[werner.stangl]s arbeitsblätter 

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Lernziel - Taxonomie

Die kognitive Dimension

1.00 Kenntnisse (Knowledge)

Kenntnis, wie sie hier definiert ist, umfaßt das Erinnern von Einzelheiten und Allgemeinem, das Erinnern von Methoden und Prozessen oder von Sitten, Strukturen oder Hintergründen. Aus Gründen der Meßbarkeit umfaßt die Situation des Erinnerns wenig mehr als das Erinnern an geeignetes Material. Obwohl einige Veränderung des Materials erforderlich sein kann, ist dies ein relativ kleiner Teil der Aufgabe. Die Lernziele in bezug auf Kenntnisse betonen am stärksten die psychologischen Prozesse des Erinnerns. Ebenfalls davon betroffen ist der Prozeß des Beziehens, weil eine Testsituation für Kenntnisse die Vergewisserung und Umformung eines Problems erfordert, so daß die richtigen Signale und Hinweise für die Information und die Kenntnisse, die das Individuum besitzt, geliefert werden. Um eine Analogie zu gebrauchen: Wenn man das Gedächtnis als einen Aktenkoffer ansieht, besteht das Problem einer Testsituation für Kenntnisse darin, in dem Problem oder der Aufgabe die richtigen Signale, Hinweise und Anhaltspunkte zu finden, die am wirkungsvollsten erkennen lassen, was an Kenntnissen abgeheftet oder vorrätig ist.

1.10 Kenntnis konkreter Einzelheiten (Knowledge of Specifics)

Das Erinnern von bestimmten und isolierbaren Informationseinheiten. Das Gewicht liegt auf Symbolen mit konkreten Hinweisen. Dieses Material, das sich auf einer sehr niedrigen Abstraktionsebene befindet, kann man sich als Elemente denken, aus denen komplexere und abstraktere Kenntisformen errichtet werden.

1.11 Kenntnis von Begriffen (Knowledge of Terminology)

Kenntnisse der Bedeutung spezifischer Symbole (verbal oder nicht verbal). Das kann umfassen: Kenntnis der ganz allgemein anerkannten Bezugssymbole, Kenntnis der Verschiedenheit von Symbolen, die für einen einzigen Hinweis gebraucht werden können, und Kenntnis eines Zusammenhanges, der am geeignetsten für einen bestimmten Gebrauch eines Symbols ist.

Definieren technischer Begriffe durch Angabe ihrer Attribute, Merkmale oder Beziehungen.

Vertrautsein mit einer großen Anzahl von Wörtern in ihrer üblichen Bedeutung.

1.12 Kenntnisse einzelner Fakten (Knowledge of Specific Facts)

Kenntnisse von Daten, Ereignissen, Personen, Orten etc. Das kann sehr präzise und bestimmte Informationen umfassen, wie das spezielle Datum oder das exakte Ausmaß eine Phänomens. Es kann auch ungefähre oder relative Informationen umfassen, wie eine ungefähre Zeitdauer oder das allgemeine Ausmaß eines Phänomens.

Das Erinnern der Hauptfakten einzelner Kulturen.

Der Besitz eines Minimalwissens über die im Labor studierten Organismen.

1.20 Kenntnis von Wegen und Mitteln für den Umgang mit konkreten Einzelheiten (Knowledge of Ways and Means of Dealing with Specifics)

Kenntnis der Wege, wie man organisiert, studiert, beurteilt und kritisiert. Das umfaßt die Forschungsmethoden, die zeitlichen Abläufe und die Beurteilungsstandards innerhalb eines Gebietes ebensogut wie die Organisationsmuster, durch die die Größe der Gebiete selbst bestimmt und intern organisiert wird. Diese Kenntnisse stehen auf einer Zwischenebene der Abstraktion zwischen speziellen Kenntnissen auf der einen Seite und allgemeinen auf der anderen. Es erfordert nicht so sehr die Aktivität des Schülers beim Gebrauch der Materialien, sondern ein mehr passives Bewußtsein ihrer Natur.

