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Lernziele

Taxonomien von Lernzielen

Lernziele werden nach formalen Kriterien bestimmten Bereichen bzw. Dimensionen zugeordnet, um sie besser mit anderen Lernzielkatalogen vergleichen zu können.

Der gebräuchlichste Dimensionierungsraster ist in den 50er und 60er Jahren in den USA von den behavioristisch orientierten Lerntheoretikern Benjamin Bloom, David Krathwol u.a. entwickelt worden (Bloom 1972; Krathwol, Bloom & Masia 1975). Sie unterschieden drei Dimensionen mit folgenden Unterstufen:

Diese Dimensionierung hat dabei ausschließlich analytischen Charakter, d.h., dass bei der Bestimmung eines Lernzieles, das ja stets eine ganzheitliche menschliche Verhaltensweise beschreibt, eine der drei Dimensionen um des effektiven Lernens willen herausgehoben wird. Der Sprachgebrauch "kognitives/affektives/psychomotorisches Lernziel" verwischt diese Annahme, sodass es günstiger wäre, von einem "kognitv/affektiv/ psychomotorisch akzentuierten Lernziel" zu sprechen. Die übliche Subsumierung der verschiedenen Lernzielarten unter den Begriff der Dimensionierung von Lernzielen verstellt den Blick auf die einseitig kognitive Ausrichtung des üblichen Unterrichts, da diese Lernziele im Allgemeinen der kognitiven Dimension Blooms zuzuordnen sind. Soll etwa einer einseitigen kognitiven Ausrichtung des Unterrichts entgegengewirkt werden, so muss aber besonders die affektive Dimension betont werden, die im Zusammenhang mit persönlicher Betroffenheit oder Motivation stehen. Manchmal werden diese auch missverständlich mit Emotionen gleichgesetzt, gemeint sind aber Interessen, Haltungen, Einstellungen, Werte, Prinzipien und Stellungnahmen, die verschiedene Grade der Zustimmung oder Ablehnung ausdrücken.

Die Vorstellung, Lernziele seien in einer Unterrichtsstunde erreichbar und das Erreichen eines Lernziels könne sofort am Ende der Unterrichtsstunde überprüft werden, ist wohl ein Relikt aus der Zeit des Behaviorismus und auch ein menschlich verständliches Bedürfnis des Lehrers. Sie stellt aber im Lichte des der "Handlungsorientierung" zugrundeliegenden Prozesscharakters des Lernens ein Missverständnis dar. Auf ganz andere Weise findet eine Demonstration des Lernzuwachses statt: Die Unterrichtsarbeit in der Stunde besteht aus dem Transfer des bisher Gelernten. Hier können Schüler und Lehrer wahrnehmen, was schon gelernt wurde bzw. an welcher Stelle im Lernprozeß der einzelne Schüler steht bzw. zu stehen scheint (Domke o.J.).

Siehe auch: Kurzüberblick

Lernzieltaxonomisierung

Das nützliches Hierarchisierungsinstrument ist die Lernzieltaxonomie (griech. taxis "Anordnung"), ein Klassifikationsschema für Kategorien von Verhaltensweisen, die beschreiben, was man in Erziehungsinstitutionen bei Schülern erreichen möchte. Eine Taxonomie wird auch als formales Analyseinstrument beschrieben, mit dem beliebige Lernziele auf einer Skala von Schwierigkeits- bzw. Komplexitätsgraden eingeordnet werden können. Dabei nimmt der Grad der Komplexität mit Zunahme der Lernzielklassen zu.

Kognitive Lernziele

Der kognitive Bereich umfaßt solche Ziele, die es mit Denken, Wissen und Problemlösen zu tun haben. Organisationsprinzip des kognitiven Bereichs ist der Übergang von einfachen und konkreten zu komplexeren und abstrakteren Verhaltensformen.

Sowohl Lernziele, die Betonung auf das Erinnern oder Reproduzieren eines Stoffeslegen, der mutmaßlich gelernt worden ist, als auch Lernziele, die das Lösen einer intellektuellen Aufgabe einschließen, bei der das Individuum das Hauptproblem bestimmen und ein vorgegebenes Material neu ordnen oder kombinieren muß durch vorher gelernte Ideen, Methoden oder Verfahren. Kognitive Lernziele reichen vom einfachen Aufsagen eines gelernten Stoffes bis zu sehr originellen und kreativen Wegen, neue Ideen und Materialien zu kombinieren und zusammenzusetzen.

Siehe dazu auch: Einige Testfragen mit feedback zu den Kognitiven Lernzielen & Beispiele für kognitive Lernziele


Eine ausführliche Übersicht mit vielen konkreten Beispielen von Georg Wydra:

Wydra, Georg (2002). Zusammenfassung der Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (Bloom´sche Taxonomie).

