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Autogenes Training

Das autogene Training ist ein Verfahren zur konzentrativen Selbstentspannung. Es wurde in den 20er Jahren aus systematischen Beobachtungen an hypnotisierten Patienten von dem Nervenarzt I.H. Schultz (1932/87) entwickelt, basiert aber im Gegensatz zur Hypnose ausschließlich auf Auto(Selbst)Suggestionen. Sie ist so einfach, dass Kinder diese Entspannungsmethode etwa ab dem achten Lebensjahr erlernen können. Es empfiehlt sich übrigens, autogenes Training so früh wie möglich zu erlernen. Ziel des Trainings ist es, mittels selbsthypnotischer Formeln auf körperliche Prozesse Einfluss zu nehmen. Das grundlegende Werk von J. H. Schultz aus dem Jahre 1932 trägt daher auch den Titel: Das autogene Training. Konzentrative Selbstentspannung.

Autogenes Training wird zumeist in kleinen Gruppen (seltener im Einzelsetting) in 1-2 wöchentlichen Sitzungen während einer Dauer von 6-10 Wochen vermittelt. Jede Übung mit ihren verschiedenen Komponenten (z.B. "Schwere" und "Wärme" und z.B. "Atemwahrnehmung") dauert insgesamt 3-5 Minuten und wird im Sitzen (ggf. auch im Liegen) bei geschlossenen Augen durchgeführt. Während des praktischen Trainings schweigt der Therapeut.

Was das Autogene Training nicht ist

Das autogene Training ist kein Fitnessprogramm, das aber natürlich parallel zum autogenen Training eingesetzt werden kann, doch mit dem autogenen Training selber hat es nichts zu tun. Auch mit der Meditationswelle hat das Autogene Training nichts zu tun, auch wenn in der "Oberstufe" durchaus meditative Elemente anzutreffen sind. Es ist keine reine Entspannungstechnik, denn die Grundlage des autogenen Trainings ist eine vorwiegend psychotherapeutische und medizinische. Schon Schultz hat sich gegen solche falschen, sehr einseitigen und verkürzenden Interpretationen verwahrt und das  "autogene Prinzip" folgendermaßen erklärt: "ein vom Selbst (autos) sich entwickelndes (gen = werden) und das Selbst gestaltendes Systematisches Üben", das auf eine organismische "allgemeine Umschaltung" der betreffenden Person unter steter Einbeziehung psychischer Vorgänge zielt.

 

Augen schließen Konzentration Autogenes Training Schultz Grundstufe Oberstufe

Merkmale des autogenenTrainings

Man unterscheidet zwischen Grund- und Oberstufe. Die Grundstufe besteht dabei aus folgenden Abschnitten:

Die Übenden konzentrieren sich anfangs meist auf die Wahrnehmung ihres Gebrauchsarms mit der Leitvorstellung "mein Arm ist schwer". Sofern 2-3mal täglich zuhause geübt wird, generalisiert die Schwereempfindung auf Arme und Beine, und Wärmeempfindungen werden zusätzlich angesprochen ("Arme und Beine sind schwer - Arme und Beine sind warm - ich bin ganz ruhig"). Wenn zuweilen Wärmeempfindungen vor oder zugleich mit der Schwere realisiert werden, wird die individuelle Ausgestaltung der Übung den Empfindungen angepasst. Die plastische Vorstellung führt zu einem tatsächlichen Schweregefühl in Armen und Beinen, was allmählich den gewünschten Entspannungseffekt auslöst. Beherrscht man eine Übung, so kann man die nächste Übung zum Training hinzunehmen, bis alle sechs Teile der Grundstufe in einer ca. zehnminütigen Entspannungsübung ablaufen.

Jede Übung wird intensiv zurückgenommen ("Dynamisierung"). Die Übungsformeln können fortschreitend schlagwortartig verkürzt werden ("Ruhe-Schwere-Wärme"). Durch die passiv-gelassene Konzentration ("was geschieht, ist gut") auf entspannungsgekoppelte Vorgänge, automatisiert und intensiviert sich schon bei diesen "psychotherapeutischen Grundübungen" die Entspannung.