1.21 Kenntnis von Übereinkünften (Knowledge of Conventions)

Kenntnis der charakteristischen Wege, Gedanken und Phänomene zu behandeln und darzubieten. Aus Kommunikations- und Konsistenzgründen gebrauchen die mit einem Gebiet Beschäftigten Verfahrensweisen, Stile, Praktiken und Formen, die ihren Zweck und/oder den Phänomenen, mit denen sie sich befassen, am besten zu entsprechen scheinen. Man sollte zugeben, daß diese Formen und Übereinkünfte, obwohl sie wahrscheinlich auf willkürlicher, zufälliger und autoritativer Basis errichtet sind, durch allgemeine Abmachungen oder Übereinstimmung der Individuen, die mit dem Gegenstand, Phänomen oder Problem beschäftigt sind, beibehalten werden.

Vertrautsein mit den Formen und Übereinkünften der Hauptarten literarischer Gattungen, z. B. Dichtung, Schauspiele, wissenschaftliche Arbeiten etc.

Schülern die konkrete Form und Anwendung von Wort und Schrift bewußtmachen.

1.22 Kenntnis von Trends und Abfolgen (Knowledge of Trends and Sequences)

Kenntnis von Prozessen, Richtungen und Entwicklungen der Phänomene in bezug auf den Zeitaspekt.

Verstehen der Stetigkeit und Entwicklung der amerikanischen Kultur, veranschaulicht am amerikanischen Leben.

Kenntnisse der Grundtrends bei der Entwicklung der öffentlichen Unterstützungsprogramme.

1.23 Kenntnis von Klassifikationen und Kategorien (Knowledge of Classifications and Categories)

Kenntnis von Klassen, Gruppen, Teilen und Anordnungen, die als grundlegend für ein bestimmtes Gebiet, einen Zweck, ein Argument oder Problem angesehen werden.

Erkennen des Feldes, das von verschiedenen Arten von Problemen oder Materialien umringt ist.

Vertrautwerden mit einer Reihe von Literaturgattungen.

1.24 Kenntnis von Kriterien (Knowledge of Criteria)

Kenntnis von Kriterien, mit deren Hilfe Fakten, Prinzipien, Meinungen und Verhalten getestet oder beurteilt werden.

Vertrautsein mit Beurteilungskriterien, die für die literarische Gattung eines Werkes oder für einen Zweck, um dessentwillen es gelesen wird, angemessen ist.

Kenntnisse der Kriterien für die Beurteilung von Freizeitbeschäftigungen.

1.25 Kenntnis der Methodologie (Knowledge of Methodology)

Kenntnis der Forschungsmethoden, Techniken und Verfahren, die in einem speziellen Fachgebiet angewendet werden, ebenso wie diejenigen, die zur Untersuchung spezieller Probleme und Phänomene gebraucht werden. Das Gewicht liegt hier mehr auf der Kenntnis der Methode als auf der Fähigkeit des Individuums, die Methode anzuwenden.

Kenntnis der wissenschaftlichen Methoden zur Beurteilung von Gesundheitsprogrammen.

Der Schüler soll die Methoden der Kritik kennen, die für die Probleme, mit denen sich die Sozialwissenschaften befassen, relevant sind.

1.30 Kenntnis der Universalien und Abstraktionen eines Gebietes (Knowledge of the Universals and Abstractions in a Field)

Kenntnis der Hauptschemata und -muster, mit deren Hilfe Phänomene und Gedanken geordnet werden. Das sind die großen Strukturen, Theorien und Generalisationen, die ein Fachgebiet beherrschen oder die ganz allgemein beim Untersuchen von Phänomenen oder Lösen von Problemen verwendet werden. Diese stehen auf der höchsten Ebene der Abstraktion und Komplexität.

1.31 Kenntnis von Prinzipien und Generalisationen (Knowledge of Principles and Generalizations)

Kenntnisse von einzelnen Abstraktionen, die Beobachtungen von Phänomenen zusammenfassen. Das sind die Abstraktionen, die Wert haben beim Erläutern, Beschreiben, Voraussagen oder Bestimmen der am meisten geeigneten und relevanten Handlung oder Richtung, die zu wählen ist.

Kenntnis der wichtigen Prinzipien, durch die unsere Erfahrung mit biologischen Phänomenen zusammengefaßt ist.

Das Erinnern von Hauptrichtungen und Charakteristika einzelner Kulturen.

1.32 Kenntnis von Theorien und Strukturen (Knowledge of Theories and Structures)

Kenntnis eines Bündels von Prinzipien und Generalisierungen, die eine klare, abgerundete und systematische Betrachtungsweise eines komplexen Phänomens, Problems oder Gebietes ermöglichen. Dies sind die abstraktesten Formulierungen, die verwendet werden können, um die Wechselbeziehung und Organisation eines breiten Spektrums von Einzelheiten zu zeigen.

