Cannabis (Cannabis sativa, Cannabis indica)
Aus Indien stammende Pflanze, die seit ca. 10.000 Jahren
auch in Mitteleuropa genutzt wird zur Produktion von Seilen,
Kleidung, als Viehfutter, als Rauschmittel, später auch
zur Papierherstellung (z.B. für die Gutenberg-Bibel und
die US-Unabhängigkeitserklärung). Siehe dazu Historisches.
Die wirksamen Substanzen des Hanfs sind die Cannabinoide, die sich aus den Blättern und dem Harz der weiblichen Hanfpflanze gewinnen lassen. Dazu zählen das Tetrahydrocannabinol, das vor allem unter seinem Kürzel THC bekannt geworden ist, und Cannabidiol (CBD), wobei Letzteres vor allem krampflösend wirkt.
Als Droge dienen vor allem die weiblichen Blüten, die besonders viel des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten. Marihuana besteht aus einem Gemisch von getrockneten Blättern und Blüten, Haschisch wird aus dem stärker wirksamen Harz der Pflanze gewonnen. Einnahmeart: Rauchen mit Tabak, meist mit selbstgedrehten Zigaretten ("Joints"); Haschisch wird auch in einer Pfeife, einer Wasserpfeife geraucht, oder mit Hilfe von Mundstücken inhaliert. Cannabis kann auch mit Speise gegessen und als Tee getrunken werden. Cannabis wird schon seit Urzeiten in den verschiedensten Kulturkreisen als Schmerzmittel eingesetzt, unter anderem bei Migräne, und in Teilen Afrikas werden Produkte der Pflanze auch heute noch bei der Geburtshilfe verwendet.
Akute Rauschwirkung
- Die Wahrnehmungen werden unter Haschischeinwirkung verändert
- Räumliche Bezüge wie Entfernung, Tiefen und Höhen werden oft nicht mehr richtig eingeschätzt
- Gedankengänge werden verlangsamt, das Sprechen, sowie die Artikulationsfähigkeit kann gestört werden
- Existierende Stimmungslage wird verstärkt. Die Augenbindehaut wird durch gesteigerte Blutzufuhr gerötet.
Chronischer Gebrauch kann zu
- chronischen Entzündungen der Atemwege
- chronischer Bindehautentzündung
- erhöhtem Pulsschlag führen.
- Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, wird erhöht.
Nach verschiedenen Studien haben etwa 25% aller 18- bis 59-Jährigen mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert. Jeder vierte junge Erwachsene konsumiert aktuell Cannabis, darunter doppelt so viele Männer wie Frauen. Charakteristisch für die Wirkung ist das breite Spektrum psychischer Effekte, die von der Dosis, der Konsumform (rauchen, essen) und der Persönlichkeit des Konsumenten abhängt. Das Problem ist die somiit die auf Grund der zahlreichen Faktoren partielle Unvorhersehbarkeit der Wirkung: Statt Euphorie entstehen Angst und Panikgefühle. Psychotische Symptome wie Verwirrtheit und Verfolgungsideen sind möglich ("Horrortrip"). Aus Gedankensprüngen wird ein uferloses Durcheinander im Kopf. Konsumenten steigern sich in fixe Ideen. Durch das gestörte Kurzzeitgedächtnis kommt es zu Erinnerungslücken und "Filmrissen". Statt gemeinsamen Erlebens nehmen Konsumenten ihre Umwelt nur eingeschränkt wahr. Sie erleben sich als ausgegrenzt, können sich nicht mehr mitteilen. Es ist nicht auszuschließen, dass es bei Cannabiskonsum in der Pubertät zu einer verzögerten Entwicklung kommen kann, wobei diese Folgen meist indirekt zu Stande kommen.
Man geht heute davon aus, dass Cannabis beim Menschen die aufeinander abgestimmten Rhythmen der Gehirnwellen stört, wobei vor allem die normalerweise im gleichen Rhythmus schwingenden Wellen von Hippocampus und dem präfrontalen Cortex durch die Droge entkoppelt werden, also jene Areale, die für das Gedächtnis und für die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, wichtig sind. Dabei sind vor allem die Gehirnwellen im Frequenzbereich zwischen fünf und zehn Hertz (Theta-Wellen) betroffen, über die der Hippocampus mit anderen Gehirnbereichen synchronisiert wird. Beim Menschen führt diese Entkopplung durch den Cannabis-Wirkstoff THC zu Symptomen der Verwirrtheit, zu Gedächtnisstörungen und Schwierigkeiten, Entscheidungen zu fällen. Bei Experimenten mit Mäusen ist entdeckt worden, worauf die Störung des Kurzzeitgedächtnisses, den der Konsum von Marihuana auslösen kann, zurückzuführen ist: die Stimulierung von Endocannabinoid-Rezeptoren der Astrozyten. Die sternförmig verzweigten Astrozyten sind Bestandteil dea Glia- oder Stützgewebes des Gehirns und greifen mit ihren zahlreichen Ausläufern aktiv in die Funktionen der Neuronen ein, können Neurotransmitter aufnehmen und dadurch die Übertragung von Signalen an den Synapsen modulieren.
