Quelle:
Zeit zu leben-Newsletter
Ausgabe: 483
Datum: 13.09.2009
Warum wir tun, was wir tun …
In der Motivationspsychologie findet man eine Vielzahl von Erklärungsmöglichkeiten, warum Menschen so und nicht anders handeln. Sehr vereinfacht aber für die alltägliche Analyse trefflich dargestellt findet sich das in einem Newsletter beschrieben.
Anpassung
Weil es die anderen auch so machen. Weil "man" es eben so macht. Die meisten Menschen orientieren sich in ihrem Handeln an dem, was die anderen tun. Das ist auch oft sinnvoll, um nicht anzuecken, oder damit wir ein anerkannter Teil der Gemeinschaft werden oder bleiben. Zu tun, was die anderen tun, bringt aber auch eine Reihe von Problemen mit sich.
Frage an Sie: Was tun Sie, nur weil es alle anderen auch so machen? Welche Ziele (Karriere, Haus, Familie, Kinder) haben Sie übernommen, weil "man" das eben will?
Gewohnheit
Wir tun viele Dinge, weil wir sie schon immer getan haben, weil wir es so gewohnt sind und weil es für uns der Weg des geringsten Widerstands ist. Wunderbar, wenn uns unsere Angewohnheiten gut tun, dann läuft unser Glück auf Autopilot. Unpraktisch, wenn unsere Gewohnheiten uns schaden.
Frage an Sie: Was tun Sie aus Gewohnheit?
Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muss sie die Treppe hinunterprügeln, Stufe für Stufe.
Mark Twain
Vermeidung
also um einer Bestrafung oder negativen Konsequenzen zu entgehen. Wie viele Menschen würden würden wohl morgens nicht ins Büro gehen, wenn ihr Fernbleiben keine Konsequenzen hätte? Frage an Sie: Was tun Sie, um negative Konsequenzen zu vermeiden?
Pflichtgefühl
Nicht wenige Menschen tun, was sie tun, weil sie sich verpflichtet fühlen, weil sie ein Versprechen gegeben haben oder weil sie sich verantwortlich fühlen.
Frage an Sie: Was tun Sie aus Pflichtgefühl?
Gier
Die Idee, mit wenig Aufwand viel zu bekommen (auch wenn man es gar nicht braucht), lässt manche Menschen regelrecht durchdrehen und manchmal sogar richtig schlechte Entscheidung treffen (zum Beispiel wenn Menschen ohne nachzudenken Geldanlagen mit garantierten 30% Rendite abschließen).
Frage an Sie: Wann handeln Sie aus Gier?
Aus Rache oder Genugtuung
Viele Menschen haben den starken Drang, es anderen heimzuzahlen, wenn sie einem weh getan haben. Die Frage ist natürlich, ob es einem hinterher besser geht.
Frage an Sie: Was tun Sie aus Rache oder um jemandem etwas heimzuzahlen?
Ablenkung
Was tun wir Menschen nicht alles, um uns abzulenken, zu zerstreuen, zu verdrängen. Was wäre das Fernsehen ohne dieses Motiv? Vielleicht pleite! Vielleicht anspruchsvoller! Gegen ein bisschen Zerstreuung ist natürlich nichts einzuwenden. Zumindest, wenn es kein Mechanismus zur dauerhaften Verdrängung ist (wie zum Beispiel Fernsehsucht, Internetsucht etc.).
Frage an Sie: Was tun Sie alles, um sich zu zerstreuen und abzulenken?
Aus Nostalgie
Also um frühere positive Gefühle wiederzubeleben.
Frage an Sie: Was tun Sie aus Nostalgie?
Anerkennung
Also um gemocht, bewundert und akzeptiert zu werden. Ein Motiv, das bei vielen nachlässt, wenn sie älter werden. Das Handeln, weil ich Anerkennung suche, ist natürlich problematisch, weil ich mein Leben dann nach dem ausrichte, was andere denken und nicht nach dem, was mir wichtig ist.
Frage an Sie: Was tun Sie, um gemocht, bewundert oder anerkannt zu werden? – Ja, sich zu schminken oder zu rasieren gehört auch dazu, auch wenn Sie sich sagen, dass Sie es nur für sich selbst machen :-)
Aus Sicherheitsstreben
Warum machen sich so wenige Menschen selbstständig? Warum schließen wir Versicherungen ab? Warum trauen sich Menschen nicht, einen ungeliebten Beruf zu kündigen, zu dem sie sich jeden Tag quälen müssen? Weil das Veränderung und damit einen Verlust der gefühlten Sicherheit bedeuten würde. Für Sicherheitsdenken bezahlt man natürlich einen Preis, meist geht es auf Kosten der Lebendigkeit und der Lebensfreude.
Frage an Sie: Was tun Sie, weil es der normale und sichere Weg ist? Was tun Sie nicht, weil es zu riskant ist und Ihnen Angst macht?
Unglücklichsein ist nur das halbe Unglück. Bedauertwerden ist das ganze.
Arthur Schnitzler
Sich gut fühlen wollen
Die meisten Menschen streben nach Freude, Entspannung und Genuss. Und die Aussicht darauf lässt uns handeln.
Frage an Sie: Was tun Sie aus purer Freude und um zu genießen?
