[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Geschlecht: Emotion und Aggression

Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück.
Eine Frau weicht nur zurück,
um besser Anlauf nehmen zu können.
Zsa Zsa Gabor

Geschlechtsrollenidentität und Aggressionsbereitschaft im interkulturellen Kontext

Frauen Männer

In der bisherigen Forschung bezüglich der Beziehung zwischen Geschlecht und Aggressivität weisen die überwiegenden Befunde darauf hin, dass Männer aggressiver sind als Frauen (Krahé, 2001) und dass dies ein stabiler Befund über verschiedene Kulturen zu sein scheint (Archer & McDaniel, 1995). Dennoch nehmen kulturelle Normen wie geschlechtsspezifische Eigenschaften einen sehr unterschiedlichen Einfluss auf die Aggressionsbereitschaft: Femininität hemmt eher Aggression, während Maskulinität diese eher verstärkt. Männer wenden eher direkte Formen (z.B. physisch), Frauen eher indirekte Formen der Aggression (z.B. relational) an. Auch interkulturelle Studien zeigen ein sehr heterogenes Bild und es bleibt unklar, inwiefern kulturelle Normorientierungen wie Kollektivismus und Individualismus Einfluss auf das Aggressionsniveau nehmen (Ramirez & Richardson, 2001).

Um die Beziehung zwischen Geschlecht, Kultur und Aggressionsbereitschaft näher zu untersuchen, wurde eine eigene interkulturelle Studie an 170 deutschen Studierenden (94 Frauen, 76 Männer), 157 amerikanische Studierende (71 Frauen, 86 Männer) und 164 kalmykischen Studierenden (86 Frauen, 78 Männer) durchgeführt. Hierzu wurden die kulturelle Normorientierung, geschlechtsspezifische Eigenschaften und Aggressionsbereitschaft erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass Kalmyken (und Amerikaner) eine stärkere kollektivistische Werteausprägung haben; aber die Kalmyken verfügen über ein höheres Aggressionsniveau als Deutsche und Amerikaner. Insbesondere der Kollektivismus wirkt bei den Männern der drei Kulturen eher hemmend auf die physische Aggressionsbereitschaft. Demgegenüber üben Maskulinität und Femininität bei den amerikanischen Studierenden einen starken Einfluss auf die Aggressivität aus (Wolfradt, 2003).

Am 19. November ist Internationaler Männertag, der unter anderem den Beitrag der Männer zur Gesellschaft betonen soll. Das Männerbild hat sich stark gewandelt, und manchen verunsichert das, d. h., viele Männer sind in der Krise, sie hören, sie sollen dies und das nicht sein, und fragen sich: was sonst? Psychologen sprechen in der Forschung zum Rollenbild Mann seit ein paar Jahren von «toxischer» oder «schädlicher Männlichkeit». Wenn kleine Buben mit einem Ideal aufwachsen, das von ihnen verlangt, Emotionen zu unterdrücken und dominant und aggressiv aufzutreten, ist Gewalt programmiert. Manche Männer reagieren mit Gewalt, wenn sie in einer Beziehung ihre idealisierte männliche Identität bedroht sehen. Die Vorstellung von Männern als Helden und Krieger habe zwar ausgedient, aber ein Vakuum hinterlassen. Nach Ansicht mancher Experten muss der Mann von weiblichen Normen, Regeln und Verhaltensweisen befreit werden, damit die maskuline Seele des Mannes (wieder) fliegen lernt, andere haben Sorge, dass sich Werte durchsetzen, mit denen wir ins Mittelalter zurückstürzen. Es müssen daher viel mehr alternative Geschlechtervorstellungen entwickelt werden, vor allem solche, die herrschafts- und gewaltfreier sind. Das Thema Geschlechterrollen gehört daher schon in die Schule.