Neue Studien aus dem Jahr 2011 der Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) in Berlin zeigen, dass Jugendliche, die Cannabis nehmen, fast doppelt so häufig Symptome einer Psychose aufweisen wie solche, die darauf verzichten. Anzeichen für eine Psychose sind meist unspezifisch, wobei sowohl Störungen der Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis auftreten können wie auch eine nachlassende Leistungsfähigkeit sowie ein sozialer Rückzug und die Entwicklung von Ängsten.
Der Einfluss von Cannabis in der Jugend reicht bis ins Erwachsenenalter, denn wird die Droge über einen längeren Zeitraum konsumiert, steigt auch das Risiko, als Erwachsener schizophren zu werden.
Das Gefährdungspotential des Cannabis-Konsums:
- Verbrennungsrückstände über das Rauchen von Marihuana zeigen deutliche Folgen - Karzinome im Mund- und Rachen-Bereich, Kurzatmigkeit, Brustenge.
- Insbesondere kurz nach der Cannabis-Aufnahme wird das Herz-Kreislauf-Sytem überlastet, u.U. mit einem Myokardinfarkt.
- Orgasmusstörungen sind eine häufige Folge.
- Nimmt eine Schwangere Cannabis, gefährdet sie ihr Kind physisch und psychisch.
- Der Konsum erhöht das Risiko für die Entwicklung von psychotischen und depressiven Symptomen - bishin zur Suizidalität.
- Ein vorzeitiger Schulabbruch ist häufig.
Historisches
Hanf ist übrigens das älteste bekannte Textilmaterial in der Geschichte der Menschheit, wobei die frühesten Funde von Hanftextilien aus China und Kasachstan stammen und auf 8000 v. Chr. – 4000 v. Chr. datiert sind. Nach dem Anbau in China 2800 v. Chr., hat sich die Hanfpflanze über Ägypten und Persien in Mitteleuropa verbreitet, bis sie 1500 erstmalig in Südamerika und ab 1600 in Nordamerika kultiviert wurde. Die Phryger bestatteten ihre Verstorbenen zusammen mit Hanftextilien und auch bei den Germanen und Kelten wurden Grabbeigaben in Form von Hanferzeugnissen entdeckt. Hanf spielte auch eine Rolle bei der der ersten maschinellen Papierherstellung, wobei Johannes Gutenbergs 1455 seine Bibel auf Hanfpapier drucken ließ. Bis 1883 bestanden zwischen 75 und 90 % des weltweit produzierten Papiers aus Hanffasern. Da der Hanfanbau in vielen Ländern verboten wurde, verschwand auch Hanfpapier. Heute erlebt der Hanfanbau eine Renaissance, zumal ein Hanffeld vier bis fünf Mal so viel Papier wie ein Wald gleicher Größe erbringt, denn Hanf produziert mehr Biomasse als jede andere heimische Nutzpflanze. Übrigens: Hanfpapier vergilbt im Gegensatz zu Holzpapier kaum und hat eine wesentlich längere Haltbarkeit.Quelle: Stangl, W. (2021). Stichwort: 'Tetrahydrocannabinol – THC'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/4785/tetrahydrocannabinol-thc (2021-12-08)
Literatur & Quellen
Körpereigene Cannabinoide helfen beim Vergessen negativer Erlebnisse
Unangenehme Erfahrungen zu sammeln, zu speichern und mit bestimmten Verhaltensweisen zu verknüpfen, ist eine der wichtigsten Aufgaben des zentralen Nervensystems. Wird die schlechte Erfahrung aber nicht regelmäßig wiederholt, gerät sie allmählich in Vergessenheit. Bisher rätselten Forscher über die genauen Mechanismen, die das langsame Vergessen steuern. Wenn die Erinnerung an ein unangenehmes Erlebnis verblaßt, ist die Hypothese von Beat Lutz (Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München), wirken im Gehirn körpereigene Substanzen, wie sie auch in Cannabis vorkommen.
