Der Einfluss des Familienklimas und der Bindungsrepräsentation auf den Auszug aus dem Elternhaus
Quellen:
Von Irmer, J. & Seiffge-Krenke,I. (2008). Der Einfluss des Familienklimas und der Bindungsrepräsentation auf den Auszug aus dem Elternhaus. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 40, 69-78 .
Soziologische Ansätze
Aus soziologischen Studien kann man ableiten, dass ökonomische Einflussgrößen das Alter des Auszugs der Adoleszenten direkt beeinflussen. So sinkt das Auszugsalter bei wirtschaftlichem Wachstum und steigt bei wirtschaftlichem Abschwung. So lag 1997 in Deutschland das Durchschnittsalter beim Auszug für Männer etwa bei 23 Jahren, das der Frauen bei 21 Jahren. Die soziale Stellung der jungen Erwachsenen (z. B.: erwerbslos), oder die Beziehungssituation (Personen ohne Partner) wirken gleichsam als Auszugsbremsen. Selbiges gilt auch für das geographische Zugehörigkeit (Nord – Südgefälle) und das Geschlecht. Frauen ziehen im Schnitt 2-3 Jahre früher aus (vgl. von Irmer & Seiffge-Krenke 2008, S. 69-70).
Psychologischer Ansatz – Studie – Resultat
Start der Langzeitstudie an 93 Teilnehmern im Alter von 14 Jahren und ihren Eltern. Instrumente der Studie waren Family Environment Scale (FES) von Moss und Moss (1974, 1981) zur Erfassung des innerfamiliären Klimas und das Adult Attachment Interview (AAI) (George, Kaplan & Main 1996) zur Erfassung der mentalen Bindungsrepräsentation von Jugendlichen und Erwachsenen.
Von den dabei fünf möglichen Gruppen wurden folgende drei als geeignet und genügend erachtet.
sicher gebunden (secure)
Personen geben positive und negative Kindheitserfahrungen nachvollziehbar und logisch an und haben eine positive Grundhaltung den Eltern gegenüber
unsicher-vermeidenden (dismissing)
neigen dazu Eltern zu idealisieren, betonen aus gutem Elternhaus zu kommen, geringes Maß an Autonomie den Eltern gegenüber
unsicher-verwickelt (preoccupied)
Überengagement in der Beziehung zu den Eltern, Bindungssystem zu den Eltern bleibt auch im Erwachsenenalter ständig aktiviert
Das Auszugsverhalten der Teilnehmer wurde dabei in drei Gruppen eingeteilt:
- rechtzeitig Ausziehende
- Nesthocker
- Spätauszieher/wieder Eingezogene
Durch unterschiedliche Alterskriterien für Männer und Frauen, gelang es den Studienautoren, den Geschlechtseffekt zu neutralisieren (vgl. von Irmer & Seiffge-Krenke 2008, S. 72-74).
Auszugsverhalten und familiäre Beziehung
Die Konfliktraten in Familien mit werdenden Erwachsenen im Alter von 14 - 18 waren höher als die der Nesthocker. Die Selbstständigkeit unterlag einem Zeiteffekt, der besagt, dass während der Adoleszenz, aus Sicht aller Familienmitglieder permanent steigt. Daher wurde die Selbstständigkeit aus dem Blickwinkel Zeit, Person und Gruppe betrachtet. Mit dem Resultat, dass spätere Nesthocker im Alter von 14 und 15 Jahren berichteten, weniger selbstständig zu sein, als Personen aus der Gruppe der rechtzeitig Ausgezogenen (vgl. von Irmer & Seiffge-Krenke 2008, S. 73-74).
Auszugsverhalten und Bindungsrepräsentation
75% der rechtzeitig Ausziehenden kommen aus der Gruppe der sicher Gebundenen. 50% der Spätauszieher/wieder Eingezogene konnte der Gruppe „preoccupied“ zugeordnet werden (vgl. von Irmer & Seiffge-Krenke 2008, S. 75).
Es konnte klar nachgewiesen werden, dass höhere Konfliktneigung, Förderung der Selbstständigkeit und Autonomie das Auszugsverhalten und Auszugsalter klar beeinflussen. Dabei haben diese Einflussfaktoren in Alter von 14 und 15 Jahren die höchste Einflusskraft. Dadurch das unter den rechtzeitig Ausziehenden in jungen Jahren höhere Konfliktneigung bestand und die Personen großteils der Gruppe der „secure“ zuzuordnen sind, drängt sich auch der Schluss auf, dass Konflikte für die familiäre Beziehungsqualität nicht unbedingt nachteilig sind (vgl. von Irmer & Seiffge-Krenke 2008, S. 76-77).
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