Unterschiede weiblicher und männlicher Psychothie

Eine Psychologin der Freien Universität konnte mit einigen Kollegen beweisen, dass die forensische Diagnose psychopathischer Frauen auf falschen Annahmen beruht, was vor allem im Strafvollzug Folgen haben kann, wenn an beide Geschlechter der gleiche Maßstab angelegt wird. Mithilfe der sogenannten Psychopathie-Checkliste (PCL) hat sie Straftäter beiderlei Geschlechts auf ihre Gefährlichkeit untersucht und Prognosen erstellt, auf deren Grundlage auch darüber entschieden wird, wer vorzeitig entlassen werden kann und wer besondere therapeutische Zuwendung erhält. In der Aggressionspsychologie geht man davon aus, dass Frauen im Gegensatz zu Männern weniger körperlich und auch weniger proaktiv aggressiv sind, d.h., dass Frauen sind eher relational und reaktiv aggressiv, während Männer die körperliche Auseinandersetzung suchen und sie gezielt einsetzen, um ihre Interessen durchzusetzen. Frauen hingegen sind in der Tendenz eher aggressiv, um auf eine Beeinträchtigung ihrer Interessen zu reagieren. Außerdem agieren sie bevorzugt auf der Beziehungsebene, etwa durch Intrigen, das Verbreiten von Gerüchten, gezieltes Ignorieren oder den Ausschluss unliebsamer Personen aus der Gemeinschaft. Da die Psychopathie-Checkliste von Hare nur auf die klassisch-männliche Aggression abzielt, erreichen Frauen seltener hohe Psychopathie-Werte: Einerseits wird ihre Gefährlichkeit tendenziell niedriger eingeschätzt als sie tatsächlich ist, was ihnen oft positive Prognosen verschafft, obgleich sie für die Gesellschaft möglicherweise ein großes Risiko sind. Andererseits werden ihnen Therapien gar nicht, später oder in geringerem Umfang angeboten.

In ihrer Jugend durchlaufen Menschen eine Vielzahl körperlicher und psychischer Veränderungen, die mit einer erhöhten Emotionalität einhergehen, wobei es wichtig ist, für das soziale Funktionieren im Alltag, aber auch für das eigene körperliche und mentale Wohlbefinden, diese Gefühle erkennen, verarbeiten und kontrollieren zu können. Jugendlichen, die an einer Störung des Sozialverhaltens leiden, fällt dieser Prozess schwer, was zu antisozialen, oft aggressivem und klar von der Alternsnorm abweichenden Reaktionen führt, etwa zu Fluchen, Zuschlagen, Stehlen oder Lügen. Im Rahmen des FemNAT-CD-Projekts, einem europaweiten Forschungsprojekt, das sich mit den Ursachen und der Therapie von regelverletzendem und aggressivem Verhalten bei Mädchen mit Störungen des Sozialverhaltens befasst, geht es auch um die Ursachen für geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten. In dieser Studie werden insgesamt bei 1840 Kindern und Jugendlichen im Alter von 9 bis 18 Jahren aus ganz Europa (Großbritannien, Deutschland, Irland, Schweiz, Niederlande, Spanien, Griechenland und Ungarn) Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Buben und Mädchen in Bezug auf Gehirnstruktur und -funktion, Hormonspiegel, Genetik, Emotionserkennung und -regulation sowie physiologische Aktivität verglichen. Dabei zeigte sich, dass Mädchen mit problematischem Sozialverhalten eine reduzierte Hirnaktivität und eine schwächere Vernetzung zwischen Hirnregionen zeigen, die für die Emotionsregulation relevant sind, und zwar in den präfrontalen und temporalen Gehirnarealen, die die kognitiven Kontrollprozesse steuern. Diese Resultate bieten erstmals einen neuronalen Erklärungsansatz für Emotionsregulationsschwierigkeiten von Mädchen mit auffälligem Sozialverhalten. Die unterschiedliche neuronale Aktivität in den beiden Versuchsgruppen kann auf fundamentale Differenzen bei der Gefühlsregulation hinweisen. Sie ist möglicherweise aber auch auf eine verzögerte Hirnentwicklung bei den Versuchsteilnehmerinnen mit problematischem Sozialverhalten zurückzuführen. Offen bleibt, ob männliche Teenager mit einer Störung des Sozialverhaltens ähnliche Hirnaktivitäten während der Emotionsregulation zeigen (Raschle, N. M. et al., 2019).

Literatur

Raschle, N. M. et al. (2019). Atypical dorsolateral prefrontal activity in females with conduct disorder during effortful emotion regulation. Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging, doi:10.1016/j.bpsc.2019.05.003.