In Konditionierungsversuchen lernten Mäuse, ein Tonsignal mit einem leichten Elektroschock in Verbindung zu bringen. Hörten die Mäuse in den folgenden Tagen das Signal, erstarrten sie, auch wenn sie keinen elektrischen Schlag bekamen. Nach etwa elf Tagen begannen sie aber, das Erlebnis zu vergessen und kümmerten sich nicht mehr um den Ton. Anders verhielten sich Mäuse, denen die für Cannabinoide empfindlichen Rezeptoren fehlten: Sie konnten die mit dem Ton verknüpften negativen Erinnerungen nicht verdrängen.Quelle: Nature, Bd. 418, 2002, S. 530.
Marihuana gegen das Vergessen im Alter?
In jungen Jahren produziert das menschliche Gehirn viele
Neuronen, wodurch das junge Gedächtnis gut funktioniert, aber im Alter
verlangsamt sich dieser Produktionsprozess. Neue Zellverbindungen werden
aber benötigt, um auf alte Erinnerungen zurückgreifen zu können und
neue Erinnerungen zu bilden. Forschungen an der der Ohio State
University zeigten, dass THC (Tetrahydrocannabinol), die wichtigste
berauschende Substanz in Marihuana auf das Gehirn entzündungshemmend
wirkt und das Wachstum von Nervenzellen anregt - zumindest bei ihren
Versuchsratten.
Quelle: http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gehirn/news/ marihuana-hasch-staerkt-das-gedaechtnis_aid_349845.html (08-11-22)
Die Langzeitstudie Cardia an gesunden Menschen im
Alter von 18 bis 30 Jahren, die seit 1985 an fünftausend Menschen
Risikofaktoren bei der Entwicklung von Herzkreislauferkrankungen
ermittelt, bestätigt, dass der Langzeitkonsum von Marihuana vergesslich
macht. In einem von drei neuropsychologischen Tests offenbarten sich
deutliche Defizite bei teilnehmenden, langjährigen Konsumenten, wobei
ein direkter, linearer Zusammenhang zwischen Konsumdauer und abnehmender
Leistung des Arbeitsgedächtnisses nachgewiesen werden konnte. Der
Konsum von Marihuana über fünf Jahre hinweg führte in einem
Wörterlerntest dazu, dass sich die Teilnehmer im Schnitt ein Wort
weniger merken konnten, wobei alle möglichen moderierenden Faktoren, die
sich negativ auf die Hirnleistung auswirken könnten, berücksichtigt
wurden.
Literatur:
Bancks, Michael P., Pletcher, Mark J., Kertesz, Stefan G., Sidney,
Stephen, Rana, Jamal S. & Schreiner, Pamela J. (2015). Marijuana
use and risk of prediabetes and diabetes by middle adulthood: the
Coronary Artery Risk Development in Young Adults (CARDIA) study.
Diabetologia, 58, 2736–2744.
Schmerzlindernde Effekte von körpereigenen Cannabinoiden
Der Körper produziert Cannabinoide als "Erste Hilfe" gegen akute Schmerzen, z.B. bei Hitze oder mechanischen Reizen. Aber auch bei chronischen Entzündungen entfalten körpereigene Cannabinoide ihre schmerzlindernden Eigenschaften innerhalb des Nervensystems. Bisher dachte man, dass Cannabinoide vor allem im Zentralen Nervensystem ihre schmerzlindernde Wirkung entfalten. Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben vorerst im Tierversuch (Mäuse) gezeigt, dass die schmerzlindernde und die unerwünschte Wirkung der im Haschisch enthaltenen Wirkstoffe Cannabinoide an verschiedenen Stellen im Nervensystems ausgelöst werden: Die Schmerzen werden vor allem an den Nervenfasern unterdrückt, während Rausch und Muskellähmungen überwiegend in Gehirn und Rü4ckenmark entstehen. Es ist nun denkbar, Cannabinoid-Medikamente zu entwickeln, die gezielt die Schmerzen bekämpfen, ohne gleichzeitig die bekannten Begleiterscheinungen hervorzurufen.