Aus Liebe
Wenn wir wirklich lieben, dann tun wir eine Menge, um unsere Liebe zu beweisen, um unsere Lieben zu beschützen und um unsere Lieben lächeln zu sehen. Aber unsere Liebe muss natürlich nicht nur Menschen gelten, wir können auch Tiere lieben. Oder sogar Sachen (zum Beispiel mein Auto, meine neuen Schuhe, meinen Computer). Oder ein Hobby (zum Beispiel, Surfen, Stricken, Malen, Fallschirmspringen). Wenn wir Menschen etwas lieben, dann tun wir viel dafür.
Frage an Sie: Was tun Sie aus Liebe?
Für Walter Riso besteht eine gesunde Liebesbeziehung aus drei Arten der Liebe:- Eros – die triebgeleitete, körperliche Liebe, die nimmt und sich befriedigt
- Philia – die freundschaftliche Liebe, die teilt und sich freut
- Agape – die Liebe, die bereit ist, sich für den anderen aufzuopfern und die mitfühlend ist.
In Beziehungen, in denen diese drei Elemente zusammen gelebt werden - nicht immer alles auf einmal und nicht immer alle gleich stark, aber eben durchaus präsent -, führt Liebe nicht zu Leid. Riso erläutert die Hintergründe aus psychologischer, psychotherapeutischer und physiologischer Sicht.
Einfluss, Kontrolle, Macht
Menschen tun viel, um ein gewisses Maß an Kontrolle über die eigenen Lebensumstände zu erlangen. In der Beziehung zu anderen Menschen bedeutet das: Diskutieren, überzeugen, Bündnisse schließen, andere (emotional) erpressen, verführen, gegenseitige Geschäfte vereinbaren, das Opfer spielen, um Mitleid zu bekommen oder auch einfach sagen, was man will und hoffen, dass man es bekommt. Aber auch das Verfolgen von Zielen, sich anstrengen, etwas für das tun, was man will … All das entstammt dem Motiv, unser Leben zu steuern, zu beeinflussen und zu kontrollieren, so gut, wie es geht. Oder anders gesagt: Wir versuchen Macht auszuüben über unser Schicksal.
Frage an Sie: Was tun Sie um Ihren Einfluss zu vergrößern oder zu behalten?
Mögliche Motivationsfaktoren
- Anderen zuschauen – oft bekommen wir Lust auf eine Tätigkeit, wenn wir andere dabei beobachten, wie sie diese Sache tun.
- Alleine handeln – fällt es Ihnen einfacher, etwas anzufangen, wenn Sie es alleine tun dürfen, statt es mit anderen tun zu müssen?
- Gemeinsam mit anderen – oder können Sie eher beginnen, wenn Sie die Sache mit anderen Menschen gemeinsam angehen?
- Neues tun/experimentieren – haben Sie größere Lust, anzufangen, wenn Sie etwas noch nie getan haben? Und wenn Sie experimentieren, dazulernen und ausprobieren können?
- Sich auskennen – oder können Sie eher durchstarten, wenn Sie die Sache schon 10-mal erfolgreich getan haben?
- Gute Vorbereitung – brauchen Sie eine gründliche Vorbereitung, bevor Sie guten Gewissens loslegen können?
- Lösbare Aufgaben – motiviert es Sie, wenn Sie eine Aufgabe für einfach lösbar halten?
- Schwierige Aufgaben – oder motivieren Sie eher Herausforderungen, also anspruchsvolle und schwer lösbare Aufgaben?
- Wettkampf und Konkurrenz – reizt es Sie, wenn Sie gegen andere antreten und wenn Sie sich beweisen können?
- Miteinander und Kooperation – oder motiviert Sie eher das Miteinander, Teamwork und das Gefühl, Teil eines Teams zu sein?
- Gutes Gefühl bei der Aufgabe – müssen Sie sich während der Aufgabe wohlfühlen, um zum Weitermachen motiviert zu sein?
- Sich durchbeißen müssen – oder motiviert es Sie, wenn Sie sich selbst überwinden und sich durchbeißen müssen?
- Anerkennung/Gefallen wollen – fangen Sie an, weil Sie anderen etwas beweisen, es jemandem zeigen oder jemandem gefallen wollen? Oder motiviert es Sie, wenn Sie Lob und Anerkennung bekommen?
- Belohnung – starten Sie einfacher, wenn eine Belohnung winkt, sobald Sie die Aufgabe erreicht haben?
- Bestrafung – oder lassen Sie sich einfacher von einer möglichen Bestrafung oder negativen Konsequenz motivieren, die folgt, wenn Sie die Sache nicht erledigen?
- Nahe Termine – motiviert es Sie, wenn die Zeit zur Aufgabenerfüllung langsam knapp wird?
- Zeit haben – oder motiviert es Sie eher, wenn Sie ganz viel Zeit haben und ganz in Ruhe an der Sache arbeiten können?
- Die Aufgabe an sich – gibt es bestimmte Aufgaben, zu denen Sie grundsätzlich motiviert sind? Wenn ja, was macht die Aufgaben aus und wie können Sie die bestimmte Qualität dieser geliebten Aufgaben auf ungeliebtere Aufgaben übertragen?
- Sinn – bringt es Sie einfacher ins Handeln, wenn Sie sich den Sinn und Zweck der Aufgabe klarmachen? Wenn Sie also das „Warum?“ kennen?
- Bestimmte Umstände – gibt es sonst noch bestimmte Umstände, die es Ihnen einfacher machen, ungeliebte Aufgaben zu erledigen? Wenn ja, was sind das für Umstände?
Es ist ein ganz guter Versuch, aus dieser Liste jene herauszusuchen, die zu einem passen und zu versuchen, in der nächsten Situation, in der es schwer fällt, sich zu motivieren, daran zu denken.
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