Phasen der kognitiven Entwicklung nach James Mark Baldwin
James Mark Baldwin (1861-1934) war Philosoph und Psychologe und lehrte an den Universitäten Toronto und Princeton, sowie der John Hopkins University. Er war ein Verfechter der Evolutionstheorie, die er als essentiellen Bestandteil auch der Humanwissenschaften ansah. Zusammen mit G. Stanley Hall begründete er die American Psychological Association.
In Amerika war zu dieser Zeit der Behaviorismus dominierend, was James Mark Baldwins Ansatz der Entwiclung wenig populär machte. Baldwin traf allerdings in Paris einen jungen Mann, der später seine Theorie der Entwicklung fortführen und weiterentwickeln sollte. Dieser Mann war Jean Piaget, Professor für Psychologie in Genf und an der Sorbonne, der sich unter anderem detailliert mit dem Gebiet der Kinderpsychologie auseinandersetzte.
Entwicklung in Epochen
Baldwin nahm an, dass sich die geistige Entwicklung in Epochen unterteilt, deren Abfolge universal gültig ist. Zwischen 4 und 8 Monaten besitzt ein Kind lediglich die Eigenschaften niederer Wirbeltiere, von 8 bis 12 Monaten die der höheren Wirbeltieren und erst ab 2 Jahren die geistigen Eigenschaften eines menschlichen Lebewesens.
Der Ansatz von Baldwin kann auch als genetische Epistemologie bezeichnet werden, also als Ansatz, der die Art und Weise beschreibt, wie ein Subjekt objektives Wissen von seiner Umwelt erreicht.
Wichtig sind in seinen Augen vor allem zwei Prozesse, und zwar die Gewohnheitsbildung und die Akkomodation.
Gewohnheitsbildung
Die ersten Gewohnheiten bilden sich über eine zirkuläre Reaktion aus. Veränderungen in der Umwelt werden vom Wahrnehmungssystem registriert und führen automatisch zu Erregungen des motorischen Systems. Hierdurch werden globale Bewegungsmuster initialisiert und führen zu einer leichten Orientierung zum Reiz hin. Hierdurch wächst die wahrgenommene Intensität des Reizes, da der Reiz nun zentraler im Blickfeld ist. Dies löst einen weiteren Erregungsschub aus bis der Reiz bzw. die Quelle der Stimulation genau im Zentrum des Blickfeldes ist.
Die Gewohnheitsbildung erfolgt durch das mehrfache Wiederholen einer zirkulären Reaktion. Nach den ersten Gewohnheiten können sich Pläne (Schemata) zur Orientierung zu einem bestimmten Stimulus entwickeln. Die Aktivierung von Schemata wir auch als Assimilation bezeichnet.
Akkomodation
Durch gesteigerte Aufmerksamkeit (Reifung des Kortex) gelingt es, alte Gewohnheiten aufzubrechen und somit ein höheres Niveau der Anpassung zu erreichen. Dies wird als Akkomodation bezeichnet.
Epochen der Entwicklung nach Baldwin
Sensu-motorische Suggestion
Die Epoche der sensu-motorischen Suggestion erstreckt sich von der Geburt bist zum 4. Lebensmonat. Hier finden erste zirkuläre Reaktionen statt – es kommt also zu Ausbildung erster basaler Gewohnheiten. Differenzierte Schemata können nur bei Vorhandensein des jeweiligen Stimulus aktiviert werden. Zwei Schemata mit verschiedenen Stimuli können nicht miteinander koordiniert werden. Baldwin widersprach damit Kants Ansicht, dass die Wahrnehmung von Zeit und Raum angeboren sei.
Ideomotorische Suggestion
Durch die Funktion des Gedächtnisses werden geistige Kopien von Stimuli möglich, jedoch ist die Gedächtnisfunktion zunächst monoideistisch, das heißt es erfolgt immer nur eine Kopie eines Stimulus. Erst ab einem Alter von 8 Monaten wird das Gedächtnis polyideistisch, was den Vergleich zweier Kopien und damit die Willensbildung ermöglicht.
Stufe des Denkens
Schließlich ist die Stufe des Denkens erreicht, die von quasi-logischem Denken über logisches und hyperlogisches Denken zum extralogischen Denken führt.
Quellen
Montada, L. (2002). Fragen, Konzepte, Perspektiven. In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (S. 3-53). Weinheim: Psychologie Verlags Union.
Shaffer, D. R. (2000). Social & personality Development. Belmont, CA: Wadsworth.
Eckensberger, L. H. & Keller, H. (1998). Menschenbilder und Entwicklungskonzepte. In H. Keller (Hrsg), Lehrbuch Entwicklungspsychologie. Bern: Huber.
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