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Keine Macht den Drogen - No DrugsNatural Drugs, Smart Drugs, Spice

Natural drugs - oder Smart Drugs - sind psychoaktive Substanzen, die in der Natur vorkommen und zum Teil in Smart- oder Headshops verkauft werden. Chemisch gesehen haben diese Substanzen nicht sehr viel gemeinsam, gibt es doch tausende verschiedene Pflanzen, Pilze, Kakteen, Früchte und Kräuter, die bewusstseinsverändernd wirken. Die Meinung, dass nicht verbotene, legal erhältliche Substanzen gesundheitlich unbedenklicher als illegale Substanzen sind, ist zwar ziemlich weit verbreitet aber dennoch falsch. Ob etwas legal oder illegal ist, hängt nur teilweise von den gesundheitlichen Risiken des Konsums ab. Die Wirkungen und möglichen Gefahren vieler natural drugs sind wissenschaftlich noch kaum untersucht. Manche natural drugs enthalten hunderte verschiedene chemische Substanzen, von denen viele psychoaktiv wirksam sein können, die Wirkstoffkonzentration dieser Substanzen schwankt jedoch kaum vorhersagbar. Sind natürliche psychoaktive Substanzen gesünder als synthetische? Diese Frage erübrigt sich, wenn bedacht wird, dass alle natürlichen Stoffe - etwa Pflanzen - aus Atomen aufgebaut sind, und mit eben diesen Atomen beschäftigt sich bekanntlich die Chemie. Zudem werden auch natürliche Substanzen im Körper in kleinere Stoffe umgewandelt - anders könnten sie die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, um im Gehirn wirksam zu werden. Egal ob etwas künstlich hergestellt wird oder in der Natur wächst: um bei einer Person eine bewusstseinsverändernde Wirkung auszulösen, muss sich die Substanz ins Neurotransmittergleichgewicht des Gehirns einschalten - und spätestens dort erübrigt sich die Unterscheidung von natürlich und synthetisch.

Die Modedroge Spice (Spice Gold, Yukatan Fire) erlangt aktuell besonders unter Jugendlichen großes Interesse und wirkt ähnlich wie Marihuana, obwohl manchen Toxikologen bislang nicht klar ist, wie die noch legale überhaupt Droge wirkt und warum sie gefährlich ist. Sie schmeckt häufig nach Pfefferminze und sollte eigentlich nur den Geruchssinn ansprechen. Die Wirkung ist ähnlich wie bei Cannabis: Zunächst wird der Mund trocken, dann entspannen sich die Sinne, die Reaktionen werden langsamer, und was eben noch banal erschien, erscheint plötzlich geradezu bedeutsam - jedenfalls so lange die Wirkung anhält. Und das ist länger als bei Cannabis: An die sechs Stunden wirkt diese Kräuterdroge, die keine berauschenden Mittel enthält. Allerdings ist einer Pressemeldung zu entnehmen. dass es sich bei dem chemischen Wirkstoff um die Substanz "JWH-018" handeln soll, ein auf chemischem Weg hergestelltes Cannabinoid. Damit handele es sich bei "Spice" keineswegs nur um eine berauschende, rein pflanzliche Kräutermischung. Unklar ist allerdings noch die rechtliche Bewertung, wobei in Österreich Ende 2008 ein Verbot der Substanz im Sinne des Arzneimittelrechts ausgesprochen wurde: "Weil der Wirkstoff JWH-018 dazu dient, bei Anwendung am oder im menschlichen Körper die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen, unterliegt Spice § 1 Abs. 1 Z 5 des Arzneimittelgesetzes, wodurch Handel und Weitergabe in Österreich verboten sind" (Aussendung des Österreichischen Gesundheitsministeriums am 18. Dezember 2008).

Quelle: http://www.checkyourdrugs.at/data/substanzen/naturaldrugs/01/index.html (01-07-07)

 

Fliegenpilz  (Amanita muscaria)

Wurde seit Jahrtausenden in Sibirien konsumiert, bevor dort der Wodka Einzug hielt. Anwendung: essen oder als Auszug trinken.

Wirkung: ähnlich Alkohol (allerdings ohne "Kater"), Halluzinationen, gesteigertes Kontakt- und Redebedürfnis, oft Übelkeit, manchmal mit Erbrechen, in Überdosen paranoide Wahnvorstellungen, Panik, selten Herzstechen. Fliegenpilze sind nicht tödlich. Der Fliegenpilz steht unter Naturschutz.  

Psilocybin 

Alkaloid des Psilocybe-Pilzes (Spitzkegeliger Kahlköpfling, "Psilo", magic mushroom). Wurde 1954 von Albert Hofmann in den Labors von Sandoz (Basel) erstmalig in Reinform aus dem Pilz extrahiert. Die Pilze werden gegessen oder als Tee getrunken. Der Konsum hallzinogenenr Pilze hat eine lange Tradition, denn es gibt Berichte von den Azteken, die sich vor Zeremonien mit Pilzen berauschten. 1957 machte sie der Ethnologe Gordon Wasson als "magic mushrooms" im Westen bekannt. Psilocybin beeinflusst bei gesunden Menschen die Stimmung positiv, wobei im Gehirn der Stoff spezifische Andockstellen für den Botenstoff Serotonin stimuliert.

