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Politische Sozialisation im Jugendalter *)

Quellen:

Buhl, Monika (2003). Jugend, Familie, Politik. Opladen: Leske/Budrich.

Hirsh, Jacob B., DeYoung, Colin G., Xu, Xiaowen & Peterson, Jordan B. (2010). Compassionate Liberals and Polite Conservatives: Associations of Agreeableness With Political Ideology and Moral Values Pers Soc Psychol Bull , 36, 655-664.

Preiser, Siegfried (2002). Jugend und Politik. In Oerter, Rolf & Montada, Leo (2002), Entwicklungspsychologie (S. 874-884). Weinheim: Beltz.

Laut Preiser sollten "spätestens mit dem Erreichen des Wahlalters junge Erwachsene sich für Politik interessieren, politische Sachverhalte differenziert beurteilen und kompetent politische Ziele verfolgen können“. Dieses Ziel soll durch die politische Sozialisation der Heranwachsenden erreicht werden (vgl. Preiser 2002, S.874).

Nach Buhl kann unter politischer Sozialisation ein Lernprozess verstanden werden, in dem ein Individuum jene Persönlichkeitsmerkmale, Kenntnisse, Einstellungen, Fähigkeiten und Werte aneignet, die politisches Bewusstsein und politisches Verhalten strukturieren. Weiters soll im Rahmen der politischen Sozialisation das Individuum zum Mitglied einer Gesellschaft werden, welches auch selbst aktiv agiert und dadurch an der Gestaltung der politischen Umwelt beteiligt ist (vgl. Buhl 2003, S.16).

Die politische Einstellung eines Menschen basiert bis zu einem gewissen Grade auf seiner Persönlichkeit, denn so ist etwa das seelische Bedürfnis nach Ordnung und Achtung sozialer Normen eher mit einer konservativen Einstellung korreliert, während das Bedürfnis nach Mitleid und Gleichheit eher mit einer liberalen Einstellung assoziiert ist. Bei konservativen Menschen ist also das Bedürfnis nach Offenheit schwächer ausgeprägt, d.h., sie haben den Wunsch nach Erhaltung der bestehenden sozialen Strukturen. Eine liberale Einstellung hingegen ist häufig mit Motiven wie , Anteilnahme, Mitleid, Mitgefühl, Interesse für andere und dem Wunsch nach Gleichheit verbunden. Die moralischen Werte, die Menschen vertreten, sind zu einem guten Teil in ihrem genetischen Erbe und in der familialen Tradition verwurzelt, sodass man bei politischen Werten und Moral immer nach der Herkunft dieser Motive fragen muss. Politische Präferenzen beruhen also nicht bloß auf einfachen rationalen Überlegungen (vgl. Hirsh et al., 2010).

Im Grundschulalter entwickeln Kinder schon einfache und konkrete Vorstellungen über die Heimat, Krieg, Frieden und gesellschaftliche Institutionen wie Polizei oder Gericht. Weiters übernehmen sie von ihren Eltern die affektive Bindung an Nation, Regierung und Parteien. Die Kinder entwickeln grundlegende persönliche Merkmale, die später manifest auf die Politik übertragen werden. Wie hier erwähnt ist das Kindesalter prägend, aber erst im Jugendalter kommt es zur eigentlichen politischen Sozialisation (vgl. Preiser 2002, S.874). Gründe dafür sind:

Die Resultate der politischen Sozialisation können jedoch sehr unterschiedlich sein, wie etwa Desinteresse oder Politikverdrossenheit, pauschale Übernahme der elterlichen Positionen, der Wille an politischer Teilnahme und Mitgestaltung oder Aufstehen gegen die herrschenden politischen Verhältnisse (vgl. Preiser 2002, S.874).

Das Ziel einer Gesellschaft kann jedoch nur eine möglichst große Partizipation der Bevölkerung am aktuellen politischen Geschehen sein. Die Zeit der politischen Sozialisation und des politischen Lernens ist daher eine entscheidende Phase und unterliegt vielen Einflüssen. Nach Buhl erfolgt die politische Sozialisation und die Entwicklung verschiedener politisch relevanter Persönlichkeitsdispositionen und Fähigkeiten in der Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt. Die wichtigsten und für alle Jugendlichen in ihrer Entwicklung wesentlichen Sozialisationsinstanzen sind die Familie, die Schule und die Gleichaltrigengruppe. Eine weiters immer wichtigere Rolle bezüglich des Anstoßes und der Informationsgewinnung spielen die Medien (vgl. Buhl 2003, S. 11ff).

