspektive." Zum exemplarischen Lernen gehört nach Klafki auch ein weiterer Ausbau methodischer Kompetenz. Den meisten Konzeptionen des exemplarischen Ansatzes liege "die Zielvorstellung zugrunde, dass Lernen in schulischen oder außerschulischen Einrichtungen dem Lernenden zur Selbständigkeit, zu kritischer Erkenntnis-, Urteils- und Handlungsfähigkeit verhelfen soll und damit auch zur Fähigkeit, aus eigener Initiative weiterzulernen".
Quelle: Verwirklichung allgemeindidaktischer Prinzipien im Unterricht (06-08-09)
Ausgang
konkreter Unterricht wird von angehenden Lehrern beobachtet
Analyse
unter Einbeziehung gesellschaftlicher Normen sowie fach- und erziehungswissenschaftlicher Erkenntnisse zur Herausbildung subjektiver Unterrichtstheorien
- Strukturanalyse (Beschreibung)
- Bedingungsfelder
- Entscheidungsfelder
- Bedingungsprüfung (Bewertung)
Normenkritik |
Faktenbeurteilung |
Formenanalyse |
semantische Eindeutigkeit, Vereinbarkeit, Begründungen, Herkunft, Nutznießer, Folgen. |
Überprüfung von Aussagen, die sich auf Fakten beziehen. |
Befragung der Gestaltungsformen des Unterrichts auf ihre Gebundenheit an die ursprünglichen Voraussetzungen. |
Planung
unter zusätzlicher Berücksichtigung der Planungsprizipien und der bisher ausgebildeten subjektiven Unterrichtstheorien
- Strukturplanung ganzer Unterrichtseinheiten
- Bedingungsfelder
- Entscheidungsfelder
- Strukturplanung einzelner Unterrichtsstunden
- unmittelbare Voraussetzungen
- Entscheidungsfelder
- beabsichtigte Weiterführung
- Verlaufsplanung einzelner Unterrichtsstunden
Mindestkomponenten des Strukturmodells für Analyse und Planung
Bedingungsfelder
anthropogene Voraussetzungen |
soziokulturelle Voraussetzungen |
Lehr- und Lernkapazität, Geschlecht, Alter, Milieu, Kontaktnahmen, Zielbezug, Verfahrensangepasstheit, Leistung. |
Klassenstärke, Schülerauswahl, Gruppenordnung, Kooperation, Rivalisation, Schülerordnung, Lehrplan, Ausstattung, Kollegium. |
Entscheidungsfelder:
Intentionalität |
Thematik |
Methodik |
Medienwahl |
Dimensionen: Stufen: |
vorfachliche Ordnung, fachspezifische Ordnung, fachübergreifende Ordnung, Strukturzusammenhang |
1. Methodenkonzeptionen, 2. Artikulationsschemata, 3. Sozialformen, 4. Aktionsformen, 5. Urteilsformen. |
polyvalent oder monovalent, Abbildung, Muster, Symbol, Lehr-, Lernmittel, Vertrautheitsgrad, Akzeptionsgrad, Korrespondenz. |
Planungsprinzipien
- Interdependenz: Die Planungsmomente sollen in einer widerspruchsfreien Wechselwirkung stehen.
- Variabilität: Der Unterrichtsplan wird erst unter Mitsteuerung der Schüler fertig.
- Kontrollierbarkeit: Aufschreiben der Unterrichtsplanung, Bestätigung oder Korrektur
Grundannahme: Die Einzelstunde ist nur im Rahmen größerer Unterrichtseinheiten planbar
Beispiel einer Verlaufsplanung
erwartetes Schülerverhalten |
geplantes Lehrerverhalten |
Didaktischer Kommentar |
... |
... |
... |
Schüler spielen die Diskussion von Verkehrsteilnehmern nach einem Unfall. |
Lehrer regt an, daß in mehreren Variationen ein Schüler als Polizist hinzutritt oder Lehrer spielt selbst einen besonders unsachlichen Polizisten. |
Die Polizistenrolle mit ihrer notwendig der objektiven Klärung dienenden Funktion wird allmählich herausgearbeitet. |
... |
... |
... |
Quellen
Heimann, Paul; Schulz, Wolfgang; Otto, Gunther
(1965). Unterricht - Analyse und Planung. Hannover:
Schroedel.
http://members.tripod.de/FrankGemkow/berlindi.htm
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