Das erinnern von Haupttheorien über einzelne Kulturen

Kenntnis einer relativ vollständigen Fassung der Evolutionstheorie.

Intellektuelle Fertigkeiten und Fähigkeiten

Fähigkeiten und Fertigkeiten verweisen auf organisierte Arbeitsmethoden und allgemeine Techniken für den Umgang mit Material und Problemen. Material und Probleme können so beschaffen sein, daß wenig oder keine spezialisierte und technische Information erforderlich ist. Die geforderte Information kann als Teil des allgemeinen Kenntnisschatzes des Individuums angesehen werden. Andere Probleme können spezialisierte und technische Informationen auf einer ziemlich hohen Ebene erfordern, so daß spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit den Problemen und dem Material nötig ist. Die Fähigkeits- und Fertigkeitslernziele betonen die geistigen Prozesse des Organisierens und Reorganisierens von Material, um einen speziellen Zweck zu erreichen. Diese Materialien können zur Verfügung gestellt werden oder man kann sich an sie erinnern.

2. Verständnis (Comprehension)

Diese Kategorie repräsentiert die niedrigste Ebene von Verstehen. Sie verweist auf eine Art des Verstehens oder Erfassens, bei der das Individuum weiß, was mitgeteilt wird, und bei der es Gebrauch machen kann von dem Material oder dem Gedanken, die mitgeteilt werden, ohne sie notwendigerweise mit den anderen Materialien in Beziehung zu bringen oder den vollen Zusammenhang zu erfassen.

2.10 Übertragung (Translation)

Verständnis, wie es auch durch die Sorgfalt und Genauigkeit bewiesen wird, mit der die freie und sinngemäße Wiedergabe eines Kommunikationsprozesses von einer Sprache oder Kommunikationsform in eine andere erfolgt. Die Übertragung wird auf der Basis der Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit beurteilt, d. h. also nach, wieweit das Material der Originalkommunikation bewahrt worden ist, obwohl die Kommunikationsform verändert wurde.

Die Fähigkeit, bildliche Aussagen zu verstehen (Metapher, Symbolik, Ironie, Übertreibung).

Fertigkeit, verbales mathematisches Material in symbolische Aussagen zu übersetzen, und umgekehrt.

2.20. Interpretation (Interpretation)

Die Erklärung oder Zusammenfassung einer Kommunikation. Während Übertragung ein objektives, stückweises Wiedergeben der Kommunikation beinhaltet, schließt Interpretation ein Neuordnen oder eine neue Betrachtung des Materials ein.

Die Fähigkeit, die Gedanken einer Arbeit als ganzer auf irgendeiner gewünschten Verallgemeinerungsebene zu erfassen.

Fertigkeit, verschiedener Arten gesellschaftlicher Daten zu interpretieren.

2. 30 Extrapolation (Extrapolation)

Die Verlängerung von Trends und Tendenzen über gegebene Daten hinaus, um Implikationen, Konsequenzen, Korollare, Wirkungen etc. Zu ermitteln, die mit der in der Originalkommunikation beschriebenen Form übereinstimmen.

Die Fähigkeit, sich mit den Ereignissen einer Arbeit hinsichtlich der unmittelbaren Schlußfolgerung, die aus der expliziten Darstellung gezogen wird, zu befassen.

Fertigkeit, den weiteren Trendverlauf vorauszusagen.

3.00 Anwendung (Application)

Der Gebrauch von Abstraktionen in einzelnen und konkreten Situationen. Die Abstraktionen können die Form von Gedanken, Verfahrensregeln oder allgemeinen Methoden haben. Die Abstraktionen können auch technische Prinzipien, Gedanken und Theorien sein, die in die Erinnerung zurückgerufen und angewendet werden müssen.

Anwendung auf Phänomene, die in anderen Arbeiten mit Hilfe einer bestimmten Terminologie oder bestimmter Konzepte diskutiert werden.

Die Fähigkeit, den wahrscheinlichen Veränderungseffekt für einen Faktor in einer biologischen Situation, die sich vorher im Gleichgewicht befand, zu prognostizieren.