Wirkung: starke Wahrnehmungsveränderungen, in der Intensität zwischen Hanf und LSD angesiedelt. Es gelten die gleichen Vorsichtsregeln wie beim LSD: auf gute Umgebung und gutes eigenes Wohlbefinden achten, um schlechte Halluzinationen zu vermeiden. Zur Zahl der Konsumenten liegen keine Statistiken vor.

Psilocybin löst bei Gesunden dosisabhängig verschiedene Bewusstseinszustände aus, d. h., geringe Dosen bewirken eine Stimmungsanhebung, moderate Dosen können zusätzlich Sinnestäuschungen und eine Lockerung der Ich-Umwelt-Abgrenzung auslösen, während es bei hohen bis sehr hohen Dosen zu einer tief greifenden Selbstauflösung kommen kann. Zu solchen Störungen im Selbsterleben kommt es auch bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen, etwa bei der Schizophrenie. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt, doch Untersuchungen an Psilocybin ermöglichen als Modell die Aufdeckung jener Gehirnmechanismen, die solchen Symptomen zugrunde liegen. Vermutlich liegt es auch daran, dass Psilocybin chemisch-strukturell eng mit dem Botenstoff Serotonin verwandt ist, sodass man heute weiß, an welche der etwa zwanzig Serotonin-Rezeptoren im Gehirn Psilocybin andocken und dabei seine Wirkung entfalten kann. Psilocybin besitzt auch ein gewisses Potenzial für die Behandlung von Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen , wobei hier geringe bis moderate Psilocybin-Dosen die Stimmung anheben und Angstreaktionen abschwächen können. Es ist allerdings schwierig festzulegen, welche Dosierungen die Emotionsregulation positiv beeinflussen.

An der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich hat man gezeigt, dass Psilocybin die Mandelkerne beeinflusst und dadurch die Verarbeitung von negativen Umweltreizen abschwächt. Psilocybin entfaltet seine stimmungsaufhellende Wirkung vermutlich über eine Veränderung des Serotoninsystems in limbischen Hirnregionen, was inzwischen mittels bildgebender funktioneller Magnetresonanz-Tomographie auch nachgewiesen werden konnte. Schon eine kleine Dosis von Psilocybin schwächt die Verarbeitung von negativen Umweltreizen durch eine Veränderung der Mandelkerne im limbischen System und weiterer damit assoziierter Hirnregionen ab. Eine übersteigerte Aktivität der Mandelkerne auf Umweltreize bewirkt, dass die Nervenzellen negative Umweltsignale verstärken, positive jedoch schwächer verarbeiten. Dieser Mechanismus spielt bei der Entstehung von Depressions- und Angsterkrankungen eine wichtige Rolle.

Pilze werden daher ab und zu auch in der Psychotherapie eingesetzt, um die Bewusstseinsebene zu erweitern. In einer Untersuchung (Carhart-Harris et al., 2012) verspürten ProbandInnen, die mit Halluzinogenen Erfahrungen hatten, die stärkste Reaktion zirka vier Minuten nach einer Injektion von Psilocybin, wobei als typische Auswirkungen der Droge ungewöhnliche Veränderungen der Umwelt, das Sehen geometrischer Muster oder ungewöhnlicher Körperwahrnehmungen waren.

Eine begleitende Magnetresonanztomografie zeigte, dass sich dabei auch die Durchblutung des Gehirns veränderte, wobei besonders in jenen Regionen, die für Assoziationen zuständig sind, ein starker Rückgang der Durchblutung beobachtet werden konnte, d.h., je intensiver die Halluzinationen beschrieben wurden, desto stärker war auch der Blutfluss gehemmt. Offensichtlich verringert Psilocybin die Durchblutung wichtiger Teile des Gehirns substanziell. Diese Ergebnisse belegen auch, warum etwa bei Depressionen diese Droge wirksam ist, da sie die Aktivität der dafür verantwortlichen Teile des Gehirns reduziert.

Meskalin 

Alkaloid des mexikanischen Peyote-Kaktus. Wird dort seit mehreren tausend Jahren von Schamanen rituell verwendet. Gibt es auch in synthetischer Form als Pulver oder Tablette.

Anwendung: essen bzw. schlucken.

Wirkung: starke Veränderung der Wahrnehmung, in der Intensität zwischen Hanf und LSD angesiedelt. Erstaunlicherweise sind Erfahrungsberichten nach Vorstellungen von Schlangen, Kakteen und aztekischen Götzenbildern sehr häufig. Überdosierung führt zu besonders starken Halluzinationen mit verstärkter Gefahr von Horror-Trips und Übelkeit mit Erbrechen.

Literatur

Robin L. Carhart-Harris, David Erritzoe, Tim Williams, James M. Stone, Laurence J. Reed, Alessandro Colasanti, Robin J. Tyacke, Robert Leech, Andrea L. Malizia, Kevin Murphy, Peter Hobden, John Evans, Amanda Feilding, Richard G. Wise, and David J. Nutt (2012). Neural correlates of the psychedelic state as determined by fMRI studies with psilocybin.
PNAS 2012 : 1119598109v1-201119598. WWW: http://www.pnas.org/content/early/2012/01/17/1119598109 (12-01-23)



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