Im Sozialisationsprozess junger Menschen verbinden sich einerseits persönliche Individuation und soziale Integration. Im Zusammenhang mit der politischen Sozialisation bedeutet die soziale Integration, Mitglied in einer politischen Gesellschaft zu werden und die jeweilige zugeteilte Rolle zu übernehmen. Individuation bezeichnet hingegen das Erlangen von Kenntnissen und Fertigkeiten, politische Sachverhalte zu verstehen und diese beurteilen zu können. Dadurch soll die Entwicklung einer individuellen Meinung erreicht und ein entsprechendes politisches Verhaltensrepertoire aufgebaut werden. Weiters wird angemerkt, dass sich der Prozess der politischen Sozialisation nicht nur auf direkte Auseinandersetzung oder Konfrontation des Individuums mit dem politischen System beschränkt, sondern dass politisches Erleben und die Auseinandersetzung mit politischen Inhalten auch unbewusst in verschiedenen Alltagssituationen stattfindet (vgl. Buhl 2003, S.16f).

Im modernen Politikverständnis gelten extremistische Gewaltbereitschaft, Desinteresse an politischen Sachverhalten und die kritiklose Unterordnung als demokratiefeindlich. Ziel jeder demokratischen Staatsform ist die politische Partizipation all seiner Beteiligten. Bei den Partizipationsformen unterscheidet man zwischen den konventionellen, den unkonventionellen und den illegalen Partizipationsformen. Unter den Begriff der konventionellen Partizipationsformen fallen Wahlen aber auch die Mitarbeit in Parteien, der Begriff der unkonventionellen Partizipationsformen umfasst beispielsweise die Teilnahme an Demonstrationen oder die Mitarbeit in Bürgerinitiativen und unter den illegalen Partizipationsformen fallen diverse Gewaltanwendung die im politischen Zusammenhang stehen (vgl. Preiser 2002, S.874f).

Das Phänomen Jugendbanden

Wissenschaftler haben in einer ersten nicht repräsentativen Erhebung des internationalen Forschungsprojekts "Eurogang Program of Research" herausgefunden, dass Gangs bestimmte soziale Strukturen darstellen, wobei die meisten Mitglieder keinen oder nur wenig sozialen und familiären Rückhalt besitzen. Um dies zu kompensieren, schließen sich die Jugendlichen zu Gangs zusammen. Viele der Gangmitglieder haben wenig elterliche Kontrolle, wobei die die meisten Gangmitglieder einen Migrationshintergrund aufweisen. Neben sozialer Orientierung suchen Jugendliche vor allem Schutz, Stabilität, Zugehörigkeit und Akzeptanz innerhalb der Gruppe. Bisherige Studien aus den USA und Europa haben gezeigt, dass etwa sechs bis acht Prozent der Jugendlichen Mitglieder einer Gang sind. Es ist zwar nur ein geringer Teil der Jugendgruppen, aber illegale, kriminelle oder gewalttätige Handlungen würden einen Teil der Gruppenidentität ausmachen. So gaben etwa 50 Prozent der befragten Jugendlichen an, schon mit anderen Gangmitgliedern gekämpft zu haben. Weitere 38 Prozent waren bei gewalttätigen Übergriffen auf andere Menschen beteiligt. Darüber hinaus trinken nach eigenen Angaben 64 Prozent der 13- bis 16-jährigen Gangmitglieder oft oder häufig Alkohol, bei anderen Jugendlichen waren dies 'nur' 40 Prozent. Die amerikanischen Gangs haben stärkere Hierarchien und eine andere, längere Tradition im Zugang und im Gebrauch von Waffen, während es in Europa keine so festen Gruppen gibt, sondern diese entstehen eher zufällig und sind nicht so stabil.
Quelle: http://www.uni-tuebingen.de/ (06-12-07)

Quelle: Entstanden unter Verwendung der Studie von Josef Holzinger (2006): Jugend und Politik. Johannes Kepler Universität Linz. PPP der jku.



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