4.00 Analyse (Analysis)

Die Aufspaltung einer Nachricht in ihre Bestandteile, so daß die aufeinander bezogene Gedankenhierarchie klar wird und/oder die Beziehung zwischen den dargestellten Gedanken deutlich gemacht werden. Derartige Analysen sollen die Kommunikation klären, sollen nachweisen, wie die Kommunikation organisiert ist, den Weg zeigen, auf dem ihr die Steuerung ihrer Wirkung gelingt, sowie ihre Basis und Anordnung aufdecken.

4.10 Analyse von Elementen (Analysis of Elements)

Identifikation der in einer Kommunikation enthaltenen Elemente.

Die Fähigkeit, stillschweigende Voraussetzungen zu erkennen.

Fertigkeit, Fakten von Hypothesen zu unterscheiden.

4.20 Analyse von Beziehungen (Analysis of Relationships)

Die Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen den Elementen und Teilen einer Kommunikation.

Die Fähigkeit, die Konsistenz von Hypothesen mit Hilfe gegebener Informationen und Annahmen zu prüfen.

Fertigkeit, die Wechselbeziehungen zwischen den Gedanken einer Textstelle zu verstehen.

4.30 Analyse von organisatorischen Prinzipien (Analysis of Organizational Principles)

Die Organisation, die systematische Anordnung und die Struktur, die die Kommunikation zusammenhält. Das umfaßt sowohl die "expliziten" wie "impliziten" Strukturen. Es umfaßt die Grundlagen, die notwendigen Anordnungen und die Techniken, die die Kommunikation zu einer Einheit werden lassen.

Die Fähigkeit, Form und Aufbau literarischer oder künstlerischer Werke als Mittel zum Verständnis ihrer Bedeutung zu erkennen.

Fähigkeit, die allgemeinen Techniken zu erkennen, die in den auf Überredung zielender Materialien verwandt werden (Reklame, Propaganda etc.).

5.00 Synthese (Synthesis)

Die Zusammensetzung von Elementen und Teilen zu einem Ganzen. Das umfaßt den Arbeitsprozeß mit Stücken, Teilen, Elementen etc. Und deren Anordnung und Verbindung zur Errichtung von vorher nicht erkennbaren Mustern oder Strukturen.

5.10 Schaffen einer einheitlichen Kommunikation (Production of a Unique Communication)

Die Entwicklung einer Kommunikation, in der der Schreiber oder Sprecher versucht, Gedanken, Gefühle und/oder Erfahrungen anderen mitzuteilen.

Fertigkeiten, sich schriftlich auszudrücken und seine Gedanken und Aussagen sehr gut zu ordnen.

Fähigkeiten, über eine persönliche Erfahrung wirkungsvoll zu berichten.

5.20 Entwerfen eines Planes oder eines Programmes für eine Reihe von Operationen (Production of a Plan or Proposed Set of Operations)

Die Entwicklung eines Arbeitsplanes oder des Vorschlages für einen Operationsplan. Der Plan muß die Arbeitsbedingungen berücksichtigen, die für den Schüler gegeben sind oder die er sich selbst schafft.

Fähigkeit, Verfahren zur Prüfung von Hypothesen vorzuschlagen.

Fähigkeiten, eine Unterrichtseinheit für eine einzelne Lehrsituation zu planen.

5.30 Ableitung einer Reihe abstrakter Beziehungen (Derivation of a Set of Abstract Relations)

Die Entwicklung einer Reihe abstrakter Beziehungen, die Daten oder Phänomene klassifizieren oder erklären sollen, oder die Deduktion von Sätzen und Beziehungen aus einer Reihe von Basissätzen oder symbolischen Darstellungen.

Fähigkeit, auf der Grundlage einer Analyse von Faktoren geeigneter Hypothesen aufzustellen und diese beim Auftreten neuer Faktoren und Überlegungen entsprechend zu modifizieren.

Fähigkeit, mathematischer Entdeckungen und Verallgemeinerungen zu vollziehen.

6.00 Beurteilung (Evaluation)

Urteile über den Wert von Material und Methoden für bestimmte Zwecke, Quantitative und qualitative Urteile über den Umfang, in dem Material und Methoden Kriterien genügen. Verwendung einer Standardbewertung. Die Kriterien können vom Schüler bestimmt sein oder ihm vorgegeben werden.