Cannabis ist ein umstrittenes Mittel auch in der Schmerztherapie und manche Medikament, die darauf basieren, sind nicht zugelassen. In den USA und England darf Cannabis als Medikament verordnet werden, was unter Auflagen auch hierzulande möglich ist. Der Sachverständigenrat des Gesundheitsausschusses im deutschen Bundestag sprach sich 2008 dafür aus, die Kosten für einige Präparate durch die Krankenkasse übernehmen zu lassen. Positiv für Schmerzpatienten ist nicht nur, dass Cannabis die Leiden reduziert, sondern es mindert auch den Drang sich zu Übergeben, der sich bei manchen Betroffenen nach heftigen Schmerzattacken einstellen kann, wobei es gleichzeitig den Appetit anregt, was vor allem bei Aids-Patienten hilfreich ist, die im Verlauf der Krankheit manchmal extrem abmagern. Cannabisprodukte sind vor allem deshalb umstritten, da sowohl THC als auch CBD psychoaktiv sind, also das Nervensystem beeinflussen und daher nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch Rauschzustände hervorrufen. Cannabis-Präparaten werden meist bei Patienten eingesetzt, die auf ander Therapien nicht ansprechen.
Vor mehr als zwei Jahren ist in Deutschland das Gesetz zur Verordnung von medizinischem Cannabis in Kraft getreten, doch da Wirksamkeitsstudien fehlten, gibt es keine spezielle Indikationen bei Cannabisblüten, was Probleme in der ärztlichen Praxis schafft, da die Verordnung von medizinischem Cannabis nicht auf spezielle Indikationen beschränkt worden ist. Vor allem hat die eher unkritische Darstellung des Nutzens der Droge in den Medien dazu geführt, dass es bei Hausärzten, Psychiatern, Neurologen und Schmerzmedizinern einen Andrang von Patienten gibt, die bei nicht schwerwiegenden Erkrankungen oder bei solchen, die anders behandelt werden könnten, teils vehement die Verschreibung von Cannabisblüten fordern. Eine Erhebung zeigt, dass Ärzte in erster Linie Schmerzpatienten im Alter von 50 bis 59 Jahren mit medizinischem Cannabis behandeln, wobei fast eintausend mit Cannabis behandelte Patienten bereits zwölf Jahre und länger an Schmerzen leiden, bei gut 700 Schmerzpatienten war die Symptomatik vier bis sechs Jahre präsent.
Literatur
Nitin Agarwal, Rohini Kuner, et.al. (2007). Cannabinoids mediate analgesia largely via peripheral type 1 cannabinoid receptors in nociceptors. Nature Neuroscience, June.
https://www.aerzteblatt.de/ (19-05-24)
Cannabis in der Pubertät schädigt das Gehirn
Der Konsum von Haschisch und Marihuana in der Pubertät kann Bremer Wissenschaftern (Miriam Schneider und Michael Koch) zufolge das Kurzzeitgedächtnis dauerhaft schädigen. Das schließen die beiden Hirnforscher der Universität Bremen aus Experimenten mit Ratten, deren Ergebnisse auf Menschen übertragbar seien. Für Erwachsene sind hingegen keine entsprechenden Wirkungen beobachtet worden. Auf dem Weg zur Geschlechtsreife sind die Andock-Stellen im Gehirn für viele Stoffe besonders empfänglich, was unter anderem für Cannabis, Alkohol und Nikotin gilt. Nach den Ergebnissen ihrer Cannabis-Studie halten die Autoren sogar einen Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Haschisch in der Pubertät für möglich.
Nach Kay Uwe Petersen & Rainer Thomasius (2007) konsumieren aber immer jüngere und immer mehr Jugendliche Cannabis. 19% der 12-bis 25-jährigen Deutschen besaßen 1997 Cannabis-Erfahrung, während der folgenden 10 Jahre stieg der Anteil weit über 30%. Noch deutlicher wuchs die Probierbereitschaft im gleichen Zeitraum - von mehr als 20% auf etwa 50%. Wer besonders früh - also bereits vor dem 16. Lebensjahr - mit dem Cannabis-Konsum beginnt, ist in besonderem Maß gefährdet, eine Sucht zu entwickeln und weitere Drogen zu nehmen.
In einer Vergleichsstudie an Personen, die seit dem 13. Lebensjahr fast täglich Marihuana konsumiert und die Dosis zuletzt auf 6 „Joints” pro Tag gesteigert hatten, mit gleichaltrigen Nichtcannabis-Konsumenten zeigte sich, dass der langjährige hochdosierte Konsum bleibende Veränderungen im Gehirn hinterlässt, wobei eine verminderte Myelinisierung in jenen Regionen gefunden wurde, in denen während dieser Zeit noch Reifungsprozesse stattfinden. Diese Reifung betrifft vor allem Leitungsbahnen, welche die Leistungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit, der Entscheidungsbildung, der Sprache und des vernunftgemäßes Handelns betreffen. Teilweise könnten diese Ergebnisse auch am Beikonsum anderer Drogen wie Alkohol liegen, der das Gehirn ebenfalls schädigen kann.