Zusätzlich können weitere Komponenten (Organübungen) trainiert werden: Rhythmisch ablaufende Körpervorgänge (Herzschlag, Atmung), ein strömendes Wärmegefühl im Bauchraum (Sonnengeflecht) und eine angenehme Kühle der Stirn werden passiv gelassen fokussiert. Weiterhin kann der Übende dazu angeleitet werden, "formelhafte Vorsatzbildungen" im Sinne von persönlichen Leitsätzen zu bilden, die auf Symptomreduktion oder Persönlichkeitsreifung abzielen und bei therapeutischem Vorgehen im Rahmen umfassender Behandlungspläne besonders wichtig sind.

Zum autogenen Training gibt es neben einschlägigen Kursen auch eine Reihe anderer Möglichkeiten, etwa CDs und Tonbandkassetten, auf denen ein Sprecher zu den einzelnen Übungen anleitet. Ein solcher Tonträger kann jedoch nicht auf Schwierigkeiten bei den einzelnen Übungen eingehen, sodass es sich empfiehlt, einen Kurs zu belegen (etwa in Volkshochschulen). Wegen der unbestrittenen positiven Auswirkungen bieten auch Krankenkassen solche Kurse kostenlos oder sehr preisgünstig für ihre Mitglieder an.

Grawe et al. (1994) fanden für ihre Metaanalyse 14 kontrollierte klinische Studien zum autogenen Training, die bis 1983/84 veröffentlicht wurden. Dabei schnitt das autogene Training schlechter ab als die anderen Entspannungsverfahren. Linden (1994) konnte inzwischen 24 kontrollierte Studien (bis 1991/92) zum autogenen Training in seine quantitative Metaanalyse einbeziehen. Es zeigte sich eine vergleichbar gute klinische Wirksamkeit, wie sie auch mit anderen Entspannungsverfahren. Es überrascht, daß für die Indikation „Depression" bislang nur eine eindeutig positive Wirkungen belegende – allerdings methodisch besonders herausragende Studie mit 37 Patienten – vorliegt (Krampen 1997). Auch für den präventiven Bereich liegen inzwischen kontrollierte Wirksamkeitsstudien vor, z.B. bei Schulkindern, älteren Menschen, Arbeitnehmern am Arbeitsplatz und im Sport. Die kritischen Folgerungen von Grawe et al. (1994) im Hinblick auf das autogene Training im Vergleich zu anderen Entspannungsverfahren lassen sich vor dem Hintergrund der von dieser Arbeitsgruppe zugrunde gelegten Studien nachvollziehen. Umfassendere Analysen (Linden 1994) und die eigene Übersicht ergeben inzwischen ein anderes Bild: Die Grundstufe des autogenen Trainings gehört zu den in seiner Wirkung empirisch belegten Entspannungsverfahren, und es hat zu erreicht wird bei einem großen Spektrum psychosomatischer Störungen. Stetter u. Kupper haben ergänzend zu den Metaanalysen eine aktuelle Sammlung kontrollierter, klinischer Studien zum autogenen Training anhand ähnlicher Kriterien wie Grawe et al. (1994) und Linden (1994) angelegt und fanden bislang 64 veröffentlichte Studien. . Die Wirksamkeit des autogenen Trainings bei einer Vielzahl psychosomatischer Störungen und bei Angst-Symptomen/-Störungen bestätigt sich. Bei Kopfschmerz- und M. Raynaud-Patienten scheint die progressive Relaxation oder das Biofeedback überlegen zu sein. Neben der positiven Wirkung auf die Hauptsymptomatik kann darüber hinaus von einer angstmindernden und stimmungsverbessernden Wirkung des autogenen Trainings nicht nur bei Patienten mit psychosomatischen Störungen, sondern auch bei leicht-mittelschwer Depressiven und Angstpatienten ausgegangen werden.

Quelle:
Mayer, Karl C. (o.J.). Autogenes Training. WWW: http://www.gek.de/ (04-05-24)



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