6.10 Beurteilungen im Hinblick auf innere Klarheit (Judgments in Terms of Internal Evidence)

Beurteilung der Genauigkeit einer Kommunikation aufgrund der logischen Genauigkeit, der Konsistenz und anderer interner Kriterien.

Beurteilen mit Hilfe interner Kriterien: die Fähigkeit, die allgemeine Wahrscheinlichkeit für die Genauigkeit der Faktenwiedergabe anhand der Aussagegenauigkeit, der Dokumentation, der Beweisführung etc., abzuschätzen.

Die Fähigkeit, logische Trugschlüsse in Argumentationen zu bezeichnen.

6.20 Beurteilungen im Hinblick auf äußere Kriterien (Judgment in Terms of External Criteria)

Beurteilung von Material in bezug auf Kriterien, die man auswählt oder an die man sich erinnert.

Der Vergleich der Haupttheorien, Verallgemeinerungen und Fakten über einzelne Kulturen.

Beurteilungen durch äußere Standards: die Fähigkeit, eine Arbeit mit dem höchsten Wissensstand auf diesem Gebiet zu vergleichen, besonders mit anderen Arbeiten von anerkannter Bedeutung.

Die affektive Dimension

1.0 Aufmerksamwerden; Beachten (Receiving; Attending)

Auf dieser Ebene sind wir daran interessiert, daß der Lernende für die Existenz bestimmter Phänomene und Stimuli sensibilisiert wird, d. h. daß er auf diese aufmerksam zu werden oder sie zu beachten bereit ist. Für die Uneingeweihten ist die Musik von Bach wiederholend und langweilig; für diejenigen, die wissen, worauf sie zu hören haben, ist sie verschlungen und komplex; aber sogar die Ungeschulten können, wenn es ihnen bewußt gemacht wird, verstehen, daß er in einigen Werken "Kanons" geschrieben hat. Der Lehrer, der den Schüler auf solches Charakteristikum in Bachs Werken aufmerksam macht, stellt die unterste Ebene des Verhaltens innerhalb dieser Kategorie her.

1.1. Bewußtsein (Awareness)

Obwohl es die unterste Stufe des affektierten Bereiches bildet, ist "Bewußtsein" fast ein kognitives Verhalten. Aber im Gegensatz zur "Kenntnis", der untersten Ebene des kognitiven Bereiches, geht es nicht mehr so sehr um die Fähigkeit, einen Gegenstand oder ein Faktum zu erinnern, sondern darum, daß - eine geeignete Gelegenheit vorausgesetzt - der Lernende sich lediglich einer Sache bewußt wird, daß er eine Situation, ein Phänomen, ein Objekt oder einen Handlungszustand in Rechnung stellt.

Ein Bewußtsein für ästhetische Faktoren der Kleidung, Einrichtung, Architektur, Stadtplanung u. ä. entwickeln.

Die Anblicke und die Geräusche einer Stadt mit wachsender Differenzierung beachten.

1.2 Bereitwilligkeit zum Aufmerksamwerden (Willingness to Receive)

In dieser Kategorie sind wir eine Stufe höher gestiegen, aber noch mit offensichtlichem kognitiven Verhalten beschäftigt. Auf einer Minimalebene beschreiben wir das Verhalten, einen vorgegeben Stimulus zu tolerieren und ihm nicht auszuweichen. Ähnlich dem "Bewußtsein" umfaßt es eine neutrale oder zurückhaltende Beurteilung des Stimulus. Das ist eine häufig von Kunsterziehern gebrauchte Kategorie, weil wir dazu neigen, einige der neueren Kunstformen abzulehnen oder zu umgehen.

Toleranz für eine Vielzahl von Musikarten entwickeln.

Rassen- und Kulturunterschiede in seinem Bekanntenkreis akzeptieren.

1.3 Kontrollierte oder ausgewählte Aufmerksamkeit (Controlled or Selected Attention)

Auf einer etwas höheren Ebene sind wir mit einem neuen Phänomen beschäftigt: der Differenzierung eines bestimmten Stimulus nach dem Figur/Grund-Schema auf einer bewußten oder vielleicht halbbewußten Ebene: der Differenzierung von Stimulusaspekte, die als klar abgegrenzt von benachbarten Eindrücken verstanden werden. Die Wahrnehmung ist immer noch ohne Anspannung oder Beeinflussung und der Schüler dürfte die technischen Begriffe oder Symbole nicht kennen, mit deren Hilfe sie anderen korrekt oder präzis beschrieben werden können.