Literatur
Ashtari M., Cervellione K., Cottone J., Ardekani B.A. & Kumra S.
(2009). Diffusion abnormalities in adolescents and young adults with a
history of heavy cannabis use. Journal of Psychiatric Research, 43(3),
189-204.
Petersen, Kay Uwe & Thomasius, Rainer (2007). Auswirkungen von Cannabiskonsum und -missbrauch. Pabst.
Der Zusammenhang von Schizophrenie und Cannabis-Konsum ist gut erforscht. So konnte eine Studie des Psychologen Roland Kaiser von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Köln zeigen, dass der Konsum von Haschisch oder Marihuana das Risiko für Psychosen, zu der auch die Schizophrenie gehört, erhöht. Bei einer Psychose leiden die Betroffenen unter starken Stimmungsschwankungen und wirren Gedanken, und auch Halluzinationen und Verfolgungswahn treten häufig auf. Während Abhängige ohne gleichzeitige Schizophrenie in der Studie häufig Heroin und Kokain einnahmen, waren es bei den schizophrenen Abhängigen meist Cannabis-Produkte. Zu dem gleichen Ergebnis kam eine schwedische Studie, die mehr als 45.000 Wehrpflichtige über 15 Jahre untersuchte. Auch hier war das Risiko für Schizophrenie bei den Cannabis-Konsumenten deutlich erhöht. Cannabis scheint den Ausbruch von Schizophrenie aber nicht nur zu fördern, sondern auch zu beschleunigen. So wird Schizophrenie bei Cannabis-Konsumenten im Schnitt bereits drei bis fünf Jahre früher diagnostiziert als bei Betroffenen ohne Drogenerfahrung. Übrigens kann selbst ein einmaliger Drogenkonsum von Cannabis zu Schizophrenie-Symptomen führen, zu einer cannabisinduzierten Psychose, bei der die Dosis und auch die Frequenz des Drogenkonsums mit der Anzahl und Schwere der Symptome direkt in Zusammenhang steht, wobei diese jedoch weniger stark ausgeprägt sind und meist auch recht schnell wieder verschwinden, wenn die Droge nicht mehr genommen wird.
Quelle: http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article13453546/ Wissenschaftler-suchen-die-Drogenpersoenlichkeit.html (11-06-29)
Aggression und Cannabiskonsum
Eine Langzeituntersuchung (Dugré et al., 2017) von über tausend psychiatrischen im Durchschnitt 30-jährigen Patienten aus der MacArthur Risk Assessment Study, die im Jahr nach ihrer Entlassung aus der Klinik mehrmals nach ihrem aktuellen Drogenkonsum und zu Gewalttätigkeit im Alltag befragt worden waren, zeigte, dass je häufiger die Patienten Cannabiskonsum angegeben hatten, desto häufiger waren sie in Konflikte verwickelt. Patienten, die bei zwei Nachuntersuchungen einen Cannabiskonsum angegeben hatten, neigten zu 71 Prozent häufiger zu Gewalttätigkeiten (Odds Ratio 1,71; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,08–2,70). Bei einem Cannabiskonsum bei drei Nachuntersuchungen stieg die Odds Ratio auf 2,08 (1,16-3,74) und bei allen vier Nachuntersuchungen auf 2,44 (1,06-5,63). Allerdings wurde der Alkohol- und Drogenkonsum nicht objektiv durch Blut- oder Urinuntersuchungen bestätigt und auch die Angaben zu Konflikten nicht überprüft. Laut den Studienautoren ist es jedoch nicht die erste Studie, die die Gewaltbereitschaft von Psychiatrie-Patienten mit dem in dieser Gruppe häufigen Cannabis-Konsum in Verbindung bringt. Bildgebende Verfahren haben allerdings gezeigt, dass Cannabiskonsumenten häufiger strukturelle und funktionelle Defizite im präfrontalen Cortex aufweisen, der beim Menschen für die Kontrolle von Impulsivität und Instinkten zuständig ist.
Literatur: Dugré, Jules R., Dellazizzo, Laura, Giguère, Charles-Édouard, Potvin, Stéphane & Dumais, Alexandre (2017). Persistency of Cannabis Use Predicts Violence following Acute Psychiatric Discharge. Frontiers in Psychiatry, 8, doi: 10.3389/fpsyt.2017.00176.
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