WWW: https://www.sportpaedagogik-sb.de/bloom.php (19-12-10)


Affektive Lernziele

Die Taxonomie von Lernzielen für den affektiven Bereich wurde im Anschluß an die Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich von Krathwohl, Bloom & Masia (1975) entwickelt. Auch dieser Bereich ist charakterisiert durch eine hierarchische Struktur, die auf dem Prozeß der Internalisation fußt, d.h. den Prozeß des inneren Wachstums des Individuums, der letztlich mit der Entwicklung einer eigenen Lebensphilosophie endet. Je höher ein Individuum oder die von ihm erreichten Lernziele in diese Taxonomie eingeordnet werden können, desto mehr kann man es als eine Persönlichkeit bezeichnen.

Lernziele, die ein Gefühl, eine Emotion oder ein bestimmtes Maß von Zuneigung oder Abneigung betonen. Affektive Lernziele reichen von der einfachen Beachtung bestimmter Phänomene bis zu komplexen, aber in sich konsistenten Qualitäten des Charakters und des Bewußtseins. In der Literatur werden solche Lernziele als Interessen, Einstellungen, Wertschätzungen, Werte oder emotionale Haltungen dargestellt.

Psychomotorische Lernziele

Lernziele, die Wert legen auf eine muskuläre oder motorische Fertigkeit, auf den Umgang mit Material oder Gegenständen oder auf eine Handlung, die neuromuskuläre Koordination erfordert. In der Literatur beziehen sich diese Lernziele meistens auf Handschrift und Sprache, auf Leibeserziehung, auf handwerkliche und technische Kurse.

Die Taxonomie Ausubels

Ausgehend von einer Kritik an der Bloomschen Taxonomie entwickelte Ausubel ein eigenes Klassifikationssystem. Größter Kritikpunkt ist die geringe psychologische Fundierung der Bloomschen Taxonomie. Dadurch ergibt sich nach Ausubel eine unerwünschte Abhängigkeit der Klassifizierung von den jeweiligen Auffassungen der Benutzer der Bloomschen Taxonomie über die Art der psychologischen Prozesse, die bei der Ausführung bestimmter intelektueller Leistungen vermutet werden.

Ausubel versucht diesem Kritikpunkt entgegenzuwirken, indem er hierarchisch angeordnete Kategorien bildet, die er auf seine Lerntheorie des bedeutungsvollen Lernens zurückführt.

AUSUBEL

BLOOM

1. Stellvertretendes Lernen
(Namenlernen)

1. Wissen

2. Begriffsbildung
(induktives Begriffslernen)

3. Begriffsassimilation
(deduktives Begriffslernen)

4. Satzlernen

2. Verstehen

3. Anwenden

5. Problemlösen

4. Analyse

6. Kreativität

5. Synthese

6. Bewertung

Lernarten nach Gagné

Gagnés Modell der Lernarten entstand aus der Analyse des Phänomens "Lernen". Gagné legt bei dieser Analyse, psychologische Erkenntnisse zu Grunde. Er kam bei seinen Beobachtungen zu einer Unterscheidung von acht verschiedenen Lernprozessen:

  1. Signallernen
  2. Reiz-Reaktion-Lernen
  3. Lernen motorischer Ketten
  4. Lernen sprachlicher Assoziationen
  5. Lernen multipler Diskrimination
  6. Begriffslernen
  7. Regellernen
  8. Problemlösen

Diese Lernarten sind hierarchisch organisiert, insofern als jede Kategorie auf der vorhergehenden aufbaut. Wobei Gagné den Lernprozeß des Problemlösens als den komplexesten ansieht und die Beherschung aller anderen Lernprozesse voraussetzt.

Siehe im Detail: Lernarten nach Gagné

Kritische Betrachtung

Die Dimensionierung und Taxonomisierung von Lernzielen dienen in der Fortführung der Operationalisierung dazu, die einzelnen Lernziele untereinander besser vergleichbar zu machen. Damit hat man einen Schwierigkeitsgrad unter den Lernzielen geschaffen, an dem man den Wissensstand der Schüler messen kann. Bis hierher ist es aber nur ein Instrument der Lehrplanerstellung und dient dem Lehrer wenig. Die Taxonomie dient daher auch nicht zur Planung einer Unterrichtsstunde. Der Lehrer kann aber Folgendes erreichen:

Lernzielkontrolle

Die Lernprozesse bleiben unsichtbar, die Lernergebnisse bei den einzelnen Schülern sind verschieden. Da die Lernergebnisse die zukünftige Lernausgangslage mitbestimmen, ist es für den Lehrer wichtig, etwas über das Lernergebnis zu erfahren. Wie kann der Lehrer etwas über die Lernergebnisse erfahren? Hinweise können nur indirekt über die Bewältigung von Anwendungssituationen des Gelernten erhalten werden. Dabei treten Probleme auf:

Fazit: Man kann das Leisten überprüfen, aber eine Leistungskontrolle sagt oft wenig über den wirklichen Lernerfolg aus. Hier hilft am ehesten eine Verständigung zwischen den Betroffenen. Was unter einer Lernzielkontrolle (d.h.: Welche Lernziele sind erreicht? oder: Was kann der Schüler jetzt?) verstanden wird, ist oft "nur" eine Leistungskontrolle. Es ist für die Lernwirksamkeit des Unterrichts aber sehr wichtig, daß allen Beteiligten klar ist, daß Leistungskontrollen keine Lernzielkontrollen sind (wie das Zählen der erhobenen Zeigefinger nicht ein Maß für die wirkliche Beteiligung sein kann).

Eine direkte Lernzielkontrolle ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht möglich: Wir kontrollieren eine Leistung und interpretieren diese auf Können und Lernen hin - und das ist sehr fehleranfällig. Wichtig ist, dass in Schulen nicht permanent Lernen und Leisten miteinander vermischt werden. Da die Beschäftigung mit einem Gegenstand bzw. einer Aufgabe oder mit einem Problem eine notwendige Voraussetzung für die Möglichkeit von Lernen ist, und da eine Beschäftigung immer auch eine Leistung darstellt, muss die Schule aufpassen, daß sie den Schülern durch einen unbedachten Umgang mit Leistungskontrollen und Leistungsbewertungen nicht das Leisten vermiest, und damit die Grundlage für das Lernen. Denn eine Gleichsetzung von Können bzw. Lernen und Leisten kann den Schüler entmutigen oder gar verletzen ("Glaubwürdigkeitsfalle"), seine Anstrengungsbereitschaft kann dadurch sehr erlahmen (Dohnke o.J.b)

Eine weitere und ausführlichere Beschreibung der Lernziele mit Beispielen nach Hilbert L. Meyer: Traininsprogramm zur Lernzielanalyse. Frankfurt/: Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag 1974, Anlage 1 findet sich hier: Lernziel - Taxonomie

Literatur

Achtenhagen, Frank (1984). Didaktik des Wirtschaftslehreunterrichts. Opladen.
Achtenhagen, Frank & Meyer, Hilbert L. (Hrsg.) (1971). Curriculumrevision - Möglichkeiten und Grenzen. 3. Aufl., München.
Bühler, Claus (1980). Zweidimensionale Taxonomie von Lernzielen und Inhalten im kognitiven Bereich. Weil d. Stadt.
Jank, Werner & Meyer, Hilbert L. (1975). Didaktische Modelle. 3. Aufl., Frankfurt/Main.
Kratwohl, David R., Bloom, Benjamin S. & Masia, Bertram B. (1975). Taxonomie von Lernzielen im affektiven Bereich. Weinheim und Basel: Beltz.
Mager, Robert F. (1970). Motivation und Lernerfolg. Weinheim und Basel: Beltz.
Marion Pausch, Jan Beher und Ralph Buse 1997). Lernzieldimensionierung und -taxonomisierung.
WWW: http://www.wiso.uni-goettingen.de/~ppreiss/didaktik/lztax96d.html (97-11-21) Nicht mehr erreichbar!

Unter Verwendung weiterer Quellen

http://www.wiso.gwdg.de/~ppreiss/didaktik/lernzope.html Nicht mehr erreichbar!

http://www.informatik.th-darmstadt.de/~uli/StudArb/EvaluationOH/Diplomarbeit/dipl_oh.html Nicht mehr erreichbar!

Dohnke, Hartwig (o.J.a). Einige Konsequenzen der "Handlungsorientierung" und des "Offenen" Unterrichts für den Seminaralltag.

Wydra, Georg (2002). Zusammenfassung der Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (Bloom´sche Taxonomie).
WWW: http://www.uni-saarland.de/fak5/sportpaed/materialien/bloom.htm (05-12-02) Nicht mehr erreichbar!

http://www.learn-line.nrw.de/angebote/lakonkret/lehrer/unterrichten/dohnke_seminaralltag.pdf (04-02-13)

Dohnke, Hartwig (o.J.b). Lernziele.
WWW: http://www.learn-line.nrw.de/angebote/lakonkret/lehrer/unterrichten/dohnke_lernziele.pdf (04-02-13)



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