Musik anhören mit einem gewissen Urteilsvermögen und unter gewisser Beachtung, wie die verschiedenen musikalischen Elemente und Instrumente zum Gesamteffekt beitragen.

Auf den Rhythmus laut vorgetragener Poesie oder Prosa hören.

2. Reagieren (Responding)

Auf dieser ebene beschäftigen wir uns mit Reaktionen, die über ein bloßes Beachten der Phänomene hinausgehen. Der Schüler ist genügend motiviert, so daß er zwar nicht gerade "gewillt" ist, zu beachten, aber - wie man korrekt sagen könnte - doch, so daß er aktiv beachtet. Auf der ersten stufe widmet sich der Schüler selbst in geringem Maß den Phänomenen, um die es geht, in einem "learning by doing"-Prozeß. Dies ist eine sehr niedrige Stufe des Engagements, und wir würden auf dieser Ebene nicht sagen, daß es sich um einen "ihm zuzuschreibenden Wert" handle oder daß er "die und die Handlung" besitze. Diese Begriffe gehören zur nächsthöheren Ebene, die wir beschreiben werden. Aber wir können sagen, daß er mit dem Phänomen etwas anfängt, was über das reine bemerken hinausgeht, wie es auf der vorausgegangenen Ebene der "kontrollierten oder ausgewählten Aufmerksamkeit" beschrieben wurde. Ein Beispiel für ein solches "Reagieren" wäre die Befolgung von Gesundheits- und Sicherheitsregeln oder der Gehorsam gegenüber Verhaltensregeln.

Die Kategorie des "Reagierens" wurde in drei Subkategorien unterteilt, um das Kontinuum Reagieren derart zu beschreiben, daß der Lernende sich in einem zunehmenden Maße der Einübung und den Phänomenen des Lernziels anvertraut. Die niedrigste Stufe wird im folgenden Abschnitt erläutert und "Einwilligung ins Reagieren" genannt. Wie die Bezeichnung andeutet, ist es auf dieser ebene das Element der Einwilligung oder des Gehorsams, das es von der nächsten Ebene, der höheren Ebene der "Bereitwilligkeit zum Reagieren", unterscheidet. Schließlich ist auf einer noch höheren Ebene der Internalisation eine "Befriedigung beim Reagieren" festzustellen, die auf der vorausgehenden Ebene der Bereitwilligung oder Zustimmung zum Reagieren nicht erreicht wurde. Mit einem emotionalen Reagieren auf Freude, Genuß oder Vergnügen haben wir diese dritte Stufe erreicht.

2.1 Einwilligung ins Reagieren ( Aquiescence in Responding)

Bereitwilligkeit, Gesundheitsregeln zu befolgen.

Verkehrsregeln zu Fuß und mit dem Fahrrad an Kreuzungen und anderswo beachten.

2.2 Bereitwilligung zum Reagieren (Willingness to Respond)

Aus eigenen Antrieb an einer Vielzahl von Konstruktiven Hobbys und Freizeitbeschäftigungen interessiert sein.

Ruhig bleiben, wenn die Gelegenheit oder die Situation Ruhe erfordern (die Situation muß klar definiert werden).

Zur Gruppendiskussion durch provokative Fragen beitragen.

2.3 Befriedigung beim Reagieren (Satisfaction in Response)

Freude am Lesen zur Erholung finden.

Gefallen finden am Anhören verschiedener menschlicher Stimmen mit großen Unterschieden in Tonhöhe, Stimmqualität und regionalen Akzenten.

3.0 Werten (Valuing)

Dies ist die einzige Kategorie, die einen Begriff zur Überschrift hat, der in den Lernzielvorstellungen der Lehrer allgemein gebräuchlich ist. Weiter ist es in seinem üblichen Sinn gebraucht - nämlich, daß eine Sache, ein Phänomen oder Verhalten Wert haben. Diese abstrakte Auffassung von Wert ist nicht so sehr das Resultat des eigenen Wertens oder Einschätzens des Individuums als vielmehr ein soziales Produkt, das langsam internalisiert oder akzeptiert und vom Schüler als sein eigenes Wertkriterium verwendet wird. Das auf dieser Ebene kategorisierte Verhalten ist genügend konsistent und beständig, um die Charakteristika eines Glaubens oder einer Haltung angenommen zu haben. Der Lernende zeigt dieses Verhalten mit genügender Konsistenz in geeigneten Situationen, so daß bei ihm eine Werthaltung festgestellt werden kann. Auf der niedrigsten Ebene des Wertens ist er zumindest bereit, es zuzulassen, daß er so eingeschätzt wird; auf der höheren Ebene dagegen kann er sich so benehmen, daß er diesen Eindruck noch selbst unterstützt.