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/der-grosse-unterschied/4063842.html (11-04-16)

https://www.news4teachers.de/2019/11/experten-schlagen-alarm-die-jungen-werden-in-der-schule-abgehaengt-aber-woran-liegt-das/ (19-11-19)

 


Wahnvorstellungen von Männern und Frauen unterschiedlich

Männliche und weibliche Schizophrenien unterscheiden sich nach Ansicht des Psychiaters Martin Brüne (Universität Bochum) insofern, als sich Männer im Wahn meist von Gruppen anderer Männer verfolgt fühlen: Mafia, Polizei, Agenten. Frauen hingegen fühlen sich von Personen aus dem persönlichen Umfeld bedroht, Nachbarn, Familienmitgliedern. Das ist im evolutionären Kontext verstehbar, weil so die frühen Gefahren aussahen: Männer wurden von fremden Männergruppen bedroht, Frauen durch Verstoß aus der Ingroup. Beim Liebeswahn, also wenn jemand fest davon überzeugt ist, von einer anderen Person geliebt zu werden, richtet sich bei Frauen der Wahn meist auf hochrangige, etwas ältere Männer. Bei Männern, bei denen die Störung selten vorkommt, eher auf attraktive, jüngere Frauen. Hier spiegeln sich die aus der evolutionären Psychologie bekannten, unterschiedlichen reproduktiven Strategien wieder: Frauen suchen Sicherheit für die langjährige Brutpflege, Männer wollen ihre Gene unter möglichst vielen jungen und gesunden Frauen verbreiten.
Quelle: Die Zeit vom 24. April 2011


Frauen lesen mehr Kriminalromane als Männer

GEO berichtet in seiner März-Ausgabe 2010, dass nach einer Statistik des Buchhandels im Jahr 2008 55 Prozent der deutschen Frauen mindestens einen Kriminalroman gelesen haben, gegenüber nur 44 Prozent der Männer. Man vermutet nach einer psychologische Studie der University of Illinois, dass Frauen vor allem zum Selbstschutz diese Lektüre bevorzugen, denn Frauen fürchten sich mehr vor Gewalttaten als Männer, obwohl letztere seltener Opfer sind. In Romanen aber auch in TV-Sendungen suchen sie nach HInweisen, wie eine Notsituation zu überleben wäre. Allerdings beruhigt sie dieses Wissen nicht, denn je mehr Frauen über Verbrechen lesen, desto größer ist ihre Angst, woraus der Teufelskreis entsteht, dass sie noch mehr Krimis als zuvor konsumieren. Actionfilme ohne konkreten Alltagsbezug berühren Frauen im Gegensatz zu Männern hingegen nicht.


Unterschiedliche Aggressionsformen bei Buben und Mädchen im Vorschulalter

Eine Untersuchung mit Vierjährigen in den USA hat gezeigt, dass Mädchen nicht friedlicher sind als Buben, aber sie kämpfen nur mit subtileren Mitteln. In diesem Experiment wurden die Vorschulkinder zu dritt in Mädchen- oder Bubengruppen eingeteilt und mussten sich um eine begehrte Tierpuppen streiten. Während Buben dabei auf direkte Aggression setzten und einem anderen die Puppe einfach wegnahmen, verwendeten Mädchen eher die Taktik der sozialen Ausgrenzung. So flüsterten sie etwa zu zweit hinter dem Rücken der gegenwärtigen Puppenbesitzerin oder versteckten sich sogar vor ihr. Diese sozial aggressive Taktik erklärt auch, warum Mädchen in Freundschaften mit Geschlechtsgenossinnen eifersüchtiger sind als Buben.

Quelle: OÖN vom 08.07.2008

Silvesterraketen

Nach Ansicht des Psychologen Alfred Gebert mögen Männer und Frauen unterschiedliche Silvesterraketen denn Männer lieben alles, was laut knallt, während Frauen mehr auf Glitzerfontänen, Goldregen oder Leuchtkugeln stehen. Der Unterschied zwischen dem, was Männer und Frauen für Silvesterknaller ausgeben, ist allerdings nicht nicht riesengroß. Männer suchen Feuerwerkskörper aus, die laut knallen und Lärm machen, Frauen hingegen solche, die schön aussehen. Männer wollen beim Abschießen außerdem den Reiz des Risikos, während eine Frau gar nicht auf diese Idee kommt. Männer denken für den Moment: Wenn sie an Silvester draußen in der Kälte stehen und es knallt, dann genießen sie diesen Moment, denn Männer leben im Hier und Jetzt, während Frauen eher auf Planung und Vorausschau bedacht sind. Frauen sind durch die Erziehung immer noch höflicher und zurückhaltender, sie nehmen auch mehr Rücksicht auf andere, d.h., das alte Rollenmuster schlägt auch bei diesen Dingen immer noch durch.


Überblick Arbeitsblätter "Geschlechtsunterschiede ;-)"



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