3.1 Akzeptieren eines Wertes (Acceptance of a Value)

Einen Sinn für Verantwortung beim Anhören und Teilnehmen an einer Diskussion besitzen.

3.2 Bevorzugung eines Wertes (Preference for a Value)

Zurückhaltende Gruppenmitglieder in ein Gespräch ziehen.

Interesse, andere Personen zu befähigen, eine Befriedigung aus grundlegenden allgemeinen Bedürfnissen zu erlangen.

Wunsch, an der Verbesserung der Gesundheitsvorschriften zu arbeiten.

3.3 Verpflichtung (Committment)

Entschlossene Loyalität gegenüber verschiedenen Gruppen, in denen man Mitglied ist.

Religion aktiv im persönlichen und familiären Leben praktizieren.

Vertrauen haben in die Macht der Vernunft und in die Methoden der Experimente und der Diskussionen.

4.0 Organisation (Organization)

Wenn der Lernende nacheinander Werte internalisiert, stößt er auf Situationen, für die mehr als ein Wert relevant ist. So ergibt sich die Notwendigkeit,

a) Werte in ein System einordnen,
b) die Beziehungen zwischen ihnen zu bestimmen,

c)herausfinden, welches der vorherrschende und durchschlagende Wert sein wird.

4.1 Begreifen eines Wertes (Conceptualization of a Value)

Wunsch, eine geschätzte Sache zu beurteilen.

Die grundlegenden Voraussetzungen für Moralvorstellungen und Glaubensbekenntnisse herausfinden und strukturieren.

4.2 Organisation eines Wertsystems (Organization of a Value System)

Abwägen alternativer gesellschaftspolitischer Entscheidungen und Maßnahmen nach den Grundsätzen des Gemeinwohls anstatt nach dem Vorteil für spezifische und eng begrenzte Interessengruppen.

5.0 Charakterisierung durch einen Wert oder eine Wertstruktur (Characterization by a Value or Value Concept)

Auf dieser Internalisationsebene haben die Werte schon einen Platz in der Werthierarchie des Individuums, sind sie geordnet nach verschiedenen Arten innerlich konsistenter Systeme, haben sie das Verhalten des Individuums für eine hinreichende Zeit kontrolliert, so daß es sich an ein derartiges Verhalten angepaßt hat und ein Hervorrufen dieses Verhaltens nicht mehr regelmäßig von einer Emotion oder Affekten begleitet ist.

Das Individuum handelt durchweg in Übereinstimmung mit den auf dieser Stufe internalisierten Werten; auf zwei Dinge ist hinzuweisen:

  1. auf die Verallgemeinerung dieser Kontrolle zu einem so großen Anteil am Verhalten des Individuums, daß dieses als Person mit Hilfe dieser durchschlagenden Kontrolltendenzen beschrieben und charakterisiert werden kann;
  2. auf die Integration dieser Überzeugungen, Gedanken und Haltungen in eine Gesamtphilosophie oder Weltanschauung.

Diese zwei Aspekte bilden die Subkategorien.

5.1 Allgemeine Einstellung (Generalized Set)

Bereitschaft, angesichts von Beweismaterial Urteile zu revidieren und das Verhalten zu ändern

Objektive und systematische Planung als Grundmethoden zur Erlangung befriedigender Wahlmöglichkeiten akzeptieren.

5.2 Charakterisierung (Characterization)

Für die Regelung des persönlichen und des politischen Lebens einen Verhaltenskodex entwickeln, der auf ethischen Prinzipien basiert und mit den Idealen der Demokratie übereinstimmt.

Eine konsistente Lebensphilosophie entwickeln.

Ein Gewissen entwickeln.

Psychomotorische Dimension, von R. H. Dave

(zitiert nach dem Auszug bei Christine Möller, Technik der Lernplanung, 4. Aufl., Weinheim 1973, S. 255 - 256)

1.00 Imitation

Wenn der Lernende mit einer beobachtbaren Handlung konfrontiert wird, beginnt er, diese Handlung nachzuahmen.

1.10 Imitationsimpulse

Die Nachahmung kann sich beobachten werden, da sie mit einer inneren Wiederholung eines muskulären Systems einsetzt, das durch einen inneren Impuls zur Nachahmung der Handlung gesteuert wird.

1.20 Beobachtbare Wiederholung

Dies ist die beobachtbare Ausführung einer Handlung zusammen mit der Fähigkeit, diese zu wiederholen. Der Ausführung der Handlung fehlt jedoch noch die neuromuskuläre Koordination oder Steuerung, so daß im allgemeinen grob und unvollkommen ist.

2.00 Manipulation

Entwicklung von Fertigkeiten beim Befolgen von Anweisungen, Ausführen selektiver Handlungen und Festigung des Handlungsablaufs mit fortschreitender Übung.

2.10 Befolgen einer Anweisung

Der Lernende ist in der Lage, eine Handlung nicht allein aufgrund der Beobachtung, sondern nach einer Instruktion auszuführen.

2.20 Selektion

Der Lernende fängt an, zwischen verschiedenen Handlungen zu differenzieren und das erforderliche Verhalten auszuwählen.

2.30 Festigung eines Handlungsablaufes

Der Lernende gewinnt eine gewisse Geübtheit in der Manipulation bestimmter Geräte. Allmählich kommt es nach ausreichender Übung des ausgewählten Handlungsmusters zu einer Festigung desselben. Die Handlung wird ziemlich sicher, aber noch bewußt kontrolliert ausgeübt.

3.00 Präzision

Auf dieser Stufe werden Genauigkeit und Maßverhältnisse beim Reproduzieren bedeutsam. Der Lerner wird allmählich vom Modell unabhängig.

3.10 Reprodukion

Die Beherrschung beim Reproduzieren der Handlung erreicht ein höheres Niveau der Verfeinerung. Hier werden Genauigkeit, Maßverhältnisse und Exaktheit der Leistung bedeutsam.

3.20 Steuerung

Der Lernende wird von dem ursprünglichen Vorbild, das sein Verhalten leitete, unabhängig. Er kann seine Verhaltensabfolgen so regulieren, daß in dem festgelegten Handlungsablauf beliebige Änderungen herbeigeführt werden können; er kann die Geschwindigkeit erhöhen und herabsetzen; die Leistung ist auf dieser Stufe von Vertrauen begleitet, aber auch von bewußter Wachheit.

4.00 Handlungsgliederung

Hier kommt es darauf an, eine Serie von Handlungen zu koordinieren, indem die geeignete Abfolge und ein harmonisches Zusammenwirken verschiedener Handlungen hergestellt wird.

4.10 Sequenz

In vielen praktischen Situationen ist es nicht eine, sondern sind eine ganze Reihe von Handlungen auszuführen und dabei verschiedene Körperpartien zu beanspruchen. Der Lernende gelangt dazu, diese Handlungen zu strukturieren.

4.20 Harmonie

Der Lernende erwirbt die Gewandtheit, eine Reihe von Handlungen gleichzeitig und in Aufeinanderfolge auszuführen, um die gewünschte Übereinstimmung oder den Gleichklang herzustellen.

5.00 Naturalisierung

Auf dieser Stufe erreicht die Handlungsfertigkeit den höchsten Grad der Beherrschung, und sie wird mit geringstmöglichem Aufwand psychischer Energie ausgeführt.

5.10 Automatisierung

Die Handlung wird in solchem Maße zur Routine, daß sie in eine automatische und von sich selbst ablaufende Reaktionsfolge übergeht.

5.20 Interiorisierung

Die Handlung ist so automatisch, daß sie unbewußt ausgeführt wird. Die Person weiß nicht einmal. Daß die Handlung abläuft, bis sie gehindert oder ernsthaft gestört wird. Mit anderen Worten, die Handlungsgewohnheit wird zur "zweiten Natur".

Aus: Hilbert L. Meyer: Traininsprogramm zur Lernzielanalyse. Frankfurt/: Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag 1974, Anlage 1

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Quelle: http://www.educat.hu-berlin.de/~diepold/vorlesung/taxonomi.html (00-04-18)



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